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--- Siargao Philippines ---

Veröffentlicht: 08.04.2020

Feststecken auf einer einsamen Insel mitten im Pazifischen Ozean. Hört sich das nicht nach einem einmaligen Abenteuer an? Und genau das war es auch. Ein Abenteuer, das ich wohl mein ganzes Leben lang nicht mehr vergessen werde. Wie im letzten Blogpost bereits erwähnt, haben wir nach der Hiobsbotschaft, die Insel auf der wir uns in den nächsten 24 Stunden befinden, für geraume Zeit nicht mehr verlassen zu Können, unsere Sachen gepackt und sind auf direktem Weg von Bohol nach Siargao gefahren. 

Die Überfahrt mit mehreren Nachtfähren hat genau 24 Stunden gedauert und diese 24 Stunden zählen zu den verrücktesten meines Lebens. Angefangen von der Nachricht im Hostel, dass die Corona Situation so langsam eskaliert und sie uns allen empfehlen unsere Reise schnellstmöglichst abzubrechen und nach Hause zu Fliegen. 

,,Wie? Ich plante für ein Jahr wegzubleiben und jetzt soll ich nach nur fünf Wochen schon wieder zurück ins kalte Deutschland?", ging es mir durch den Kopf. Dann wie wir beschlossen haben, unsere Reise nicht abzubrechen, sondern das Beste daraus zu machen und feierlich mit Leuten, die wir gerade erst kennengelernt hatten, auf unser ,,Siargao Abenteuer" anzustoßen. Wir tauften uns die ,,Siargao Survivors" und schmiedeten an diesem Abend bereits Geschäfts- und Überlebenspläne, die wir in die Tat umsetzen wollten, falls irgendwann kein Essen mehr auf die Insel eingeführt werden kann und wir uns selbst versorgen müssten. Auch wenn wir alle wussten, dass es vermutlich (hoffentlich?!) nie soweit kommen würde, steigerten wir uns da total rein und fühlten uns wie in einem dieser Horrorfilme, in denen Teenager auf einer einsamen Insel strandeten und um ihr Überleben kämpfen müssen. Wir waren Feuer und Flamme, dieses Abenteuer auf uns zu Nehmen und so war unser erster Stop ein Supermarkt und eine Apotheke. Es ist tatsächlich gar nicht so einfach, sich zu Überlegen, was kaufe ich, wenn ich womöglich die nächsten Tage (Wochen, Monate?) keinen Zugang zu jeglichen Supermärkten habe. Was würdest du kaufen? 

Unsere Wahl fiel hauptsächlich auf eine Menge Instant Nudeln, Medikamente, Klopapier und Rum. Viel Rum. 

Doch plötzlich überkamen mich Zweifel: Ist das der Richtige Weg? Wie lange dauert diese Lockdown Situation und werden wir am Ende wirklich mehrere Monate auf dieser Insel feststecken? Wäre es nicht vielleicht doch schlauer gewesen, sofort nach Hause zu Fliegen, wie alle anderen Touristen auch? 

Ich wusste in diesem Moment nicht, ob ich weinen oder lachen sollte, da sich die ganze Situation einfach nur komisch anfühlte. Dann stürzte ich auf dem Weg zur Fähre auch noch auf mein Knie, welches ich beim Rollerunfall bereits verletzt hatte und dann war zum ersten Mal auf meiner Reise der Zeitpunkt gekommen, an dem ich am liebsten aufgegeben hätte. Doch wie sagt man so schön: ,,no risk no fun" und so landete ich letztendlich doch auf der Fähre nach Siargao. Zwar mit blutendem Knie, dennoch auf dem Weg mitten ins Abenteuer. 

