Navina im Dschungel
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Tag 154: Tonsärge neben Bombenkratern

Veröffentlicht: 04.03.2019

In Laos ging unsere Reise weiter nach Phonsavan, einer Stadt, in der geschichtlich viel passiert ist. Denn dort stehen seit fast 2000 Jahren Unmengen von Steinkrügen, die damals wahrscheinlich als Särge genutzt wurden. Die Menschen wurden mit Grabbeigaben hinein gelegt und Jahre später holte man die Knochen wieder heraus. Heute wohnen nur noch dicke Eidechsen und Spinnen in den Krügen.

Ebene der Tonkrüge bei Phonsavan

Bizarr ist, dass direkt neben diesen Grabstätten Bomben die Erde aufgerissen haben. Diese Krater sind dabei nur einen Bruchteil so alt wie die Krüge daneben.  Amerikanische Bomben hatten in diesem Gebiet im Vietnamkrieg neben Erde und Tonkrügen auch Menschen in die Luft gesprengt. Die Krater sieht man noch deutlich. Aus manchen wachsen schon wieder kleine Bäume heraus. Die vorgegeben Wege darf man selbst heute nicht verlassen, weil noch viele Bomben und Minen in der Erde liegen, die nicht detoniert sind. 

Schulausflug zu der Ebene der Tonkrüge
Krüge neben Bombenkratern

Der Markt in Phonsavan war anders als andere Märkte in Asien, weil er sehr sortiert  schien.Es gab eine Obst- und Gemüseabteilung, die so vielfältig war, dass wir uns sofort Zutaten für einen Salat kauften, um ihn später auf dem Balkon zu schnippeln. Die Fisch- und Fleischabeilung wirkte sehr grausam und ich ließ deshalb nur aus der Ferne meinen Blick darüber gleiten. In einem Teil des Marktes wurden Schweinegesichter, Bananen und andere Snacks auf dem Feuer gebraten. In einer anderen Ecke konnte man Schmerzen lindernde und Potenz steigernde Pülverchen, Wurzeln, Haare, Schildkrötenpanzer, Krallen und getrocknete Bündel kaufen, von denen wir nicht wussten, ob es Tier- oder Pflanzenteile waren. 

Auf dem Foto mehr Pflanze als Tier

Danach gab es erstmal Suppen-Lunch für Silke. Ich hatte noch den Geruch der Schweinegesichter in der Nase.

Lunch am Suppenstand
Neue Ware 
Frauen in traditionellen Röcken
Chinesisches Mega-Projekt
Schulkinder 
Die weißen Knollen vorne haben wir probiert. Schmeckt köstlich, wie Kohlrabi.


Über Serpentinen fuhren wir in einem Minivan ein paar Tage später weiter Richtung Vang-Vieng. Hier konnte man endlich wieder Sonnenbrand kriegen! Mit geliehenen Rollern machten wir gemeinsam mit Robert und Bene eine Tour durch die Karstlandschaft. 

Karstfelsen um Vang-Vieng

Der Staub der Straße färbte die Bananenpalmen und unsere Kleidung rot. Wir machten es deshalb mittlerweile wie die Asiaten und zogen den Mundschutz während Rollerfahrten gar nicht mehr aus.


Später machten wir eine kleine Pause an einer Lagune und Bene schwebte mit einer 1A Haltung an der Zipline über den See hinweg und ließ sich galant ins Wasser fallen. Roberts Wetteinsatz für diesen Sprung war ein neues Badezimmer.

Auf der Heimfahrt liefen uns wild winkende Kinder hinterher, die immer wieder „Kip“ riefen. Sie wollten Geld von uns. Das passierte uns besonders oft in Laos. Hier lernen die Kinder wohl früh, dass sie von den Touristen Geld bekommen können. Ein schales Gefühl ist das jedesmal, weil Kinder nicht in die Situation geraten sollten, Touristen um Geld bitten zu müssen. Aber ihre Aufgabe ist es hier, schon mit vier Jahren auf diese Art zum Einkommen der Familie beizutragen. Leider sahen wir besonders in Laos oft Kinder, die abends um 10 Uhr im Restaurant die Touristen bedienten oder mit neun Jahren schwere Steine und Holz auf Baustellen schleppten.

