2017 VespamerikasuR 2019
2017 VespamerikasuR 2019
vakantio.de/vespaamerikasur

ab 31.07.: Ollantaytambo - 2.800 m

Veröffentlicht: 02.08.2017

31.07.

um 06:00 uhr ist der luxus vorbei. die vepse wird wieder auf die straße geschickt, von einer kamera aber beobachtet, falls sich der räuber hotzenplotz an ihr zu schaffen macht.
ich lege mich nach der aktion wieder hin - es ist scheusslich kalt im hostel. drei stunden später scheint die sonne, die türe ist sperrangelweit auf, die rezeptionsdame sitzt eingepackt mit decke und dicker jacke vor dem pc.
das frühstück bietet alles. ich stürze mich mit heisshunger auf die haferflocken, zwar ohne obst, aber egal.
der taxifahrer ist etwas überfordert, denn so einen auftrag hat der bislang noch nicht bekommen. ich erledige noch die letzten handgriffe, als er vorfährt und zielstrebig ins hostel laufen will. er lässt sich den auftrag von meiner hostel-senora noch einmal bestätigen und weiss nun, wohin ich will, aber mit möglichst moderaten steigungen. es klappt alles wie gewünscht und zwanzig minuten später verabschieden wir uns.
die fahrt durch das heilige tal ist ein hochgenuss. erstaunlich wenig weisse mit touristen beladene renault-sprinter überholen mich, die abfahrt ist anstrengend, viele serpentinen und später dann wieder die buckel auf der straße, die nur bei genauem hinsehen zu erkennen sind und mich sehr oft eine ziemlich starke bremsung vornehmen lassen.
es
ist nicht weit bis nach ollantaytambo. 70 km, für die aber googlemaps anderthalb stunden veranschlagt. der rio urubambu, der sich mittlerweile zu einem ernstzunehmenden fluss entwickelt hat, ist mein begleiter, ebenso die märklinschienen für den zug, der die touristen nach aguas calientes bringt.

ollantaytambo heisst übersetzt speicher meines gottes und ist noch immer in seinem ursprünglichen zustand. die inka- terrassen mit den noch stehenden grundmauern und der terrassenförmig angelegten festung. ollantaytambo empfängt mich im höchsten maße ungnädig! die straße, die in das schätzungsweise 2.000 einwohner zählende dorf führt, besteht aus findlingen, deren oberes drittel aus der fahrbahn guckt und ein halbwegs vernünftiges fahren unmöglich macht.
die vepse ist nicht mehr in der spur zu halten, weil das vorderrad seine eigene dynamik gefunden hat und nur durch sehr langsames fahren wieder dem fahrer gehorcht.


ich bin nicht alleine auf dieser straße, hinter mir stauen sich meine weissen freunde, die mich unbedingt überholen wollen. es geht die calle principal weiter, die bewohner tun mir leid, die jeden tag diesen verkehr aushalten müssen.
auf dem plaza de arma staut sich der verkehr, die touristenpolizei versucht ordnung in das chaos zu bringen, doch nur wenige hören auf die warnenden oder antreibenden trillerpfeifen, sondern sind in blickkontakt mit den anderen verkehrsteilnehmern. ich fahre an den wartenden sprintern und bussen einfach vorbei, warte auf die trillerpfeife und entferne mich schnellst möglich.
von sandra und rolf habe ich eine hoteladresse bekommen, die ich ausprobieren will. nicht hostel-, sondern hotel. die letzten drei wochen im hostel, meist mit 7 anderen betten, haben meine frustrationstoleranz erschöpft. und tatsächlich gibt es noch ein zimmer. der mit weissem hemd und schwarzer hose bekleidete mitarbeiter schaut die vepse und dann mich etwas misstrauisch an und nennt mir erst einmal den preis. 50 dollares. hm 150 soles - so viel habe ich hier noch nie bezahlt, aber egal, ich nicke ihm zu und er öffnet das schmiedeeiserne tor und zeigt mir, wo ich die vepse parken kann.

