Salam ya Amman
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Ana ismi Eva.

Veröffentlicht: 07.10.2019

05. Oktober

9:00 am. Es ist fast schon zu spät, um joggen zu gehen. Auch wenn es hier abends mittlerweile ganz gut abkühlt, brennt die Sonne morgens immer noch mit voller Kraft. Da ich trotzdem auf keinen Fall mit kurzen Sportklamotten auf die Straße gehen will, muss ich die Hitze jetzt eben aushalten. Zusätzlich zu den Sonnenstrahlen habe ich auch generell mit meiner Jogging-Strecke zu kämpfen: ich muss mich an die extrem steilen Straßen erst noch gewöhnen. Mit knallrotem Kopf, aber dennoch sehr zufrieden, komme ich etwa 40 Minuten später wieder zurück. Ein Nebeneffekt, den ich abgesehen vom Energiefreilassen am Joggen mag: überfall, wo ich joggen gehe, habe ich ein Stück weit das Gefühl, nicht mehr fremd an diesem Ort zu sein, sondern dorthin zugehören.

Nach einer angenehmen Dusche muss ich dann auch schon los: heute habe ich zum ersten Mal meinen Hoch-arabisch-Kurs, der jeden Samstag von 11 bis 2 Uhr stattfindet. Da ich von unserer Würzburg-Gruppe die einzige bin, die sich für diesen Kurs angemeldet hat, mache ich mich nun also alleine auf den Weg zur Uni. Ich will betonen, dass ich rechtzeitig von unserer Wohnung losgelaufen bin. Wirklich! Nur mein Sandwich, das ich mir von unterwegs noch „schnell“ auf die Hand mitnehmen wollte, hat in der Zubereitung länger gedauert, als erwartet.

Wie immer komme ich also zu spät in der Uni an. Komplett verschwitzt von den Treppen, die ich gerannt bin, und mit meinem warmen Zatar-Sandwich in der Tasche, das man einen Kilometer gegen den Wind riecht. Ich war noch nie in dem Raum, in dem der Kurs laut Stundenplan stattfindet, und schaue ein wenig unsicher in Vorlesungssaal, aus dem ich eine arabische Stimme höre. Ein Mann, der vorne am Pult sitzt, schaut zu mir und stellt mir eine Frage, die ich nicht verstehe. „Fusha?“, frage ich, was der arabische Ausdruck für „Hoch-arabisch“ ist. Da vom Dozenten keine Reaktion kommt, bin ich schon kurz davor, wieder umzudrehen, als ich einen jungen Mann, der in der ersten Reihe sitzt, mit dem Kopf nicken sehe. Ich betrete also den Raum, in dem außer dem Dozenten noch sieben andere Studierende sitzen, setze mich auf einen Platz in der Mitte des Raumes, und versuche, nicht zu abgehetzt zu wirken. 

Ich bin mitten in die Vorstellungsrunde hineingeplatzt, was mich nicht überrascht. Wundern tut mich viel mehr, dass Ibrahim, der vor mir sitzt, sich gerade in fließendem arabisch vorstellt. Ich schaue mich um. An den Reaktionen der anderen kann ich erkennen, dass sie im Gegensatz zu mir verstehen, was er redet. Ohnehin wirkt es nicht so, als wäre ich hier unter internationalen Student*innen. Herr Ahrez, der Dozent, stellt Ibrahim auf arabisch Rückfragen und unterhält sich sehr lange mit ihm. Das Einzige, was ich verstehe, ist, dass Ibrahim aus dem Irak kommt. Demnach Muttersprachler. Es ist einer dieser Momente, in dem ich das Gefühl habe, fehl am Platz zu sein. Nach einem gefühlt niemals endendem Dialog auf arabisch wenden sich dann alle Augenpaare auf mich. Ich bin die nächste in der Vorstellungsrunde.

„Ana ismi Eva.“, sage ich. Und das ist schon fast alles, was meine Arabisch-Kenntnisse hergeben. Dass ich aus Deutschland komme, kann ich noch sagen, und soziale Arbeit studiere. Vor zwei Tagen habe ich außerdem gelernt, zu sagen, dass ich ein kleines bisschen arabisch spreche, was mir jetzt gerade sehr gelegen kommt. Dann bin ich allerdings mit meinem Latein am Ende. Beziehungsweise meinem Arabisch. Ich verstehe keine der Rückfragen, die unser Dozent mir stellt und merke nun, dass auch alle anderen, abgesehen von Ibrahim, Muttersprachler*innen. sind. Fast alle. Der Dozent sagt nun etwas zu dem Studenten in der ersten Reihe, der mir am Anfang zugenickt hat, woraufhin dieser sich umdreht und mit mir redet. Er kommt aus Hamburg. Was ein Glück. Er kann schon gut arabisch verstehen und auch gut genug sprechen, um dem Dozenten für mich zu übersetzen, dass ich noch fast kein arabisch spreche, und hier vermutlich nicht im richtigen Kurs gelandet bin. Herr Ahrez lässt nun zurückübersetzen, dass er sich über meine Anwesenheit freut, und mich so viel er kann unterstützen möchte. Ich frage mich ein wenig, wie das funktionieren kann, wenn er selbst kein englisch spricht, aber bin erst einmal erleichtert, dass mein Part nun erledigt ist.

Die anderen Mädels stellen sich nun der Reihe nach vor und ich gebe mein bestes, ein paar wenige Vokabeln, die ich schon kenne, aufzuschnappen. Das allermeiste, was in der nächsten guten Stunde geredet wird, verstehe ich jedoch nicht. Sie reden einfach zu schnell. Muttersprachler eben. Dass wir uns das Buch besorgen sollen bis zur nächsten Woche, bekomme ich noch mit. Dann ist nach eineinhalb Stunden die erste Einführungsstunde zu Ende. Wenn ich aus diesem Kurs irgendetwas mitnehmen will, muss ich mich wirklich so richtig auf den Hosenboden setzen. Ich gehöre zu den letzten, die den Raum verlassen, als Herr Ahrez anbietet, für uns beiden deutschen Studenten, und Ibrahim an jedem Samstag nach dem Kurs noch eine Stunde Nachhilfe zu geben (warum auch immer Ibrahim als Muttersprachler Arabisch-Nachhilfe braucht). Na gut. Mal sehen, wie das nächste Woche wird.

Ich mache noch ein paar Besorgungen in der Stadt, und warte dann in der Wohnung, bis Rebecca mit Lea kommt, die es nach einer anstrengenden Summer School in Griechenland nun auch nach Amman geschafft hat. Unsere WG ist nun also komplett :-) Am Abend folgen wir dann noch einer Einladung von Bayan, die wir aus der Summer School kennen, und die uns zu ihrer Farewell-Party eingeladen hat. Sie studiert auch an der GJU, und wird nun das kommende Semester in Würzburg verbringen. Es ist doch immer wieder schön, die Summer School-Gesichter zu sehen.


...im Hinblick auf den heutigen Tag sollte ich mir vielleicht noch eine zusätzliche Strategie zu meiner 5-Vokabel-Regel überlegen.

Salz- ملح

Monat- شهر

Minute- دقيقة

Viertel- ربع

Sprache- لُغَةٌ

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