Veröffentlicht: 14.09.2019
Es passiert mir immer mal wieder, dass ich die Straße, auf meinem Fahrrad in Bogota, entlang fahre und denke: Wahnsinn! Ich bin in Kolumbien und ich wurde noch nicht auf der Straße überfahren und ich habe fast alle Behördengänge hinter mir, obwohl ich kein einziges Wort Beamtenspanisch verstehe!
Terry und ich sind jetzt schon tatsächlich seit 2 Monaten in Bogota und ich kann es immer noch nicht glauben. Ich habe mittlerweile ein Arbeitsvisum, mir ist schon ein Fahrradreifen auf der Straße explodiert und ich habe eine Art Schulverweis bekommen.
Ich würde nicht sagen, dass wir Bogota verstanden haben, aber wir bekommen es irgendwie hin. Wir wohnen in einem sehr interessanten Haus, das schief und krumm ist und ein Plastikdach hat, auf dem nachts die Katzen tanzen. Das Haus ist sehr groß und wir wohnen im hinteren Bereich auf der zweiten Etage. Unter uns wohnt Heimi ein Architekt aus Mexiko und Catalina, die aber leider demnächst auszieht, denn sie hat sich wieder mit ihrem Mann vertragen und zieht zurück in ihre eigene Wohnung.
Die Rückseite des Hauses, die eindeutig so aussieht, als hätte jemand keine Ahnung gehabt, wie man so ein Haus eigentlich baut. Terry kann man auf dem Bild auch finden und vielleicht wird an diesem Bild uach ersichtlich, warum es im Badezimmer Nacktschnecken gibt und ich deshalb keine Handtücher dort lasse :D
Wir haben außerdem Termiten, es regnet an 4 Stellen im Haus rein und manchmal fällt plötzlich der Strom aus, aber ansonsten ist alles supi :D
Unsere Vermieterin wohnt im vorderen Haus und hat ca. 10-12 Zimmer für sich, eins davon Tag und Nacht beleuchtet, da sie COO in Kolumbien von einem Cannabisunternehmen aus den USA ist. Sie ist auch sonst sehr angenehm und ich musste sie schon mehrmals ins Haus lassen, da sie ihre Schlüssel ständig vergisst. Vielleicht sollte sie nicht ganz so viel Zeit in ihrem speziellen Raum verbringen. Das beste an unserem Wohnort ist allerdings nicht unbedingt der Berg auf dem wir wohnen, sondern der Garten, der zum Haus gehört. Ich habe schon angefangen Salat, Spinat und diverse Blumen zu pflanzen und ich denke, dass ich ohne meine grüne Oase nicht in Bogota leben könnte. In Bogota leben 8 Millionen Menschen und mir war schon Mississauga mit seinen 700.000 zu viel.
Ich bin die, die so schön das Licht reflektiert :D
Hier ein Symbolbild. Wir haben ganz viele Kolibris im Garten, leider sind die so schnell, dass ich noch kein brauchbares Foto machen konnte.
Es ist laut, es gibt eine Menge Verkehr und es gibt keine Hauptverkehrszeiten, sondern nur eine Zeit und das ist immer. Das ist auch der Grund, warum eine meiner ersten Anschaffungen ein Fahrrad war. Mit dem Fahrrad erreicht man alles sehr gut, besonders da alle meine Englischklassen an der gleichen Straße liegen und es einen wirklich guten Fahrradweg gibt. Bogota tut sehr viel für seine Fahrradfahrer. Es gibt eine Menge Fahrradwege und an jeder Hauptverkehrsstraße gibt es mehrere kleine Fahrradwagen mit sehr behilflichen Leute und jeden Sonntag von morgens bis nachmittags sind mehrere Straßen in der ganzen Stadt für Autos gesperrt und für Fahrräder geöffnet.
Der freundliche Mann links macht gerade meinen neuen Reifen fertig, nachdem mein alter mitten auf der Kreuzung mit einem lauten Knall explodiert ist und ich eine handgroße Öffnung im Reifen hatte. Er hat ungelogen 3 Minuten gebraucht und dann konnte ich weiterfahren. Diese Leute sind meine persönlichen Helden! Ich wünschte, dass gebe es überall. Er hat sogar Solarpanels, damit er die E-Roller aufladen kann!
Es ist wahnsinnig schön endlich eine feste Bleibe zu haben, nachdem wir zuerst eine Woche in einem Hostel und danach 2 Wochen in einem Airbnb gewohnt haben. Wir haben diese Wohnung tatsächlich in der ersten Woche gefunden, in der wir angekommen sind. Als ich den Garten gesehen habe, habe ich der netten Cannabis Frau sofort 100.000 COP in die Hand gedrückt und gesagt, ich möchte hier bitte gleich einziehen :D ( Und ja, an die Währung mussten wir uns erstmal gewöhnen. Seit ich mein ersten Gehalt bekommen habe, bin ich übrigens Multimillionär :D)
Das beste habe ich noch gar nicht erzählt und kein Mensch, der in Bogota lebt, will mir das glauben: Das Wetter ist soooo super! Die Temperaturen sind immer zwischen 15 und 21 Grad, es regnet ab und zu, aber nie lange und nie besonders stark. Nachts wird es nicht kälter als 8 Grad und alles ist das ganze Jahr über grün! :) Das heißt ich kann das ganze Jahr über im Garten wühlen und es gibt keine Winterdepression. Alle in Bogota denken, es ist zu kalt, aber die waren eben noch nie in Kanada oder haben einen deutschen Winter erlebt...
