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Zwangspause in Esquel

Veröffentlicht: 15.03.2018

Er tropft noch immer, der Tank, und wir fahren wie geplant erst einmal für eine Nacht auf einen Campingplatz, da wir am Wochenende in der Stadt sowieso nichts ausrichten können. Sibylle hat im Reiseführer den angeblich schönsten Campingplatz Argentiniens gefunden und den steuern wir jetzt an. Und der ist wirklich schön! Umgeben von hügeliger Landschaft und Weinreben liegt der kleine sehr gepflegte Platz an einem kleinen Bach. Jeder der nur 7 Stellplätze hat natürlich eine Grillstelle, aber auch Wasser, Strom, Licht und einen kleinen Picknick Bereich. Im schönen, steinernen Haupthaus gibt es einen großen Gemeinschaftsraum, der gleichzeitig ein kleiner Laden für regionale Bioprodukte und ein paar Dinge des täglichen Bedarfs ist. Wir decken uns sofort mit Bio Honig, Hagebuttenmarmelade und Calafate Likör ein und erstehen auch noch zwei dicke Bio-Eier fürs Frühstück. Der kleine Platz ist angelegt wie ein Park, überall gibt es Tische und Bänke am kleinen Ententeich, am Bach oder mit Blick auf die Anden. Und überall blüht Lavendel, so dass wir uns fast wie in der Provence fühlen. Unseren immer noch austropfenden Diesel fangen wir im Marmeladenglas auf, um keine Öko-Katastrophe auf dem Bio Platz zu verursachen. Wir verbringen den Nachmittag in der Sonne am Bach und sind ein wenig traurig, dass wir nicht länger hier bleiben können. 

Am Montagmorgen geht es weiter nach Esquel. Kaum in der Stadt angekommen sehen wir einen Nissan Händler und stoppen natürlich sofort. Der freundliche Nissan Händler kann das Auto nicht selbst reparieren, aber schickt uns eine Straßenecke weiter in eine große Renault Werkstatt. Wir entschließen uns, auch sofort die bald anstehende Inspektion durchführen zu lassen. Der Werkstattleiter schaut sich unseren Wagen kompetent an, kann uns aber leider erst am Mittwoch einen Termin geben. Wir sind ein wenig besorgt, weil der Nissan mittlerweile ordentlich tropft und nicht mehr nur tröpfelt. Wir haben Bedenken, Probleme zu bekommen, wenn der Nissan Diesellachen auf der Straße hinterlässt. In Deutschland wäre das ja schließlich ein Straftatbestand. Der Werkstattleiter beruhigt uns und meint, dass es in Argentinien kein Problem ist. Und wirklich, schaut man sich die Straßenränder an, sind dort überall Öl- und Benzinflecken zu finden. Wir haben immer noch ein schlechtes  (Öko-) Gewissen, aber zumindest keine Bedenken  mehr, Ärger zu bekommen. Wir checken in das kleine Boutique-Hotel ein und freuen uns über unsere schöne und geräumige Junior-Suite. Jetzt erst mal ausgedehnte Körperpflge. Man verlottert ja doch so ein bißchen unterwegs. Wir bringen noch  einen riesen Sack Schmutzwäsche in die Wäscherei und dann erkunden wir die Stadt Esquel.

Am 28. Juli 1865 startete eine der kuriosesten Migrationen der Weltgeschichte. In Spanisch bekannt als La Colonia oderauf Walisisch Y Wladfa. 150 Waliser und Waliserinnen kamen in die Provinz Chubut in Argentinien und suchten  dort nicht nach Reichtum, sondern wollten den in ihrer Heimatstadt durch die beginnende Industrialisierung bedrohten Lebensstil retten. Viele glaubten, dass Wales nach und nach von England vereinnahmt würde und viele walisische Männer und Frauen suchten ihr Glück in anderen Ländern, auch in Patagonien. Normalerweise verhieß die Ankunft von Europäern auf dem amerikanischen Kontinent ja nichts Gutes, aber dieses mal verlief es etwas anders. Die Siedler suchten gut überlegt nach einem Ort, an dem sie eine neue walisische Nation gründen konnten. Sie fragten nach Ländereien und Respekt für ihre Sprache, Religion und Traditionen. Im Gegenzug hissten sie die argentinische Flagge und hielten sich an die Gesetze ihres neuen Heimatlandes. Mit einer neuen Nation hat es dann doch nicht geklappt, aber die Waliser blieben und bauen bis heute im walisischen Stil und die Kinder werden in der Schule auch in walisische unterrichtet.

Auch Esquel wurde durch walisische Einwanderer besiedelt und Anfang des 20. Jahrhunderts als Stadt gegründet. Die walisischen Wurzeln sind vor allem in der Architektur deutlich sichtbar, die Häuser sind aus Backstein, haben oft Spitzdächer und Erker, viele haben blumenreiche Vorgärten. Die Stadt wirkt wohlhabend und sehr europäisch, für uns jetzt gerade mal sehr erholsam und nett. Auffallend in der Stadt sind diverse kleine Läden mit einem rieigen Milka Logo. Generell ist Milka in Argentinien weit verbreitet, aber die Schokolade schmeckt anders als bei uns. Die lila Kuh ist nahezu überall präsent, wirbt aber nicht nur für Schokolade, sondern manchmal sogar für Hot Dogs. Da wir ja jetzt nicht im Dubs essen können, geniessen wir es mal wieder, essen zu gehen. Wir haben mittlerweile eine sehr sympathische Angewohnheit der Argentiner kennen gelernt. Gegen 18:00 Uhr sind alle Cafes und Restaurants voll mit Menschen, die, da das Abendessen ja noch in weiter Ferne ist, sich um den Feierabend einzuläuten, erst mal ordentlich "konditern" und sich wunderbare Torten und Gebäck schmecken lassen. Die Portionsgrößen sind beeindruckend und so halten wir es, wenn wir es den Argentinieren gleichtun wollen (fast immer) an unsere übliche Bestellweise: una para dos! Das Abendessen fällt auch hier wie üblich aus, Fleisch, Fleisch oder Fleisch, zur Abwechslung Nudeln, Noqui oder Pizza. Wir haben uns für eine gewagte Pizza -natürlich una para dos - in einer sehr coolen Bluesbar entschieden, halb mit Ruccoa, halb "bavaro" was wie sich herausstellte bayrisch hieß und aus einem Belag von Würstchen mit Senf  bestand. Braucht man auch kein zweites Mal.

