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-Kapitel 44- Polizeiaktion in Ashburton & Kartoffeln ernten

Veröffentlicht: 14.08.2020

Wir waren froh, am 2. März wieder auf dem Ashburton Holiday Park einchecken zu können. Die Besitzer waren super nett, es gab jede Menge Platz und mehrere Waschhäuser. Außerdem war dieser Platz voll günstig und ständig quatschten uns freundliche Bewohner des Campingplatzes an.

Achtung, jetzt kommt eine filmreife Trottelaktion: An unserem freien Tag brauchten Celina und ich mal wieder einen Jumpstart. Glücklicherweise haben wir für sowas ja jetzt immer den Leichenwagen, und das Problem war schnell gelöst. Wir drei machten also zwangsläufig einen Ausflug in unserem Auto zum Strand, um die Batterie aufzuladen. Danach fuhren wir in die Stadt, um ein paar Dinge zu erledigen. Celina lag hinten im Bett, um die Route anzusagen, ich war Fahrer und Flori hatten wir bei der Bank wieder abgeholt. Nach ein paar Metern hielten wir als erstes Auto an einer Kreuzung... wo uns doch tatsächlich ein Polizeiauto gegenüber stand. Flori und ich sahen es gleichzeitig, und bildeten uns leider nicht ein, dass sie in unser Auto starrte. „Kopf runter!“ riefen wir, weil man hundert pro Celinas Kopf zwischen den Sitzen sehen musste. Flori bemerkte natürlich in diesem Moment, dass er sich nicht angeschnallt hatte, ich war komplett rot geworden und versuchte dem Blick der Polizistin zu entgehen, die mich die ganze Zeit über die Kreuzung hinweg anstarrte. Zu allem Überfluss drehte Flori sich dann auch noch zu Celina um, um ihren Kopf runter zu drücken. Als das Polizeiauto grün hatte, fuhr es über die Kreuzung und hielt direkt neben meinem Fenster, wo sie uns bedeutete, das Fenster herunter zu kurbeln, Celina hielt die Luft an. Sie rief uns irgendwas zu, was ich in meiner Panik nicht verstand, aber Flori reagierte zum Glück und nahm unsere Jacken vom Amaturenbrett, die offensichtlich die Sicht behinderten. Die Polizistin war zufrieden und fuhr weiter.

Kartoffeln ernten

Am Montag verbrachten wir eineinhalb Stunden in der Jobagentur, die sich als Zeitarbeitsfirma herausstellte. Wir mussten eine Menge Unterlagen ausfüllen, und konnten dann einen Arbeitsvertrag unterschreiben. Danach bekamen wir eine Einführung in die Kartoffelernte. Die nächsten zweieinhalb Tage hatten wir ungewöhnlicherweise gar nichts zu tun. Sogar Flori hatte Donnerstagmorgen genug vom Nichtstun. Mittags bekam ich einen Anruf von der Personalvermittlerin namens Ashley und holte Flori aus dem Bett, der sich innerhalb von 20 Minuten fertig machen musste und zur Arbeit fuhr.

Seine erste Arbeitspartnerin war eine Frau namens Babara, die ihn im Büro mit den Worten „Das ist Florian??“ abholte, ihm einmal auf die Hand schlug, und mit der Zunge schnalzte als sie herausfand, dass er aus Deutschland kam. An sich war die Arbeit aber ganz okay und verging recht schnell, meinte er. Als Celina und ich abends im TV Room saßen und den Leichenwagen um die Ecke biegen hörten, fühlten wir uns wie zwei Kinder, die ihren Vater nach der Arbeit begrüßten.

Am nächsten Tag konnten dann Celina und ich endlich arbeiten.

hinten im Anhänger steht man am Fließband

Unsere Fahrerin war eine ältere kleine, aber zähe Frau namens Tania, die uns alles ganz nett erklärte, auch wenn die Arbeit wirklich nicht kompliziert ist. Außerdem fing mit uns gemeinsam eine voll nette Frau Mitte vierzig an. Als wir am nächsten Tag wieder mit ihr zusammenarbeiteten, lobte sie unsere Arbeit vor der Chefin des nächsten Tages, als diese skeptisch fragte, wie oft wir schon gearbeitet hätten. Außerdem waren noch zwei Franzosen und eine Chinesin mit uns gemeinsam im Auto. Celina und ich fanden die Arbeit ebenfalls voll in Ordnung. Im Vergleich zur Kiwifarm sind die Arbeitsbedingungen aber viel schlechter: Es gibt auf den Feldern natürlich keine Toilette, und wir standen den ganzen Tag hinten auf dem Anhänger des Treckers. Zwei Tage lang war dieser Anhänger offen, sodass wir die ganze Zeit in einer einzigen Staubwolke standen. Wir kamen uns vor wie Minenarbeiter. Am Ende des Tages fühlte es sich nämlich immer so an, als hätte ich einen Kilo Staub in der Lunge und meine Augen brannten trotz Sonnenbrille. Die erste Aktion, wenn wir ankamen, war deshalb erst Mal in die Dusche zu sprinten, um unsere normale Hautfarbe frei zu schrubben. Besonders schön: Nach dem 11 Stunden Tag ohne Plane waren meine Augen von dem Staub so rot, dass ich glatt in einem Horrorfilm hätte mitspielen können.