Am Flussufer vor unserem Hotel wurden eines morgens zwei Schweine geschlachtet. Ich stand auf dem Balkon und hörte ein lautes Quieken. Zwei Männer hatten das erste Schwein an den Füßen zusammengebunden und tunkten es kopfüber, als würden sie ein Stück Brot in Soße dippen, in den Fluss. Dadurch wuschen sie all den Schlamm ab, in dem sich das Schwein bis zu dem Morgen gesuhlt hatte. Das nun saubere Tier war bereit, um geschlachtet zu werden. Die Männer wateten wieder ans Ufer und legten das Schwein dort ins Gras. Die Sonne spiegelte sich in einer Klinge und einige Zuschauer standen am Fluss, um sich das Spektakel anzusehen. Ein Fuß trat dem Schwein gegen die Schnauze, woraufhin es noch lauter quiekte. Eine Hand schlug mit einem Stein mehrmals auf das Tier ein, ohne einen besonderen Punkt zu haben, der getroffen werden sollte. Die Klinge sauste immer wieder auf und ab. Gummistiefel und Unterarme der Männer färbten sich rot, aber das Quiecken hörte einfach nicht auf. Irgendwann ging ich ins Zimmer. Das Schwein hatte sicher keinen schnellen Tod, den die Männer ihm aber hätten ermöglichen können. Das einzige Problem war: Es war ihnen egal. Deshalb lebte das Schwein, als es mit dem Kopf unter Wasser im Fluss geschrubbt wurde und es lebte, als der Stein gegen die Schnauze prallte und die Klinge schon fünf mal auf und nieder in den Körper gesaust war. Dieses Erlebnis und auch die Rohheit, mit der getötet wurde, gehörte sicher zu den schlimmsten der Reise, aber es gehörte dazu.

Unsere letzte Station in Laos war Vientiane, die Hauptstadt. An der Stadt vorbei schlängelte sich ein Fluss und die Autos, die auf der anderen Uferseite fuhren, fuhren auf thailändischem Boden. Was mir erst sehr spät klar wurde ist, dass sich Laoten und Thais verständigen können, weil sich die beiden Sprachen sehr ähnlich sind. In dieser länderübergreifenden Freundschaft ist Thailand aber immer das Land, in dem die Wirtschaft läuft, in das Touristen reisen und in dem es Krankenhäuser gibt. In Laos, so wirkte es auf mich, blickt man auf zu Thailand. „Made in Thailand“ gilt als Qualitätsmerkmal.

Kindermönch bei der Arbeit in Vientiana


Was mir von Laos im Gedächtnis bleiben wird, ist die große Asymmetrie zwischen Arm und Reich. In Vientiena waren die Straßen aufgeräumt, es gab einen Mango-Store und in dem prunkvollen Präsidentenpalast könnten locker 200 Menschen leben. Es ist unwirklich, dass es das gleiche Land ist, in dem Menschen in geflochtenen Hütten in den Bergen wohnen. In diesen Dörfern wird auf Feuer gekocht, der Unterricht findet in schief stehenden Hütten statt und die Schweine laufen frei herum, während der Staub die Kleidung der Bewohner und die Hauswände in eine monochrome Farbe hüllt. Laos ist vor allem ein asymmetrisches Land, das jenseits der Hmong-Dörfer oft hart wirkt. Die Menschen haben im Gegensatz zu all den anderen Nachbarländern, die wir bereist haben, oft einen misstrauischen Ausdruck im Gesicht. Besonders Kinder werden gröber behandelt als anderswo. Vielleicht liegt das am Krieg, der noch nicht all zu lange her ist und an den Schrecken, die die Menschen hier erlebt haben, immerhin ist Laos das meist bombardierte Land der Welt. Vielleicht hängt die schroffere Mentalität auch an der Regierungsform. Wir freuten uns jedenfalls auf die Herzlichkeit in Thailand.


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