2017 VespamerikasuR 2019
2017 VespamerikasuR 2019
vakantio.de/vespaamerikasur

ab 27.06.: Sicuani - 3.600 m

Veröffentlicht: 28.06.2017

27.06.:

aufstehen, packen, duschen, frühstücken, düse verändern, aufpacken und los. und doch ist es schon wieder 12:00 uhr als ich endlich auf der vepse sitze.
meine hostelmutter hat mich nett verabschiedet. ich habe ihr noch gesagt, sie müsse mein bett nicht frisch beziehen, ich hätte meinen schlafsack benutzt. ich habe sie ja mehrfach dabei beobachtet, wie sie die wäsche mit der hand gewaschen hat. das kann sie sich bei mir sparen.
für meine wäsche wollte sie nur 5 sol!!! ich habe ihr das vierfache gegeben und damit vielleicht die preise verdorben.
ich komme gut aus dem städtchen heraus und befinde mich neben der eisenbahnverbindung von puno nach cusco. die schmalen märklinschienen werden mich noch bis nach sicuani begleiten - ohne lärmschutzwall oder anderen sicherungsmaßnahmen. schafe weiden dort - bewacht von den bunten bäuerinnen.
ich freue mich, wieder landschaft zu sehen, auch wenn die färbung mit dem ocker und den grasbüscheln langsam langweilig wird. ich weiss nicht, welche höhen wir heute erarbeiten müssen. nur, dass sicuani tiefer liegt als ayaviri.
die vepse gefällt mir nicht. liegt es am gegenwind? aber den haben wir nicht. liegt es an der steigung? die stelle ich so nicht fest. dann taucht auch das ruckeln wieder auf. ich suche einen schattenplatz, was wirklich schwer ist und viel fantasie erfordert. es gibt zum beispiel halb verfallene lehmhäuser, deren eine wand noch steht und genügend schatten gibt, damit ich dort arbeiten kann. aber dann finde ich ein großes gebäude, das ich als schattengeber nutze.
drei mal habe ich heute den vergaser aufgehabt bis er endlich stimmte. ein mit 5 michkannen beladenes motorrad hält und bietet hilfe an. er könne mich abschleppen..
er will dann noch wissen, was so ein roller denn kostet - ich reduziere den preis, aber das ist in der sol-währung immer noch verdammt viel. dann kommt noch ein peruaner aus cusco mit seiner neuen honda des weges, hält, kehrt um und bietet auch hilfe an. er ist von der vepse begeistert und macht noch fotos von sich, von mir und von den zweirädern.
ich befinde mich ja immer noch in der altiplano-region und wundere mich, dass wir doch mal eben 500 höhenmeter erstiegen haben. es begegnen mir berge, deren schneekuppen gar nicht mehr so weit scheinen. unterwegs erfreuen mich wieder schlecht geteerte straßen, buckel, unbeschrankte bahnübergänge, die ich ganz langsam überfahren muss, damit mir das vorderrad der vepse auf dem metall nicht davon rutscht. und bis die vepse wieder ihre reisegeschwindigkeit hat, kommt wieder ein grund, um langsam, ganz langsam zu werden. dafür ändert sich das landschaftsbild. aufeinmal sehe ich grüne bäume

die "bahnstrecke" im hintergrund

könnte fast eine almhütte sein...
sie mögen es nicht, aber sie hat es nicht gemerkt

und grüne felder! der fluss urubamba, der aus den bergen am titicaca.see kommt, sorgt für diese vielfalt.
überall höfe in lehmbauweise, grenzmauern wie in irland- und trotzdem komme ich mir vor wie im alpenvorland.
das hebt die stimmung. zwischenzeitlich habe ich das visier und den sonnenschutz gereinigt und kann nun besser gegen die tiefstehende sonne anfahren -  endlich sichbares leben und nicht nur kühe, die auf scheinbar ausgetrockneten und braunen flächen weiden.

eine aufgabe für lange regentage oder auf see:
was war eigentlich vor den inkas?

