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Hiking Mt. Takao 🏞

Veröffentlicht: 25.09.2019

14.09.2019 – Ausflug zum Mt. Takao

Was lange währt… wird lang 😉 Mein Tagesausflug zum Wandern an den Tokyoer Hausberg Mount Takao war ziemlich lang – und entsprechend viel gibt es zu berichten. Also, los geht’s!

Der Plan

Mein Plan war es, Samstag in aller früh halb 8 Uhr, spätestens um 8 Uhr, mit dem Zug nach Takaosanguchi zu fahren – laut Google Maps alle 20 Minuten ohne Umsteigen von einer Station bei mir um die Ecke. Dort wollte ich dann einen der 6 Wanderwege hoch, eine kurze Pause einlegen, einen anderen Weg wieder runter und zum krönenden Abschluss noch im Onsen (heißes Thermalbad) entspannen. Nun, wie das mit Plänen so ist, funktionieren die selten 1:1…

Wandern zwischen Mt. Takao und Mt. Kagenobu


Das fängt ja gut an…

Nach einer Woche ausreichend Schlaf und vermutlich aufgrund akuter Vorfreude war ich mit einsetzender Dämmerung gegen 5 Uhr früh putzmunter. Eine Stunde vor Weckerklingeln, aber ok, auch nicht schlecht, da hab ich wenigstens Zeit, noch gemütlich einen Kaffee zu trinken, alles zusammen zu packen und pünktlich loszumachen, dass ich den früheren Zug erwische. Also erstmal das Fenster auf – etwas bedeckt aber wunderbar erfrischende, angenehme Temperaturen, perfekt! – und im Bett noch Nachrichten und News checken. Was ich nicht erwartet hatte war, dass anscheinend auch die Mücken (oder was auch immer) hier richtige Frühaufsteher sind… 10 Minuten später und 11 (!!) Stiche später (davon einer an der Handinnenfläche und einer an der Kehle... DAS hatte selbst ich als bekannter Mückenmagnet noch nicht) hat es mir gereicht. Fenster zu und auf! Einmal heftig Kopf am Bett anstoßen (wundert mich eigentlich, dass mir das nicht noch viel öfter passiert, wo sich ja die Hälfte des Zimmers unter dem Bett befindet...) und einige Zeit später hatte ich dann alles zusammen und es ging los 😊 Ein Blick auf die Uhr ergab, dass wenn ich mich beeile auch Zeit hab, schnell etwas zu Trinken zu kaufen, und dann saß ich auch pünktlich halb 8 im Zug 😎

Nach zwei Stationen wurde der Zug mysteriöserweise aber ziemlich leer… Unsicher schau ich mich um… okay, gut, im nächsten Wagon sitzt und schläft zumindest noch eine Person. Also wird das schon so stimmen. Mich umsetzen, sodass ich auf den Bahnsteig schauen kann, tue ich trotzdem. Und von da sehe ich dann auch die digitale Anzeige über der Tür, auf der ab und an auch mal etwas auf Englisch erscheint. Gerade so erhasche ich noch ein ‚Final Stop‘, bevor wieder nur Japanisch zu sehen ist… Na prima, also doch aussteigen? Und gerade als ich zur Tür will, geht die natürlich zu und der Zug fährt los. Im Bummeltempo geht es 50m und dann bleibt er wieder stehen. Auf dem Abstellgleis. Prima. 😑 Weit und breit nur ich und der Schläfer im Nachbarwagon – immerhin bin ich nicht ganz alleine. 😅 Nach 5 Minuten nähern sich dann 2 freundliche Männer vom Zugpersonal, die die Wagons kontrollieren. Durch den Mundschutz und mit Hilfe der Übersetzungs-App auf ihrem Tablet geben sie mir zu verstehen, dass ich sitzen bleiben soll. Der Zug fährt in 5 Minuten wieder in die andere Richtung und ich soll am Bahnhof aussteigen und den Express nach Takaosangushi von Gleis 2 um 8:56 Uhr nehmen - also den späteren, den ich auch schon als Option ins Auge gefasst hatte. Hätte ich mir ja auch von Anfang an (noch mehr) Zeit lassen können. Aber egal, einmal umsteigen und eine Stunde später bin ich dann mit gefühlt 100 anderen Wanderern am Ziel.

