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Usbekistan - hin und weg

Veröffentlicht: 01.10.2018

Legoland oder Disneyworld oriental style – wir sind uns nicht einig, welche bösen Worte Usbekistan am besten beschreiben. Was ich schon über Buchara geschrieben habe, setzt sich in der Großstadt Samarkand fort. Die Jahrhunderte alten Moscheen und Medresen wurden zu einem kleineren Teil in der Sowjetzeit (1970er Jahre) und zu einem größeren Zeit nach der Unabhängigkeit rekonstruiert oder sogar völlig neu gebaut. Auch der große Platz der Stadt, der Registan, der der eigentliche Grund dafür war, dass ich immer schon herkommen wollte, verdankt seinen prunkvollen (und trotzdem bei näherem Hinsehen billig wirkenden) Fliesenschmuck den Arbeiten der letzten Jahrzehnte. Die drei großen Medresen (hier ist alles größer als in Buchara) zeigen aber auf alten Fotos immerhin noch intakte Ziegelmauern (nur eine Kuppel war schon lange eingestürzt, und die Fliesen waren natürlich fast alle verschwunden). Architektonisch eindrucksvoll ist der Platz noch immer. Was jedoch irritiert: Er liegt irgendwie verloren mitten zwischen ganz modernen Gebäuden und direkt neben einer der hierzulande sehr beliebten sechsspurigen, vielbefahrenen Straßen. Für alle Wiener/innen: Stellt Euch vor, eine der Hauptsehenswürdigkeiten der Stadt stünde an der Dresdner Straße (Originalton Roby).

Man darf nicht vergessen, dass Usbekistan alles andere als eine westliche Demokratie ist. Ein Beispiel: Eine Hauptwirtschaftzweig des Landes ist die Baumwollproduktion. Aus dem Zugfenster sehe ich gerade, wie sie gerntet wird: händisch, ohne den Einsatz irgendeiner Maschine. Um den Personalbedarf in der Erntezeit zu decken, werden bis heute Studenten und Studentinnen sowie Staatsbedienstete vom Staat „einberufen“. Bis vor nicht allzu langer Zeit galt das auch für Schulkinder. Das ist jedoch nur eine Seite des Baumwollwahnsinns: Wir befinden uns hier in einem Land, das praktisch völlig aus Wüste besteht, und der Baumwollanbau braucht besonders viel Wasser – das von den beiden großen Flüssen in offenen Kanälen (es ist heiß hier, also verdampft das Wasser zu einem beträchtlichen Teil) zu den Feldern geleitet wird. Diese beiden Flüsse haben den Aralsee gespeist, ehemals einer der größten Binnenseen der Erde – heute ist nur noch ein Zehntel übrig. Angeblich geht man jetzt langsam von der Baumwollproduktion ab.

Ich sitze gerade in einem dreckigen Zug nach Taschkent, aber der ist alles andere als repräsentativ für Usbekistan. Hier ist normalerweise alles neu, modern, supersauber – fast unwirklich steril, wie in einem Science Fiction-Film. Altes oder Sowjetisches wird abgerissen oder so rekonstruiert, dass es ebenso neu (und geschmacklos) wirkt wie die Banken, Sportpaläste und Wohnblocks, die die modernen vielspurigen Straßen säumen, auf denen fast nur weiße Autos eines bestimmten Chevrolet-Modells (das im Land produziert wird) fahren.

Es gibt einen alten Horrorfilm, der auch mehrfach neuverfilmt wurde, in dem weißblonde, kalt-grausame Kinder, die einander sehr ähnlich schauen, in einer Stadt nach und nach die Macht übernehmen und alles vereinheitlichen. Usbekistan ist vielerorts eine solche „weißblonde“ Welt – ohne blonde Menschen natürlich😉.

Ach ja, die Menschen. Ihre freundliche und herzliche Art hat dazu geführt, dass wir uns trotz allem hier wohl gefühlt haben. Im Hotel in Buchara waren die jungen Leute, die dort gearbeitet haben, schlicht bezaubernd, und es war wirklich nett, mit ihnen zu plaudern. In Samarkand hat uns – unglücklich im Staub des Stadtrands stehenden Touris – jemand kurzerhand ein Taxi aufgehalten, bezahlt (!!!) und so glücklich wieder ins Zentrum gebracht, alles ohne eine gemeinsame Sprache.

Was für mich als Frau angenehm war: In den Moscheen muss man den Kopf nicht bedecken und darf auch mit Hosen herein – im Gegensatz zu Georgien übrigens, wo Frauen nur mit Rock und Kopftuch in die Kirchen gelassen werden. Aber offensichtlich gibt es hier eine eigentümliche Art von Höflichkeit, die darin besteht, Frauen in Begleitung von Männern zu ignorieren. Ist mir bei zwei Männern in „besseren“ Etablissements passiert: überaus höfliches und freundliches Verhalten gegenüber Roby – und ich war unsichtbar (gerade eine Begrüßung, aber ohne mich anzuschauen).

Wer bis hierher durchgehalten hat, bekommt jetzt auch noch die Höhepunkte von Samarkand geliefert: die Nekropole Shah-i-Zinda mit ihren über und über mit türkisen und blauen Fliesen bedeckten Kuppelmausoleen, von denen wirklich viel erhalten war und die – ausnahmsweise – hervorragend renoviert wurden (super!); der beträchtliche Rest eines riesigen, in die Erde eingelassenen Sextanten aus dem 15. Jahrhundert (40 m Durchmesser), mit dem die Astronomen Ulug Begs, des damaligen Herrschers, die Position der Fixsterne so genau messen konnten, dass die moderne Wissenschaft aus dem Staunen nicht herauskommt und nur minimale Korrekturen vorgenommen hat; und schließlich die Weinverkostung im Weinkombinat – ja, es gibt hier noch ein Weinkombinat, das in jeder Beziehung ein Relikt aus Sowjetzeiten ist, auch was den Stil der Weine anlangt. Aber den Kräuterlikör hätten wir gekauft, wenn wir direkt nach Hause gefahren wären. Vielleicht lag das aber auch an der charmanten Art des Herren, der uns die Weine präsentierte, oder an den zehn Verkostungsgläsern, bei denen auch zwei Cognacs dabei waren…Inhalt

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