Siargao soll eine der Schönsten Inseln auf den Philippinen sein, doch von der Insel an sich haben wir leider gar nicht viel gesehen (Ein Grund mehr, nochmals zurück zu kommen :p). Nach zwei Nächten in Hostels beschlossen wir, uns zu 8. ein Hausboot im Meer zu Mieten. Zum ersten Mal nach langer Zeit in Hostels keine Hochbetten und eine Aussicht direkt aufs Meer: Wir waren begeistert! Vorerst.

Denn obwohl wir am Anfang noch sagten, hier können wir es eine Weile aushalten, merkten wir schnell dass der Platz zu 8. doch etwas sehr eng war. Die Decken waren zudem auf Filipino Größe angepasst, bedeutet, sehr tief gebaut und man konnte nicht wirklich gerade Stehen. 

So fuhren wir anfangs noch viel draußen mit unseren Rollern herum, auch wenn alle Attraktionen bereits geschlossen hatten. Durch die Natur von Siargao zu Fahren ist dennoch ein unglaubliches Erlebnis, da diese einfach nur atemberaubend ist.

Wir fuhren also von Attraktion zu Attraktion, in der Hoffnung etwas zu Finden, was noch offen hatte. Aussichtslos: Das einzige was wir bekamen, war ein platter Reifen bei einem der Roller. Da die Filipinos alle total herzliche und zuvorkommende Menschen sind, war es allerdings kein Problem den Reifen reparieren zu lassen. (Siehe Blogpost: ,,15 Random Facts Philippines.") 

Ein paar aus unserer Gruppe, darunter auch ich, fingen dann aber an krank zu werden und uns wurde bewusst, dass es auf dieser Insel nicht einmal die nötige ärztliche Versorgung, geschweige denn im Notfall ein Krankenhaus gibt. Als wir spät am Abend auf dem Weg zurück zum Hausboot waren, um uns alle auszukurieren, passierte das Unglaubliche und der Reifen platze erneut. Das durfte doch wohl nicht war sein! Ich merkte wie meine Gliederschmerzen immer schlimmer wurden und ich einfach nur ins Bett wollte. Nun standen wir da im Dunkeln, irgendwo auf einer einsamen Insel mit geplatztem Reifen und fingen einfach nur alle an zu Lachen. Obwohl es das Schicksal an diesem Tag wirklich nicht gut mit uns meinte, bekamen wir letztendlich genau das was wir wollten: Abenteuer. Und wenn das mal kein Abenteuer ist, weiß ich auch nicht!

Das Wichtigste ist, dass wir trotz allem nie unsere gute Laune verloren haben und immer probierten das Beste daraus zu machen. So fanden wir auch in dieser Situation wieder Hilfe von einem netten Filipino und der Tag nahm doch noch ein gutes Ende. 

Das mit Abstand Schönste an dem ganzen Siargao Abenteuer war zu Sehen, wie wir acht zusammen gewachsen sind. Obwohl wir ein paar Tage zuvor noch Fremde waren und unterschiedliche Sprachen sprechen, sind wir nun wie eine richtige Familie. Schließlich waren wir alle in der gleichen, bescheuerten Situation, doch zusammen haben wir auch diese gemeistert. Und nun sitze ich hier in Deutschland und vermisse diese Verrückten so sehr, als hätte ich nie etwas anderes gemacht, als mit ihnen auf einer einsamen Insel festzustecken. 

Natürlich informierten wir uns zwischendurch auch, ob es nun tatsächlich keine Möglichkeit mehr gab, die Insel zu verlassen. Wir fuhren zum Flughafen, doch niemand konnte uns Auskunft geben, wann der Flug- und Schiffsverkehr wieder in Kraft treten wird. Die Situation auf der Insel wurde auch nicht besser, sonder vielmehr von Tag zu Tag schlimmer. Es wurden Straßensperren eingeführt und wir durften nun nicht einmal mehr unsere Area verlassen. Da das Hausboot mittlerweile aber viel zu eng für uns war, schlossen wir uns mit den letzten verbliebenen Backpackern auf Siargao zusammen und wollten alle zusammen ein großes Haus für 25 Leute mieten. Oft ist der Preis einer solchen Villa, geteilt durch 25 Personen, dann sogar günstiger, als eine Nacht im Hostel. 

