Reisefieber - Alltag ade
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Titikakasee - der höchste schiffbare See der Welt

Veröffentlicht: 17.05.2019

Von Cusco aus sind wir früh um sechs mit dem Bus nach Puno am Titikakasee gefahren. Wir hatten uns für einen Touristenbus entschieden, der unterwegs an einigen interessanten Orten hält, wie z.B. an einer Kirche, einer Ruine, einem Markt, einem Museum und einem hohen Pass, sodass wir uns bei der rund 11-stündigen Fahrt zwischendurch die Beine vertreten konnten. Anfangs wollten wir den Zug für die Strecke nehmen, aber die Fahrt in dem Luxuszug von Belmond, der unterwegs auch ein paar Mal unseren Weg kreuzte, war uns dann doch zu teuer.

Der Titikakasee liegt auf 3800m Höhe und ist damit das höchste schiffbare Gewässer der Welt. Außerdem ist er der größte See Südamerikas, wobei 60% in Peru liegen und 40% in Bolivien (ich habe gehört, die Bolivianer erzählen es genau andersherum). Aufgrund der Höhe ist die Landschaft eher karg und trocken, die Nächte sehr kalt und tagsüber scheint die Sonne kräftig und bringt den See zum glitzern. Der Mythologie nach wurde hier die Sonne geboren.

Hier findet noch ein sehr traditionelles Leben statt, jedoch blüht auch der Tourismus und es ist schwer, als Besucher hier etwas Authentisches zu erleben. Wir entschieden uns daher, nicht wie sonst üblich, eine Tour zu einen der Inseln zu buchen, sondern suchten uns über AirBnB eine lokale Familie aus, welche auf ihrer eigenen schwimmenden Insel Zimmer anbieten. Wir wurden erst von einem Freund der Familie vom Busbahnhof abgeholt und später ging es, leider schon im Dunkeln, mit dem Motorboot ca. eine halbe Stunde über den See zu einer der kleinen schwimmenden Inseln weiter abseits. Wir staunten nicht schlecht, dass die ca. 20mx10m großen Insel zwar schlicht war, aber alles Nötige vorhanden war. Dafür, dass es kein fließendes Waser, keinen dauerhaften Stromanschluss und keinen festen Boden unter den Füßen gibt, war das Zimmer in einer kleinen Schilfhütte schon fast komfortabel mit Dusche, Biotoilette, Gasofen und Panoramafenstern eingerichtet. Nach einem frisch auf dem Gaskocher zubereitetem Abendessen und dem Bestaunen des wahnsinnig klaren sternenreichen Himmels, legten wir uns gemütlich mit Wärmflasche im Bett unter leichtem Schunkeln schlafen.

Für den nächsten Tag hatten wir nichts Besonderes geplant und wollten größtenteils an diesem friedlichen und abgeschiedenen Ort etwas entspannen und Kraft tanken, was in den kleinen Liegestühlen am Ufer oder den Hängematten mit tollem Blick auf den See auch problemlos möglich war. Am späten Vormittag bot uns der Mann der Familie jedoch an, mit dem Boot etwas raus zu fahren und uns seine Gemeinde zu zeigen. Die Uros sprechen als erste Sprache Aymara und leben auf ca. 90 schwimmende Inseln aus dem Schilf Totora seit vielen Generationen auf dem See. Immer wenn jemand heiratet wird innerhalb von ca. einem Jahr eine neue Insel errichtet, die ca. 90 Jahre genutzt werden kann. Unterwegs kamen wir an verschiedenen Inseln vorbei, an denen zum Teil kitschig bunte Schilfboote, mit Tierfiguren als Rumpf, Touristengruppen einsackten und über den See beförderten. Uns wurde erklärt, dass so keinesfalls die traditionellen Boote aussehen, sondern eher schlicht aus Schilf gebaut, und dass die meisten Familien heute sowieso eher kleine Motorboote zur Fortbewegung benutzen. Außerdem sahen wir eine kleine Insel mit einem festen Häuschen, welches als Krankenstation dient (einmal wöchentlich kommt ein Arzt) und gleich daneben gab es sogar ein kleines Fußballfeld und etwas weiter eine Grundschule und eine Kirche.

Nach einer ganzen Weile machten wir auf einer noch relativ neu entstandenen Insel bei Bekannten halt. Hier zeigte man uns, wie die Inseln gebaut werden. Es werden verschiedene Erdblöcke mit Wurzeln von Totora-Schilf, welche von Natur aus schwimmen, mit Seilen miteinander verbunden. Dann wird viel geschnittenes Schilf auf diesen Blöcken aufgetragen, sodass eine richtige Fläche entsteht. Da das Schilf verrottet, muss jede Woche neues Totora geschnitten und aufgebracht werden. Selbst die kleinen Häuschen aus Schilf werden regelmäßig heruntergehoben, um den Grund zu erneuern. Ganz schön viel Arbeit für das eigene Heim also. Das Totora-Schilf wird hier für alles verwendet: zum Bauen von Inseln und Häusern, für Boote, Körbe und Handarbeit und man kann es sogar in frischer grüner Form essen. Von Beruf sind hier fast alle Menschen Fischer und zusätzlich werden noch einige der Wasservögel für Fleisch und Eier gejagt (uns wurde ein riesiges, vorsintflutlich erscheinendes Schießgewehr gezeigt, welches er schon von seinen Eltern bekommen hat und mit dem er heute noch jagen geht). Weitere Landwirtschaft ist hier nicht möglich. Jeden Sonntag wird der gefangene Fisch an Land auf Märkten gegen Kartoffeln und andere Lebensmittel getauscht.

Da gerade ein Boot kam, welches einige Kleidungsstücke zum Verkauf anbot, machten wir noch etwas länger dort halt, da unserer Führer selbst etwas erwerben wollte. In dieser Zeit beschäftigten uns die zahlreichen neugierigen Kinder der Insel. Wir hatten einige aufblasbare Luftballons und Kekse mitgebracht, was natürlich deren Aufmerksamkeit magisch anzog. Wir tollten etwas mit Ihnen herum und nachdem Chris mit einem Mädchen Flugzeug gespielt hatte, wollten natürlich alle anderen Kinder auch von ihm in die Luft geworfen werden (auf 3800m schon eine sportliche Aktion).

Zurück mit dem Boot auf unserer kleinen Insel relaxten wir noch etwas, laßen einfach ein bisschen und genossen den Ausblick auf den See. Gegen Abend bot man uns an, mit der Frau des Hauses mit dem traditionellen Schilfbot zum nahe gelegenen ausgeworfenen Fischernetz zu fahren, um zu sehen, ob etwas gefangen wurde. Gemächlich schipperten wir mit der untergehenden Sonne über den See und holten nach und nach das Netz ein. Der Fang war eher spartanisch, aber man ließ sich die Enttäuschung nicht anmerken.

Nach dem Abendessen, zog es sich auf einmal zu und es fing an zu donnern, zu blitzen und zu regnen. Es war erstaunlich, dass wir an einem der trockensten Orte in Peru Regen und Gewitter erlebten. Uns war etwas mulmig zumute, dass wir die Nacht bei Unwetter auf einer kleinen Schilfinsel mitten im See verbringen mussten, aber am Ende haben wir auch das problemlos überstanden. Am nächsten Morgen wurden wir wieder sehr früh mit dem Motorboot zum Festland gebracht, um unseren Bus Richtung Colca Canyon zu nehmen.

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