Veröffentlicht: 27.12.2020
Don’t even think about it – ist der Titel des Buches, das ich neulich gebodigt habe. Mister George erklärt, wie wir es schaffen die grösste Bedrohung der Menschheit zu ignorieren – den Klimawandel. Unserem steinzeitlichen Spatzenhirn ist es auch zu verdanken, dass wir wenig bis nichts dagegen unternehmen, obwohl die Situation dringlich ist. Unsere graue Masse weisst immer noch die gleiche Struktur auf, wie die keulenschwingenden Vorfahren in ihren Höhlen und so sind wir gehirnpsychologisch vielleicht gar nicht im Stande auf eine solche komplexe Gefahr zu reagieren.
Da ist der böse Säbelzahntiger, der meinen Kevin und unsere Chantal bedroht, ich bekämpfe diesen Bösewicht, besiege ihn (oder auch nicht) und alles ist wieder gut. Beim Klimawandel handelt es sich weder um ein böses Tier noch um einen hartnäckigen Virus, sondern um eine komplexe Bedrohung, das sich unsichtbar in unser Leben schleicht. Die Säbelzahntiger sind wir selbst und das Einzige, was wir bekämpfen könnten, ist unser inneres egoistisches Kind, das unkontrolliert rumtobt.
Bei der True Story geht es nicht um Flugreisen, rücksichtslose Konzerne, Fleischessen und ums Kinder kriegen, sondern es geht um unsere Angst, das Ablehnen von Fakten und um das Ringen unsere eigene Verantwortung anzunehmen. Anstelle, dass wir den Tiger bei den Zähnen packen, erfinden wir unsere eigenen Geschichten nach dem Motto Glaube, was du glauben willst. Noch nie war es einfacher ein Gedankenschloss nach seinem Gusto aufzubauen, indem wir die passenden Geschichten im Internet googlen. Wie in der Geschichte des Kaisers neue Kleider helfen uns soziale Normen (Frau, Kinder und Gartenzwerg), dass wir uns weiter in der Komfortzone suhlen können.
Wie ein indischer Mahut glauben wir den Elefanten unter Kontrolle zu haben. In Wahrheit aber macht dieses sechs Tonnen schwere Tier mit unserer Vernunft, was es will. Das beste Beispiel dafür, dass wir von unseren Emotionen getrieben sind, sind Eltern. Die Fürsorge und der Schutz seiner Kinder sind einer der stärksten evolutionären Antriebe, um Selbstlosigkeit zu zeigen. Kluge Frauen und Männer in weissen Kitteln haben aber aufgezeigt, dass Eltern wenig besorgt über die Zukunft ihres Nachwuchses sind, da sie einerseits durch Windeln wechseln abgelenkt sind und niemand den Gedanken eines leidenden Kindes mag. Ein Kind haben löst ein ganzes Arsenal von Vermeidungsstrategien und Wahrnehmungsfehlern bei Eltern aus. Das Mammut hat seinen Reiter schon lange abgeworfen und ist gerade am Durchbrennen. Wehe dem, der es wagt, zu erwähnen, dass Kinder der Faktor mit dem grössten negativen Impact auf den Klimawandel sind. Dabei geht es nicht um die Daseinsberechtigung der Kinder, Gott bewahre, sondern um den Entscheid der Eltern (noch) ein Kind haben zu müssen. Aber Stopp! Ich bin weder ein indischer Elefant, noch ein Engel, sondern ein CO2 ausstossender Mensch, wie jeder andere auch. Obwohl ich sehr versucht bin über Schuld und Unschuld zu schreiben, möchte ich nicht zum Kläger werden und mir ein Alibi zurechtlegen, das beweist, dass ich «grüner» als Familie Müller next door bin. Wir alle müssen unsere innere Erwärmung etwas abkühlen und von Problemsuchern zu Problemlösern werden.
Ich lebe in einer interessanten Zeit. Es nimmt mich ungemein wunder, ob der Mensch es schaffen wird, seinen Egoismus zu überwinden oder ob er zu einem fehlgeschlagenen biologischen Experiment verkommt. Was der Mensch neben Essen und Kacken braucht, sind Freunde, Vertrauen, Leidenschaft, Schönheit und Gelächter und nicht noch ein Auto, noch einen Kurzurlaub in New York oder noch ein Kind.
Obwohl die Evolution uns mit einem modifizierten Affenhirn ausgestattet hat, das nach dem bestmöglichen persönlichen Nutzen strebt, scheint etwas Hoffnung aufzukeimen. In Zeiten ärgster Bedrängnis haben Menschen immer wieder Selbstlosigkeit entwickelt und sich vom Säbelzahntiger zu einer kultivierten Stubenkatze entwickelt, die endlich das Katzenklo benützt.