Jambo Kenya
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bienvenido a argentina

Veröffentlicht: 12.01.2019

Tag 100


Die hundert steht. Somit wird die Zahl der Tage, die wir unterwegs sind dreistellig. Ich sitze an einem Tisch im Innenhof unseres Hostels in Neuquén, einer größeren Stadt im Landesinneren. Es ist nachmittags und es herrschen angenehme 26 Grad. Es ist ruhig, der Wind gleitet an mir vorbei und ich höre Musik. Vor mir auf einer Treppe hockt eine Katze, die mich anstarrt. Seit sechs Tagen sind wir in Argentinien. Und schon 1200 Kilometer von Buenos Aires entfernt, so viel Strecke haben wir in Neuseeland vielleicht in zwei Wochen gemacht.

Viel haben wir heute nicht vor, Neuquen dient sowieso eher als dreitägiger Zwischenstopp auf unserem Weg zu den Anden in den Westen des Landes.

Morgen geht es dann weiter nach Bariloche, einem kleinen Städtchen direkt an den Anden, umgeben von sieben verschiedenen Seen.

Sechs Tage sind wir jetzt hier in diesem neuen riesigen Land. Vier Tage waren wir in der Hauptstadt Buenos Aires, der zweitgrößten Stadt Südamerikas.

Wir kamen am Sonntagnachmittag am Flughafen an, obwohl wir am Sonntagabend in Neuseeland losgeflogen waren, was schon mal komisch war. Der Flughafen sah erst mal aus wie jeder andere sonst auch und erst, als wir diesen verließen, merkten wir, dass wir in Südamerika waren. 30 Grad, schwüle Luft, Lärm, hunderte Autos, die um uns herum rasten und überall „Taxi? Taxi?“. Besonders bewusst wurde uns der Umstand, dass wir nicht mehr in Neuseeland waren, allerdings beim Bus fahren. Ein lauter, klappriger und unendlich alter Bus hält für fünf Sekunden an, alle steigen ein und zack fährt der Bus schon weiter, bevor überhaupt irgendjemand bezahlt hat, geschweige denn die Tür zugegangen ist. Das Bezahlsystem ist dagegen sehr modern und ziemlich vorbildhaft, da man nicht bar im Bus bezahlt, sondern jeder eine blaue Karte hat, die man an jedem Kiosk aufladen kann und dann nur kurz im Bus gegen einen Sensor halten muss. Als wir die Karte gekauft haben und etwas Geld heraufgeladen hatten, merkten wir auch wie günstig das Busfahren mit umgerechnet 30ct für eine dreiviertel Stunde Busfahrt vom Flughafen ins Zentrum ist. Damit könnte man in Lübeck nicht einmal eine halbe Station fahren. Auf dem Weg in die Innenstadt bekamen wir dann einen ersten Eindruck von der Größe und dem Ausmaß dieser Stadt und wir sahen die Leute und die europäische Architektur. Und an jeder Bushaltestelle natürlich: Vollbremsung, alle Leute rein und schnell weiter. Als wir dann bei unserem Hotel ankamen, waren wir natürlich ziemlich fertig und viel mehr als einmal in den nächsten Supermarkt und schnell ne Pizza war auch nicht drin. Am nächsten Tag sah es leider noch ähnlich aus, da mich durch den langen Flug gen Osten ein ziemlicher Jetlag erwischt hatte. Trotzdem schlenderten wir ein bisschen durch die Stadt und zum Plaza de Mayo hin, dem Kern der Innenstadt. Wir waren froh, endlich wieder Kultur und alte hohe Gebäude zu sehen, die auch mal älter als zwanzig oder dreißig Jahre waren und die nicht, sobald sie mal so hundert Jahre alt waren, als „historic“ bezeichnet wurden, wie in Neuseeland. Danach waren wir am Hafen, der mit einer kleinen aus Backstein erbauten Speicherstadt und der modernen Skyline im Hintergrund eines Flusses wirklich sehr schick war. Im Allgemeinen ist Buenos Aires