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Buchara - warum es sich doch lohnt

Veröffentlicht: 27.09.2018

Mein erster Beitrag über Buchara war eine Keppelei, ich weiß, aber ich finde es wichtig auf etwas hinzuweisen, was ich für eine krasse Fehlentwicklung halte, denn der Abbruch der historischen Wohnhäuser in der Altstadt geht fröhlich weiter und auch der Rekonstruktionswahn (wie das unsere Dumont-Reiseführer ausdrückt) feiert fröhliche Urständ'. Aber man darf darüber nicht all das vergessen, was die Reise hierher mehr als rechtfertigt.

Von den berühmten Sehenswürdigkeiten ist vor allem das Samaniden-Mausoleum - erbaut um 900 - ein Hit. Ein tatsächlich unzerstört erhaltener Bau mit perfekten Proportionen und einem sensationellen Schmuck. Dem steht das zurecht berühmte Kalon-Minarett kaum nach. Etwas jünger und ebenfalls erstaunlich gut erhalten, war es jedes Mal ein Erlebnis vorbeizugehen. Und dann gibt es ein Gebäude, das trotz zentralster Lage nicht in die Klauen der Rekonstrukteure gefallen ist: die Magoki Attari Moschee hat ein großartiges Portal aus der Entstehungszeit des Kalon-Minaretts - und zwar so verfallen, wie man das bei so alten Steinen gerne hat. Sehr sehenswert ist auch Chor Minor, dass kleine Tor zu einer nicht mehr vorhandenen Medrese, dessen vier Türmchen mit ihren Kuppeln stets erhalten geblieben sind, nur der (sparsame) Fliesenschmuck wurde erneuert.

Alles andere Sehenswerte gehört wieder einmal in die Kategorie minor sights und steht am Rande der Altstadt oder in der Neustadt von Buchara. Stundenlange Spaziergänge im Staub der alten Gassen bzw. am Rand der neuen (etwas unwirklich anmutenden) mehrspurigen Boulevards brachten uns vor allem einmal zum Grab eines mongolischen Fürsten (ermordet 1358), das außen und innen mit sensationellen Fliesen in einer ganz eigenen Technik ausgestattet ist. Die Tonplatten wurden so ausgekratzt, dass feinste Muster und Schriftzeichen als recht hohe Reliefs stehen blieben - und diese Reliefs wurden dann in ganz wenigen Blau- und Türkistönen wie Fliesen glaciert. Der Effekt ist umwerfend. Reste derartiger Fliesen gibt es übrigens auch auf der oben erwähnten Magoki Attari Moschee.

Eine - zumindest für uns - originelle Moschee steht mehr oder minder auf einer Straßenkreuzung inmitten von Wohnblöcken. Sie bestand 1119, als sie erbaut wurde, nur aus einer Wand mit Nische, vor der gebetet wurde. Später wurde an die Wand eine Art Vorbau angefügt, sodass die Gläubigen zumindest ein Dach (bestehend aus drei Kuppeln auf Pfeilern) über dem Kopf hatten. Im Freien blieben die Betenden also weiterhin. Dieses Konzept einer offenen Moschee ist hier übrigens sehr verbreitet. In den langen heißen Sommern wurden stets Galerien, die auf geschnitzten Holzsäulen ruhen, genutzt. Diese Galerien sind an die Außenwand des Raums, der in den kurzen, aber sehr kalten Wintern für die Gebete zur Verfügung steht, angebaut. Keineswegs alle Moscheen verfügen über diese Wintervariante, auch nicht die besonders prunkvolle Kalon-Moschee, ein späterer Zubau zum schönen Minarett, ursprünglich aus dem frühen 16. Jhdt. - so wie sie jetzt dasteht, wahrscheinlich irgendwann aus den letzten 20 Jahren.

Und dann gibt es schließlich noch den original erhaltenen Innenraum der Baland-Moschee aus dem 16. Jhdt. Hier finden sich sehr schöne Fliesen in einer Qualität, wie man sie auch in den Vorstadtmoscheen von Istanbul findet, wenn auch in einer anderen Technik gefertigt. Eigentlich sind es keine Fliesen (also keine rechteckigen Platten), sondern Majolikamosaiken, wobei die einzelnen "Puzzlesteine" schon eine Form haben, also Blumen, Blätter, Ranken und so weiter.  

Es gibt also doch etwas zu sehen in Buchara, gar nicht so wenig und sehr Gutes. Es sind halt nicht die Dinge, die man so von den Postkarten kennt.

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#usebekistan#usbekistan#buchara