Veröffentlicht: 24.11.2020
Es ist November. Die Saison mit Steinen, Staub und Gymnasiasten ist vorbei. Der Rücken schmerzt, die Geduld ist erschöpft und die Zeilen des Kalenders sind leer. Die einen zieht es ins Heilbad, wo sie sich mit dem Cüpli in der Hand von der Brause das verspannte Füdli massieren lassen. Ich hingegen schlurfe in Finken und mit einem Magic Ginger Tea in den Händen dem Meditationsraum entgegen.
Vor ein paar Tagen noch habe ich ein Güllensilo mit Spachtel und einer zähflüssigen Masse abgedichtet. Freelancer sein erfordert Flexibilität, denn die Rechnungen müssen schliesslich gezahlt sein. Wie beim Spachtel poliere ich nach erledigter Arbeit meinen verkrusteten Geist auf Hochglanz bis mein wahres Ich wieder glänzt. Sitzend, dehnend und jammernd versuche ich meine Gedanken wie eine störrische Schlagbohrmaschine zu bändigen bis mir die Arschbacken schmerzen. Mit meiner Gesichtsmaske sehe ich aus wie Globi im Kloster und mit all dem vegetarischen Essen fühle ich mich selbst wie ein Papagei.
Ich nehme die Herausforderung des tagelangen Schweigens wie ein hartgesottener tibetischer Mönch an. Was kann denn schon schlimm sein, sich mit seinen eigenen Gedanken auseinanderzusetzen? Einmal mehr bemerke ich bei den Yogaübungen, dass ich so dehnbar bin wie ein Stahlträger, während sich meine Nachbarin mit ihrem kleinen Zeh in der Nase bohrt. Dafür stellte ich jeden Wiener Sängerknaben in den Schatten, wenn ich inbrünstig mein OM singe. Nach einer Weile blinken meine Chakras wie eine defekte Ampelanlage und ich bin dem Wahnsinn nahe. Doch ich halte durch und am Schluss habe ich soviel Energie in meinem Sakralchakra angestaut, dass ich sofort 1000 Silos aufstellen könnte.
Wie schon ein bekannter Yogi zu sagen pflegte, soll man bei all seinen Tätigkeiten wie ein gutes Lagerfeuer restlos zu Ende brennen. Ein bisschen in der Gegend rumqualmen liegt nicht drin, denn am Ende seiner Tage möchte man nicht auf ein paar halbverkohlte Holzreste zurückblicken müssen.
In diesem Sinne muss ich über meinen Gülletank keine Gedanken mehr machen, denn der wird halten und die Scheisse wird da bleiben, wo sie auch hingehört.