Veröffentlicht: 26.09.2018
Ich wollte hierher, seit ich das erste Mal Fotos aus Buchara und Samarkand gesehen habe. Die hohen Eingangstore der Moscheen und Medresen mit dem eleganten Fliesenschmuck - sie heißen Pischtak, wie ich jetzt weiß - haben auf den Fotos immer so großartig ausgeschaut. Als ich dann unsere Weltreise vorbereitete und im Internet alte Fotos von den großen Sehenswürdigkeiten fand, war ich einigermaßen irritiert: Da standen nämlich zu einem beträchtlichen Teil nur noch Ruinen herum und die bunten Fliesen waren kaum erhalten.
Die Lösung war einfach und verstörend: Im Laufe des 20. Jahrhunderts - sowohl zu Sowjetzeiten als auch nach der Unabhängigkeit - wurden die Sehenswürdigkeiten wiederhergestellt. Ich habe dann lange überlegt, ob ich wirklich herkommen möchte, denn Rekonstruktionen mag ich gar nicht, habe mich aber dann dafür entschieden, weil es erstens ein alter Traum war und zweitens unbedingt auch islamische Kunst in der Reise enthalten sein sollte.
Heute stehen also die Bauten perfekt da. Wobei das mit der Perfektion so eine Sache ist. Einerseits ist nämlich alles zu fehlerlos: Die Mauern sind glatter, als sie jemals im 15. Jhdt. gewesen wären. Die Kanten haben keinerlei Absplitterungen, was angesichts des (angeblichen) Alters der Ziegel wenig glaubhaft ist. Aber vor allem ist die Qualität der Fliesen verheerend. Das merkt man am besten, wenn man die wenigen erhaltenen alten Exemplare mit den Nachahmungen vergleicht: Die feinen Details fehlen (Blättchen, Linien ...), die Schwünge der Girlanden sind zu abgezirkelt rund und die Farben sind teilweise richtig scheußlich. Ich habe versucht, das auf einigen Fotos festzumachen.
Was hier in Buchara freilich am meisten stört, ist die Gestaltung der "Altstadt" rund um die großen Sehenswürdigkeiten. Alles schaut so aus wie in einer deutschen Fußgängerzone der 1970-er Jahre bzw. in einem Designer-Outlet auf orientalisch. Die alten Häuser wurden abgerissen und durch diese hässlichen Neubauten ersetzt. Dort, wo sich die Altstadt bis dato erhalten hat, taucht man in eine völlig andere Welt ein: ungepflasterte Straßen, verfallende Häuser, kleine Bausünden dazwischen - auch nicht sehr idyllisch. Aber gerade hier, vor allem im ehemaligen jüdischen Viertel, befinden sich die meisten Hotels, und die sind zum Teil sehr hübsch, wie auch unseres.
Eine gute Art, mit all dem umzugehen, besteht darin, um 5 Uhr nachmittags ins Hamam zu gehen, sich dort nach allen Regeln der Kunst behandeln zu lassen (das mit der Kunst gilt hier im Damenbad – also für mich – viel mehr als im gemischten Bad, das auch den Herren zugänglich ist) und dann beschwingt ins Hotel zurückzugehen. Um 6 Uhr ist die Stadt in ein goldenes Licht getaucht und von Ferne sehen die Pischtaks so schön aus wie auf den Fotos in Wien. Buchara muss einmal eine großartige Stadt gewesen sein.