ausderfernebetrachtet
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Salar de Uyuni

Veröffentlicht: 09.08.2024

Weiter gehts und das nächste Ziel sollte Bolivien heißen. Und wie kann man sich besser in dieses Land eingrooven als mit einer Dreitagestour zum größten Salzsee der Erde, dem Salar de Uyuni?!

Also nach reichlich vor-Ort-Analyse in San Pedro eine Tour gebucht und früh am Morgen mit Sack und Pack und Colin und Nim vor dem Hostel warten, bis der Bus uns zur Grenze bringen sollte. 6 Uhr ging es los und stetig immer weiter bergauf, den gewaltigen Licancabur im Blickfeld, bis wir schließlich kurz nach 7:30 Uhr die Grenzstation zu Bolivien erreichten. Da die Grenze erst gegen 8 Uhr öffnete gab es ein knackiges Frühstück: Guacamole-Brötchen und Koka-Tee und zwar auf 4.600 m. Ordentlich und auf jeden Fall das bisher höchstgelegene Frühstück meines Lebens. Als sich die Grenzbeamten kurz vor 8:30 Uhr dann endlich an die Arbeit machten, ging es weiter auf die andere Seite. Bolivien – neues Land, neue Abenteuer, ich war ganz gespannt und die Tour fühlte sich jetzt schon besonders an und dabei hatten wir noch nicht einmal die Jeeps bestiegen, die uns durch die Salzebene manövrieren sollten. Die nächsten Tage sollten sich komplett im Altiplano abspielen, der Hochebene die sich mit einer mittleren Höhe von 3.700 m über dem Meeresspiegel vom Norden Chiles über Bolivien bis Peru erstreckt, eines der höchstgelegenen von Menschen besiedelten Gebiete der Erde. Als Mitteleuropäer recht schwer zu begreifen in welchen Höhenlagen man sich hier bewegt. Auf bolivianischer Seite wurden die Geländewagen beladen, Rucksäcke aufs Dach und die Reisegruppe aus insgesamt 6 Personen plus Fahrer in den Innenraum des 4-Rad betriebenen Fahrzeuges. Da beim Verladen eines der mitgebrachten Biere plötzlich und unerwartet durch Druckverlust seinen Inhalt verliert, entscheiden Colin und ich uns kurzerhand dazu, möglichst nichts davon zu verschwenden und entleerten den Inhalt der Dose laut zischend aus dem winzigen Loch ins unsere Münder. Eine unerwartete „Taufe“ hier in der Höhe. Aber was muss – das muss! Und los ging dann endlich die Fahrt über die Schotterpiste und direkt nach kurzer Fahrt der erste Stop an der Laguna Blanca, ein auf 4.300 m gelegener See, der durch Einschwemmung von Mineralien seine charakteristische weiße Farbe erhält. Der See ist zugefroren und begehbar und sobald man einmal mit Anlauf über das Eis schlittert, wird man sofort daran erinnert, in welcher Höhenlage man sich hier befindet. Ein wunderschön seltsamer Anblick und auch die direkt daneben gelegene Laguna Verde reiht sich nahtlos ein in die Ansammlung der einzigartigen Naturwunder hier im Altiplano. Die grün schimmernde Farbe der Lagune wird durch Mineralien, wie Magnesium, Calciumcarbonat, Blei und Arsen verursacht und je nach Windstärke und den dadurch aufgewirbelten Sedimenten wechselt die Farbe der Lagune zwischen hellem Türkis und dunklem grün. Vor der Lagune findet man allerlei vulkanisches Gestein, das an den letzten Ausbruch des Licancabur vor ca. 10.000 Jahren erinnert.

Laguna Verde mit Licancabur

Der nächste Stop auf dem Weg nach Uyuni ist die Salvador-Dali-Wüste (Desierto de Salvador Dali) mit Felsformationen und Landschaften, die den surrealen Werken des spanischen Malers ähneln und der demzufolge auch Namensgeber dieses Ortes ist. Kurz nach dem Mittag erreichen wir dann die Termas de Polques, heiße Quellen in Mitten der eisigen Landschaft, ein Resultat der geothermalen und vulkanischen Aktivitäten in dieser Region. Während unser Fahrer das Mittagessen vorbereitet, schmeißen wir uns in die Badesachen und bei Außentemperaturen um den Gefrierpunkt geht es hinein in die 40° heißen Thermalquellen. Das fühlt sich unfassbar gut an, in diese warme Brühe zu tauchen. Und während im Hintergrund Guanacos und Lamas vor dieser bizarren Szenerie grasen, lassen wir uns fast eine Stunde glückselig von dem heißen Wasser der Quellen erwärmen. Ein Bad in dieser Umgebung – völlig surreal und ein absoluter Genuss, nur der Ausstieg zum Mittagessen stellt sich nach all der Entspannung als recht schwierig zu realisieren heraus. Zum Lunch wird Lende mit Gemüse und Kartoffelbrei serviert. KARTOFFELBREI!!! Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal Kartoffelbrei auf der Speisekarte hatte. Auf jeden Fall unerwartet und gar nicht schlecht. Kommt zwar nicht an den von Mutti servierten Kartoffelbrei in heimischen Gefilden heran, aber wir wollen ja nicht meckern ;)

