Go East - Mit dem Fahrrad zu Ev. Gemeinden in Osteuropa
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21. Tag-29. Juli: Aktive Gemeindediakonie in Bytom

Veröffentlicht: 30.07.2022

Mikolaj lud mich in seiner Vikarswohnung noch zum Frühstück ein und meinte auf meiner Tour zu Ev. Gemeinden in Polen sollte ich unbedingt in Bytom Station machen. Nicht nur das es dort eine sehenswerte Ev. Kirche gibt, sondern die Kirchengemeinde ist in der diakonischen Arbeit sehr aktiv, welche in diesem Ort durch „Mutter Eva“ begründet wurde. Von Eva von Tiele-Winckler - wie ihr richtiger Name lautet- einer adligen Frau, hatte ich noch nichts vorher gehört. Bytom lag auf meiner Reiseroute durch die Ev. Diozöse Katowice. Deshalb habe ich den Vorschlag gerne angenommen. Mikolaj versuchte noch den Pfarrer zu erreichen um mich voranzumelden, erreichte ihn aber nicht. Während ich unterwegs bin, würde er noch mal probieren. Wir tauschten noch Adressen aus, ich lud ihn und seine Frau nach Osterwohle ein und dann verabschiedeten wir uns. Kaum war das Stadtgebiet von Gliwice zu Ende, fing hinter Ortsausgangsschild schon die nächste Industriestadt, Zabrze, an. Dort gibt es auch eine Evangelische Gemeinde, aber ich fuhr gleich in Richtung Bytom weiter. Ich radelte an alten Fördertürmen- und Anlagen vorbei, immer wieder brannte in der Nähe ein Fackel und roch immer wieder Rauch in der Luft. Ich war mitten im oberschlesischen Kohlerevier unterwegs. Von Touristen - weit und breit keine Spur.

Die Ev. Gemeinde liegt in einem Vorort der großen Industriestadt Bytom. Nach einen kurzen Irrweg fand ich schnell die Kirche. Der Pfarrer erwartete mich schon und begrüßte mich auf Deutsch. Mikolaj hatte ihn doch noch erreicht. Wir setzten uns in seinen privaten Garten und sogleich erzählte er von „Mutter Eva" und ihrem besonderen diakonischen Wirken, welches bis heute nachwirkt. In Deutschland gibt es heute die diakonische Tiele-Winckler-Haus GmbH, welche mehrere Wohngruppen und Behinderteheime betreibt. Mit Ihrem wohltätigen Erbe ist die Ev. Kirchengemeinde in Bytom sehr verbunden. Sie begründete mit ihrem geerbten Vermögen 1890 den Friedensort in Bytom-Miechowitz. Sie wollte eine „Heimat für Heimatlose schaffen“, die zu Beginn der großen Industriealisierung in ihrer oberschlesischen Heimat von Gesellschaft vergessen wurden. Inspiriert durch Friedrich von Bodelschwing bildete ihr Wirken die Grundlage für eigene diakonische Einrichtungen für Arme und Alte, Behinderte und Nichtsesshafte. Bis 1920 entstanden 28 verschiedene diakonische Häuser. Mehr als 1000 Frauen schlossen sich im Lauf der Jahre ihrer Diakonissengemeinschaft an. Einen wichtigen Aufgabenbereich sah Eva von Tiele-Winckler darin, heimatlosen Kindern eine Heimat zu schaffen. Dieses diakonische Erbe führt heute in Bytom die Ev. Kirchengemeinde als Träger fort.

Zuerst zeigte mir der Pfarrer die schöne Kirche zu der ca. 130 Gemeindeglieder gehören und zum „normalen“ Sonntagsgottesdienst zwischen 40-50 Besucher kommen. Es gibt Angebote für Kinder, wie Kindergottesdienst, aber in seinen 14 Jahren, die er in dieser Pfarrstelle ist, gab es nur 6 Konfirmanden. Wir schauten uns das erste von „Mutter Eva“ errichtete Haus an, das seit einigen Jahren das Gemeindehaus ist, welches nun top saniert ist. Zum Abschluss des Rundganges über das weitläufige Gelände gingen wir noch in ihr einfaches Holzwohnhaus, das heute als Museum fungiert. Heute sind die diakonischen Einrichtungen, die die Kirchengemeinde betreibt ihm sehr wichtig, welche das Erbe von „Mutter Eva“ fortsetzen. Es gibt ein Ev. Altersheim, mehrere Wohngruppen für Betreutes Wohnen und gegenwärtig eine intensive Hilfe für ukrainische Flüchtlinge, die in anderen Häusern in der Stadt untergebracht sind. In einem anderen Haus ist gerade die UNHCR Flüchtlingsarbeit aktiv.

Natürlich betreibt seine Gemeinde auch einen Internetkanal und über diesen Weg fanden einige Menschen zur Ev. Kirchengemeinde von Bytom. Das Verständnis als Minderheit ist für seine Arbeit kein Problem. Auf die eigene Stärken in der Gemeindearbeit setzen und sich darauf konzentrieren, so versteht er seine Evangelische Gemeindearbeit gegenüber der katholischen Mehrheitsgesellschaft. Vielleicht können wir davon etwas lernen.
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