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Strecke machen...

Veröffentlicht: 29.03.2018

Wir haben uns entschieden, jetzt einigermaßen zügig „Strecke zu machen“. Wir sind fast drei Monate unterwegs, haben viel erlebt und gesehen, aber doch gibt es auch noch so viel, was wir sehen und erleben möchten. Zum ersten Mal haben wir das Gefühl, dass uns die Zeit knapp wird. Wir trösten uns mit dem Gedanken, dass wir die Rückreise ja noch nicht gebucht haben. Nach diesem kleinen „Bergfestblues“ machen wir uns auf in Richtung El Bolsón, einem kleinen Bergstädchen, bis heute ein Anziehungspunkt für die hiesige Ökobewegung. Wir übernachten dann auch angemessen auf einem Campingplatz unter Obstbäumen und besuchen am nächsten Morgen den regelmäßig stattfindenden Hippiemarkt. Hier gibt es selbstgezogenes Obst und Gemüse, Honig, Marmeladen, selbstgebrautes Bier, viel Handwerkskunst und noch mehr Kitsch. Sogar eine kleine Fressmeile mit frischen, leckeren Empanadas und frischen Obstsäften fehlt nicht. Die Atmosphäre ist fröhlich und entspannt und wir genießen das bunte Treiben.

Unser nächstes Ziel ist das Gebiet „Siete Lagos“, sozusagen die „7-Seenplatte“ von Argentinien. Die Hauptstadt dieses Gebietes Bariloche, durchfahren wir nur. Sie soll zwar sehenswert sein, und ist immerhin das Zentrum der Schokoladenproduktion, aber es häufen sich die Berichte von aufgebrochenen Campern und kriminellen Banden, was uns doch etwas abschreckt. Daher fahren wir stattdessen weiter und übernachten auf einem Parkplatz im beschaulichen Villa La Angostura. Am nächsten Morgen fahren wir auf die berühmte 7-Seenroute, die auf ca. 190 km alle Seen miteinander verbindet. Als wir am dritten Mirador/Kodakpoint auf immer die selben Menschen treffen, die ebenfalls diese Tour abfahren wollen, beschließen wir, auf eine Nebenstraße auszuweichen, die vielleicht nicht alle 7 Seen berührt, dafür aber nicht so touristisch ist. Wir werden nicht enttäuscht. Die Schotterpiste führt an einigen Seen entlang, aber auch durch den Nationalpark Nahuel Huapi, durch wilde patagonische Andenwälder, einsame Berglandschaften und vorbei an bizarren Felsformationen. Nicht mal 150 Kilometer schaffen wir an diesem Tag, zu faszinierend ist die Landschaft. Wir übernachten auf einem freigegebenen Stellplatz im Nationalpark und fahren am nächsten Tag weiter durch die unglaubliche Landschaft bis Junin de los Andes. Bei einem kleinen Mittagessen beschließen wir, heute nicht mehr weiter zu fahren, sonders uns den Parque Via Christi anzuschauen. Über einen bewaldeten Berg verteilt sind als eine Art Kreuzweg diverse Szenen der Bibel, Legenden der Mapucheindianer, Szenen der gewaltsamen Eroberung des Landes durch die Spanier und Themen der Befreiungstheologie zueinander in Bezug gesetzt worden. Riesige Bronzeskulpturen, Basreliefs und Mosaike ergeben ein faszinierendes Gesamtbild und entlassen uns nach einigen Stunden nachdenklich und beeindruckt in den Abend.

Am nächsten Morgen geht es durch den Nationalpark Lanin, benannt nach dem 3.766 m hohen und angeblich schönsten Vulkankegel Argentiniens. Das Wetter ist eher durchwachsen und der Lanin in den Wolken versteckt, so dass wir dessen Schönheit nur erahnen können. Genießen können wir aber die Schönheit der hier vorkommenden Pehuén bzw. Araukarienwälder. Wir kennen diese stachelige Koniferenart von einigen mickrigen, vereinzelten Exemplaren in Vorgärten. Hier sind sie riesig und tragen Nüsse, die zu den Grundnahrungsmitteln der Ureinwohner gehörten und heute ausschließlich von den Pehuenches und Mapuches gesammelt werden dürfen. Wir haben schon mal welche gesehen, da aber noch nicht gewusst was es ist. Wenn wir noch mal welche sehen, probieren wir sie und testen, ob sie als Grundnahrungsmittel taugen.