The hot springs of Polques

Nach der Stärkung geht die wilde Reise weiter und 100% der Passagiere (unser Fahrer Vladimir glücklicherweise nicht) fallen in einen kurzen aber verdienten Tiefschlaf. Als die Besatzung wieder zu sich kommt, befinden wir uns auf knapp 5.000 m, mit dem Auto. Das ist irre. Wir halten am Sol de Manana, einem Geysirfeld. Die Luft ist dünn, es ist kalt und es weht ein starker Wind. Inmitten dieser Mondlandschaft brodelt und dampft es. Die heißen Quellen sorgen für einen starken Schwefelgeruch und man spürt die Höhe mit jedem Atemzug. Es ist anstrengend aber erträglich. Ein Mädel aus unserer Reisegruppe hingegen erwischt es wesentlich härter. Die Höhe spielt ihr übel mit, Kopfschmerzen, Migräne, Übelkeit und Schwindel. An Kommunikation ist bei ihr leider nicht mehr zu denken. Mir tut es leid, allerdings weiß ich auch, dass ich ihr leider nicht helfen kann und tapfer erträgt sie die Strapazen. Das kann in diesen Sphären wohl jedem passieren und ich bin froh, dass ich bis auf die Kurzatmigkeit bislang ganz gut damit zurecht komme.

Der letzte Stop des Tages sollte die Laguna Colorado sein, ein Naturparadies auf 4.300 m. Der See ist sehr abgelegen und nur mit dem Jeep erreichbar. An den Ufern grasen Lamas und im Wasser befinden sich unzählige Flamingos. Der See ist für seine großen Bestände a Chile-, Gelbfuß- und Kurzschnabelflamingos bekannt, die hier in dieser Höhe ein reichhaltiges Nahrungsangebot vorfinden. Bei einem längeren Spaziergang a den Ufern der Laguna staunt man über die doch so vielfältige Fauna in diesen Höhenlagen. Den Flamingos scheint es zu gefallen. Völlig ungestört können die Tiere hier ihrem Dasein frönen.

Laguna Colorado

Mittlerweile ist es spät am Nachmittag und wir bahnen uns unseren Weg weiter über die staubigen Pisten zu unserem Nachtlager. Es ist schon beeindruckend, was die Fahrzeuge beim Ritt über die unwegsamen Stein- und Schotterpisten wegschlucken. Man merkt die Unebenheiten kaum, fast fühlt es sich an, als ob man mit einem Bügeleisen durch die Landschaft gleitet, so sanft gestaltet sich die Fahrt. Gegen 18:30 Uhr erreichen wir Quetena Chico, einem kleinen Ort, mitten im Nirgendwo, auf über 4.200 m Höhe. Vladimir kredenzt Spaghetti Bolognese und wir lassen den Tag gemeinsam ausklingen. Konstruktive Gespräche wird es heute wohl keine mehr geben, zu beeindruckt von den Ereignissen des Tages sind alle beteiligten Personen. Völlig fertig wird das 4-Bett-Zimmer bezogen. Leider ist an Schlaf in dieser Nacht nicht zu denken. Es ist bitterkalt und ich merke beim zur Ruhe kommen die Höhe. Immer kurz vor dem Einschlafen überkommt mich eine Kurzatmigkeit, ich spüre den Sauerstoffmangel und finde einfach keinen Schlaf. Ab 23 Uhr gibt es keinen Strom mehr im Ort und in Dunkelheit und Kälte schlage ich mir irgendwie völlig schlaflos die Nacht um die Ohren. Das ist dann schon ziemlich unerwartet, nachdem ich tagsüber doch recht gut mit den Gegebenheiten zurecht kam. Aber nützt ja alles nichts, denn auch am nächsten Tag sollten wieder zahlreiche Highlights auf die Reisegruppe warten also verließ ich kurz nach 7 Uhrvöllig gerädert das Bett und erfreute mich am doch recht reichhaltigen Frühstück.