Aufstieg zum Mt. Takao 高尾山

Wie die vielen Familien und Omis und Opis vermuten lassen, ist der 599 m hohe Takao ein beliebtes Ausflugsziel und mit 6 verschiedenen und gut ausgeschilderten Wanderwegen, einer Seilbahn, einem buddhistischen Tempel, einem Affenzoo (?!), verschiedenen Einkehrmöglichkeiten und einem Besucherzentrum ziemlich touristisch. Unwissend hab ich mir den 3.8 km langen Weg Zufahrtsweg herausgesucht: betoniert mit konstanter Steigung durch grünen Wald. Rechts und links tauchen immer wieder kleine Schreine und Figuren und große Spinnennetze (mit Bewohner in entsprechender Größe - argh 😟) auf.

der Weg den Mt. Takao hinauf
..und Tafeln entlang des Weges...
dahinter unter anderem der Schrein Izuna-Gongendo


Als ich nach etwas mehr als einer Stunde auf dem Gipfel ankomme, bin ich schon das 1. Mal ziemlich durchgeschwitzt - jetzt verstehe ich auch, warum eigentlich alle Japaner ein kleines Handtuch dabeihaben. So eins brauch ich auch noch, wenn es weiter so schwül bleibt... nur schade, dass selbst ein Handtuch nichts gegen die verräterische Röte meines Gesichts ausrichten kann 😅 Der leichte Niesel ist da eine angenommene Abkühlung. Leider verstecken sich trotz Brille die Tokyoer Skyline und Mt. Fuji, die man von hier bei klarem Wetter sehen kann, im Dunst … aber immerhin sorgt eine Gruppe, die mit Tai Chi Posen vor dem Panorama für Fotos posiert für Unterhaltung 😉

und Aussicht mit Tai Chi Posierer 😋


Da es nach meiner Frühstücks-/Mittagspause gerade mal 10:45 Uhr ist und der Weg bis jetzt viel zu kurz und einfach war, beschließe ich noch weiter Richtung Mt. Kobotoke-Shiroyama (650m) und eventuell Mt. Kagenobu (727m) zu wandern – und dann je nach Lust einfach umzudrehen. Natürlich mach ich bei so etwas keine halben Sachen, und bin am Ende, wie nicht anders zu erwarten, bis auf den Mt. Kagenobu.

die Route


Über 10 000 Stufen, Stock und Stein zum Mt. Kagenobu 景信山

Sobald ich dem Takao den Rücken gekehrt habe, nahm (zum Glück) die Zahl der Menschen rapide auf ein gut-ich-bin-nicht-die-einzigste-die-hier-lang-läuft Maß ab. Gleichzeitig erhöhte sich die Zahl der Stufen auf ein Vielfaches. Eine knappe Stunde, 10 000 Stufen bergab und bergauf und 100e freundlicher und gemurmelter Konichiwas in verschiedenster Form (von Konichiwa über Nichiwa und Chiwa bis hin zu einem kurzen Wa) später erreichte ich dann schon Mt. Kobotoke. Der war mit seiner Version der japanischen Berghütte scheinbar ein beliebter Punkt für die Mittagspause: nahezu jeder der vielen Tische war besetzt und ein kleiner Campingkocher zum Wasserkochen für die Instant-Nudel-Tassen keine Seltenheit.

... und dann wieder Stufen hoch..

ein etwas grimmiger Weggefährte

die japanische Version der Berghütte


Nach einem kurzen Rundum-Blick ging es direkt weiter, erstmal wieder bergab. Nicht zum letzten Mal freue ich mich bei dem steilen und feuchten, zum Teil rutschigen Pfad durch den Zederwald, dass ich meine riesigen Wanderschuhe mitgenommen hab 😎

