Wir reisen, also sind wir
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Peru: Arequipa

Veröffentlicht: 25.09.2018

Eine weitere endlose Busfahrt später (insgesamt würden wir in Peru gute 100 Stunden im Bus hocken), landeten wir in der zweitgrössten Stadt Perus: Arequipa. Arequipa ist nicht nur eine schöne Kolonialstadt, sondern wird zudem auch von drei beindruckenden, gigantischen Vulkanen umgeben.

Für den ersten Tag buchten wir einen Ausflug zum Colca-Canyon, welcher als der zweittiefste Canyon der Welt gilt. Da die Schlucht allerdings sehr breit ist, und die Wände wenig steil abfallen, kommen diese Dimensionen meiner Meinung nach nicht so wahnsinnig zur Geltung. Diesmal entschieden wir uns für die faule Tour, nämlich eine eintägige Rundfahrt zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten, wo man überall mit dem Auto hinkutschiert wird, und nicht gross wandern muss. Das war eine mehr oder weniger gute Idee, in Anbetracht der Tatsache, dass wir gute 13h grösstenteils in einem engen Minibus sitzen würden. Ansonsten war die grösste Herausforderung des Tages, dass wir bereits morgens um 3 Uhr beim Hotel abgeholt wurden. Auf der Fahrt zum Canyon überquerten wir bereits den ersten 5000 m.ü.M.-Pass, entsprechend war es saukalt. Unser erster Halt fand in einer kalten Hütte im Städtchen Chivay statt, wo es ein kleines Frühstück gab. Auch auf dieser Tour waren wir wieder mit lauter einheimischen Touristen unterwegs (die Gringos buchen alle die 2-tägige Wandertour) und erneut verlief die ganze Sache ziemlich unterkühlt und leider ohne grosse Gespräche untereinander. Nicht, dass wir es nicht versucht hätten, aber die Peruanischen Familien und Grüppchen blieben wie üblich lieber unter sich.
Anschliessend fuhren wir zu einem Aussichtspunkt, von wo aus man den Canyon und die von den Einheimischen angelegten Terrassen bestaunen konnte. Es wurde uns erzählt, dass die landwirtschaftlich genutzten Terrassen gemeinschaftlich bebaut werden. Alle Mitglieder der Gemeinde bewirtschaften die Anbauflächen gemeinsam, die Erträge werden an die Familien entsprechend der Grösse (dh. Anzahl Familienmitglieder) aufgeteilt. Dieses System kommt allerdings zusehends ins Schwanken, da die jungen Leute immer weniger in der Landwirtschaft arbeiten wollen, während die Alten immer weniger in der Lage sind, die harte Arbeit auf den Terrassen ohne die Hilfe der Jungen selber zu erledigen. Irgendwann wird dieses System der Terrassenbewirtschaftung daher wohl ganz aussterben.
Als nächstes fuhren wir zum Cruz del Condor, einem weiteren Aussichtspunkt, von wo aus man die Gelegenheit hat, den Flug der hier angesiedelten Andenkondore zu beobachten. Obwohl wir nur eine knappe Stunde Zeit hatten, bevor wir ganz in peruanischer Manier weitergescheucht wurden, hatten wir Glück und konnten eine ziemlich grosse Anzahl Kondore durch den Canyon fliegen sehen.
Auf dem Rückweg machten wir noch Halt an einem weiteren Aussichtspunkt (wir hatten genau 7 Minuten Zeit, wie der Guide inbrünstig verkündete), wo wir neben der Aussicht ein Glacé aus einem hier heimsichen Kaktus probieren konnten.
Anschliessend gings weiter ins Dörfchen Yanque, wo wir 20 Minuten Zeit bekamen, um die kleine Kirche zu besichtigen, durch den Souvenirmarkt zu wandern (den gibt’s natürlich überall), einige Fotos mit Baby-Alpakas zu schiessen (natürlich gegen Trinkgeld, aber die kleinen Viechlein waren wirklich zu goldig, um es nicht zu tun), und einen Colca-Sour zu probieren. Dabei handelt es sich um eine abgewandelte Version des Pisco-Sour mit derselben Kaktusfrucht, die wir zuvor als Glacé gekostet hatten. Das schmeckte wirklich lecker, leider gibt es diesen Kaktus nicht bei uns zuhause, sonst hätten wir diesen Drink gleich in unsere Cocktailkarte aufgenommen!
Das nächste «Highlight» war das Mittagessen-Büffet. Das Alpaka-Saltado (Alpaka-Geschnetzeltes mit Tomaten und Zwiebeln in Sud) war zwar ziemlich lecker, aber ansonsten war die Auswahl nicht gerade umwerfend. Und wehe, man wagte, sich 2 Desserts zu nehmen, dann wurde man gleich von den Mitarbeitern des Restaurants angefaucht (soviel zum Thema all-you-can-eat).
Eigentlich hätte noch ein kurzer Besuch im örtlichen Termalbad auf dem Programm gestanden, aber überraschenderweise wollte niemand der Gruppe dorthin gehen. Wir selbst hatten nicht mal die Badesachen eingepackt. Stattdessen wollten einige Teilnehmer mit dem Zipline durch den Canyon fliegen. Sei es ihnen gegönnt, aber die ganze Installation sah derart unvertrauenserweckend aus, dass ich mich niemals da ran gehängt hätte.
Der letzte Halt fand auf einer weiten Ebene in einem Schutzgebiet statt, wo wir eine riesige Herde freilebender Lamas, Alpakas und sogar Vikuñas beim Grasen beobachten konnten. Vikunjas sind zuckersüsse verwandte der Alpakas und leben im Anden-Hochland. Seit sie wegen ihrer Wolle, die als feinste Faser überhaupt gilt, kurz vor der Ausrottung standen, sind sie stark geschützt, worauf sich die Bestände erholt haben. Auf die Tötung der Tiere sind harte Strafe ausgesetzt. Einmal jährlich werden die wild lebenden Tiere zusammengetrieben, und jedem Tier dürfen nur 200g Wolle abgeschert werden, weshalb diese sehr wertvoll ist. Der Preis für einen Schal aus Vikunja-Wolle beträgt etwa 2000 USD, es handelt sich also um ein absolutes Luxus-Gut (aber er ist wirklich unglaublich geschmeidig).
Obwohl wir massiv Zeit eingespart hatten, da niemand ins Termalbad wollte, stressten uns die Guides erneut, kaum waren wir aus dem Bus ausgestiegen. Sie witterten offenbar die Chance, früher Feierabend machen zu können. Und Jörg und ich waren es langsam Leid, immer die einzigen zu sein, die reklamieren, die Peruaner lassen sich das alles nämlich wortlos gefallen und nehmen alles einfach hin. Der Service kann noch so mies sein, niemand würde sich je beschweren. Letztendlich waren wir auch nicht traurig, endlich aus diesem Bus rauszukommen, also fuhren wir bald zurück nach Arequipa.

