Veröffentlicht: 30.07.2023
In dem Moment, in dem ich diesen Text schreibe, trennen uns 2930 Kilometer und 33 Fahrtstunden von unserer immer noch unfertig eingerichteten Wohnung in Berlin. Die letzten Monate waren holprig und so ist dieser Trip nach Norwegen zwar lang ersehnt, aber mindestens ebenso kurzfristig geplant.
Wir werfen alles in den Van, was man bei ungewissem Klima so brauchen könnte, füllen die Schränke mit Lebensmitteln und stellen uns erst abfahrt bereit auf dem Parkplatz einer nicht näher genannten Supermarktkette die eigentlichen Fragen.
Wo genau wollen wir eigentlich hin? Was ist die günstigste Reiseroute? Muss man die Fähre eigentlich reservieren? Wo soll es regnen?
Spontan entscheiden wir uns, die Reise in Tromsø zu beginnen und uns dann mehr oder weniger im Zickzack durch das Land Richtung Oslo zu arbeiten. Um unabhängiger zu sein, fahren wir die Nordregion Norwegens komplett über Land an, was uns einige schöne Einblicke in die schwedische Landschaft und sogar einen kurzen Abstecher nach Finnland beschert. Und zu unserem Glück können wir die restliche Reiseplanung dank dem gut ausgebauten skandinavischen Mobilfunknetzes und eines veralteten Kletterführers aus der DAV-Bibliothek von unterwegs vornehmen – genügend Zeit ist dazu bei drei Fahrtagen allemal. Zwischendurch braten wir endlich wieder Bohnen auf Parkplätzen, baden in zu kalten Bergflüssen und versuchen, unsere innere Uhr an das ewige Sonnenlicht zu gewöhnen.
Schließlich ist es soweit, und wir landen in Tromsø. Konfrontiert mit den horrenden Preisen der Parkplätze in der Innenstadt entscheiden wir uns für einen kleinen Fußmarsch in die Stadt. So kommen wir immerhin noch in den Genuss, den See Prestvannet zu bestaunen. Und natürlich die typisch skandinavischen Häuschen und die für uns ungewohnte Sauberkeit der Straßen. (Nimmt hier etwa wirklich jeder seinen Müll brav wieder mit nach Hause? Erstrebenswert.)
Wir besichtigen den Hafen und das Polarmuseum, in dem die Geschichte verschiedener Expeditionen und der Jagd auf Seerobben dargestellt wird. Eine nette Ergänzung ist hier die kleine Wanderausstellung über queere Traditionen und Begebenheiten im urtümlichen Expeditionsleben.
Danach machen wir uns auf, die 1203 Stufen auf den Aussichtspunkt über die Stadt zu besteigen. Die Steintreppe ist von eigens dafür angestellten, nepalesischen Sherpas angefertigt worden – ein Arrangement, das in Norwegen anscheinend nicht unüblich ist. Sinn des Ganzen ist wohl ein erhöhter Sicherheitsgrad - zuvor sind einige Touristen bei einem missglückten Aufstieg verunglückt. Trotzdem ist das viele Treppensteigen immer noch anstrengend und in der Mittagssonne kommen wir echt ins schwitzen. Oben angekommen mischen wir uns unter die Seilbahn-Ankömmlinge und gönnen uns ein Eis. Von hier lockt der Aufstieg auf einen nahegelegenen kleinen Gipfel. Auf jeden Fall die friedlichere kleine Wanderung auf einem Pfad, den man sich nur mit den gelegentlichen vorbeikeuchenden Trail-Runnern teilt. Ganz oben ist sogar noch ein Rest Schnee zu finden! Wäre da nur nicht der Abstieg. All die Stufen hinab zu gehen, stellt sich als echter Knie-Schreck heraus.
Wie sagt man so schön: Der Mensch steigt so lange die Stufen, bis er bricht.
Für uns geht es jetzt erstmal weiter ins nahegelegene Klettergebiet Brensholmen. Bis dahin, haltet die Ohren steif!