Bei der Kartoffelernte hatten wir jeden Tag unterschiedliche Arbeitszeiten und wussten nie, ob, wie lange und wann wir am nächsten Tag arbeiten mussten. Das war ein bisschen nervig, aber für uns ja nicht weiter schlimm, weil wir eh flexibel waren und das nur für ein paar Wochen durchziehen wollten. Wir finden es aber krass, dass es einige neuseeländische Mitarbeiter gibt, die das ihr ganzes Leben machen müssen.

Unsere super Aufgabe bestand übrigens darin, Steine, Stroh und gammlige Kartoffeln vom Fließband zu nehmen, damit nur die guten Kartoffeln in die Behälter gelangen konnten. Mit den gammligen Kartoffeln konnte ich mich eher nicht so anfreunden. Jedes Mal, wenn ich eine anfassen musste, versank meine Hand darin und einmal traf ich meinen Arbeitspartner aus Versehen am Arm, als ich sie völlig angeekelt in den Müll schleudern wollte. Einen Sonntag arbeiteten wir alle drei, aber in unterschiedlichen Wagen. (Flori arbeitete wieder mit Barbara zusammen). Es ist überraschend lustig, seine Freunde dabei zu beobachten, wie sie auf einem alten Trecker vorbeifahren und wahnsinnig schnell Dreck über ihre Schultern werfen.

Der eindeutig schönste Moment war, als zwei Igel über das Fließband rollten, und alle vier bei dem Versuch scheiterten, sie da runter zu nehmen. Was passiert jetzt bloß mit den armen Igeln, wenn sie in den Kartoffelbehältern gelandet sind?

Einmal waren Celina und ich auf Abruf eingetragen, und bekamen morgens die Anweisung in einem 30 Kilometer entfernten Ort einzuspringen. Celina war gerade aus dem Tiefschlaf aufgewacht und telefonierte völlig benebelt mit der Mitarbeiterin (namens Gaye!!). Innerhalb einer halben Stunde machten wir uns fertig, und bretterten los. Eine Stunde später kamen wir auf dem Parkplatz der kleinen Fabrik an. Wir erklärten einem draußen sitzenden Mitarbeiter unsere Lage und er schickte uns freundlich nach drinnen, wo gerade um die 30 Mitarbeiter Pause machten. Als wir die Tür öffneten, kamen wir uns vor, wie auf einer Bühne. Als wir „morning“ sagten, sagten es 30 Leute zurück, und hinten in der Ecke bot uns ein Maori namens Moea einen Platz neben sich an. Uns wurde drei Mal Kaffee angeboten, und die Mitarbeiter, die wirklich fast ausschließlich aus Maoris bestanden, unterhielten sich freundlich mit uns. Nach der Pause führte Moea uns in die Fabrik, gab uns eine Weste, Handschuhe und schrecklicherweise ein Haarnetz. Er führte Celina in eine Ecke der Fabrik, wo sie Kisten ausklappen und aufeinander stapeln musste. Ich wurde erst Mal abgestellt, eine ältere, etwas abgedreht aussehende Frau rief mir lachend „Welcome to the crazy house“ zu. Ich fragte mich, wie ich in einem Moment noch im Bett liegen, und eine Stunde später mit Haarnetz mitten in einer Fabrik auf halbem Weg nach Christchurch stehen konnte! Moea brachte mich zu einem Fließband, wo mich eine Frau namens Destiny begrüßte. (Als sie später fragte, woher ich kommen würde, stellte sich heraus, dass sie mich entweder nicht richtig verstanden, oder noch nie etwas von Deutschland gehört hatte). Ich musste das Gleiche machen, wie auf dem Anhänger, nur dass die Kartoffeln nun gewaschen waren. Nach 1,5 Stunden löste mich ein anderer Maori ab, und ich wurde zum Kisten packen geschickt. Das machten wir dann noch 3,5 Stunden, und in der Mittagspause boten uns erneut 5 Leute Kaffee an. Als wir Schluss hatten, bedankten sich die Maoris mehrmals bei uns und wir durften gehen. Die Mitarbeiter dort waren einfach richtig herzlich. Alles in allem eine ziemlich nette Erfahrung.

Obwohl wir das zu diesem Zeitpunkt nicht im Entferntesten hätten ahnen können, war das unser letzter Arbeitstag. Eine ganze Woche hörten wir nichts von der Arbeitsagentur, mit Ausnahme von zwei komischen Nachrichten, die uns weiter hinhalten sollten. Flori und Celina fragten nach Arbeit, und Flori rief sogar an, aber wir wurden weiterhin nicht eingeteilt. Flori konnte noch einen Tag als Springer arbeiten, aber ansonsten blieb es dabei. Wir wollten wirklich unbedingt arbeiten, und hatten nun nach langer Suche endlich einen Job gefunden. Ganz ehrlich, was hätten wir da noch tun sollen? Wir blieben auf dem Campingplatz, hofften auf Arbeit, und versuchten, so wenig wie möglich auszugeben.

Und dann kam Corona.

-> Fortsetzung folgt

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