Don Curry on Tour 4
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Don Curry und die armenischen Biere

Veröffentlicht: 03.07.2023

Don Curry hält sehr viel von Gerechtigkeit und von Gleichberechtigung. Wenn in seinen Berichten georgische Getränke oder Weine bevorzugt würden, könnten armenische Getränke oder Biere das als Affront oder Benachteiligung auffassen; es wäre einfach ungerecht. Um all dies zu entkräften, widmet Don Curry nun diesen Bericht den armenischen Bieren. Gleichzeitig möchte er betonen, dass es auch georgische Biere und armenische Weine gibt, und sie durchaus Zugang zu seinem Magen gefunden haben bzw. verköstigt wurden. Trotzdem und aus gegeben Anlass möchte sich Don Curry heute auf die gehopften Erzeugnisse armenischer Herkunft konzentrieren.

Allerdings nicht beim Frühstück. Dort entdeckte er, dass man den fetten armenischen Joghurt wunderbar mit Aprikosenmarmelade verrühren kann, um ein abrundendes Frühstücksdessert zu kreieren. Dermaßen gestärkt brach Don Curry samt Xerra in den Süden Jerewans auf. Ein kurzer Halt galt dem Komitas-Pantheon, einem armenischen Ehrenfriedhof für herausragende Persönlichkeit des Landes. Gestern hatte er das Wohnhaus Aram Khachaturians besucht, heute stand er an seiner letzten Ruhestätte. Ebenfalls noch innerhalb der Stadtgrenzen liegt die Festung Erebuni, mit deren Errichtung 782 v. Chr. durch das Königreich Urartu die Geschichte Jerewans offiziell begann. Don Curry stand schon zu Beginn der Öffnungszeit bereit und konnte als erster und vorerst einziger Besucher das kleine Museum und anschließend die auf einem steilen Hügel angelegte Festung durchschreiten. Staunend und überrascht entdeckte Don Curry, dass neben zahlreichen Grund- und Außenmauern sogar Teile eines Audienzsaales mit dekorativen Wandmalereien erhalten blieben. Auf dem ganzen Gelände liefen weitere Ausgrabungen und Don Curry bedauerte die Archäologen, die in der beginnenden Mittagshitze der kraftvollen Sonne schutzlos ausgeliefert waren. Im Laufe der Zeit war alles Schattenspendende verschwunden.

Einen Zeitsprung um fast 1000 Jahre machte Don Curry beim nächsten Ziel; und hier war er keinesfalls der erste oder einzige Besucher. Schon das Chaos auf dem Parkplatz ließ Schlimmes befürchten, und diese Furcht sollte nicht enttäuscht werden. Der Tempel von Garni gilt als das wichtigste Bauwerk aus der Zeit der Antike in Armenien. Er könnte genausogut in Athen oder Rom oder sonstwo auf dem ehemaligen Gebiet des Römischen Reiches stehen. Wann genau er erbaut wurde, ist immer noch umstritten. Experten streiten sich, ob es im 1., 2. oder 3. Jhdt. nach Christus war. Sicher ist, dass der Tempel Teil eines größeren Komplexes bildete, zu dem ein römisches Badehaus und später eine relative große christliche Kirche gehörten. Außerdem befand sich alles in spektakulärer Lage auf einem Felsplateau über einem Canyon, der aus tausenden Basaltsäulen besteht. Trotz der Besuchermassen wurde gerade eine Hochzeit nach heidnischen Ritus vorbereitet. Das Brautpaar und einige "Priester" in wallenden Fantasiegewändern standen schon bereit.

Don Curry zog es weiter in die Berge. Nur 10 km von Garni entfernt versteckt sich eine weitere Klosterperle, vielleicht sogar das schönste Kloster Armeniens: Geghard. Am Ende eines majestätischen Felsentals wurde die Klosterkirche und andere Gebäude teils in den Felsen hineingegraben, teils durch zusätzlich errichtete Steinbauten ergänzt. Leider war ein Teil dieser Zubauten eingerüstet, so dass einige Schmuckfassaden nicht zur Geltung kommen konnten. Doch bei diesem Kloster lag der eigentliche Schatz im Inneren verborgen. Eine geradezu archaische Mystik strömte jeder Raum aus und konnte damit sogar das unruhige Gewimmel der Menschenmassen kompensieren. Im Gawit fiel durch eine Öffnung in der Decke ein derart gebündelter Lichtstrahl  herein, dass die Person, die sich in den Strahl begab, in gleißendem Licht fast überirdisch zu leuchten begann. In den Höhlenräumen hatten die Mönche riesige Skulpturen von Tieren oder von Kreuzen in die Wände gemeißelt. In einem weiteren Raum entsprang eine Quelle, deren Rinnsal die ganze Kirche querte. Aus einem weiteren Höhlenraum oberhalb der Kirche erklang plötzlich himmlische Musik. 2 Sängerinnen und 2 Sänger ließen einen wunderschönen vierstimmigen Choral erklingen. Die vier professionellen Stimmen bekamen in dem großen Höhlenraum soviel Wucht, dass es fast wie ein echter Chorgesang wirkte. Selbst die Menschenmassen konnten nur verstummen. Don Curry bekam eine Gänsehaut.

