2017 VespamerikasuR 2019
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20.03.: Colonia del Sacramento / Uruguay

Veröffentlicht: 21.03.2019

ab 20.03.:

siel schlafen nicht, die schutzengel, sondern sie sind hellwach. zwar wissen sie, dass der heimatliche stall nicht mehr weit ist, doch davon lässt sich  ihre aufmerksamkeit nicht beeinträchtigen.

schon gestern, als ich die erste fahrt zum hafen gemacht habe, verspürte ich gewisse unregelmäßigkeiten beim fahrverhalten. ihnen habe ich keine aufmerksamkeit geschenkt.

auch heute morgen sind sie zu bemerken. die vepse ist nicht ganz sicher in ihrer spur. eine tankstelle ist nicht in sicht.

die überfahrt nach colonia del sacramento verläuft reibungslos. ich bin viel zu früh da. die reiseagentur sprach von 120 minuten. ich bin so gut wie der erste und nach ein paar verkehrsübertritten, die hier nicht so eng gesehen und von den autofahrern toleriert werden, befinde ich mich auf der einfädelspur, um zur fähre zu kommen. ich stehe ihn zweiter reihe und ein mitarbeiter des hafens bedeutet mir, die vepse dort stehen zu lassen, zum check in, zu den imigraciones und zum zoll zu gehen. die kollegen seien aber erst in 10 minuten da. alles klappt perfekt und schon nach einer halben stunde bin ich wieder bei der vepse und warte, dass es los geht.

es sind in der mehrzahl argentische nummernschilder zu sehen. ein overlander aus british columbia und eine chilenische nummer fallen mir auf.

und dann sehe ich, wie die fähre in den hafen einfährt. es ist ein riesiges geschoss, dessen hintere wände mit einem schmierig, schwarzen dieselfilm bedeckt sind. der bug hebt sich windschnittig aus dem wasser. es muss eine rennmaschine sein.


ich beobachte das anlegemanöver, das auf den millimeter austariert ist. alle achtung!

da sind mehr schrauben (?) am werk. fontänengleich schoss das wasser nach oben

es könnte sogar sein, dass ich diese globetrotter in dem gelben bulli in san pedro de atacama getroffen habe und sie mich zum nudeln essen eingeladen haben.

die vepse hat heute ihre generalprobe vor der großen atlantiküberquerung. wir werden zur schiffswand dirigiert und parken gegen die fahrtrichtung. dann kommt ein einweiser, der mit schnellen und geübten händen die vepse anschnallt.

...und sie hält immer noch die luft an!

es gibt zwei decks. teppichböden, große fenster - keine bullaugen - sitzgruppen mit sofas und dreisitzerreihen wie im flugzeug.

wir werden auf die lifejackets hingewiesen und ein film zeigt, was wir im ernstfall zu tun haben und wo wir in die bereitliegenden rettungsbote reinrutschen können. die schuhe sollten vorher ausgezogen und das gepäck nicht mitgenommen werden.

jetzt drehen sich die schiffsschrauben und wir nehmen kurs auf die uruguayanische küste. die siliva anna I - so heisst die fähre - nimmt einem kavalierstart ähnlich fahrt auf und schafft die distanz in etwas über einer stunde.

der abstand zur skyline von buenos aires vergrößert sich in sekundenschnelle!

alles klappt wie am schnürchen. wir müssen nicht schlange stehen, sondern können sofort zu unseren fahrzeugen. kaum bin ich bei der vepse ist auch schon der einweiser da, der mir erlaubt gegen die fahrtrichtung aus dem schiff zu fahren.

liegt es am gepäck? ist der rechte seitenkoffer vielleicht schwerer als der linke?

ich fahre zur zollstation, erkenne aber gleich, dass hier nur die argentinischen und uruguayanischen fahrzeuge durchfahren dürfen. die extranjeros werden woanders abgefertigt.

wichtig ist für mich, dass ich die einreiseunterlagen vom zoll bekomme. den einreisestempel für uruguay habe ich schon in meinem reisepass.

von alex aus köln - der, der mit seiner vespa von alaska bis nach patagonien gefahren ist - weiss ich, dass er aufgrund eines fehlenden einreisestempels von dem grenzer 1.000 km zurückgeschickt wurde.

hier treffe ich den chilenen und den overlander aus british columbia wieder und weiss, dass ich hier richtig bin. etwas verunsichert bin ich, weil der grenzer in buenos aires mein einreisedokument für argentinien an sich genommen hat. was ist, wenn die zollbeamtin das nun sehen will? ich beobachte, dass die anderen neben ihren papieren auch ein a4 dokument dabei haben.

in der zwischenzeit werde ich von einem anderen grenzer in ein gespräch verwickelt. das passt mir eigentlich gar nicht. ich will mich auf das kommende konzentrieren und vorbreitet sein. er aber ist routinier und erzählt mir, dass er auch eine vespa führe und damit auch schon touren gemacht habe. die arme vespa, denke ich mir, denn er hat bestimmt 100 kilo körpergewicht. aber wenn er auf sein gepäck verzichtet, dann sind das ähnliche gewichtsverhältnisse, die auch meine vepse zu stemmen hat.