Blick Richtung Sagami See


Immermal wieder tauchen Wegweiser und Übersichtskarten entlang des schmalen Weges auf – meist zumindest mit englischer ‚Übersetzung‘ der Berge/Ziele. Als ich vor so einer Karte stehe, grüße ich eine kleine japanische Frau fortgeschrittenen Alters mit freundlichem Konichiwa zurück. Die scheint allerdings in Redelaune zu sein. Problem: sie kann nur ein paar Worte Englisch, ich kein Japanisch. Nach einer Flut Japanisch und Deutungen auf die Karte, ahne ich, dass sie mich fragt, wo ich hin will und woher ich komme. Also zeige ich auf den Mt. Kagenobu auf der Karte, woraufhin sie in einem neuen Wortschwall ausbricht. Dazu angedeutet Bewegungen schnellen Gehens – keine Ahnung, was sie mir mitteilen wollte. Kopfschüttelnd meine ich, dass ich nichts verstehe. Daraufhin ‚Ahh ..English … France ..?‘‘ - ‚No, Germany‘ - ‚hai hai, duitsland! …mhm…‘ -heftiges Kopfnicken und ein erneuter Versuch mir irgendwas mitzuteilen, begleitet von Deutungen in Richtung des Weges zu Mt. Kagenobu… Also die Richtung wusste ich auch 😉 Als ich nur verständnislos und entschuldigend gucke, scheint sie zu kapitulieren, überlegt und meint ‚Lets go!‘ Ich lauf also weiter – und sie mir hinterher. Dabei hätte ich schwören können, dass sie aus dieser Richtung kam. Verfolgt sie mich jetzt? Oder will sie mir den Weg zeigen? Zusammen wandern? Letzteres ist aufgrund der eingeschränkten Kommunikation allerdings ziemlich mühselig… und sie auch etwas langsamer unterwegs als ich. Um der Situation oder ihr?) zu entkommen, lauf ich halt etwas zügiger 🙈 Zweimal um die Kurve, und schon bin ich auch wieder alleine - abgesehen von mir entgegenkommenden Wanderern und Trail-Runnern (Gott, sind die verrückt! dieses hoch und runter und bei dem rutschigen Untergrund auch noch zu Joggen 😳). Allerdings wohl zu früh gefreut. 20 Minuten später, als ich an der Kreuzung vor dem letzten Aufstieg mal wieder auf eine Karte schaue, kommt sie wieder an, winkt freundlich, sagt irgendwas und zeigt mit ihren Wanderstöcken mehrfach und überdeutlich auf den Pfad den Berg hoch... Dieses Mal geht sie zwar vorneweg, aber da ich nun mal zügiger unterwegs bin, überhole ich sie kurz drauf und lege, mich etwas verfolgt gefühlt, keine Pause mehr ein. Nach einem steilen Anstieg komme ich dann endlich auf dem Berg an, mache es mir mit meinem Riegel auf einer Bank bequem und aklimatisiere wieder während ich die Aussicht genieße. 

geschafft! - Blick zurück vom Mt. Kagenobu
..und ein leicht schwitziges Selfie am Ziel 😅


Etwa 15 Minuten später taucht sie dann wieder in meinem Augenwinkel auf – und hält mir ein paar japanische Cracker hin. Also doch eher eine nette Frau und kein Stalker 😉 Dankend probiere ich den salzigen Snack, während sie sich ein paar Bänke weiter wieder zu ihren Sachen setzt. Anscheinend hat sie die Kommunikation jetzt aufgegeben 😅Schließlich packt sie ihre Sachen zusammen und macht sich in eine andere Richtung wieder auf dem Weg.

Kurz drauf tue ich es ihr gleich und kehre um. Bis zum Mt. Takao ist das erneute bergauf und -ab absolut kein Problem, nur die letzten 3.2 km Abstieg über Stufen und Wurzeln ziehen sich ganz schön... aber irgendwann hab ich es doch geschafft und bin nach 15.5 km nahezu nur hoch und runter ziemlich fertig. Wie gut, dass ich schon im Vorfeld geplant habe, dem Onsen, das sich direkt neben dem Bahnhof befindet, einen Besuch abzustatten 😉 Aber erstmal gibt's ein Eis! 🍦

...und Wurzeln, Wurzeln, Wurzeln - inklusive eines pinknen Musterbeispiels des typischen japanischen Wanderoutfits ;)


Endlich – Relaxen im Onsen 🧖‍♀️

Und Gott sei Dank hatte ich im Internet schon eine Onsen-Gebrauchsanweisung gelesen und wusste, was ich beachten muss 🤓

Zunächst werden am Eingang die Schuhe ausgezogen und in einem Schuh-Schließfach verstaut. Mit dem Schlüssel und in Socken geht's dann zum Automaten, an dem das Ticket für den Eintritt und, in meinem Fall, zum Leihen eines großen und eines kleinen Handtuchs gelöst werden. Anschließend wird am Eingang das Ticket kontrolliert und man bekommt die Handtücher. Vorbei an einem Restaurant und Massagebereich geht es zu den Umkleiden. Ab hier sind dann Männlein und Weiblein vorbildlich voneinander getrennt. 

