Jambo Kenya
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Work hard, play hard

Veröffentlicht: 21.10.2018

Tag 18

Die erste Arbeitswoche auf der Kiwifarm ist um. Ich denke ein kleines Zwischenfazit kann nicht schaden. Dieses ist mir möglich, da wir in der zweiten Woche dauerhaft auf einem Campingplatz mit W-Lan, Strom und warmen Duschen verbringen und somit kann ich mich doch schon mal zwischendurch melden.

Heute vor einer Woche saßen wir im Hostel in Tauranga und hatten keine Ahnung was die nächste Woche auf uns zukommen würde. Wir wussten bis dahin eigentlich nur, dass wir in einem kleinen Hostel in einer Seitenstraße Taurangas übernachten müssen, um ihn zu bekommen und ungefähr wie viel wir die Stunde verdienen würden. Was für eine Arbeit wir verrichten, mit wie vielen anderen Leute wir sie verrichten, wo und wie lange wir sie verrichten war uns nicht bewusst. Wir waren einfach glücklich irgendwie eine positive Resonanz auf unsere so clever ausgetüftelten Bewerbungen zu bekommen und den Job gekriegt zu haben. Dass der Boss sich die Bewerbungen wahrscheinlich nicht mal kurz angesehen hat kann keiner wissen. Denn davon gehen wir mittlerweile aus.

Die Nacht in dem Hostel lief eigentlich ziemlich gut und ein wenig Schlaf war auch drin. Am nächsten Morgen fuhren wir dann um 6:45 in das 45 Kilometer entfernte Maketu, wo die Farm lag und die Arbeit auf uns wartete. Wir kamen an und der „Supervisor“, so nennt sich hier derjenige der überwacht, dass wir auch arbeiten, erklärte uns innerhalb von 25 Sekunden was wir zu tun hatten. Er nahm eine Knospe der etwa zwei Meter hoch wachsenden Pflanze und zerdrückte sie. Fertig. Die nächsten acht Stunden taten wir also genau das. Entlang der Pflanze auf dem Feld immer mit dem Kopf im Nacken nach oben blickend, suchten wir nach Knospen und zerdrückten sie. Warum man das im Hinblick auf den Ertrag der im Dezember reifenden Kiwis tun müsse, was dieses Zerdrücke also bringen würde oder, ob wir noch andere Arbeiten zu erledigen hatten wurde uns natürlich nicht gesagt. Wie erwähnt, 25 Sekunden. Später vielen dann vom „Supervisor“ (Ich setze das gezielt in Anführungszeichen, weil dieser Hochgestochene Titel definitiv nicht dem tasächlichen Ansehen dieser Leute entspricht) auch dazu passende Floskeln wie „Work faster“ oder „Not think about it, just work“.

Wir haben uns das familiärer vorgestellt. Jetzt stehen wir hier jeden Tag acht Stunden in der Sonne und sind natürlich nur Mittel zum Zweck, eine bestmögliche Kiwiernte im Sommer einzufahren und den Orchard Owner die Taschen voll zu machen. Klingt viel zu rebellisch, für 8,50€ die Stunde machen wir das einfach und warten bis die Zeit um geht.

