Jambo Kenya
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Regen Wald

Veröffentlicht: 03.11.2018

Tag 30


Mit einem weisen Satz, der mir vor ein paar Tagen durch den Kopf gegangen ist, wollte ich diesen Eintrag eröffnen. Doch egal wie lange ich überlege, ich hab ihn einfach vergessen. Kann wohl doch nicht so weise gewesen sein.

Die Arbeit ist beendet und heute haben wir auch die letzte Überweisung bekommen. Damit ist das Thema für uns abgehakt. 

Nach dem letzten Arbeitstag am Samstag saßen wir auf unseren Campingstühlen mit Keksen und Chips, und haben darauf angestoßen nie wieder eine Kiwipflanze sehen zu müssen. Es hat zwar geregnet und war kalt, aber das hat uns zu diesem Zeitpunkt noch überhaupt gar nicht gestört. Am Sonntag sind wir dann losgefahren, endlich raus aus der Bay of Plenty, Richtung Osten nach Opotiki, wo wir nachts dann auch übernachtet, und abends auf unseren beiden Gasherden mit Blick auf die Wellen ein leckeres Abendbrot gezaubert haben. Die nächsten Tage verliefen ähnlich, das heißt wir haben morgens ausgeschlafen, sind ganz gemütlich zu unserem nächsten Ziel gefahren, haben uns dort ein wenig umgeschaut, gekocht (oder Konserven erhitzt) und abends auf einem Selfcontained Platz übernachtet. Mittlerweile ist Freitag und wir sind auf einem kostenpflichtigen Campingplatz in der Nähe von Napier. Kostenpflichtig heißt, dass wir hier warme Duschen, Strom, eine Küche und Waschmöglichkeiten haben. Es ist 16:37 und wir sind die einzigen Gäste. Links und rechts von unserem Van niemand, in den Küchen und Bädern niemand, und vor uns das Meer. Es könnte nicht schöner sein. Dazu kommt, dass wir das erste Mal seit 6 Tagen keinen Regen haben. Das ist eigentlich das Beste daran, denn ich denke jeder kann sich vorstellen wie anstrengend und mühsam es ist, sich abends im kalten Regen umzuziehen, das Bett herzurichten und zu kochen. Ekelhaft. Linus und ich haben so ein bisschen das Gefühl, dass uns die Wolken auf unserer Reise Richtung Wellington verfolgen. Naja, zumindest diesmal waren wir einen Tag schneller, hoffentlich bleibt es nicht bei diesem einen Tag. Es sind zwar nur 15 Grad und ich sitze mit Jacke am Strand, aber der Himmel ist blau und wolkenlos und darauf kommt es an. Das ist das wichtigste.

Heute ist der 2. November, beziehungsweise der 2. Mai, denn während in Deutschland langsam der Herbst vom Winter abgelöst wird, wird es bei uns gerade Sommer. Dann beginnt auch die Hauptsaison in Neuseeland. Dass es also noch relativ kühl ist und wir als einzige Camper an einem menschenleeren Strand übernachten, ist dem Fakt geschuldet, dass es einfach erst Frühling ist. Die Tage werden jetzt länger, die Sonne zeigt sich öfter und der Strand wird voller.Was dann hoffentlich weniger wird, ist der Regen.

 Gestern sind wir in den Te Urewera Nationalpark gefahren, das ist ein Regenwald mit wunderschöner Natur südlich von Whakatane und nördlich von Wairoa. In diesem Dschungel, in dem es nur im südlichen Drittel befahrbare Straßen gibt, und in dem noch heute ein Maori Stamm fernab der Zivilisation lebt, war es unser festes Ziel mehrere Stunden zu wandern, dort eine Nacht zu verbringen und am nächsten Tag erneut per Wanderung einen Teil des riesigen Waldgebietes zu durchdringen. Wir fahren also los. Das Handy sagt es sind noch 76 km. Kurz vor Ankunft, wir befinden uns auf einer Schotterpiste und haben schon Palmen und Streucher links und rechts von uns, fängt es an zu regnen. Erstmal nichts neues, denn zu diesem Zeitpunkt regnet es ja schon seit 5 Tagen. Wir fahren also unbeirrt weiter auf der Suche nach einem kleinen Campingplatz am Anfang des Nationalparks. Als wir an dem direkt am See gelegenen Platz ankommen, wird der Regen jedoch stärker und wir bleiben erst einmal im Auto sitzen und fluchen. Ohne Netz, ohne Trinkwasser und ohne Perspektive sitzen wir also im Auto, gucken planlos aus dem Fenster und merken, dass wir wohlmöglich die Natur des vielleicht artenvielfältigsten und beeindruckendsten Fleckchens der Nordinsel verpassen würden. Wir sehen aus dem Fenster und sehen, dass wir nichts sehen. Der Himmel grau, die Sicht nur etwa 10 Meter weit. Eine Stunde sitzen wir, warten ab und stellen fest, dass wir auf diesem Platz am See, an dem sich nichts weiter als ein kleines Klohäuschen befindet und der mittlerweile nur noch aus nassem Matsch besteht, nicht übernachten können. Einfach wieder diese 76km zurückfahren und umsonst hier gewesen sein, kam allerdings nicht infrage. Ein anderes Mal hier vorbei zu gucken ging aufgrund unseres straffen Zeitplans jedoch auch nicht.