sicuani ist in sicht. und mir kommt der zug auf seinem weg nach puno entgegen. er zieht bestimmt 6 in königsblau - weiss lackierte wagons und fährt fast im schritttempo auf den schmalen schienen entlang. ein paar reisende - bestimmt touristen -  stehen auf der aussichtsplattform des letzten wagons und genießen die nachmittagsstimmung.
ich profitiere - mal wieder -  von meinen stuttgartern sandra und rolf, die in sicuani ein tolles hostel gefunden und mir davon vorgeschwärmt haben. rolf hat mir den link geschickt, so dass ich nur rechts ranfahren muss, um ihn zu aktivieren. und schon werde ich ohne vieles zutun zu meinem hostel geführt.
na ja - ein hostel halt. an der hauptstraße gelegen, ein großes einfahrtstor, was mich für die vespe beruhigt, sonst keine auffälligkeiten, die ein schwärmen hätten rechtfertigen können. ich klingele und nach etwas warten öffnet sich die tür -  zu einem paradies!

nach viel ocker jetzt bunte vielfalt!

das mag jetzt kitschig klingen. aber ich habe schon sehr lange kein grünes gras mehr gesehen in dieser üppigkeit wie hier. überall finden sich kleine häuschen mit kleinen terrassen, ein kaninchen mümmelt im gras, der verkehrslärm ist so gut wie nicht mehr zu hören -  der echte hammer.

ein kleines missgeschick meinerseits hätte fast schlimme folgen gehabt, aber - die schutzengel sind wachsam.
der hostelfather bittet mich, meinen vepse gleich zu den zimmern zu fahren, von denen ich mir eines aussuchen soll -  dazu muss ich über eine terrasse fahren vergesse bei diesem manöver meine beiden seitenkoffer, ramme ein sofa, verliere das gleichgewicht und die vepse legt sich wie erschöpft von dieser tour auf die seite -  und verbleibt dort. der motor läuft noch -  ansonsten geht es so nicht weiter. motor aus - gewicht verringern so weit es geht und sich ans werk machen, sie wieder in eine würdigere position zu bringen.
doch mein hostelfather denkt aus seiner sicht praktisch und will erst einmal von mir wissen, ob ich ein zimmer mit einem großen bett haben möchte und zeigt mir seine auswahl von zimmern. so - das ist geklärt. aber nun zurück zur vepse. sie ist zum glück weich in ein schilfbeet gefallen - aufgefangen noch von einem 30 cm hohen baumstamm. ich hebe hinten, der hostelfather vorne - uno dos tres! und wir haben sie wieder in der vertikalen. der motor springt sofort an, kratzer und beulen auf die schnelle nicht zu erkennen - ich fahre sie zu meinem zimmer, das einen ausgang zum garten hat - tiefes durchatmen - geschafft!

Feierabend!

meine kräfte kehren nach dem genuss einer cola wieder zurück, apps schreiben und dann per mototaxi für 2 sol in die stadt zum essen. bitte nicht pollo!!!! ich habe glück und finde ein schönes restaurant, in dem es warm und gemütlich ist. der wirt erkennt nach meinem geäusserten wunsch, dass ich vegetarier bin und bringt mir reis mit gemüse, sehr lecker angerichtet, gut gewürzt und zum nachtisch einen mate-koka-tee.
auf der suche nach einem restaurant komme ich noch vorher bei einem schumacher vorbei. ein alter mann mit weissem bart und weissem breitkrämpigen hut. mir fällt ein, dass sich die naht meines bergschuhs, mit dem ich immer auf der vepse unterwegs bin, gelöst hat und unbedingt repariert werden muss und gehe schnurstracks rein.
er nimmt sich sofort zeit für mich, legt mirt ein stück pappe hin, damit ich meinen unbeschuhten fuß dort draufstellen kann, besieht sich den schaden und fängt sofort an. der schaden befindet sich dort, wo die schnürsenkel von unten nach oben aufgefädelt werden. so einfach kommt man da nicht ran und mit der hand durch das dicke wildleder? wie soll das gehen? er hat eine uralte nähmaschine, die genau für solche unzugänglichen stellen geignet ist. er fädelt den passenden faden bei einem sehr funzligen licht zielsicher ein und näht, in dem er an der kurbel dieser maschine dreht. die nadel schafft sich durch das leder und raz faz, die naht ist fertig  und er überreicht mir stolz den schuh. 5 sol! ich gebe ihm 10 mit er begründung, dass dieser sonderservice eine andere bezahlung verdiene.
morgen bleibe ich noch hier. es gibt hier in der nähe eine inka-hänge - brücke, die aus schilf gebaut und mir von rolf wärmstens ans herz gelegt wurde. die strecke dort hin sei zwar für die vepse eine herausforderung, aber lange nicht so schlimm wie bei felix. schlaglöcher in den kurven...
wir werden sehen.