Wir packten unsere Sachen und wollten uns gerade auf den Weg zur Villa machen, da stand plötzlich die Polizei in unserem Haus. ,,Das Hausboot dürft ihr nun gar nicht mehr verlassen, euer Vermieter geht zur Not für euch einkaufen," waren ihre Worte. Die Hälfte unserer Gruppe fing sofort an zu Weinen, eine bekam einen kleinen Nervenzusammenbruch und schrie die Polizisten an: ,,Ich halte es hier aber keine Minute länger aus! Schauen Sie sich das Apartment doch mal an, da ist unmöglich Platz für acht Leute! Außerdem funktioniert die Küche nicht, wir müssen rausgehen, um Essen zu gehen und gerade Stehen können wir bei den tiefen Decken auch nicht! Lassen Sie uns doch bitte einfach jetzt kurz in das große Haus ziehen, dort können wir problemlos für die nächsten Wochen verweilen!" Doch keine Chance, wir mussten im Hausboot bleiben. Nun war selbst ich am verzweifeln, ich wollte einfach nur eine vertrauenswürdige Person, die uns genau Bescheid sagt, was abgeht. Vor ein paar Tagen hieß es noch, wir können die Insel vermutlich für die nächsten 6 Monate nicht verlassen und nun sprachen sie plötzlich von Rettungsflügen, die Deutschland organisierte, um uns dort rauszuholen. Ich wusste selbst nicht was ich wohl besser finden würde, denn für ein halbes Jahr auf einer Insel ohne funktionierendes Gesundheitssystem festzustecken ist fast genauso schlimm, wie zurück nach Deutschland zu Fliegen. Aber nur fast, denn zweiteres war wirklich das letzte was ich nun wollte. Nachdem unsere sechs Gruppenmitglieder sich aber dazu entschlossen haben, die Heimreise mit den Rettungsflügen anzutreten, schlossen auch Scotti und ich uns schweren Herzens an. 

Die Heimreise war so lang und kompliziert, dass sie eigentlich einen eigenen Blogpost verdient hätte. Das Komplizierte war zuerst einmal, dass wir erst wenige Stunden vorher erfuhren, ob wir auf der Liste für die Rettungsflüge von Siargao zum internationalen Flughafen Manila stehen. Somit konnten wir auch keine internationalen Flüge von Manila nach Deutschland buchen, da wir diese dann ja im Schlimmsten Fall verpassen, falls wir nicht auf der Liste stehen würden. Für den Rettungsflug von Siargao nach Manila musste man allerdings sein Flugticket für den internationalen Flug vorzeigen. Logik? Ja, die sehe ich hier auch nicht. 

Als wir dann kurz vorher erfuhren, dass wir nach etlichem Hin und Her tatsächlich auf der Liste standen und morgen Siargao verlassen werden, buchten wir in letzter Minute noch einen Rückflug nach Deutschland. Beziehungsweise wollten einen Buchen, denn natürlich gab meine Kreditkarte genau dann den Geist auf und als ich den Service kontaktieren wollte, erreichte mich nur folgende Nachricht: ,,Vorübergehend geschlossen aufgrund von Corona." Das darf doch alles nicht wahr sein, dachte ich und überlegte zwischenzeitlich einfach alles Stehen und Liegen zu Lassen und für immer auf dieser Insel zu bleiben. Schließlich half mir mein lieber Onkel aus und wir buchten zusammen dann doch noch einen Rückflug nach Deutschland. 