Eines der absoluten Hightlights unserer Zeit in Arequipa, war der Kochkurs, den wir gebucht hatten. Die peruanische Küche gilt offenbar als eine der besten der Welt. Zweifelsohne ist sie eine der besten in ganz Lateinamerika. Wir hatten jedenfalls bisher nirgends so abwechslungsreich gegessen wie hier. Köstlichkeiten wie Palta Rellena (mit einer Art russischem Salat gefüllte Avocado) und Papa Huancaina (Kartoffeln mit einer Ajo-Sauce) waren definitiv eine willkommene Abwechslung zum üblichen, trockenen weissen Reis.
Der Kochkurs fand in einem ziemlich edlen Restaurant statt, wo man schon in der Küche auf uns wartete. Wir waren die einzigen Leute im Kurs. Solche Kurse sind ja immer ganz herrlich, abgesehen von der kulinarischen Horizonterweiterung, muss man anschliessend auch nicht selber aufräumen und abwaschen.
Im Kurs haben wir gelernt, wie man folgende Menus zubereitet (und natürlich fleissig Notizen für zuhause gemacht):

  • Lomo Saltado (gleich wie Alpaka-Saltado, nur mit Rindfleisch)

  • Rocoto Relleno mit Kartoffelgratin (ähnlich wie gefüllte Peperoni, nur das Rocotos sehr viel pikanter sind)

  • Soltero de Queso (Salat aus Bohnen und Käse)

  • Ceviche (Fischgericht, nur für Jörg)

Ausserdem erhielt ich an der Bar eine Einweisung in der Zubereitung eines richtigen Pisco Sours.
Anschliessend durften wir unser selbst-zubereitetes Festmahl auf der Restauranttterrasse geniessen. Mmmhhh, lecker.

