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Guatemala #3 - Antigua

Veröffentlicht: 06.12.2019

Antigua

Antigua Guatemala oder kurz „Antigua" ist die ehemalige, von den spanischen Kolonisten gegründete Hauptstadt Guatemalas.

Im Hochland von Guatemala findet sich die Kleinstadt inmitten dreier Vulkane. Allem voran wacht der gigantische „Volcán de Agua" still über das verschlafene Kolonialstädtchen. Dabei verlief ihre langjährige Beziehung oftmals alles andere als einfach.

Für über 200 Jahre florierte Antigua prächtig und entwickelte sich als Hauptstadt Guatemalas zum politischen und wirtschaftlichen Zentrum Mittelamerikas. Die schöne Lage wurde der Stadt jedoch zum Verhängnis: Über die Jahre haben Erdbeben und Eruptionen zahlreiche Opfer gefordert. Im Jahre 1773 zerstörte ein Erdbeben die ganze Stadt und besiegelte somit den Beschluss, die Hauptstadt um 45 Kilometer nach Osten in ein sichereres Gebiet zu verlegen, dem heutigen Guatemala-City.

Antigua erholte sich nur langsam, konnte auf diese Weise jedoch der Verstädterung entgehen und seinen Kolonialcharme behalten. Heute erstrahlt die zum Weltkulturerbe ernannte Stadt in voller Pracht. Jedoch machen die zahlreichen Narben deutlich, dass der Schein der friedlich schlafenden Stadt trügt.

Erdbeben und Eruptionen haben ihre Spuren hinterlassen

Tag der Toten

Am „Día de los Muertos" so heißt es, kommen die Toten zu Besuch auf die Erde, um ihre Familie für einen Tag wiederzusehen.

Was vorerst etwas befremdlich oder gar gruselig wirkt, birgt in Wirklichkeit ein schönes Weltbild und Verständnis des Todes. So ist der Tag der Toten keine Trauerveranstaltung, sondern vielmehr ein farbenprächtiges Volksfest.

Neben meist freundlich illustrierten Totenköpfen gehören auch farbenprächtige Blumen zur Dekoration - das blühende Leben im Kontrast zur Vergänglichkeit. Die Ureinwohner Amerikas betrachteten den Tod nämlich nicht als Ende, sondern vielmehr als Übergang zu neuem Leben. 

Als Ursprungsland ist vor allem Mexiko weltweit bekannt für den Tag der Toten. Hier in Guatemala, dem direkten Nachbar, durften wir jedoch Zeugen eines ganz ähnlichen Spektakels werden.

Und ja, die Friedhöfe erwachen wirklich zum Leben! Nicht, weil tatsächlich Skelette aus den Gräbern kommen, sondern weil die ganze Stadt auf den Friedhof zusammen kommt, um zu feiern und zu gedenken.

„Festival de los barriletes gigantes"

Am ersten November fuhren wir in das Dorf Sumpango, um Teil eines großen Spektakels rund um den Tag der Toten zu werden; dem Festival der gigantischen Drachen.Für den Tag wurde das Fußballfeld zum Drachenflugplatz umfunktioniert.

wir haben uns auch mal versucht...

Schon aus weiter Ferne war zu erkennen, was die Veranstalter mit „gigantisch" meinen: Mit bis zu 18 Metern Höhe überragen die an einem Bambusgerüst aufgestellten Drachen das ganze Dorf und erst recht die versammelte Menschenmenge. Mehrere Monate, massenweise Bambusstäbe, Transparentpapier und Schnüre hatten Vereine in den Bau von Drachen verschiedener Größen gesteckt.

Gegen Nachmittag wurde es dann aufregend: Mit den bis zu vier Metern großen Drachen wurden waghalsige Flugversuche unternommen.Gar nicht so ungefährlich, denn der ganze Platz war voller Menschen und früher oder später würde jedes der Flugobjekte in die Menschenmenge stürzen. Doch für die Lokals schien die potentielle Gefahr den Spaß nur zu potenzieren. Anhand der Schönheit der farbenprächtigen Motive und der Flugzeit ermittelte eine Jury in jeder Kategorie einen Gewinner.

Kurz vor dem Start
Die farbenfrohen Drachen sollen wohl nicht nur böse Geister verscheuchen, sondern haben auch eine große symbolische Bedeutung und stehen im direkten Zusammenhang mit dem „Día de los Muertos", wie wir später auf dem Friedhof erfahren sollten. Wie die Toten durchbrechen sie für einen Tag die Barriere zwischen Himmel und Erde - man ist dem Himmel ganz nahe.

Ergreifende Szenen

Nicht fern des Fußballplatzes liegt der Friedhof, welcher an diesem Tag alles andere als friedlich war und doch Frieden und Harmonie ausstrahlte.

farbenfrohes Gedenken

Die Familien gesellten sich auf und um die Gräber, um die mitgebrachten Speisen mit den Toten zu verzehren. Stellenweise waren die einfachen Gräber der weniger wohlhabenden Familien im Blumenmeer kaum noch zu erkennen. Die eine oder andere Träne wurde vergossen, obgleich die Grundstimmung sehr positiv und doch respektvoll war.

Eine Musikgruppe ging von Grab zu Grab, sanfte Lieder von dem Tod und der Liebe spielend. Kinder rannten überall umher und ließen kleine Drachen in den Himmel steigen, wie freie Seelen flogen sie durch die Lüfte.Die bereits tiefstehende Sonne tauchte das ganze Geschehen in goldenes Licht, ein wahrhaftig magischer Moment.

Abseits des kommerziellen Halloween-Blödsinns durften wir Zeugen sehr ergreifender Momente werden. Wir sind sehr dankbar dafür, wie nah wir das ganze Geschehen mitverfolgen durften. Welch eine schöne Art mit dem Tod umzugehen. Wir finden jedenfalls Gefallen an der Idee, dass unsere Enkel auf unseren Gräbern vielleicht mal Drachen steigen lassen könnten. 

Mit der untergehenden Sonne, so heißt es, verlassen nach und nach auch die Toten wieder die Erde. Adiós, bis nächstes Jahr!

Früh übt sich... leider

Saludos! 

D&J 

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