jetzt komme ich an die reihe und habe das beruhigende gefühl, dass der vespafan mir zur seite springt, falls es kritisch wird. aber alles passt. neu ist für mich, dass sie meine versicherungskarte sehen will. alle anderen länder hat das bei der einreise nicht interessiert. aber auch diese kann ich ihr vorlegen und bekomme dann das dokument in die hand gedrückt, das ich bei meiner ausreise nach deutschland wieder vorzulegen habe.

die tankstelle ist nicht weit und ich bitte den tankwart, die luft zu prüfen. sein geschulter blick sagt ihm, dass der hintereifen so gut wie keine luft mehr hat!! ich bitte ihn trotzdem, den reifen aufzupumpen und hoffe noch, dass sich einer in der tiefgarage in buenos aires einen scherz erlaubt und die luft aus dem ventil gelassen hat.

mein quartier ist ganz in der nähe. ich frage gleich den hostelsenor, ob er eine reifenwerkstatt kenne. ich will auf sicher gehen und meinen letzten ersatzmantel aufziehen lassen. alles andere ist mir zu riskant. schließlich habe ich mindestens noch 200 km nach montevideo vor mir.

eine werkstatt schickt mich zur nächsten, aber dann treffe ich per zufall eine continental-werkstatt. der auspuff, der ja runtergenommen werden muss, um an den hinterreifen zu kommen ist heiss und der mechanico wirkt erst desinteressiert. ich sage ihm noch, dass ich das hinterrad ausbauen könne, wenn er mir dann den reifen aufzöge. doch dann macht er sich sofort ans werk. ich habe mit wartezeiten gerechnet und dass ich morgen im laufe des tages wiederkommen könne...

nach einer halben stunde ist er fertig. in der zwischenzeit schaue ich mir den alten mantel an und befühle vorsichtig die innenseite und spüre schon sehr schnell die spitze eines nagels. ich bin beruhigt. die ursache ist gefunden.

und dann schließt sich gleich die immer gleiche frage an: was wäre gewesen,  wenn...?

aber der vepse, bestärkt durch ihre beiden schutzengelkollegen, ist es gelungen, die letzten zwei tage oder mehr (?), die luft anzuhalten und erst an der tankstelle in die knie zu gehen.

die anderen todos müssen auch noch erledigt werden. simkarte für das smartie und dolares oder uruguayanische pesos.

es bleibt sogar noch die zeit, in die altstadt zu gehen und auf das mare del plata zu schauen. die sonnenuntergänge seien hier fulminant, hat mir mein hostelsenor noch mit auf den weg gegeben.

mare del plata. sehr windig und ungewöhnlich kalt

hochgewachsene platanenalleen bestimmen das straßenbild - nicht nur hier -  und baumstamm dicke oleanderbüsche

21.03.:

frühlingsanfang in deutschland. hier werden die schatten länger, und das bad in der sonne genieße ich wieder.

die abfahrt der grande san paolo verzögert sich um einen weiteren tag. es soll der 31.03. werden. ich verfolge ihren turn und weiss, dass sie die brasilianische küste erreicht und in paranagua vor anker gegangen ist.

ich habe den eindruck, sie nimmt das mit, was sie an ladung bekommen kann. das ist der grund für die verzögerung.

so entscheide ich, dass ich noch zwei weitere nächte hier bleibe. zwar soll auch punto del este schön sein, aber touristenorte ziehen mich nicht an. hier ist alles besinnlicher, kein ballermanngejodele wie in sao francisco, wo es noch so heiss war, dass ich kaum mein zimmer verlassen habe. hier gibt es einen großen strand, nicht bevölkert, weil schon zu kalt, aber gut für einen ausgiebigen gang.

nach montevideo werde ich sonntag fahren. so bleiben noch einge tage für die große stadt.

22. & 23.03.:

da ich in meinem ersten hostel nur zwei nächte gebucht habe, muss ich noch einmal umziehen. ein zimmer mit bad. eine art pousada mit sehr persönlicher ausstrahlung. frau von katze hängt über meinem bett und kontrolliert meinen schlaf.

sie wird mich nach ritterhude begleiten und dort einen platz finden.

hier in der straße ist es so ruhig wie in der grünen straße. sie verleitet dazu, den verlängerten vormittag hier zu verbringen und erst am nachmittag rauszugehen.

colonia del sacramento lebt von buenos aires und den fahrgästen, die hier ein, zwei übernachtungen dranhängen, bevor sie weiterfahren. und es lebt von seinem flair, älteste stadt uruguays zu sein.

seine geostrategisch exponierte lage hat es über jahrhunderte nicht zur ruhe kommen lassen. die spanier, die brasilianer, die engländer und die portugiesen lieferten sich eroberungskämpfe bis dann anfang des 19. jahrhunderts ein friedensvertrag geschlossen wurde.
eine große, noch fast erhaltene  stadtmauer schützte vor zugriffen. heute räkeln sich die touristen und warten auf den "fulminanten" sonnenuntergang.

fulminant...

auch hier gibt es einen ruderclub. ich bin zu faul für große aktionen und schaue mir lieber die trainingseinheiten vom ufer aus an.

mit dem uruguayanischen rotwein versuche ich mich anzufreunden, bin aber nicht richtig überzeugt. dass uruguay über 6 tsd ha weinanbaufläche hat, habe ich erst hier gelernt und auch, dass zu 80% rotwein daraus gewonnen wird. tannat nennt sich die rebsorte die ende des 18. jahrhunderts aus den pyrenäen hierher gekommen ist.


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