Die Temperaturen sind hier nicht so hoch wie an der Küste, da Bogota auf 2600m Höhe liegt und ja, atmen war am Anfang nichts so leicht, besonders, wenn man versucht den Berg rauf zu kommen.
Mit meiner Arbeit in Bogota ist es am Anfang auch nicht ganz so einfach gewesen, da mir, als ich am vereinbarten Tag zum Training dort war, gesagt wurde, dass man mich nicht erwartet hatte. Yeah. Also habe ich darum gebeten, doch bitte noch einmal die unzähligen E-Mails zu lesen, die ich geschrieben habe und dann habe ich einen neuen Termin für mein Arbeitstraining bekommen. Das Training war lang (15 Stunden) und anstrengend. Verteilt über 3 Tage habe ich zwischen den 5 Stunden Sitzungen nicht mal eine Pause bekommen, aber am Ende immerhin einen Job und ein Arbeitsvisum für 1 Jahr.
Ich habe daraufhin dann auch gleich meine erste Klasse bekommen. Meine erste Klasse in meinem ganzen Leben. Mit Teenagern... Teenager die Konzentrationsschwierigkeiten haben und denen die englische Sprache am Arsc* vorbeigeht. Gut, dass in meinem Anschreiben stand, dass ich keine Kinder unterrichten möchte...
Ich habe auch für 6 Wochen durchgehalten und dann habe ich einem Schüler das Handy aus der Hand gerissen. Dafür hat er mich dann bei der Schulleitung verpetzt. Im Gespräch mit ihm und meinem Vorgesetzten war er dann ganz mitleidig und meinte ich wäre furchtbar. Als ich gefragt wurde, meinte ich nur, dass jemand, der weiß, dass er sein Handy im Unterricht nicht benutzen darf, seinen Sitznachbarn nicht wiederholt Bilder und Videos (!) zeigen sollte oder den ganzen Unterricht laut singen sollte.
Zu meiner Erleichterung durfte ich die Schule dann verlassen und muss nicht mehr dorthin zurück. Ich habe nun ausschließlich Erwachsene und finde die Arbeit super. Ich habe auch schon mehrere Workshops geleitet, an Sprachenabenden teilgenommen und erhalte die Aufmerksamkeit meiner Schüler schon 7:30 Uhr morgens.
Terry wird warscheinlich ab Oktober unterrichten. Momentan ist er in Kanada auf dem TIFF Filmfestival.
Wir haben schon ganz viel in unserer Umgebung erkundet. Der Teil von Bogota, in dem wir leben, heißt Usaquen und ist eher so der teurere Teil. Wir haben bei uns jeden Sonntag einen Kunsthandwerksmarkt, der sehr schön ist und eben auch sehr teuer ;)
Wir waren außerdem schon im Museo Botero:
Höhö
Im Museo del Oro:
Ein kleines Schiff aus Gold :)
Im Nationalmuseum:
Wir hatten auch schon mehrere Spieleabende und haben meinen Geburtstag in unserem schiefen Haus gefeiert mit super verwackelten Bildern:
Außerdem waren wir auch schon auf Monserate:
Es hat ewig gedauert, bis wir endlich mit der Gondel runterfahren konnten, aber wir haben uns eben ein Zweifahrten-Ticket gegönnt und da wir eh jeden Tag einen Berg bis nach Hause hochlaufen müssen, fand ich das gar nich mal so dekadent.
Das waren dann erstmal alle unsere Abenteuer aus Bogota. Wir müssen noch viel lernen, zum Beispiel Spanisch und wo verflixt nochmal die Busse anhalten, denn es ist nie da, wo man es erwartet oder wo Google Maps es erwartet...
Hier sieht man mich übrigens, wie ich mit meinem Telefonanbieter telefoniere, der mir 5 Minuten lang meinen Vertrag am Telefon vorgelesen hat und aus rechtlichen Gründen, durfte ich das Telefon nicht an David weiterreichen. Ende vom Lied: Ich hab nix verstanden, aber ich habe jetzt einen neuen Vertrag :D Yeah!
Bis bald!
Lea
P.S. Ich bin vom 14. Dezember bis zum 8. Januar in Deutschland
*Bonusmaterial, das hauptsächlich aus Streetart besteht, die in Bogota wirklich der Wahnsinn ist!*
Der Typ, der uns eine der tollsten Taschen überhaupt verkauft hat. Ich bin immer noch total von der Kreativität beeindruckt aus völlig wertlosem venezolanischen Geld etwas herzustellen, dass man verkaufen kann.
Plaza Major
Ich hab auch ein wenig Fernweh.