Nachtlager in Quetena Chico

Das erste Tagesziel sollte der Copa del Mundo sein, ein Fels, der in seiner Erscheinung an den Weltmeisterpokal erinnert, daher auch der außergewöhnliche Name. Direkt danach hielten wir am Camel Rock, und auch hier ist der Name Programm und der Fels erinnert in seiner Gestalt der Darstellung eines Kamels. Ganz schön viel Gestein hier zum frühen Morgen. Interessant und schön anzusehen und zudem schien bereits in den Morgenstunden die Sonne mit ihren wärmenden Strahlen in die zufriedenen Gesichter. Anschließend wurde die Italia Perdida besichtigt, ebenfalls eine Felsformation, die ihren Namen der Legende nach von einem Italiener bekam, der als erstes diesen Platz besichtigte, danach aber den Rückweg nicht mehr fand und deshalb in der Wüste starb. Ja, gute Ortskenntnis ist hier das A und O und da wir mit Vladimir einen äußerst versierten Navigator am Steuer hatten, sollte uns das Schicksal des Mannes erspart bleiben.

Zum Vormittag passierten wir mit der Laguna Vinto einen weiteren von zahlreichen Flamingos besiedelten See, um dann rechtzeitig zum Mittag an der Laguna Negra aufzuschlagen. Ganz schön viele Lagunas, mag sich der Leser hier denken. Ja stimmt, allerdings sind diese vor allem in ihrer Farbgebung recht unterschiedlich und die Laguna Negra – die Letzte der besuchten Lagunen – zudem auch landschaftlich absolut einzigartig. Durch eine Art Sumpf- und Moorlandschaft bahnt man sich zwischen domestizierten Lamas und allerlei beeindruckenden Vögeln den Weg zur Lagune mit fast schwarzem Wasser. Zwischen den Felsen ließen sich immer wieder Viscachas blicken, die possierlichen Tierchen sehen aus, wie eine Mischung aus Hase und Chinchilla und sind doch recht zutraulich. Nähert man sich den Fellnasen jedoch zu sehr, verschwinden sie in den Felsspalten und tauchen kurze Zeit später an anderer Stelle wieder auf.

Viscacha

Zum Abschluss der Lagunen- und Felsentour besichtigten wir noch den Canon Anaconda. Von einer Anhöhe aus hat man einen wunderbaren Blick ins Tal und die Schlucht schlängelt sich wie die namensgebende Schlange durch das Gestein. Zwar war man mittlerweile völlig übersättigt an den Eindrücken der letzten 2 Tage und dennoch wurde es nicht langweilig, den Blick über das Tal schweifen zu lassen. All diese besuchten Orte wären schon für einen Tagestrip ausreichend an Impressionen, dass sich dies hier an diesem besonderen Ort in so geballter Form entlädt, das muss man erstmal verarbeiten und so genoss man den Ausblick und nahm den Moment mit. Die nächsten Tage würden noch genügend Gedanken an all die besuchten Orte im Kopf kreisen lassen. Schon echt Wahnsinn, was man hier in so kurzer Zeit alles präsentiert bekommt.

Am Ende des Tages kamen wir endlich am Rande des Salzsees an. Das Salt-Hotel machte seinem Namen alle Ehre, die Wände, die Decken und der Boden, alles war aus Salz und man staunte, ob der sonderbaren Architektur mittels des einfachen Werkstoffes. Aber ist ja irgendwie auch naheliegend, dass man sich hier des Rohstoffes bedient, der überall ausreichend vorhanden ist – Salz.