In Arequipa besuchten wir des Weiteren einen Mirador, von wo aus man einen mehr oder weniger guten Ausblick auf die umliegenden Vulkane hatte, und ausserdem die riesige, wunderschöne Katedrale mit ihrer imposanten Orgel. Beziehungsweise ich besuchte sie, denn Jörg wurde wieder einmal aufgrund kurzer Hose der Zutritt verweigert. Angesichts der Tatsache, dass er der Katholik von uns beiden ist, der eine Unmenge an Steuern an die katholische Kirche entrichtet, ist das ja schon ein wenig lachhaft.

Sehr interessant war der Besuch des Museo Santuarios Andinos. Im Museum werden Grabbeigaben gezeigt, die man in den Bergen zusammen mit Mumien gefunden hat, die als Menschenopfer ihr Ende gefunden hatten. Menschenopfer waren für die Inka üblich. Insbesondere die Berge wurden von ihnen als Gottheiten angesehen und mit solchen Opfern versuchten sie, erzürnte Götter (zb. in Form ausbrechender Vulkane) zu besänftigen. Für die Opfer und deren Familien galt dieses Schicksal als grosse Ehre. Bei den Opfern handelte es sich dabei meist um junge hübsche Mädchen, halt das Beste, was man den Göttern anzubieten hatte. Höhepunkt der Ausstellung ist die etwas makabere Besichtigung der armen Juanita, eines etwa zwölfjährigen Inka-Mädchens, das in den 1450er-Jahren den Göttern geopfert wurde und heute in erstaundlich gutem Zustand in einer Tiefkühl-Vitrine präsentiert wird. Juanita «die Eisjungfrau» wurde 1995 auf dem Gipfel des Vulkans Nevado Ampato gefunden. Die Besichtigung beinhaltet einen etwa 20-minütigen Film, der neben Informationen zu den Funden auch nachstellt, wie Juanita damals mit ihrem Gefolge und den Schamanen auf den Berggipfel gewandert sein musste. Man muss sich das einmal vorstellen, diese Hingabe und Demut, die dieses Mädchen verspürt haben muss. In offenen Sandälchen und eingewickelt in ein paar Tücher ist sie in Eiseskälte auf den 6288 m hohen Vulkan raufgestiegen, wohlwissend, dass sie nach dieser Tortur dort oben gewaltsam ihren Tod finden würde (ihr wurde der Schädel eingeschlagen, nachdem sie zuerst mit Cocablättern und anderen Mitteln betäubt wurde). Ich an ihrer Stelle hätte mich spätestens auf halber Strecke auf den Boden gesetzt und gesagt: wenn ihr mich schon umbringen wollt, dann tragt mich gefälligst dort hinauf oder tut es gleich hier.

Des weiteren besuchten wir noch das Monasterio de Santa Catalina, eine riesige Klosteranlage mitten in der Stadt. Praktisch handelt es sich um eine Stadt in der Stadt. Es war üblich, dass jede Familie eine Tochter in das Kloster entsandte und ausserdem eine grosszüge jährliche Mitgift zahlte. Je nach Wohlstand lebten die Bewohnerinnen in einfachen oder auch sehr luxuriösen Wohnungen. Der Kontakt zur Aussenwelt war den Nonnen untersagt, ausserdem mussten sie als Novizinnen ein Schweigegelübde ablegen.
Heute leben nur noch wenige Nonnen im Kloster, in einem streng abgeriegelten Bereich, fern von allen Besuchermassen, die täglich die Anlage besichtigen.
Ausserdem zu sehen waren einige Gemälde der bekannten «Cusco-Schule». Hierrauf war ich sehr gespannt. Von der offenbar typischen Vermischung von sakraler und indigener Kunst konnte ich persönlich allerdings nicht viel erkennen, es sah alles ziemlich katholisch aus.
Es
handelt sich bei dem Kloster um ein wirklich eindrückliches Kolonialgebäude und der Besuch war sehr interessant.

Zu guter Letzt schauten wir uns noch das Mundo de Alpaka an, wo die Herstellung der beliebten Textilien von der Scherung der Tiere bis zur fertigen Webarbeit beschrieben wird. Zum einen sieht man den Kunsthandwerklichen Prozess, der tief in der peruanischen Tradition verankert ist. Zum anderen kann man alte «moderne» Maschinen besichtigen, mit denen die Textilien im industriellen Prozess verarbeitet wurden.



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