In der Umkleide werden alle Klamotten, Gepäck und das große Handtuch im Schließfach verstaut. Mit dem kleinen Handtuch vor sich geht es dann in den eigentlichen, ziemlich vollen Badebereich. Hier muss man zunächst zum Waschbereich: eine ganze Reihe durch schmale Wände abgegrenzte, niedrige Waschstellen, jede mit einem kleinen Plastehocker, einer Plasteschüssel, einer Handbrause, Spiegel und großen Pumpflaschen Shampoo, Conditioner und Duschbad ausgestattet. Etwas ungewohnt, sich so im Sitzen/Hocken neben lauter anderen Frauen zu waschen, aber alles super sauber und eigentlich auch ganz bequem ;) Gründlich geputzt darf man dann auch in die mit meist ~40°C heißem Thermalwasser gefüllten Becken. Davon gibt es einige: innen und außen, mit Sprudel und ohne Sprudel, noch heißere und ein kaltes, und sogar eines, in dem zur vollen Stunde fluoreszierende Farbe geschüttet wird 🌈 Alles in Allem recht viel Abwechslung für den selben Inhalt: heißes Wasser. 

Daneben gab es auch noch eine Sauna, deren Boden und Bänke komplett mit flauschigen Matten (oder waren es direkt Badteppiche?) ausgelegt sind. Da tropft kein Schweiß aufs Holz! 😂 Und zur Unterhaltung einen Fernseher, auf dem man Golf schauen kann. Ahja. Muss auch nicht sein..

Trotz der Abwechslung bin ich nach einer Stunde ziemlich aufgequollen und mir reicht es mit in heißem Wasser sitzen. Also nochmal waschen, grob mit dem kleinen Handtuch abtrocknen (das sich frau während des Badens übrigens schepp auf den Kopf legt oder, die etwas schickere Variante, sich um ihn bindet) und zurück in die Umkleide. Hier wird sich dann mit dem großen Handtuch richtig trocken gerubbelt und man kann sich an einen der vielen Plätze zum Föhnen setzen (sitzen! nicht stehen wie in Deutschland!). Neben der Sitzmöglichkeit sind die Plätze ähnlich luxuriös ausgestattet wie die Waschplätze: durch schmale Trennwände voneinander getrennt, ein normaler Föhn mit ordentlich Bumms, ein großer Spiegel, Wattestäbchen, Kosmetiktücher und teilweise sogar Gesichtscreme... Spa-Feeling hoch 10 😊

Ja, und dann ging es mit dem Zug auch zurück... aber ich komme bestimmt nochmal wieder, bei klarer Sicht und Laubfärbung ;)


Die Erkenntnisse des Tages

1. Japanische Mücken sind allzeit bereit und schrecken vor nichts zurück.

2. Verlass dich nicht auf die Zugverbindungen von Google Maps. Überprüfe lieber, ob man wirklich nicht aussteigen musst.

3. Die typische Wanderausstattung für Japaner jedes Alters beinhaltet: knöchelhohe Wanderschuhe, aus denen die Wandersocken herausragen, Leggins mit einer weiter geschnittenen kurzen Sport/Wanderhose darüber, eine langes oder kurzes Shirt, bei der kurzen Variante eventuell passend zum Beinkleid mit Armstulpen oder einem langen Shirt darunter, einen Hut mit Kinnband, auf jeden Fall ein kleines Schweißtuch, optional Handschuhe und Mundschutz, und für die Profis einen Campingkocher zur Zubereitung der Nudelsuppen-Verpflegung. (Nichts mit zünftiger Brotzeit 😉)

4. Nette Wanderinnen, die man nicht versteht, sind wirklich nett und verfolgen dich nicht.

5. Steile Wanderwege mit 1 000en Stufen zählen als schweißtreibendes Workout.

6. Onsen sind super! Nach einer anstrengenden Wanderung frisch, sauber und entspannt im Zug nach Hause fahren – perfekt. Und das ohne Duschzeugs mit sich umherschleppen zu müssen.

7. Ich brauch unbedingt ein kleines Schweiß-/Onsenhandtuch.

8. Die schweren, klobigen Wanderschuhe mit nach Japan zu schleppen hat sich schon gelohnt 💪

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