Veröffentlicht: 18.04.2019
Zwei ganze Tage brauchen wir um von Latacunga bis nach Canoa, Ecuadors Küste, zu gelangen. Dort sind wir mit Tobi verabredet, welcher mit seiner Familie aus Deutschland ausgewandert ist und sich 4 km außerhalb von Canoa ein Grundstück gekauft hat. Sie sind erst seit 4 Monaten vor Ort und wir wollen auf seiner Finca für 1 Woche mithelfen.
Als Miriam am nächsten Morgen aufwacht ist ihr übel, sie muss sich mehrfach übergeben und kann auch kein Wasser mehr bei sich behalten. Genau so hat es letztes Mal angefangen als sie in Thailand mit Dengue Fieber erkrankte, weswegen sie ziemlich Angst bekommt sich erneut angesteckt zu haben. Während sie im Schatten auf einer Isomatte schläft, arbeiten Tobi und Jakob in dessen Bambushaus, schmirgeln Wände und streichen. Anschließend machen sich beide für Besorgungen auf den Weg in das 4km entfernte Canoa, es fährt kein Bus und so bleibt nur die Option zu trampen. Jakob kommt bald alleine zurück, um sich um Miriam zu kümmern. Auf Tobi warten wir den ganzen Abend, seine Frau mit Kindern ist seit einigen Tagen in Quito und so sind wir alleine auf der Finca. Zur Zeit gibt es keine anderen Freiwilligen, obwohl Tobi erzählt, dass er sonst immer mit 6-8 Stück ausgebucht ist. Auch gibt es kein Internet und Tobi hat uns nicht mitgeteilt was er macht und wir fühlen uns komisch unseren ersten richtigen Abend "sitzen" gelassen worden zu sein. Wir verkriechen uns in unserer Zelt und Miriam schüttelt es vor Fieber.
Am nächsten Tag geht es ihr zum Glück schon wieder besser, schwach verdrückt sie den Toast mit Marmelade, den wir von Tobi morgens serviert bekommen. Dieser erklärt uns zuerst nicht wo er gestern Abend war und erst auf Nachfrage finden wir heraus, dass er mit seinen Kumpels saufen war. Er frägt Jakob nur, ob dieser sich gut um Miriam gekümmert hat und lacht. Wie es ihr geht interessiert ihn nur am Rande. Heute soll sie mit ihm weiter die Wände aus Zuckerrohr schmirgeln und streichen, während Jakob Steine umherkarrt. Wir merken, dass wir unzufrieden werden für 2 Stück Toast, einen Zeltplatz und einen Gastgeber, der kein ernsthaftes Interesse an uns zeigt, 4 Stunden zu arbeiten. Die abgeschiedene Lage lässt uns wenig andere Freizeitmöglichkeiten und uns fehlen andere Freiwillige. Als wir die Situation vor Tobi ansprechen, verweist er nur auf die Beschreibung der Stelle, die wir ja davor durchgelesen haben und meint wenn es uns nicht passt, müssen wir gehen. Eigentlich wollten wir nur darüber reden, aber durch seine kompromisslose Haltung lässt er uns persönlich keine andere Wahl als zu gehen. Wir haben überhaupt kein Problem ohne Geld zu arbeiten und zu zelten, doch wenigstens ein gemeinsames Essen sollte geboten werden bzw. ein Gastgeber der uns wie Freunde/Familie aufnimmt und nicht wie Praktikanten. Sonst fehlt es für uns an der sozialen Grundlage oder wenigstens einem für uns stimmigen Konzept: Immerhin ist Tobi nicht unbedingt auf unsere Hilfe angewiesen und die Arbeit fließt direkt in die Verwirklichung seines Traumes, schließlich soll hier mal eine Art Mini-Hotelresort mit Pool für die Reichen entstehen und nicht etwa eine Finka für Jedermann. Und so packen wir wieder unsere Sachen, was nach der langen Anreise etwas wehtut...
Eine Nacht verbringen wir in einem schönen Hostel direkt am Strand von Canoa, wo uns leider in der Nacht die Mücken zerfressen. Miriam ist zum Glück wieder gesund, wir sind sehr froh dass es kein Dengue war sondern vermutlich nur eine Lebensmittelvergiftung. Dann geht es erneut für uns 2 Tage im Bus weiter nach Quito. Wir sind enttäuscht über die Umstände, denn wir hätten eine Reisepause gut gebrauchen können und nun ist der auf uns genommene Weg für uns quasi umsonst gewesen. Doch das gehört auch zum Reisealltag dazu: meistens kommt es anders als erwartet, wir lernen mit Enttäuschungen umzugehen und ständig müssen Entscheidungen getroffen werden. Wir haben unsere getroffen, auch wenn wir gerne noch abgewartet hätten wie es sich weiter entwickelt, im Nachhinein scheint unser Bauchgefühl aber richtig gelegen zu haben. Wir werden Tobi trotzdem auf Goodbye Deutschland mitverfolgen.
Seit wir Huanchaco vor einem Monat verlassen haben, sind wir sehr schnell am Reisen. Selten verbringen wir 3 Tage am gleichen Ort und viel Zeit in Bussen, welche die Fahrten durch ihren rasanten Fahrstil, runtergekühlte Temperaturen und laute Dauerbeschallung selten angenehm machen. Der Zeitdruck entsteht durch unseren Weiterflug nach Kuba Mitte Mai und unserem Wunsch noch ein wenig Zeit in dem großen Kolumbien zu verbringen, von welchem jeder Reisende bisher schwärmt. Mittlerweile sind wir 7 Monate unterwegs und unbemerkt ist das Reisen zu unserem Alltag geworden: wir stören uns nicht an dem unregelmäßigen Tagesrhythmus oder dem wenigen Tagesbudget, wir sind es gewohnt viele Stunden im Bus zu sitzen und oft den Ort zu wechseln, uns schnell in neue Themenbereiche einzulesen und Entscheidungen zu treffen, mit wenig Komfort und Stresssituationen zurecht zu kommen und irgendwie vegetarisches Essen aufzutreiben. Doch wir vermissen ein wenig das Treiben lassen der ersten Monate, denn die Schnelllebigkeit zerrt an unserer Substanz. Dies zu realisieren hat seine Zeit gedauert, doch nun wollen wir schauen, dass es noch zügig über die Grenze geht und dann entschleunigen. Wir sind schon sehr gespannt auf Kolumbien und bis dahin hilft es sich mal wieder eine gute Tafel Schokolade zu gönnen ;) !