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26.10.2022 – Zurück ins Großstadtleben

Veröffentlicht: 03.11.2022

Palmen, Strand und Sonne – nach zweieinhalb Wochen Vietnam-Reise brauchte ich eine kleine Auszeit vom klassischen Backpacker-Leben. Und wo verbringt man die Auszeit am besten? Richtig, auf einer Insel, auf der die Durchschnittstemperatur 32 Grad beträgt und wo mit etwa 6,9 Sonnenstunden pro Tag zu rechnen ist. Ganz so perfekt war es auf Phu Quoc aufgrund der aktuellen Regenzeit dann zwar doch nicht, aber allemal besser als in Zentral-Vietnam in hüfthohen Wassermassen zu stehen. Da in den Tagen nicht viel passiert ist, kürze ich mal ab und springe direkt weiter.

Nach vier Tagen Strandurlaub waren die Akkus dann wieder aufgeladen und ich war bereit für den Großstadtdschungel 2.0. Ich muss zugeben, dass ich im Vorfeld schon ein kleines bisschen nervös war. Mein erstes Großstadt-Erlebnis in Asien zu Beginn meiner Reise hatte mich doch nachhaltig geprägt und Ho Chi Minh City hat im Vergleich zu Hanoi noch einmal rund eine Million mehr Einwohner.

Nach einer knappen Stunde Flug bin am Mittwoch in der größten vietnamesischen Stadt gelandet und was soll ich sagen, schon während der Fahrt mit dem Taxi vom Flughafen ins Stadtzentrum hatte ich ein deutlich besseres Gefühl als vor drei Wochen. Das kann zum einen daran gelegen haben, dass ich mittlerweile etwas „angekommen“ bin, es kann aber auch einfach sein, dass Ho Chi Minh City etwas entspannter ist als Hanoi. Was mir direkt aufgefallen war, die Geräuschkulisse war angenehmer. Obwohl wir mitten in der Rushhour unterwegs waren, lief es etwas geordneter ab und es wurde auch weniger gehupt als in Hanoi – auch wenn es immer noch kein Vergleich zu Europa war (aber da bin ich ja auch nicht).

Nach sechs Hostels (die Mehrzahl hört sich irgendwie komisch an, aber der Duden sagt das) in 18 Tagen hatte sich mittlerweile auch eine kleine Routine eingestellt. Einchecken, Rucksack wegbringen, Wertgegenstände einschließen, kurz sortieren, Luft holen und auf Essenssuche gehen. Nach einer guten Stunde war das Programm dann abgespult, sodass ich vor dem Schlafen noch etwas Zeit hatte, um die tolle Aussicht von der Dachterrasse des Hostels zu genießen und mich mit ein paar anderen Backpackern auszutauschen.

Der ersten Morgen in Ho Chi Minh City begann mit einem schnellen Frühstück, denn um 8.30 Uhr wartete schon die erste Tour auf mich. Mein Ziel waren die Cu Chi Tunnel. Das insgesamt 500 Kilometer lange Netzwerk aus Tunneln und Bunkern diente den Viet Cong während dem Vietnam-Krieg als Hauptquartier und trug maßgeblich dazu bei, die Amerikaner zu besiegen. Heute kann man dieses Tunnelsystem besichtigen und einen Eindruck bekommen, unter welchen Bedingungen die Menschen damals lebten. Rückblickend verlief die Tour leider etwas enttäuschend, der Guide sprach zwar sehr gutes Englisch, aber insgesamt vermittelte er den Eindruck, als ob er nur sein Programm abspulte. Er vermittelte kaum tiefergreifende Informationen und auch sonst wirkte alles sehr touristisch und oberflächlich. Mein persönliches (Negativ-)Highlight war das Café. Im Rahmen der Tour durch das Tunnelsystem hatte man unter anderem die Möglichkeit, mit echten Waffen für 1,50 € pro Kugel – ein richtiger Schnapper – zu schießen. Personen, die nicht schießen wollten (dazu zählte ich) konnten sich in dieser Zeit in ein Café setzen und eine Pause machen. Nun war es so, dass der Schießstand keine zehn Meter vom Café entfernt lag. Sprich, während nebenan mit Maschinengewehren auf Zielscheiben geschossen wurde, wackelten im Café die Tassen auf dem Tisch – es war unglaublich laut. Im Anschluss an die entspannte Auszeit im Café besuchten bekamen wir noch die Möglichkeit, selbst durch einen damals errichteten Tunnel zu laufen. Ein beklemmendes Gefühl, im wahrsten Sinne des Wortes. Der Tunnel war an der höchsten Stelle 1,30 Meter hoch. Trotz dieses Erlebnisses fällt mein Fazit zu der Tour negativ aus. Das Thema wurde nur sehr oberflächlich behandelt und eigentlich geht es nur darum, den Touristen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Sehr schade, aber da ich bislang mit meinen Touren viel Glück hatte, lässt sich dieses Erlebnis verschmerzen.