28.06.

nein, das tue ich der vepse nicht an. so schön es auch wäre, die hängebrücke der inka aus schilf anzuschauen, die strecke dort hin birgt zu viele abenteuer.
stattdessen: erstmal mit dem mototaxi zum markt und frühstücken.
die peruaner, die ich kennengelernt habe, haben keine scheu, sich über das, was ich will, erst einmal ganz offen und ehrlich zu amüsieren. nicht versteckt, sondern sie grinsen, lachen und feixen. ich lache mit, weil ich weiss, was ich für eine figur mache. da kommt so ein weisser exot und gibt in gebrochenem spanisch seine wünsche auf.

hier gehts zur sache...

heute war es in der tat ein wenig kompliziert. spiegeleier gab es, eine pfanne stand bereit, tomaten? no hay. pan? no hay. tee? no hay. ok, auf tee kann ich zur not verzichten, aber auf den rest? nein. gut, sage ich, ich besorge die tomaten und das brot. kommen wir dann ins geschäft? gegenseitiges grinsen, keine direkte antwort -  ich sage, ich gehe jetzt los und kaufe die sachen und komme gleich wieder. kein klares ja oder nein - ich gehe los und sage: hasta luego - schaue der chefin dabei ins gesicht, sie nickt und ich mache mich auf die suche. nach wenigen minuten bin ich wieder da -  gebe der köchin die tomaten und erkläre ihr, dass ich sie auch wie die eier in der pfanne gebraten haben möchte.

das erfreut das vegetarierherz- oben im zweiten geschoss erkämpfe ich mir mein frühstück

ich darf mich an einen langen biertisch setzen und warte. und nach 10 minuten kommt das frühstück!!! alles so, wie ich es haben will. und: kaum zu glauben, ich bekomme einen heissen zitronentee. ich habe mich bei allen bedankt und mein kommen für morgen angekündigt. ich hoffe, es war keine drohung... 5 sol wechseln den besitzer. ca. 1,50 €.
das mototaxi bringt mich wieder zurück zu meinem hostel, aber lange bleibe ich da nicht, ich will noch etwas sehen. auf der internetplattform ioverlander lese ich, dass nur 20 km von hier inkaruinen zu bestaunen sind. sie liegen direkt an der pista nach cusco, also sind 30 minuten realistisch, da die straße durch das tal führt.
alles klappt wunderbar, ich erlebe noch mehr alpenvorland, als gestern, wenig verkehr, aber dann STAU!! ich füge mich, halte an und  mache am stauanfang eine menschenmenge aus. Gaffer! schießt es mir durch den kopf, weil ich einen unfall vermute. was tun? warten? zu schade um die zeit. zurückfahren? hätte frust zur folge. links an der schlange vorbeiziehen? ich kann das temperament der peruaner noch nicht einschätzen... dann sehe ich im rückspiegel einen roten reisebus heranfahren. er reduziert seine geschwindigkeit, setzt seinen warnblinker und zieht an der schlange vorbei. da gibt es bei mir kein zögern - warnblinker an und hinterher - im schutz des großen. die autofahrer schauen mich an, sind aber abgelenkt von dem fabrikat meines zweirades und meiner warnjacke und lassen mich in ruhe.
ich erreiche die menschenmenge - krankenwagen, feuerwehr, polizei? nichts dergleichen. stattdessen machen einige peruaner ein sitIn - mitten auf der pista 3 - der hautverbindung zwischen puno und cusco -  haben rote transparente auf die straße gelegt, so dass ich sie nicht lesen kann -  und lassen mich vorbei!
nun müssten laut navi gleich die inkaruinen kommen. ich sehe keine hinweisschilder und da, wo mir die navidame bedeutet, rechts abzubiegen, sehe ich nur roten staub. ich fahre weiter und komme bis tinto, biege dort ab und entdecke ein kleines dörfchen mit schmalen straßen und bunten lehmhäusern. ich werde bis zum plaza de arma geführt, und dort empfängt mich mittäglicher frieden. es ist ein kleiner markt, es gibt eine kirche, das rathaus und wenig menschen.