Berauscht verließ Don Curry Kloster Geghard. Dieser geistliche Ort konnte ihn mindestens genauso tief berühren wie die Klöster Sanahin und Haghpat, und vielleicht auch noch Noravank. Er wusste, dass heute noch mehr Klöster auf dem Programm standen. Würden sie mithalten können nach diesem spirituellen Höhepunkt? Xerra macht mit der gelben Warntanklampe auf ganz irdische Probleme aufmerksam. Hier in den Bergen mangelte es an Tankstellen, doch Don Curry schaffte es noch bis zum Stadtrand von Jerewan. Bei der ersten Tankstelle, die Premium im Angebot hatte und Kartenzahlung akzeptierte, hielt er an; Xerra schluckte über 70 Liter, der Tank muss tatsächlich komplett leer gewesen sein. Beim Bezahlen wollte de Tankwart Don Currys Karte nicht akzeptieren. "Cash", insistierte er. Als Don Curry sich weigerte, kam der Chef, der ihm minutenlang auf Armenisch und Russisch erklärte, dass er bar mit armenischen Dram bezahlen müsse. "No Card", brachte er den Wortschwall auf den Punkt. "No Dram", erklärte Don Curry seine finanzielle Situation. Er hatte tatsächlich nicht mehr soviel Bargeld bei sich. Als Problemlösung schlug er vor, dass er bei der nächsten Bank Dram besorgen könnte. Daraufhin forderte der Tankstellenchef Don Currys Reisepass als Sicherheit, eine nachvollziehbare Maßnahme. Allerdings lag der im 14th Floor Hotel. Während der Chef und Don Curry noch weiter diskutierten kam der Tankwart unvermittelt doch mit einem Kartenlesegerät und es gab keinerlei Problem mehr. Don Curry zahlte mit Karte und alle waren zufrieden. Vermutlich hatte der Tankstellenchef den ganzen Aufstand verursacht, um die Kreditkartengebühren zu sparen. Hat diesmal leider nicht funktioniert.

Zwei Ziele warteten noch in Jerewan auf Don Curry. Direkt am Eingang eines kleinen Parks befanden sich zwei sogenannte Drachensteine. Vielleicht kann man in ihnen die heidnischen Urgroßväter der Chatschkare sehen. Überall im Hochland Armeniens gibt oder gab es diese bis zu 5 m hohen, aufrecht stehenden Steine, die so behauen wurden, das sie meist Fischen oder Schlangen ähnelten. Die Parkbesucher auf den Bänken wunderten sich sehr über den Touristen, der meinte, diese alten Steine fotografieren zu müssen. Ähnlich fühlte sich Don Curry bei der Avan-Kathedrale. Diese Ruine eines einst bedeutenden Kathedralbaus liegt heute mitten in einem Stadtrandwohngebiet des ausufernden Jerewan. Nur durch enge Gassen ist sie erreichbar. Auf dem Platz neben der Kathedrale findet das Alltagsleben statt: Kinder spielen, Autos werden gewaschen, Wäsche aufgehängt. Und plötzlich drängt sich Xerra durch den Kiez, ein Typ steigt aus und interessiert sich für diese uralte Ruine, die so gar nicht zu den umliegenden Häusern passt. Und doch scheint die ehemalige Kathedrale für manchen immer noh ein heiliger Ort zu sein. Don Curry entdeckte in ihr aufgestellte Billig-Ikonen und zahlreiche Kerzenstummel. Bevor man weit zur nächsten Kirche läuft, kann man doch auch hier seine Bitten und Gebete lassen...

Mühsam zwängte sich Xerra wieder aus diesem Gassengewirr heraus. Don Curry beschloss, sein Tagesprogramm jetzt schon zu beenden. Nach Kloster Geghard konnte sowieso kein echter Höhepunkt mehr kommen. Doch Don Curry plante nicht das Nichtstun, er erwog eine Schwerpunktverschiebung: Statt Klosterforschung nun CraftBeerforschung. Sein allererstes Bier in Armenien war ein Apricot Ale aus der Dargett-Brauerei gewesen. Genau diese Brauerei betreibt ein Brauhaus nur 500 m von Don Currys Hotel entfernt. Da er abends ohne Reservierung vermutlich keine Chance haben würde, kehrte er einfach schon um 16:00 Uhr dort ein; ein freier Tisch stellte um diese Zeit kein Problem dar. Um möglichst effizient eine echte Bierprobe zu bewerkstelligen bestellte Don Curry den "Beer Flight" ein Gestell mit 5 verschiedenen Biersorten in 0,1 l - Gläsern. Das Apricot Ale gehörte erfreulicherweise dazu und schmeckte frisch vom fass noch besser. Als kalorienreiche Grundlage für das Testen wählte Don Curry typische Brauhauskost: einen American BBQ-Burger mit Bacon, Röstzwiebeln und Cheddarsauce. Lecker! Als Dessert gönnte er sich noch ein leicht säuerliches Cherry Ale und als Digestif ein tiefschwarzes Russian Imperial Stout voller schokoladiger Aromen und 12% Alkoholgehalt. Sieben der aktuell 19 eigenen Biere vom Fass hatte er nun getestet und damit vorerst genug geleistet. Don Curry kann der Dargett-Brauerei nur bescheinigen, dass sie tatsächlich CraftBeer auf hohem Niveau produziert, das sich im internationalen Vergleich nicht verstecken muss.

Nach diesem sehr späten Mittagessen fiel das Abendessen heute komplett aus. Selbst ein Shawarma hätte nicht mehr gepasst. Dagür konnte er von seinem Balkon ein kostenloses Rockkonzert in der Dachterrassenbar eines Nachbarhotels sehen und vor allem hören. Don Curry war sehr zufrieden mit sich. Er hatte der Gerechtigkeit genüge getan.


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