trapezförmige fenster, schön geformte ziegeldächer und die mauern im inka-stil feinfugig gemauert -

man sieht, dass sich einer gedanken gemacht hat. dieser eine ist ein deutscher aus dem sauerland, der bei einer motorradtour durch südamerika seine jetzige frau kennengelernt und mit ihr das hotel aufgezogen hat. 40 jahre sind sie verheiratet und dem gast begegnet das junge paar auf einem vom fußboden bis zur decke reichenden plakat. er im weissen anzug und seine frau in peruanischem outfit.
mittlerweile gesellt sich ein anderer junger mann zu mir und fragt, ob ich ein bier wolle. 5 dollares schießt es durch meinen kopf - egal  eine gute  idee. er bringt mir das bier, entfernt sich wieder, ich hole mir einen ausgedienten holzstuhl, setze mich in die sonne und weiss, hier werde ich mich erholen und verwöhnen lassen. während ich in der sonne döse, erscheint die dame des hauses, die mich in deutsch anspricht und mir stolz am baum hängende tomaten zeigt, maracuja und mir eine dicke feige  zum probieren anbietet. sie erzählt von ihrem glück - anders kann ich es nicht benennen -  sie geht voll in ihrem hotel auf. es gibt einen kleinen sohn von ihr und ihrem mann, einen enkel, einen sohn aus erster ehe und einen cousin. die beiden helfen tatkräftig im hotel.
am abend lasse ich mir lama auf heissem stein bringen, vorher einen ceviche - das ist roher fisch in zwiebeln angemacht - zum hauptgang gibt es noch einen richtigen salat und gebratene kartoffelecken.
der stoffwechsel funktioniert wieder, ich habe hunger und werde gut schlafen.

01.08.

ich freue mich auf das frühstück - auf müsli mit frischen früchten, es gibt earl grey tee, gesalzene butter und brötchen. auf wunsch auch sehr lecker aussehende spiegeleier, aber leider hat das reichliche müsli ihnen die show gestohlen. es passt nichts mehr rein. ich lerne kalle, den stolzen hotelier kennen. er erzählt von einer komplettbuchung für die folgende nacht, die leider meinen plan, noch um eine weitere nacht zu verlängern zu nichte macht. es käme ein sprinter mit franzosen, selbst der guide müsse sich eine andere bleibe suchen. er ist gut in den entsprechendenforen vertreten, aus- und umbaupläne bestätigen, dass der rubel rollt. er erzählt, dass sein sohn jetzt endlich wieder in die schule könne. perus lehrer haben landesweit mehr als 6 wochen gestreikt. für ein höheres gehalt und für die erstattung der auslagen für schulmaterialien. so erschließt sich jetzt für mich auch die straßendemo auf meinem weg zu dem inkatempel auf meiner station in sicuani. die großen ferien würden ausfallen, denn die gestreikte zeit müsse nachgearbeitet werden. das staatliche schulwesen sei desolat. die meisten eltern würden ihre kinder in private schulen schicken.
nach dem frühstück gehe ich mit seiner frau zu einem anderen hostel, wo ich mich für die zweite nacht einquartieren kann. 70 sol. das ist eine menge, aber privado mit eigenem bad. sie erzählt mir unterwegs von ihrem leben vor kalle. 10 jahre war sie allein, dann habe sie den motorradfahrenden deutschen getroffen und sich sofort verliebt. ihren freundinnen schwärmte sie vor: guckt doch mal, dieser schöne mann!!
kalle bietet mir an, meine vespe und auch meine sachen, die ich nicht brauche im hotel bzw. auf dem hotelgelände zu lassen. eine sehr nette geste, die mir einen komplettumzug erspart.
heute will ich zu den maras salinas, die nur 25 km von hier entfernt liegen. ich entlaste die vepse von gepäck und aufbauten , quäle mich durch das total überfüllte ollantaytamba und schraube mich gleich hinter urubamba auf 4.200 höhenmeter hoch. eine zeitlang bleibe ich auf dem plateau, habe einen tollen blick in das heilige tal und nach einer halben stunde zeigt mir ein hinweis schild, dass ich rechts abbiegen muss. und damit ist es vorbei mit dem beschaulichen fahren. zwar ist der blick in die berge einmalig, aber der asphalt wird von wellblechschotter abgelöst, ich holpere mit 20 bis 25 km/h vor mich hin, spitze steine und schlaglöcher umfahrend.

keine staubfontänen, die den blick trüben

meine weissen freunde sind auch wieder da. und sie wären nicht meine freunde, würden sie mich nicht überholen und einer staubfontaine überlassen.
wir verlassen das plateau und lassen uns in das tal rollen, wo ich schon von oben einen blick auf die  maras salinas werfen kann.