Da wir unser Auto am Dienstag ja noch haben, machen wir eine kleine Tour in die umliegenden Berge und laufen zu einem Aussichtspunkt. Am Abend essen wir fein im Hotel und am nächsten Morgen bringen wir überpünktlich und noch vor dem Frühstück unser Auto hoffnungsvoll zur Werkstatt. Mit Hilfe von Google haben wir alle Aufträge fein säuberlich in Spanisch aufgeschrieben und können so dem Werkstattmeister gut erklären, was wir wollen. Als wichtigstes natürlich die Reparatur des Tankes und dann eigentlich eine klassische Inspektion. Danach geht es für uns erst mal zum Frisör. Barbara war sich sicher, in ihrem besten Spanisch  "waschen und schneiden " bestellt zu haben. Tatsächlich  wurde ihr auch erst einmal insgesamt dreimal der Kopf gewaschen. Danach wurde sie in den Friseurstuhl verfrachtet und die Friseurin begann, ihr sehr ambitioniert eine wunderbare Föhnfrisur zu verpassen. Auch der Einwand, dass ist doch um "corte" also schneiden ginge, wurde erst einmal ignoriert. Erst nach wiederholten Protesten fiel bei der Dame der Peso und lachend macht sie Barbaras Haare wieder nass, um sie dann raspelkurz -"super-corto" zu schneiden. Bei Sibylle weiß sie dann Bescheid und auch sie bekommt einmal "supercorto". Optimistisch verbringen wir den Rest Tag noch einmal in der netten kleinen Stadt und in unserem großzügigen Hotelzimmer, um das Internet für die Archivierung der Bilder und zum Schreiben des Blogs zu nutzen.

Aber schon bald ist es vorbei mit der guten Laune. Die Werkstatt meldet sich mit der Hiobsbotschaft, dass sie den Tank nicht reparieren können. Dieser hat nämlich nicht nur ein kleines Löchlein, sondern es ist was an der Aufhängung gebrochen, wahrscheinlich durch die Strapazen der schlechten Straßen, und Ihnen fehlt das nötige Schweißwerkzeug für eine so große Arbeit😨. Wir werden an ein Schweißerwerkstatt weitervermittelt, die den Schaden beheben kann. Also fahren wir zu dieser Werkstatt an den Stadtrand und der Inhaber traut sich nach einem intensiven Blick unter unser Auto tatsächlich zu, den Schaden zu beheben.  Allerdings braucht er dazu etwas mehr Zeit und kann uns erst für Freitag morgen die Fertigstellung zusagen. Im Hotel dann die Nachricht, dass wir nicht verlängern können, alles ist restlos ausgebucht.😨Egal, es gibt ja noch andere Hotels, Hauptsache der Dubs wird repariert. Wir finden auch was am anderen Ende der Stadt, deutlich preiswerter, natürlich auch nicht ganz so chick, aber für eine Nacht geht' doch. Und Gonzalo und Karina von der Rezeption sind super nett und hilfsbereit und sprechen Englisch, so dass wir den Freitagmorgen in der Rezeption verplaudern bis unser Auto gegen Mittag endlich fertig ist. Alles fest und dicht und Sibylle krabbelt unter das Auto und überprüft die Schweißnaht und ist zufrieden.

Jetzt geht es ab in den Nationalpark Los Alerces, auch wenn die Wettervorhersage eher mässig sind. In dem kleinen Park erwartet uns valdivianischer Regenwald mit haushohen Bambus und vor allem die ältesten Exemplare der Alerces, einer besonders langlebigen Zypressenart. Die älteste Alerce, den abuelo (Großvater) von stolzen 3000 Jahren sehen wir zwar nicht, aber auf zwei wunderschönen Wanderungen viele seiner Enkel. Campen kann man im Park auf Campingplätzen, billiger auf  Camping Agreste, sehr einfachen Plätze die eher rustikal sind, oder ganz umsonst auf traumhaft schönen Stellplätzen. Da wir ja alles an Bord haben, wählen wir die Umsonstvariante, wir müssen ja die Juniorsuite wieder reinholen. Uns gefällt es hier richtig gut zumal das Wetter dann doch super ist. Wir hoffen ihr bekommt durch die vielen Bilder einen kleinen Einblick in den Park. Und es gibt auch wieder ein Baumrätsel!!! Bis bald.

Antworten (4)

Guido
Dröpjie für dröpjie - na zum Glück habt ihr das erledigt. Dann kann es ja unbeschwert weiter gehen... Weiterhin viel Spaß!

Barbara
Ilse: ich hoffe und wünsche sehr, daß Euere Pechsträhne vorbei ist. Es kann jetzt nur besser werden! Weiterhin viel Glück.

Pe
Wahnsinnsbilder, genießt jeden moment... danke fürs mitnehmen

anna
Tropflose Zeit gewünscht 😎