Navina im Dschungel
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Tag 78: Mawlamyaing- eine Stadt zwischen Flüssen

Veröffentlicht: 19.12.2018

Eine Woche haben wir nun in Mawlamyaing verbracht, einer Stadt, die auf der Karte sehr nah am Meer liegt. Das Meer haben wir trotzdem nicht gesehen, weil zu viele tolle Orte und Begegnungen zwischen dem Meer und uns lagen. Zum Beispiel der größte liegende Buddha, der 183 Meter lang und 36 Meter hoch ist. Er liegt südlich von Mawlamyaing mitten zwischen bewaldeten Hügeln und wirkt in seinen Dimensionen sehr beeindruckend. 

Big Buddha

Im Inneren des Buddhas kann man über verschiedene Stochwerke in einzelne Räume gehen, die Baustellencharakter haben. Da gibt es aus Gips gegossene Drachen, denen Menschen im Maul stecken und andere Kriegszenarien, die einem wohl blühen, wenn man sich nicht entsprechend Buddhas Lehren verhält. Auf dem ganzen Gelände finden sich noch mehr goldene Statuen, sowie ein prunkvoller Palast und ein überdimensionaler Mönch am Rande eines kleinen Sees.

Mönch am See

Je länger wir durch Myanmar reisen desto mehr fällt auf, wie viel Energie dieses Land in seine Religion steckt. In allen Landstrichen finden sich goldene Pagoden, aufwendige Schnitzereien in Klöstern und alle Bauwerke wirken, als versuchten sie sich in ihrem Glanz gegenseitig zu übertrumpfen. Es muss wahnsinnig viel Geld in die Bauwerke fließen, was Menschen, wie den Bewohnern von Hütten aus Wellblech und Plastikplanen, offensichtlich fehlt.

Beeindruckend ist aber, wie alte Gegenstände wieder verwertet werden. Auf dem Markt der Stadt sind diese Art von Kellen überall zu finden:

Schöpfkellen, aus Dosen hergestellt

Eine der ersten Fragen, die uns die Menschen auf der Straße stellen, ist oft, aus welchem Land wir kommen. Und ihre erste Reaktionen sind entweder "football", "good car" oder, auch häufig, "Hitler". Dabei sind die Menschen, egal welche dieser Reaktionen sie zeigen, immer ähnlich begeistert. Deshalb versuchen wir bei "Hitler" immer noch ein bisschen zu erklären, dass er ein schlimmer Mensch war und nichts, woruf man stolz sein könnte. Hier scheint er manchmal eher als eine Art starker Militärsmann und dabei ganz neutral gesehen zu werden.

Was besonders auffällt in diesem Land ist, wie aufgelöst die Grenzen zwischen Innen und Außen sind. Die Häuser sind offen, sodass man abends bei einem Spaziergang durch die Straßen Menschen sieht, die sich mit dem Wasser aus einer Tonne duschen, über Feuer vor der Tür kochen oder Wäsche waschen. Wenn eine Teestube keine Toilette hat, wird man hier ganz selbstverständlich zu den Nachbarn geführt, wo man deren Toilette benutzen kann. Familien schlafen oft in einem Raum und nutzen einen gemeinsamen Schrank, in dem die Kleidung der ganzen Familie liegt.

Einmal liefen wir durch eine Straße, als eine aufgeregte Frau auf uns zukam und uns in ihr Haus rief. 

Kurz danach saßen wir drinnen.

Ihre erste Frage war, aus welchem Land wir seien, und als sie hörte, dass es Deutschland ist, zeigte sie auf ihre Schwiegermutter, die auf einer Matte im Raum lag und spielte pantomimisch nach, wie deren Eltern von den Japanern im zweiten Weltkrieg erschossen worden waren. Die Schwiegermutter starrte uns währenddessen an und verzog keine Miene. Diese Situation war schon etwas bizarr. Im nächsten Satz wechselte die Frau dann weiterhin gut gelaunt das Thema, bot uns Ziegenmilch an, kramte Fotos hervor und stellte uns ganz begeistert ihre Familie vor. Sie wollte auch wissen, ob die Mauer in Berlin noch steht und war ganz beglückt und völlig aus dem Häuschen, als wir ihr erzählten, dass die Mauer gefallen und Deutschland vereint ist. Oft gehen die Menschen in Mawlamyaing sehr offen und neugierig auf uns zu und sind so gastfreundlich, wie es die Frau mit der Ziegenmilch war.