Am Dienstag haben wir dann auf einer anderen Farm gearbeitet. Sechs Stunden waren rum und auf einmal hören alle auf und gehen zu ihren Autos. Linus und ich machen es den anderen einfach nach und schnappen irgendwas von „Farmwechsel“ auf. Ne Adresse oder wenigstens ne Richtung haben wir selbstverständlich nicht bekommen und logischerweise haben wir die anderen in der Autokollone an irgendeiner Kreuzung verloren. Wir fahren jede Farm ab, rufen den Typen aus dem Hostel an, kriegen die neue Adresse, finden diese nicht. Fahren nochmal alles ab. Fragen Leute nach der Farm und eineinhalb Stunden, eine halbe Stunde vor Feierabend finden wir die abgelegene Kiwifarm dann. Der „Supervisor“ schickt uns nach Hause und nach einem Telefonat mit dem Typen aus Tauranga, bei welchem sich herausstellt, dass wir weder für die stressige Suche nach unserem Arbeitsplatz bezahlt werden, noch eine kleine Summe Benzingeld bekommen, wird uns klar, was für kleine Fische wir eigentlich sind und was da alles hintersteckt. Ähnliche Probleme folgten die Tage, immer eines pro Tag. Mittwoch fahren wir zu der neuen Adresse an der wir um 7:30 sein sollten und merken dort, dass uns der Boss per SMS um 5:23 wieder eine neue Adresse geschickt hat, die wir aufsuchen sollten und die Arbeit um 8 beginne. Die halbe Stunde, die wir extra früher aufgestanden waren, natürlich nicht bezahlt. Donnerstag sind wir um 7:30 bei der richtigen Adresse, doch der Supervisor kommt zu spät und wir können erst ab 8 arbeiten, die halbe Stunde, die wir früher aufgestanden sind, natürlich nicht bezahlt.

 Und so weiter. Man kann sich aufregen, was wir zur Genüge getan haben, oder man nimmt es hin und vergegenwärtigt sich, dass man einen Haufen Geld verdient und braun wird.

Heute ist Sonntag und wir haben jetzt 7 Tage durchgearbeitet. Haben wir auch erst gestern erfahren, dass wir Sonntag arbeiten müssen, da morgen ein Feiertag in Neuseeland und somit keine Arbeit ist. Das bedeutet, dass wir morgen frei haben und dann die zweite Woche beginnt, die dann hoffentlich schon etwas routinierter abläuft.

Halbzeit also. Darauf haben wir eben auch schon angestoßen. Jetzt gerade sitzen wir an einem Tisch draußen und essen Kekse. Es ist 22:19. Diese Woche werden wir auf einem größeren Campingplatz bleiben, der dann ein bisschen was kostet. In den letzten Tagen waren wir nämlich immer auf kostenlosen Selfcontained Campingplätzen. Das sind dann meistens einfach Parkplätze mit Toiletten und manchmal kalten Außenduschen an hübschen Orten. In unserem Fall meistens direkt am Strand.

Zweimal nicht, da waren wir auf einem Parkplatz in Paengaronga. Denn egal wie langweilig und anstrengend die Arbeit ist, man macht die Erfahrung und kommt mit verschiedenen Leuten ins Gespräch. Wir haben nämlich einen netten Franzosen kennengelernt, den wir eben zweimal auf diesem Campingplatz in Paengaronga getroffen haben. Jean heißt er. Er studiert in Lille Managment und reist für die nächsten Monate allein durch Neuseeland. Abends hat er uns in seinem Van auf einen koffeinfreien Tee eingeladen, weil das sehr gesund ist vor dem schlafen gehen wie er sagt, und wir haben uns ausgetauscht, was noch so unsere Pläne in diesem Land sind.

Er will, genau wie wir, nach der Arbeit Richtung Wellington, also vielleicht sieht man sich nochmal wieder. Aber eins steht sowieso fest, wenn am Samstag unser letzter Arbeitstag ist trinken wir zusammen mit ihm am Strand ein Bier. Und vielleicht sogar zwei.

Jetzt gehen wir gleich ins Auto und morgen können wir nach einer Woche endlich mal wieder ausschlafen, was gleichzeitig bedeutet, sich um 6:45 nicht bei sieben Grad Außentemperatur umziehen zu müssen. Das Leben kann schon schön sein. Naja wir reden am Dienstag nochmal, wenn die Arbeit wieder losgeht. Aber es sind ja nur noch ein paar Tage und dann wird es nach dem Verlassen von Auckland einen zweiten Schnitt geben auf unserer Reise. Was die Arbeit auf jeden Fall erzeugt, ist das erste Mal das Gefühl zu haben wirklich in Neuseeland zu leben, wenn man jeden morgen den gleichen Ablauf hat und dann mit dem Auto die bekannten Straßen Richtung Arbeitsplatz fährt.

Mal sehen ob es dieses Gefühl auch ohne Arbeit geben kann.

Antworten

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