Als wir dann kurze Zeit später am Flughafen in Manila ankamen, waren wir froh, dass dieser ,,schon" am nächsten Tag war, denn dort war alles total schlecht organisiert. Menschen schliefen vor dem Flughafen, da man den Flughafen nicht betreten durfte, wenn der Flug nicht am selben Tag war. Von dem schrecklichen Verkehr in Manila, von dem ich am Anfang der Reise berichtet hatte, war nichts mehr zu Sehen, die Straßen waren komplett leer. Zudem waren alle Hotels und Hostels ausgebucht oder geschlossen und so verbrachten Menschen mehrere Tage an diesem Flughafen. Dass es mir auch so ergehen würde, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. 

Wir verbrachten die Nacht ebenfalls draußen vor dem Flughafen, da wir erst ab 24 Uhr rein durften und dort bekam ich dann die schockierende Nachricht: Mein Flug war der einzige, der gecancelt wurde! Da meine Karte immer noch nicht funktionierte, ging die ganze Prozedur von vorne los und wir buchten einen neuen Flug mithilfe meines Onkels. Ich war nervlich wirklich am Ende und zudem wollte ich mit meinem leichten Fieber einfach nur in mein Bett. Das Glück stand jedoch nicht auf meiner Seite und so wurde auch der zweite Flug gecancelt. Wie sagt man so schön, immer positiv bleiben und alle guten Dinge sind drei. Wir buchten also erneut einen Flug, der dann vorerst auch nicht gecancelt wurde. Dieser Flug war allerdings nicht derselbe als Scottis und flog erst einen Tag später. Das war mir zu diesem Zeitpunkt dann aber egal, ich wollte mittlerweile einfach nur noch nach Hause, oder zurück auf die Insel, aber leider musste ich noch viele weitere Stunden am Flughafen totschlagen. Die Nacht war mit Sicherheit auch nicht gerade die Schönste und ich hatte auch schon mal bequemere Schlafplätze, als die kalte Bank im Flughafen. Aber auch das haben wir irgendwie überstanden, genauso wie der weitere Tag, den ich dann noch ohne die anderen am Flughafen verbracht habe. Bis zu letzt habe ich gehofft und gezittert, dass mein dritter Flug nicht auch noch gecancelt wird und dieses Mal hatte ich Glück im Unglück: Das Boarding begann pünktlich um 19:45 und ich konnte den Flughafen endlich verlassen.

Kurz bevor ich endlich in das Flugzeug stieg, drehte ich mich noch einmal um, blickte zurück auf den Flughafen und wurde dann doch noch kurz emotional: Es war schon seltsam, ich stand wieder am selben Flughafen, an dem meine Reise fünf Wochen zuvor begonnen hat und obwohl ich so viel Geld für den Rückflug ausgegeben habe, fühlte ich mich so viel reicher. ,,Reisen ist das einzige, das man kauft, was einen reicher macht." 

Und auch wenn ich von dem geplanten Jahr letztendlich nur fünf Wochen Reisen konnte, bin ich unendlich dankbar für diese Zeit. Diese fünf Wochen hatten es gewaltig in sich und obwohl es nur eine so kurze Zeit war, kommt es mir vor, als hätte ich nie etwas anderes als Reisen gemacht. Ich habe so viele Eindrücke wie noch nie bekommen, nicht nur andere wunderbare Seelen, sondern auch mich selbst besser kennengelernt. Ich bin über mich hinausgewachsen, sei es bei den Flügen, die ich alleine gemeistert habe, oder das Englisch das ich verbessern konnte. Wenn ich nun also an den Anfang meiner Reise zurück denke, kommt es mir vor, als wäre dieser Jahre her gewesen, da ich in diesen fünf Wochen so viel gesehen und erlebt habe, wie sonst nicht einmal in einem ganzen Jahr.  

Gott sei Dank nicht ein Jahr, sondern ,,nur’‘ 26 Stunden später, hatte ich dann nach dem Rückflug auch schon wieder deutschen Boden unter den Füßen und eines ist gewiss: Das war zwar meine erste, aber definitiv nicht letzte Reise und mein Reisetagebuch hier wird hoffentlich noch mit vielen weiteren Blogbeiträgen geschmückt. 



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