einfach nur ruhe - ab und zu ein mototaxi...

ich setze mich auf eine bank, trinke etwas und genieße die friedliche stille. zuerst werde ich beobachtet, ich grüße laut, ernte ein lächeln und passe mich dann der allgemeinen stimmung an. nur das leise rauschen von wasser unterbricht die stille, und ich vermute, dass dieses rauschen die menschen hier runterbringt. das wasser kommt von den bergen und fließt durch wasserrinnen am rande der straßen ins tal.
ich will aber zu den inkaruinen. das navi sagt mir, ich solle dieselbe strecke wieder zurückfahren und komme logischerweise wieder zu der stelle, wo die menschen und transparente auf der straße sind. hier geht es schon temperamentvoller zu. ein gestresster mega-truck-fahrer hat sich auch bis zum beginn des staus vorgearbeitet und wird jetzt nicht durchgelassen. ich bin mittlerweile auch vorne angelangt und nutze die allgemeine aufregung, mich im abstand von wenigen zentimetern an den menschen vorbei zu lavieren. es gelingt. ich sehe noch, wie ein peruaner sich bückt, eine handvoll sand in richtung lkw-fahrer wirft. dieser ist im begriff aus seiner fahrerkabine zu klettern, und ich erwarte handgemenge, doch dann besinnt er sich eines besseren, greift zu seinem smartie und ruft entweder seinen chef oder die polizei an -  denn die ist immer noch nicht da. anarchie???
ich nicke freundllich den menschen zu, daumen - hoch - geste geht immer, und sehe zu, dass ich schnell aus dem blickfeld komme.

und nur kurze zeit später sehe ich auf der linken seite auf einem parkplatz reisebusse stehen, und das navi sagt: links abbiegen und ich bin auf dem gelände der gedenkstätte RAQCHI.
Raqchi ist der name des dorfes, in dem die inka-ruinen stehen und heisst erst einmal nichts anderes als "keramiktopf aus gebrannter tonerde". damit verdient das dorf seinen lebensunterhalt, denn davon gibt es hier wahrlich genug. ich bin an steinbrüchen vorbeigefahren, dessen bruchkanten in einem tiefen rot leuchten. auch die wege entlang der straße haben diese farbe.
ich sehe vereinzelt touristen auf dem gelände und komme auf den marktplatz des dorfes. hier wird kunstgewerbe, aus keramik produzierte bunte inkafiguren auf einem schachbrett und schmuck angeboten. ich darf meinen helm und motorradhose beim ticketverkäufer lassen, bezahle einen guide der mich nach erhalt der zahlung nett vertröstet und mehr sagt als fragt, dass es mir ja wohl nichts ausmache, wenn er noch auf weitere interessenten warte. ich kaufe noch eine broschüre und bin froh, dass ich mich im vorfeld ein wenig mit der materie befassen kann. mein guide lässt sich nicht mehr sehen und ich mache mich auf den weg.

friedliches beisammensein - wenn der haudegen kommt, heisst es für den roten einfach, sich noch kleiner machen...

vorher habe ich noch mit erlebt, wie erzieherinnen hier ihre aufgabe verstehen: schreien, befehlston, "no" überwiegt, disziplinieren, statt fördern. stattdessen possieren sie in der sonne, fotografieren sich gegenseitig und haben ganz andere dinge im kopf. dann kommt das schlechte gewissen und "no, alejandro!!!" dröhnt es über die anlage. echte haudegen! keine herzlichkeit, keine empathie.
vielleicht sind wir deutschen ja nur zu wehleidig...

