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Bogotá - Großstadtfieber und Höhenflug

Veröffentlicht: 13.07.2017

Auffallend leer sind die Gänge am Flughafen kurz vor dem Durchgang zur kolumbianischen Zollkontrolle. Sichtlich gelangweilt sitzen Zollbeamte in Reih- und Glied in ihren kleinen Schalterabteilen. Über ihnen ein Transparent: "Bienvenidos a colombia"

Wie lange wir in Kolumbien bleiben wollen, fragt die hüsche Zollbeamtin. Das war dann auch schon die letzte Frage, bevor wir dann ungehindert offiziell den ersten Fuss nach Kolumbien setzten. 


Der freundliche Fahrer im gelbfarbenen Taxi wies uns an, die Türen zu unserer Sicherheit zu schliessen.  Ähmm ok...

Ihm gefalle Bogotá, er hat zwei Söhne von einer, und zwei Andere von seiner zweiten Frau. Das sei normal hier. Ob das bei uns auch so sei. Nun....so ungefähr ist das bei uns auch so....

Die 30 Minuten Fahrt durch Hochhausschluchten, vorbeizirkelnd an den anderen geschätzten tausend Taxis endete schliesslich mit der Frage, ob wir Schweizer denn wirklich so reich seien. 

Fernsehfachgeschäft auf kolumbianisch
 

Wie kann es einem denn in einer Stadt gefallen, von der die Meisten nichts Gutes berichten?

Mein Blick flitzt beim Aussteigen vor dem Hosteleingang rechts und links, die Strasse hoch und runter, immer auf der Hut, dass unser Gepäck nicht in einer dunklen Gasse verschwindet und schon wieder spüre ich diesen komischen Druck in meinem Kopf.

Unser Hostel Candelos, im Stadtteil la Candelaria. Gut erhaltener Altbau, sowie die meisten Häuser im ältesten Stadtteil von Bogotá.

Die Höhe! Wie konnte ich das Vergessen. Die 50 Meter nach dem Hostel den ersten Hügel zur Seilbahn des Monserrate hoch erwies sich für meinen Körper als gefühlter Aufstieg zum Mount Everest. 
Nun, 2600 Meter machen sich nun mal bemerkbar, und das nicht zu knapp. 

Langsam krieche ich den kleinen Hügel hoch, Schweiss rinnt von der Stirn. Immer mit dem Gefühl, das Ende in einem Herzkreislauf Kollaps zu finden und dabei hämmert  mein Puls fleißig auf 220. 
Während ich mich tot auf der asphaltierten Grosstadtquartierstraße sehe, verziehen sich die ersten Wolken und das Grau der Stadt wirkt plötzlich gar nicht mehr so grau.
Blick von Candelaria auf den Monserrate. Der 3100 Meter hohe Hausberg der Stadt

Blick vom Monserrate auf die Stadt. Und der prompte Beweis, dass ich garantiert nicht da hoch gelaufen bin. 

Vorne der Finanzdistrikt. Hinten links die Barrios sur. 2016 wurden hier bei einer Großrazzia eine Tonne Kokain beschlagnahmt und über 50 Frauen und Mädchen aus der Zwangsprostitution geholt. Für die Razzia wurden ausschließlich Polizisten aus anderen Städten eingesetzt, um zu verhindern, dass korrupte Beamte die Mafia vorwarnen. 

Der Ausblick scheint nicht nur für Touristen einmalig zu sein. Wobei ich mit der Fotokamera neben den Handy s nur schwer als einheimisch durchgehe. 

In der kleinen Bäckerei unten an der Straße trinken wir unseren Kaffee für 60 Rappen, während nebenbei emsig Studenten, Marktfrauen, Strassenarbeiter, Polizisten, Musikanten und Bettler, Hipster, Gangsterrapper und düstere Gestalten in Lederjacken und Tattoos vorbeilaufen. 

Es riecht nach Großstadt, es ist laut, kalt und von irgend woher klingt Musik, sanft und leise. Mein Kopf schmerzt nicht mehr. Wir sind beide noch müde vom Festival gestern. Es war kostenlos und groß. 20 000 Kolumbianer und Touristen aus der ganzem Welt rockten friedlich den parque bolivar am größten Rock und Metal-Festival Südamerikas. 

Die Musik hab ich immer noch in den Ohren und auch die Reden eines Leadsängers für ein gemeinsames Zusammenstehen Südamerikas für das bürgerkriegsgebeutelte Venezuela.
Menschenleben auf Kosten nordamerikanischer Ölfirmen. Bogotás Graffitiszene greift Politik in Kunst auf.
Make love, not war. Der Friedensvertrag mit der ältesten Guerrillaorganisation Kolumbiens läßt auf den lang ersehnten Frieden im Land hoffen.
Unser Norden ist der Süden. Eine Anspielung auf Monsanto, die grösste Agrarfirma Nordamerikas, welche Bauern in Südamerika genveränderte Bohnen günstig verkauft. Dadurch ist der Boden aber so verseucht, dass die Bauern gezwungen sind immer Monsantobohnen anzupflanzen und dafür Preise bezahlen müssen, welche kontinuierlich erhöht werden.
Buntes Bogotá. Graffitisprayen ist in Bogotá seit 2016 straffrei nach Ausschreitungen, nachdem Justin Bieber, ja persönlich, in Bogotá unter enormem Polizeischutz ein Cannabisblatt sprayen durfte, während Einheimische dafür ins Gefängnis wanderten. 
Das Bunte im Grauen. La Candelaria!
Manchmal sind es die kleinen Details, die das Besondere im Großen sind. Graffiti-Meisterwerk in 3D. 

Bogotá kurz zusammengefaßt, wortgetreu nach einem wunderbaren Zeitungsartikel der FAZ: 

"Doch die Lebendigkeit der kolumbianischen Hauptstadt, das muss man sagen, ist besonderer Art. Es ist keine gediegene Schrebergarten-Lebensfreude oder südländische Leidenschaft. Eher eine ruppige Vitalität, die mehr aus einem Überschuss an disparaten Kräften entspringt, als aus innerem Frieden. Hyperaktiv, stets unter Strom, kurz angebunden - Bogotá"









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#kolumbien#bogota#colombia#city#stadt