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Der Schneepflug in Ekstase

Veröffentlicht: 16.01.2021

Die Klimaerwärmung macht Pause und Frau Holle hat in den letzten Tagen ohne Unterbruch gearbeitet. Der Schnee ist in rauen Mengen gefallen und hat unseren Fiat Panda unter sich begraben, so dass er wie ein Mini-Kastenwagen aussieht. Für einen Augenblick ist mir das Herz in die Skihosen gerutscht, als der Schneepflug zielsicher in Richtung Luigi gerauscht ist und im letzten Augenblick den Schneehaufen als Auto erkannt hat. 

Es ist einer der seltenen Tage im Winter, an denen ich meine Freunde, vor allem die schlechten Skifahrer, aktiv verleugne und eingeladene Gefährten wieder skrupellos auslade. Das Credo dieser Tage lautet: No friends on powderdays! Die einzig auserlesenen Freunde sind die, die du notgedrungen mitnehmen musst, damit sie dich oder du sie im Falle einer Lawine wieder ans Tageslicht zurückholen kannst. Auf der Jagd nach der besten jungfräulichen Line nimmst du animalische Züge an und neben freudigen Jauchzern versuchst du mit zornigen Gruntzlauten andere Mitstreiter zu vertreiben. Natürliche Grundbedürfnisse wie Pipi machen und Hunger haben werden schlicht ausgeblendet. Der Rotz läuft dir schamlos in die Corona- Gesichtsmaske und der Kiefer schmerzt, weil du das Dauerlächeln nicht mehr los wirst. Völlig durchnässt, frierend und erleichtert, dass die Bänder an Knie und Kiefer gehalten haben, stehst du am Abend unter der heissen Dusche. Dabei füllt sich der Mund mit Wasser, weil das Dauergrinsen immer noch anhält und du fühlst dich dankbar für einen bombastischen Tag. 

Mein zähneknirschender Bruder meint dazu, dass nur solche wenige Tage im Leben das Leben erst lebenswert machen. Ich widerspreche ihm vehement, weil ich diese Aussage für zu katholisch halte. Es kann nicht sein, dass das Leben voll Mühsal sein soll und das Paradies nur im Jenseits bei Petrus zu finden ist. Es ist schon klar, dass ein Tag voll mit Projekten und E-Mails nicht das Gleiche ist, wie die grenzenlose Ekstase im Pulverschnee. Doch jeder noch so beschissene Tag birgt magische Momente, die es zu schätzen gilt. Einmal mehr komme ich mit meinen Buddhisten, die sagen, dass du positive Emotionen kultivieren sollst. Wenn du wissen willst, wie du negative Emotionen vermehrst, musst du dich nur für einen Abend an einen Stammtisch zu den «man-müsste-Typen» setzen. Wenn du Dankbarkeit zeigst, und sei es auch nur für das Lächeln der Brotverkäuferin, nährst du deinen Körper und Geist. Mein vom Pulverschnee geschlauchter Körper braucht jedoch im Moment nur noch eine Form von Nahrung: Fettiges und ungesundes Futter in gigantischen Mengen. Da bedanke ich mich artig beim Koch und dem Schöpfer. Amen. 

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