ins auge fällt ein rieses bauwerk von ca. 12 metern höhe, 92 metern länge und 25 m breite. es hatte ein satteldach aus stroh - nun liegen tonpfannen auf dem noch vorhandenen mauerabschlüssen -  und war der tempel des inkagottes viracocha. viracocha??? da war doch was? und tatsächlich: der kreis schließt sich. virachocha ist die göttin des wassers und gleichzeitig namensgeberin des schilfschiffes, das in arica liegt und nach australien segeln wird. und sie ist eine der wichtigsten gottheiten der anden und wurde gott gleichgesetzt.


500 jahre alt. der sockel aus vulkangestein - der rest aus lehmbausteinen.

der tempel wurde im 15. jahrhundert unter dem inkakönig viracocha erbaut. deswegen die namensgleichheit, weil er glaubte, seine militärischen siege der andengöttin virachocha verdanken zu müssen. deshalb hat er ihren namen angenommen. laut der broschüre hatte diese tempelanlage mit ihren vielen zweckbauten auch für den inkastaat große bedeutung. beispielsweise wurden hier zahlreiche erdbebensichere rundbauten mit kegelförmigen strohdächern erstellt, um die landwirtschaftlichen produkte zu konservieren und aufzubewahren und in zeiten von hungersnöten bereitzustellen.

das kegelförmige hausdach im hintergrund gehört zu einer reihe von rundbauten, die die ernte für schlechte zeiten im inkareich schützen und lagern sollte

das, was sich hier im kleinen offenbart, wird der inkakultur auch in ihrem staatswesen nachgesagt. die eroberten länder konnten mehr oder weniger ihre selbständigkeit behalten und aktiv in der politik mitwirken. nur so war die enorme ausbreitung in nur 300 jahren möglich.

von meinem guia keine spur. im grunde bin ich sogar froh, dass ich alleine auf erkundung gehen kann und mir das ansehe, was mich am meisten beeindruckt. die bauwerke und ruinen habe ich gesehen - sonderlichen eindruck machen sie nicht auf mich und es zieht mich dort hin, wo die gärten sind. und da habe ich das, was hier in südamerika wirklich großen seltenheitswert hat: einfach nur RUHE und endlich mal wieder vogelgezwitscher und amseln, die nach würmern suchen. heimweh? na ja...

ich laufe durch einen völlig zugewachsenen bogengang, der einen duft nach kräutern ausströmt - 
ich bleibe stehen und atme ein. eine wohltat nach den abgasen, die in der stadt nicht zu zügeln sind. ich bleibe draussen - fernab von touristengrüppchen -  und beobachte die sonne, wie sie auf ihrem weg - von rechts nach links -  gen westen ist.

es gab fernab vom tempel und den wohnstätten der weisen auch häuser für die "faulpelze" und kriminellen...
da sah das bestimmt nicht so idyllisch aus, wie heute

die schatten werden länger, die konturen der berge wieder klarer und langsam treibt es mich wieder gen hostel. im dunkeln fahren ist hier schon ein mittleres risiko.
den guia habe ich nicht mehr gesehen und fahre gen osten, die sonne im nacken.

friedliche abendstimmung am urubamba-fluss auf seinem weg in das heilige tal der inkas

plötzlich überkommt mich der wunsch, im nächsten dorf anzuhalten oder innezuhalten, eine cola zu trinken, eine zu rauchen und mir die berge anzuschauen, die schon die rötliche färbung angenommen haben.
auch eine erkenntnis, die ich hier gewonnen habe: ausharren - dann erlebe ich doch viel mehr, als durch die gegend zu laufen oder zu fahren, um dinge zu entdecken oder zu suchen, die so von selbst auf mich zukommen.
ein lkw mit einer handvoll kinder auf der ladefläche kommt gerade vom feld - die kinder klettern übermütig auf dem gestell für die plane herum, der lkw quält sich mit ach und krach über die haupstraße und ruckelt an mir vorbei. spätnachmittagsstimmung, alles rötlich eingefärbt, ebenso der staub, den der lkw aufwirft. ich winke den kindern zu -  die reagieren sofort und rufen hello how are you, winken und lachen.
ein paar meter neben mir steht ein motorrad, der fahrer telefoniert weiter entfernt. nach einer viertel stunde kommen zwei kinder und eine jüngere frau, und wenig später sehe ich die vier auf diesem motorrad davonfahren. der ältere sitzt auf dem tank und hält sich am lenker fest, der jüngere sitzt zwischen den eltern, geschützt vor dem fahrtwind, und los geht die fahrt richtung sicuani.