"du hast doch jetzt schon alles gesehen. willst du dich wirklich dieser sprinterschlange und den zahlreichen bussen anschließen und dich mit den anderen touristen auf die salzterrasssen ausspucken lassen?", fragt mich der innere schweinehund.

"ja!" sage ich und rolle den staubenden und an den wildesten stellen überholenden sprintern hinterher. bald ist es geschafft, ich suche mir einen schattigen parkplatz direkt unter einem etwas hervorspringenden fels - nein einem lehmmassiv, schaue kritisch nach oben, sehe schon die ersten sollbruchrisse, lasse mich davon nicht beirren, sondern widme mich den salzterrassen. es hat sich gelohnt. ich habe so etwas bisher noch nicht gesehen, blende einfach die fotografierenden und possierenden touristen aus, gehe im dauerlauf an ihnen vorbei, lasse mich durch shoppingmals führen und bin dann endlich da. in den hang terrassenförmig eingebaut blicke ich auf wasserbecken, die die unterschiedlichsten farben und entwicklungsstufen ihrer inhalte aufzeigen. das salzhaltige wasser kommt aus den bergen und wird durch ein perfektes leitungssystem in die becken geführt, wo es verdunstet und geerntet wird.

wie puderzucker oder neuschnee

... wie türkischer honig
nicht nur für das frühstücksei, sondern auch für die glasvitrine zuhause

von ferne sind salzernter zu beobachten, die das getrocknete salz in säcke abfüllten. diese werden dann nach cusco verkauft.

ok. habe alles gesehen, mir macht die sollbruchstelle etwas sorgen und auch der steile anstieg nach oben, dessen ausmaße ich erst von hier unten erkennen kann. außerdem reicht es mir. bloß weg. schnell mache ich noch ein foto, was man noch mit dem salz anfangen kann und eile zur vepse.
sie genießt die kühle des schattens, der riss der sollbruchstelle hat sich
bestimmt verändert, ich starte die vepse und gewinne land. die steigung nimmt sie wieder mit links, die sprinterkolonne löst sich auf und bald befinde ich mich alleine in völliger stille. ich halte inne, habe den motor abgestellt und blicke mich um. das hochplateau mit seinen bergmassiven im hintergrund, den weitläufigen, steppenähnlichen feldern und der geruch nach würzigen kräutern. die ruhe wehrt nicht lange, die staubfontainen nähern sich, ich schütze mich durch helm und visir und bin bald wieder auf asphaltiertem grund. die sprinterkolonme biegt nach rechts zum sommersitz der inka ab, ich fahre in die andere richtung. es sind noch 12 km bis dorthin. und da ich nicht weiss, wie die straßenverhältnisse sind und welche höhen auf mich zukommen, ich sinnigerweise alle kanister im hotel gelassen habe, fahre ich zurück nach urubamba, decke mich dort mit obst ein, suche mir ein schattiges plätzchen etwas von der hauptstraße abgelegen, genieße mein selbstbestimmtes reisen, nicke einem käferfahrer in seinem aufgemotzten gefährt anerkennend zu, ernte ein winken und stolzes grinsen, ein motorradfahrer reduziert seine geschwindigkeit, dreht sich um, grüßt mich und fährt weiter. so muss das sein. ich sitze da, schäle meine mandarinen, bananen und pinias und genieße meine individualität.
bei meiner rückkehr ins hotel bestelle ich mir noch auf der vepse sitzend bei meinem toröffner ein bier, treffe noch kalle und setze mich danach in die nachmittagssonne. so lässt es sich aushalten. sehr angenehme temperaturen, der schatten ist weit angenehmer, als die kühlschranktemperaturen in cusco. kalle muss noch nach urubamba, meint aber, gegen 18:00 uhr könnten wir noch ein bierchen trinken. daraus wird dann aber nichts, weil seine frau in der stadt eine freundin trifft...
ich lasse den abend in meinem neuen hostel mit schreiben ausklingen. morgen fahre ich weiter. mir ist wohl bewusst, dass ich eine freveltat begangen habe. keine touristische aktivität in ollantaytamba, kein erklimmen der festung, keine fotos - der perfekte antityp!

Antworten

Peru
Reiseberichte Peru
#ollantaytambo#urubambu#marassalinas