Um trotzdem noch etwas tiefer in die Geschichte von Vietnam einzutauchen, habe ich mich deshalb entschieden, den zweiten Tag mit einem Besuch im War Remnant Museum zu beginnen. Zwar handelt es sich hierbei sicher nicht um die schönste und entspannteste Sehenswürdigkeit in Ho Chi Minh, trotzdem ist der Besuch hier ein Muss. Unverblümt bekommt man hier auf drei Stockwerken aufgezeigt, welche grausamen Verbrechen vor nicht allzu langer Zeit in Vietnam stattgefunden haben. Von den Anfängen über die Entwicklungen bis hin zu den Friedensverhandlungen werden hier alle Etappen des Krieges beleuchtet. Besonders ergreifend war die Ausstellung über die Folgen von Agent Orange, einem Entlaubungsmittel, das von den Amerikanern im Vietnamkrieg eingesetzt wurde, um die dichten Dschungelwälder zu entlauben und die Verstecke/Versorgungswege der Viet Cong aufzudecken. Anhand von echten Bildern und Geschichten von unzähligen Betroffenen wird gezeigt, welche entsetzlichen Folgen dieser Einsatz auf den menschlichen Organismus hatte und immer noch hat. Auch heute werden noch Kinder geboren, die mit Fehlbildungen leben müssen, weil ihre Vorfahren Agent Orange ausgesetzt waren.

Nach einer kurzen Pause – die Eindrücke mussten erst einmal verarbeitet werden – ging es dann zum Reunification Palace, dem Wiedervereinigungspalast. Hier hatte die Regierung des damaligen Südvietnams während des Vietnamkriegs ihren Sitz. Zudem war der Palast der Ort, an dem das Ende des Krieges 1975 besiegelt wurde. Heute kann man das ganze Gebäude mitsamt den Wohneinheiten des Präsidenten und der unterirdischen Bunkeranlage besichtigen. Und das wollte ich mir natürlich nicht entgehen lassen – immerhin wurde hier ein großer und bedeutender Teil der vietnamesischen Geschichte geschrieben.

Im Anschluss an so viel Geschichte hatte ich mir für die Abendstunden ein etwas „leichteres“ Programm überlegt. Zuerst ging es auf den Bitexco Financial Tower gehen, um von dort aus den Sonnenuntergang und das Treiben in den Straßen von fast 270 Meter Höhe zu beobachten. Im Anschluss daran folgte das Muss für jeden Fußballfan. Bereits vor Reisebeginn stand für mich fest, dass ich mindestens ein Fußballspiel in Vietnam besuchen wollte. An diesem Abend bot sich endlich die passende Gelegenheit. Der Saigon FC traf im heimischen Stadion auf den Hai Phong FC. Ich war anscheinend nicht der einzige Europäer, der auf diese Idee kam. Gefühlt saßen mehr Deutsche, Engländer und Niederländer als Heimfans auf der Tribüne. Dies lag aber auch daran, dass von den geschätzten 4.000 Zuschauern mehr als die Hälfte zur auswärtigen Mannschaft gehörten. Der Unterhaltung tat dies aber keinen Abbruch. Nach einem kleinen Dämpfer direkt zu Beginn (es wurde kein Bier im Stadion verkauft) fand ich zur zweiten Halbzeit heraus, dass man das Stadion einfach verlassen, sich draußen ein Bier kaufen und mit diesem wieder hereingehen konnte. Die Logik dahinter erschließt sich mir immer noch nicht, aber gut. So wurde ein mittelspektakuläres Spiel dennoch unterhaltsam.

Der Folgetag verlief dann deutlich ruhiger. Ich ließ mich durch die Stadt treiben, saugte die Atmosphäre auf und kümmerte mich um ein paar organisatorische Sachen. Denn am nächsten Tag sollte die Reise weitergehen nach…

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