Auf höhen bis 4.400 m so souverän im anzug -  4.700 hm stehen noch an.

ich mache mich auch wieder auf und komme natürlich in die dunkelheit. aufgeblendete scheinwerfer oder scheinwerferlose autos kommen mir entgegen -  die buckel sind nicht mehr zu erkennen - ich taste mich mit 50 km/h vor. und wenn die navi-dame mir nicht in meinen helmlautsprecher die richtige richtung angegeben hätte, dann wäre ich sonst wo rausgekommen....
nach wenigen minuten komme ich heile im hostel an, stelle die vepse ab und fahre mit einem mototaxi in die stadt. tüv scheint es hier nicht zu geben, aber dieses mototaxi ist lebensgefährlich, weil sich die auspuffgase durch undichte planen ins innere verirren. zu beginn der fahrt wollte ich noch die tür zu machen, weil es kalt wurde, aber dann öffne ich sie schnell wieder damit sauerstoff in die kabine kommt.

unghinderte abgasentsorgung in die passagierkabine

der kampf um huhnloses oder fleischloses abendbrot ist heute abend etwas langwieriger, aber dann finde ich ein gemütliches restaurant, das nur durch eine bäckerei mit vielen bunten torten betreten werden kann. ich ernte eher mitleidiges lächeln und ein no hay, als ich sage was ich will. das mädel tritt zunächst ab und ich beobachte wie sie ihrer kollegin von der seltsamen bestellung dieses seltsamen typen an tisch 2 erzählt. sie kommt wieder und ich wiederhole meine botschaft. dann scheint sie zu begreifen und bringt mir das tagesmenue mit reis und gemüse. und zum nachtisch sogar noch einen heissen tee für 5 sol!! 1,50 € .
auf der fahrt zurück erwische ich wieder so einen todesbringer, ich halte den kopf in die luft, damit ich dahinten nicht eingegast werde.
aber auch das gehört dazu, und solange die türen auch während der fahrt zu öffnen sind, kann sich der fahrgast ja selber helfen.
ein guter tag verbunden mit dem wunsch, in cusco noch mehr über die inka zu erfahren.

29.06.

große entäuschung! zwar finde ich ein mototaxi modernerer bauart, aber mein frühstücksplatz in der markthalle ist verwaist. die nachbarin erkennt mich wieder und bedeutet mir, dass sie heute schon früher gegangen sind. schlechte geschäfte?
so gehe ich zu einer der zahlreichen saftbars und bestelle mir karottensaft mit organge. ein sehr leckere kombination. und weil ich so verhungert aussehe, gießt die die "bardame" auch noch den rest des saftes in mein glas.
wenig später finde ich einen essplatz mit einigen tischen. der raum zur küche hin ist durch eine grobe und unverputzte backsteinwand abgetrennt. auf den tischen liegen orangfarbende tischdecken, drei mädels im alter von 4 bis 12 gammeln mehr oder weniger vor der glotze rum, die älteren werden aber aktiv, als ich den raum betrete. ich sage mein sprüchlein auf, es erscheint die mutter an der durchreiche und verneint. ich gebe nicht auf und verspreche, die zutaten wie tomaten, eier, brot und tee zu besorgen. nein, tomaten hätte sie. mein plan geht auf.
ich stürze mich zurück in das marktgetümmel, finde schnell die eier, aber brot und tee? irgendwann gebe ich auf und kehre mit den eiern zurück. kurzerhand wird die tochter geschickt und wenig später steht mein frühstück vor mir.

