Veröffentlicht: 04.10.2025






Es war wahrscheinlich die kürzeste Etappe unserer Toskana-Tour, die heute Morgen auf uns wartete. Doch selbst auf den knapp vier Kilometern von unserem Stellplatz in Lucca zum Camping Ai Linchi können Herausforderungen lauern, die einem alles abverlangen.
Zunächst lief alles wunderbar. Wir kamen problemlos aus dem zugeparkten Hinterhof unserer Autowerkstatt – mitten im Zentrum von Lucca – und fanden dank Google Maps mühelos den Weg zu unserem Ziel. Schon von Weitem sah ich eine braune Tafel mit weißem Pfeil und auf dem Gelände daneben einige Wohnmobile stehen. Doch die Auffahrt war viel zu eng! Wie sollte ich mit meinem „Sattelschlepper“ da herumkommen?
Ich warf noch einmal einen Blick auf die anderen Wohnmobile. Einige waren mindestens genauso lang wie unseres. „Wenn die das geschafft haben, schaffen wir das auch!“, sprach mir Icke Mut zu und stieg aus, um mir beim Rangieren zu helfen. Das war auch bitter nötig. Zwanzig Minuten lang tasteten wir uns Zentimeter um Zentimeter um die Kurve, während der Stau auf der kleinen Landstraße immer länger wurde. Doch niemand hupte oder schimpfte – im Gegenteil: Die Wartenden schienen das Schauspiel regelrecht zu genießen und spekulierten wohl über dessen Ausgang.
Völlig durchgeschwitzt kam ich schließlich an der Rezeption an, wo ein Mann in meinem Alter mit einem halben Dutzend Gästen alle Hände voll zu tun hatte. Ich nannte meinen Namen und erwähnte, dass wir reserviert hätten. Er wies uns freundlich einen Platz zu. Wir parkten ein, atmeten tief durch – und gönnten uns erst einmal einen Espresso zur Beruhigung.
Anschließend machten wir uns zu Fuß auf den Weg, um die neue Umgebung zu erkunden. Dabei kamen wir zu einem größeren Stellplatz, der den Namen Ai Linchi trug. Moment mal – das war doch der Platz, den wir gebucht hatten!
An der Rezeption empfing uns ein junger Mitarbeiter freudig. Er hatte schon auf uns gewartet. Wir erzählten von unserer „Ankunft“ auf dem Nachbarplatz. Kein Problem, meinte er, wir könnten gerne dort bleiben – aber es gäbe auf diesem Platz keinen Service: keine Toilettenentleerung, kein Wasser, keine Duschen.
Da wir für drei Tage gebucht hatten, wollten wir auf den Komfort nicht verzichten. Also gingen wir zurück, erklärten dem dortigen Chef, dass wir versehentlich bei ihm gelandet waren. Er lächelte und meinte nur: „Ihr seid nicht die Ersten.“
Wir verabschiedeten uns, ich krempelte die Ärmel hoch – bereit für den zweiten Rangier-Marathon des Tages. Da kam der Mann noch einmal zurück, klopfte an die Scheibe und sagte: „Wenn du hundert Meter geradeaus fährst, findest du unsere richtige Einfahrt. Glaub mir, die ist einfacher.“