Wir fahren weiter durch die schöne Landschaft immer Richtung Norden und nehmen uns als Ziel für den heutigen Abend die Laguna Blanca vor. Diese Lagune liegt in einen weiteren Nationalpark in einer kargen Vulkanlandschaft und gilt als toller Platz, um Vögel zu beobachten. Wir melden uns in der Verwaltung und platzen offenbar in eine Art Schulung. Ist aber kein Problem, so wissen schon mal alle Ranger der Umgebung, dass wir heute an der Lagune übernachten. Wir laufen noch ein paar Schritte bei strahlender Sonne und tiefblauen Himmel an der Lagune entlang, sehen aber nur einige Schwarzhalsschwäne und der eisige Wind treibt uns schnell in den Dubs zurück. Über den Bergen häufen sich die Wolken, aber die Lagune liegt weiter in der Sonne. Es wird die stürmischste Nacht unsere bisherigen Reise. Die Winde fallen von den Anden und fegen über die Ebene und die Lagune und rütteln und zerren an unserer Kabine, dass uns ganz schön mulmig wird. Wir lassen die hinteren Stützen drunten, um den Wagen zu stabilisieren. Das hilft ein wenig, aber wir verbringen trotzdem eine unruhige Nacht. Der nächste Morgen entschädigt mit einem tollen Sonnenaufgang (ehrlicherweise muss gesagt werden, dass wir den eingemummelt in unser Bett aus dem Fensterchen heraus bewundern, bevor wir noch mal eine Runde schlummern) und einem Flamingoschwarm.

Jetzt wollen wir aber mal richtig Strecke machen. Der Plan ist, auf der Ruta 40 heute soweit es geht Richtung Norden zu fahren. Wir schaffen auch unser Ziel, Chos Malal , kommen aber erst im Dunkeln dazu uns, einen Schlafplatz zu suchen. Die erst Option, ein freier Platz außerhalb der Stadt an einem Fluß kommt nicht in Frage – die ersten Jugendlichen rotten sich hier grade für die Abendgestaltung zusammen. Obwohl wir bisher die Jugendlichen hier als freundlich und höflich kenne gelernt haben, verzichten wir doch lieber auf eine Nacht voller Party, Musik und Gelächter. Die zweite Option, ein kleiner Park mit Asadostellen neben dem Camping Municipales wirkt auf den ersten Blick perfekt, dann realisieren wir, dass er an eine Weide grenzt und in dieser Nacht Vieh verladen wird. LKWs kommen,  werden beladen, Rinder muhen, Motoren brummen – auch keine Atmosphäre zum Übernachten. Also wieder rein in die Stadt, eine ruhige Straße am Stadtrand bietet einen kleinen Parkplatz wie für uns gemacht vor einem Häusschen an einem Bach. Ob wir hier wohl stehen können? Zum Glück sitzt ein alter Mann mit seinem Mate Tee vor dem Häusschen und versichert uns, dass das völlig in Ordnung sei, und ruhig, und im Nachbarhaus wohne ein Polizist, es wäre also sicher und wir könnten auch sein Bad benutzen. Das brauchen wir zum Glück ja nicht, aber so freundlich aufgenommen schlafen wir ruhig und friedlich.

Auch am nächsten Tag ist wieder der Plan: "Strecke machen" Es gelingt auch fast. Wir verpassen einen Abzweig, geraten auf eine parallel zur Ruta 40 verlaufenden Nebenstraße, natürlich mit Schotter und Waschbrett. Aber die Landschaft ist so traumhaft schön, dass wir gar nicht daran denken, wieder auf dir Ruta 40 zurückzukehren. Ganz aus Versehen sind wir in eine der spektakulärsten Gebiete Argentiniens geraten; über 800 Vulkankegel, die höchste Konzentration weltweit, haben eine atemberaubende Landschaft geschaffen, in der wir gerne in aller Ruhe und mit vielen Fotostops "Strecke machen".


Antworten (3)

Petra
Halbzeit!! ??. Die Zeit vergeht so schnell. Freue mich aber auch wenn ihr wieder zurück seid.

Kerstin
Tolle Bilder, traumhafte Landschaft! Und dem Dubs geht es auch gut, hält alles ☺? Ich dachte immer, dass ihr ein Jahr unterwegs seid, kommt ihr nach 6 Monaten nach Hause? Dann ist Halbzeit ja schon komisch. Euch schöne Ostern in Südamerika! LG

Barbara
Hallo Ihr Zwei, unglaublich schöne Landschaft, manchmal bin ich ein bisschen neidisch. Aber mit dem Finger auf der Landkarte reise ich mit.