Uns kommt also die Idee, dass wir 10 km weiter fahren könnten, wo der „Great Walk“ beginnt, dort bei Regen zu wandern, um es wenigstens gemacht zu haben und dann wieder zurückzufahren und in Wairoa zu campieren. Aus Frust wurde also Euphorie und der Plan schien genial. Zwar Regen, aber irgendwie trotzdem machen, um später ne coole Story zu haben, in der wir beiden Lübecker Jungs, mittlerweile (und völlig verständlich) absolut alleine in diesem Gebiet, bei Starkregen irgendwo im Nichts in Neuseeland gewandert sind. Wie in einem schlechten amerikanischen Film stolpern wir also mit unserem rotweiß gestreiften Regenschirm und einer M&M Schokolade durch das Dickicht des Waldes. Nach dem Anstieg, und 45 Minuten später, stehen wir an einem Punkt, an dem wahrscheinlich eine wunderschöne Sicht auf den See gewesen wäre, wenn es nicht geregnet hätte. Wir zumindest sahen nur eins: grau. Links und rechts vom Weg ein paar bunte Pflanzen und vor einem der steile nach oben gerichtete Pfad. Wir sind dann wieder pitschnass zurückgestiefelt, haben uns ins Auto gesetzt und Schokolade gegessen. Die Natur hat man jetzt auch nicht wirklich wahrnehmen können, da man eigentlich hauptsächlich nach unten geguckt hat, um zu sehen, dass man nicht in die Pfützen tritt. Was wir also anstelle von UNESCO Weltnaturerbe würdiger Landschaft mitgenommen haben sind nasse Schuhe und ein bisschen Halsschmerzen.

Was wir an diesem Tag vielleicht trotzdem erhalten haben ist eine Menge Erfahrung. Und ich muss schon sagen, mit dem Auto im Regen durch den unzivilisierten Regenwald zu fahren hat auch was. Man muss sich eben andere Ziele setzen. Vielleicht wäre es auch total überlaufen gewesen, hätte es nicht gegossen, oder wir hätten uns verlaufen, weil wir vor lauter Beeindrucktheit immer weiter gegangen wären. Auf jeden Fall wissen wir jetzt, wie schön es ist ein warmes Auto und Wechselklamotten zu haben.

Und wir können sagen, wir sind einen Teil des „Great Walks“ im Te Urewera national parks gewandert. Mehr will man doch eigentlich auch nicht.

Trotzdem wünschen wir uns natürlich, dass es die Tage trockener und wärmer wird, und dass der April nicht nur im Kalender, sondern auch klimatisch dem Mai weicht. Die Hawkes Bay in der wir nämlich aktuell sind, ist bekannt für sein mediterranes, mittelmeerähnliches Klima und atemberaubende Strände.

Wir waren zwar schon vor zwei Wochen im Pazifik baden und Linus macht das auch bei 14 Grad, doch ein bisschen mehr Sommer feeling wäre trotzdem ganz schön. Aber wie gesagt, der "April" ist gerade vorbei und wir sind ja noch ne Weile hier.

Morgen geht es erstmal nach Napier, einer bunten Stadt im art decó Stil der 1930er Jahre. Dort soll es nette kleine Cafés und viele hippe Bars geben. Wenn man noch weiter voraus schauen will, kann ich sagen, dass unser nächstes Etappenziel Wellington sein wird, von wo aus wir dann Mitte November/Mai zur Südinsel übersetzen werden. Jetzt sind wir aber noch auf der Nordinsel, und auch wenn man gedanklich schon ein wenig im Süden ist und man auf Landkarten immer mal wieder runterluschert, gibt es auch hier noch viel zu erleben.

Neben mir läuft ein Fasan entlang und um mich herum macht sich langsam ein abendlicher Schatten breit. Der Himmel ist immer noch blau. Ich gehe gleich zurück zum Van und dann kochen wir etwas. Danach lassen wir den Abend ausklingen, nehmen noch eine heiße Dusche, und schlafen. Morgen geht’s früh raus, und auf nach Napier, auf dem Weg in Richtung Süden.

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