Salz Hotel - 2. Nacht

Zum Abendessen wurde Hühnchen mit Reis gereicht und dies war wieder ausgezeichnet. Allgemein muss man feststellen, dass das komplette Essen auf der gesamten Tour von ausgezeichneter Qualität war und keiner der Teilnehmer auch nur ansatzweise ein Problem mit dem Magen hatte. Das ist schon ungewöhnlich, traf man doch einige Reisende zuvor, die über enorme Probleme mit dem Essen, gerade auf der Saltflat-Tour berichteten. Danke hierfür nochmal an Vladimir und die gesamte Logistik der Tour für diesen Mehrwert. Das ist wohl leider nicht selbstverständlich. Nach dem Abendessen war ich eigentlich bettfein allerdings lockte Vladimir uns nochmal nach draußen und zusammen mit einem anderen Einheimischen machten wir uns in eisiger Kälte auf den Weg zu einer Anhöhe. Es war wirklich bitterkalt und ich wollte eigentlich nur noch ins Bett aber die beiden führten uns zu einer Art Höhle und als wir Diese betraten, fühlten wir direkt die Besonderheit des Ortes. Wir bekamen Kerzen in die Hand gedrückt und in der Höhle befanden sich ein paar der Vorfahren der Bewohner des Ortes und zwar in mumifizierter Form. Die Mumien wurden wohl vor längerer Zeit in den Saltflats gefunden, hier aufbewahrt und stellen einen heiligen Ort für die Bewohner dar. Wie alt die Überreste der Menschen sind, kann ich nicht genau sagen, allerdings handelt es sich bei den besichtigten Personen um mehrere männliche Bewohner und eine Frau mit Kind. Die Mumien werden von den Bewohnern verehrt und mit allerlei Opfergaben bedacht. Schnaps, Bargeld und Kokablätter fanden sich am letzten Ruheort der Gestalten wieder. Eine sehr mystische Atmosphäre und der Dorfälteste erzählte uns noch eine Weile etwas über die Geschichte des Ortes. Interessant und bizarr gleichermaßen, im Kerzenschein verließen wir den Ort und es sollte nun endlich ins Bett gehen. Die Nacht gestaltete sich zum Glück weniger schlaflos als die Nacht zuvor und völlig fertig entglitt ich diesem ereignisreichen Tag. Um 5:30 Uhr riss mich der Wecker schon wieder aus dem Schlaf, denn schließlich wollten wir zum Sonnenaufgang auf dem Salzsee sein. Völlig schlaftrunken wurde der Wagen bestiegen und es ging direkt auf den Salar de Uyuni, stetig gerade aus mitten ins Nichts aus Dunkelheit und Salz. Kurz vor 7 Uhr stoppte der Wagen in Mitten der Salzwüste und der unmittelbar bevorstehende Sonnenaufgang verbreitete seine mystische Stimmung an diesem besonderen Ort. Jeder von uns stiefelte allein in eine andere Richtung und ein Jeder wollte diesen Moment für sich genießen. Es war hundekalt und als die ersten Sonnenstrahlen das Gesicht berührten und man den Blick über die endlose Weite der von der Natur geschaffenen Strukturen aus Salz schweifen ließ, fühlte man sich wie auf einem anderen Planeten, zu surreal erschien die ganze Szenerie. Was für ein spezieller Ort, steht man hier am frühen Morgen noch völlig schlaftrunken in der größten Salzpfanne der Erde und versucht ein wenig Wärme an den ersten Sonnenstrahlen des Tages zu erhaschen. Bis zu 75 Meter reicht die unter der Oberfläche liegende Sole und man hat für den Moment das Gefühl auf einem ganz anderen Planeten zu verweilen. Nachdem man sich ausgiebig der Szenerie und seinen Gedanken hingegeben hat, ging es dann ein Stück weiter zur Isla Incahuasi. Vladimir bereitete das Frühstücksbuffet vor und wir besichtigten währenddessen die Insel mit ihren teilweise jahrhundertealten Kakteen. Mitten in dieser lebensfeindlichen Umgebung eine doch sehr eindrucksvolle Darstellung der Natur und der Beweis, dass selbst in der kargsten Landschaft Lebewesen in der Lage sind, sich diesen Bedingungen anzupassen. Der letzte Stopp dieser Tour war die Ortschaft Colchani, die sich ganz dem Tourismus widmet und auf einem riesigen Markt allerlei Souvenirs, Stoffe und Kleidung aus Alpakawolle und anderen Spittel feil bietet. Am Zielort der Reise, dem Wüstenort Uyuni wurde noch der Eisenbahnfriedhof besichtigt. Bis in die 40er-Jahre wurden über die erste Eisenbahnstrecke Boliviens wertvolle Rohstoffe von den Minen im Landesinneren an die pazifischen Küstenstädte transportiert. Heute dem Verfall preisgegeben, verrotten die ungefähr 100 Lokomotiven langsam aber stetig in der salzigen Luft von Uyuni.

Cementerio de trenes

Ein eindrucksvolles Ende einer tollen Reise in die wundervolle Landschaft des Altiplano, mit ihren robusten Bewohnern und all der einzigartigen Natur und Kultur. Das alles zu verarbeiten und aufzubereiten wird wohl noch eine ganze Weile dauern und die erlebten Momente wohl hoffentlich nie so ganz aus den Erinnerungen dieser langen Reise schwinden. Bolivien macht schon jetzt so viel Bock auf mehr!

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