An unserem vorletzten Tag in Mawlamyaing machten wir gemeinsam mit zwei Anderen, die wir im Guesthouse kennengelernt hatten, einen Ausflug auf die Insel Bilugyun. Diese Insel ist mit dem Festland über eine Brücke verbunden. Wir fuhren mit dem Roller auf roten Sandpisten über den Bergrücken der Insel bis in das kleine Dorf Ywalut. Von dort aus führte uns ein netter Dorfbewohner über die Insel. Wir machten halt an einer Gummifabrik, in der aus dem Kautschuk von Bäumen in Handarbeit Haushaltsgummis hergestellt werden. Dazu wird der Kautschuk mit Farbe zu einer stinkenden Masse vermischt, auf Metallstäben getrocknet, wieder abgezogen und dann in dünne Ringe geschnitten und von Hand aufgefädelt.

Gummimasse auf Metallstäben

Gummischläuche werden in Ringe geschnitten.

Gummis trocknen in der Sonne.

Gummis werden von Hand aufgefädelt.


Diese Gummiwerkstatt zu besuchen war echt interessant, weil ich mir davor noch nie Gedanken dadrüber gemacht hatte, wie Gummis eigentlich hergestellt werden.

In einer anderen Werkstatt wurden schöne Holzgegenstände gedrechselt, zum Beispiel auch Pfeifen oder Topfuntersetzer. Eine Frau stellte Bambushüte her, die wie ein Puzzle zusammengesteckt und nur an wenigen Stellen getackert werden.

Ein Bambushut wird zugeschnitten.


Besonders eindrücklich war aber der Besuch in einem Dorf, das aussah wie Bullerbü auf burmesisch. Überall Holzhäuser, frei laufende Kühe, Küken und Hunde, Frauen flochten Hüte auf den Stufen, Kinder in Schuluniformen fuhren auf viel zu großen Fahrrädern durch die Straßen und das einzig Laute war die Reisschäl-und Sortiermaschine. 

Touristenalarm auf der Insel


Unser Guide führte uns zur Chefin des Dorfes. Ihre ganze Fischerfamilie, bestimmt zehn Personen, führte uns dann estmal zum ganzen Stolz der Familie: Truhen voller toter Fische und kleiner Haie, die zwischen Eisblöcken lagen. Nachdem wir das gesehen hatten, ging es weiter zur Reismaschine. Hinter dieser türmte sich eine ganze Landschaft von Reisschalen auf, die der Abfall der Reismaschine waren. 

Geschälter, weißer Reis 

Ein Berg aus Reisschalen

Im Schlepptau hatten wir immer eine riesige Horde von Kindern, es waren bestimmt 15 oder 20. 

Kinder aus dem burmesischen Bullerbü

Sie beobachteten jeden Schritt und schrien vor Aufregung, wenn wir sie nur anschauten. Eine Frau brachte uns Enegydrinks als Geschenk, während wir mit den Kindern "Whats your name?" spielten. Sie enstpannten sich mehr und mehr und lachten sich kaputt, wenn wir ihre komplizierten Namen nachsprachen. Zum Schluss haben wir sogar noch Selfies mit den Kindern gemacht, wobei längst nicht alle Kinder aufs Bild passten. 

Unser Guide erzählte uns, dass die Bewohner des Dorfes kein burmesisch, also die Amtsprache von Myanmar, sprechen, sondern nur die Sprache der Mon, die ihres Stammes, verstehen. Das war mir neu und mir wurde so auch klar, dass die Mon sich nur in ihrem Gebiet in Myanmar verständigen können, nicht aber zum Beispiel mit den Menschen in Yangon.

Am Abend gingen wir noch auf einen Jahrmarkt auf der Insel und fuhren mit einem handbetriebenen Riesenrad. Um es anzuschubsen, hangelten sich ein paar Jungs an den Gondeln entlang und kletterten geschickt an den Metallstangen entlang.

Später saßen wir noch mit unserem Guide inmitten des Trubels auf dem Fest zusammen und aßen Puffer aus Blättern und Gurken, die zuvor in Töpfen voll Öl frittiert wurden. Den ganzen Tag über hatten wir uns gefragt, warum dieser Mann uns scheinbar völlig selbstlos herumführte, dachten über Provision bei den Verkaufständen nach, verwarfen diesen Gedanken später wieder und überlegten, ihm als Dank Geld oder Schnaps zu schenken. Ganz zum Schluss wurde uns aber klar, dass er uns alles zeigte, einfach, weil er es genoss. Seine Freunde sprachen ihn auf dem Fest an, wer wir denn seien und er stellte uns stolz vor, dolmetschte und half uns, den richtigen Heimweg zu finden. Zum Schluss versprachen wir ihm noch, wieder zu kommen, wenn wir wieder in Mawlamyaing sind.

Dieser freundliche Herr hat uns einen wunderbaren Tag beschert. 

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