mit fingerzeig: continental breakfast

ich bedanke mich bei der familie, sogar der vater schaut durch die durchreiche, und verspreche, dass ich morgen früh wiederkomme.
ich fahre zurück zu meinem hostel, schreibe ein wenig und genieße die ruhe des gartens.
dabei fällt mir ein, dass der luftfilter noch ausgepustet werden muss. zum glück wohne ich in einer straße, in der sich werkstätten wie auf einer perlenkette nebeneinander aufreihen. so finde ich schnell jemanden, der den filter mit hochdruck durchpustet und mir noch ersatzschrauben verkauft.

am abend treibt mich der hunger in die stadt. es zieht mich wieder in das restaurant von gestern, weil ich weiss, dass sie mich verstanden haben. die bedienung von gestern erkennt mich und sie macht alles richtig. ich sage den beiden, dass ich morgen wegführe, sie dann bestimmt nur noch gäste bedienen dürften, die nicht auf das fleisch verzichteten.
ich werfe noch einen blick in die kirche, die heute - an einem donnerstag -  sehr gut besucht ist.

die ersten reihen sind schon gefüllt. kirchenglocken sind nicht zu hören

nahezu 95% aller peruaner sind katholischen glaubens, wobei der traditionelle glaube nicht ganz verdrängt wird. die spanischen missionare haben die kirchen auf alten inkaruinen erbaut.
der gottesdienst zieht sich bestimmt über zwei stunden - gelegenheit für mich, die stimmung auf mich wirken zu lassen. eine orgel gibt es nicht, die sakrale musik ertönt aus großen lautsprechern. ich habe nicht den eindruck, dass es sich um eine soziale verpflichtung handelt, sich in der kirche sehen lassen zu müssen. der gottesdienstbesuch ist eher ein gesellschaftliches ereignis, man trifft sich und ist bestandteil der dorfgemeinschaft, wird aber nicht ausgestoßen, wenn man nicht hingeht. ich sitze als gringo dabei - es gibt noch ein paar mehr davon, aber wir repräsentieren die minderheit. schon während vorbereitungen zum gottesdienst drehen sich die köpfe immer wieder richtung portal. ich vermute, dass die kundgebung die gottesdienstbesucher ablenkt. später aber kommt der priester mit seinem gefolge. alle stehen auf, der priester nickt seiner gemeinde weihevoll zu und beginnt schließlich mit der liturgie.
Während der abläufe habe ich gelegenheit, die menschen zu beobachten, die mehr oder weniger konzentriert dem geschehen folgen. vor mir sitzt eine familie mit zwei kids, wobei die tochter ihr schoßhündchen mitbringen durfte. dass das auf dauer nicht gut geht, kann nur der europäer vermuten. keiner fühlt sich genervt, dass das hündchen jault und aufmerksamkeit von anderen kirchenbesuchern einfordert - die eltern verfolgen das geschehen mit neugierde und toleranz. in der bankreihe neben mir sitzt eine ordensschwester, die sich erlaubt, einen vor ihr sitzenden gottesdienstbesucher zu reglementieren. während der andacht auf knien hat ihm sein nachbar wohl ein erlebnis seines tages erzählt, das zu erstickten, aber dennoch gut hörbaren lachsalven führte. sie berührt ihn, er dreht sich um, empfängt einen maßregelnden blick der bestimmt 20 jahre jüngeren, signalisiert einsicht, widmet sich nur kurz seinem nachbarn und konzentriert sich dann wieder auf den gottesdienst. beim glaubensbekenntnis und auch beim vaterunser stelle ich fest, dass die betonung dieselbe ist wie bei uns.
nach dem abendmahl, das nicht nur vorne beim altar, sondern auch im gang zwischen den sitzbänken erfolgt und damit recht schnell abgearbeitet ist, kommt wieder das gegenseitige händeschütteln, friede sei mit dir und schließlich das verlassen der kirche.

draussen empfängt uns grelles scheinwerferlicht, übersteuerte megaphone, transparente in rot und viele menschen. vielleicht eine lehrerdemo? der verdacht wird sich in den nächsten tagen noch verstärken, so auch das erlebnis auf meiner fahrt nach raqui.

morgen geht es nach cusco - mit gemischten gefühlen.



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