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Der Schrecken von Meribel

Veröffentlicht: 31.08.2020

Nach den ganzen Ablenkungen standen nun wieder einige anstrengende Bikepacking Tage auf dem Programm. Nächstes großes Etappenziel sollte Briancon sein. Der Ort an dem auch das heißbegehrte neue Innenlager von mir in Empfang genommen werden sollte. Bis dahin galt es aber erstmal noch läppische 5500 Höhenmeter und 158 Kilometer in drei bis vier Tagen zu bewältigen, die mich von den Grajischen in die Cottischen Alpen führen sollten.

Am ersten Tag der Unternehmung folgte ich der L‘Isere um anschließend nach Meribel hochzukurbeln. Ich hatte lange überlegt, ob ich diesen Schlenker einbauen sollte, denn er führt vor allem zu Retortenstädtchen und von Skigebieten übel verschandelten Landschaften. Aber die Belohnung sollte immerhin ein Endurotrail ins Nachbartal sein. Und den könnte man ja mal mitnehmen.

So spulte ich also monoton meine Höhenmeter auf Landstraßen ab, bis ich Meribel erreichte. Von hier sollte es noch weiter gehen, um irgendwo in den Hügeln des Skigebiets ein unbeobachtetes Plätzchen für mich und mein Zelt zu finden. Aber plötzlich krachte es. Mist, das war das Innenlager. Hatte es bisher ganz gut gehalten, schien es jetzt auf einmal vollends auseinanderbrechen zu wollen. Bei jedem Tritt wurde es schlimmer. Erst ein Krachen, dann ein Quietschen von zerquetschendem Plastik, und immer wieder das Kreischen von kleinen, sich verklemmenden Kugeln, die amoklaufend ihren angestammten Platz im Lager verlassen hatten. Zu allem Überfluss verkanteten sich die Teile auch noch so, dass die Pedale kein freies Spiel mehr hatten, sondern einen Widerstand beim Treten.

Ich wusste nicht mehr weiter. Unter normalen Umständen hätte ich gesagt, es ist allerhöchste Zeit für den Schrauber, und Fahren bis dahin unmöglich. Aber es war halt grad nicht so einfach, das nächste verfügbare Innenlager war immer noch erst in über 100 Kilometer Entfernung zu bekommen, und bei einer Rückkehr nach Bourg-Saint-Maurice würde ich wohl insgesamt eine Woche verlieren. Also steuerte ich nochmals eine Werkstatt in Meribel an, um mir Rat einzuholen. Natürlich war weiterfahren keine wirklich gute Idee, aber der Mechaniker meinte immerhin - komplett auseinanderfallen kann es eigentlich nicht. Was aber stattdessen passieren könnte, wusste er auch nicht. Also entschied ich mich dazu das mal auszuprobieren und tatsächlich weiterzufahren. Wird schon irgendwie gehen. 

Mitten im Skigebiet fand ich anschließend einen doch ganz netten Platz zum Übernachten. Am nächsten Tag war dann erstmal Schieben angesagt, so dass mir meine Pedale is auf Weiteres egal sein konnten. Ebenso beim anschließenden Trail runter nach Saint-Martin-de-Belleville, der sich auch tatsächlich gelohnt hatte. Schön flüssig wand er sich knapp 1000 Höhenmeter bis direkt ins Dorfzentrum. Aber nun wurde es ernst, es ging jetzt nämlich auch 1000 Höhenmeter auf Forstwegen wieder bergauf. Gerne hätte ich mich auf die landschaftlichen Highlights konzentriert, denn ich kam das erste Mal in Frankreich in ursprünglichere, weniger erschlossene Gebiete. Doch das penetrante Knarren und Knirschen ließ mir einfach keine Ruhe, ebenso wie der dauernde Widerstand beim Pedalieren. Wie lange würde das wohl noch gutgehen?

Aber irgendwie ging es zunächst mal gut, und ich stand schließlich auf dem Col des Encombres. Von hier aus konnte ich in der Ferne noch ein letztes Mal den Mont Blanc sehen, und würde nicht eine riesige Starkstromleitung über diesen Pass führen, wäre der Rest der Aussicht makellos grandios gewesen. Ewig lang sollte es von hier bis nach Saint-Michel-de-Maurienne abwärts gehen. Und unerwarteterweise fand ich neben meinem eigentlichen Track noch ein feines Wegerl das parallel dazu im feinsten Flow ins Tal führte. Ich war begeistert von dieser Variante. Doch als die Glückshormone mich gerade so richtig schön fluteten, riss doch glatt eine Speiche im Vorderrad. Ist jetzt isoliert betrachtet nicht so dramatisch, aber in Kombination mit meinem Innenlager ging es mir schon ziemlich auf den Senkel dass ich ab sofort noch ein weiteres Reparaturproblem an der Backe hatte. Wie auch immer, den Trailspaß bis ins Tal ließ ich mir nicht mehr nehmen, und die Distanz zu meinem neuen Innenlager hatte ich an dem Tag immerhin auch ganz gehörig verringern können.

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#bikepacking #meribel#innenlager