sehr schick. Die Portenos, wie die Einwohner genannt werden, tragen auch bei über 30 Grad oft ein Hemd und lange Hosen und auch die Geschäfte und Cafés haben einen sehr noblen Flair. Der Kontrast dazu ist jedoch auch nicht weit. Man braucht nur zehn Minuten zu Fuß an gepflegten Parkanlagen und modernen Hochhäusern und Geschäftsmännern vorbei gehen, dann kommt man zum Hauptbahnhof Retiro, an dem das Slum „Villa 31“ angrenzt. Als wir dort waren konnten wir unseren Augen kaum glauben und fühlten uns direkt, wie in einer Doku über Drittweltländer. Wenn man am Bahnhof vorbei geht, führt eine Gasse in diesen Slum, vor dem vier Polizisten stehen und jeden der nicht argentinisch aussieht, abhalten dort hinein zu gehen. „Es muy peligroso“. „Es ist sehr gefährlich“, sagte uns ein Polizist, den wir fragten, ob man da hinein gehen könnte. Er sagte außerdem, man werde uns ausrauben und verletzen, da wir sehr touristisch aussähen. Wir sind dann natürlich nicht in diese Gasse hinein gegangen und auch schon die Atmosphäre um den Bahnhof herum reichte uns als Eindruck. Auf dem Weg zum Busbahnhof nebenan, wo wir das Ticket nach Neuquen buchen wollten, fragte mich ein kleiner, etwa zehn jähriger Junge auf spanisch, ob ich Marihuana kaufen wollte. Ich lachte, worauf er mich fragte, ob ich stattdessen Kokain kaufen möchte. Er meinte das ernst und verschwand mit seiner zerrissenen Hose und seinen zerzausten Haaren in den Straßen der Armut, aus denen er gekommen war. Alle zehn Minuten sprachen uns Argentinier an, dass wir in dieser Gegend sehr vorsichtig sein müssen, unsere Wertsachen immer im Auge behalten sollten. Das passierte aber so oft, dass wir nicht ganz wissen, ob die Portenos nicht irgendwo übertreiben. Natürlich ist es eine harte Gegend und man muss sicherlich auch aufpassen. Aber was uns auffiel ist, dass die Einwohner uns in ganz Buenos Aires, auch im sicheren Zentrum immer wieder sagten, wir sollten vorsichtig sein. Wenn man jemandem nur nach dem Weg fragt, wird einem dieser beschrieben, aber nach der Verabschiedung kommt immer noch ein „Be careful“. Dabei fühlten wir uns zu keinem Zeitpunkt, auch nicht am Bahnhof wirklich unsicher. Zwei Deutsche, die wir später kennenlernten und die hier in Buenos Aires seit einem halben Jahr ein freiwilliges soziales Jahr machen, bestätigten dies und sagten, dass es sich außerhalb des Slums höchstens um Trickbetrüger handelt, die allerdings nur Nachts und vor allem einzelne Personen als Ziel haben. Und das auch nur in manchen Stadtteilen. Wenn wir in ein paar Wochen wiederkommen in die Hauptstadt, werden wir uns daran erinnern, aber natürlich trotzdem vorsichtig bleiben.

Der Tag darauf war ein ganz besonderer. Nach fünf Jahren sah ich meinen ehemaligen Trompetenlehrer Martin wieder, der nach seiner Zeit in Lübeck 2014 wieder zurück in seine Heimat Argentinien gegangen ist. Er ist in Buenos Aires aufgewachsen und lebt dort auch nun wieder mit seiner Frau, mit der er vor kurzem ein Kind bekommen hat, das erst vier Monate alt ist, aber (wie auch sonst) schon eine eigene Trompete besitzt.

Er ist mit uns durch das bunte und lebhafte Arbeiterviertel La Boca gegangen und hat uns ein bisschen was über seine Stadt erzählt und unsere Fragen beantwortet. Wir waren auch in dem berühmten Hexenkessel „Bombonero“, in dem die Boca juniors spielen und neben den Fußballverrückten Argentiniern, durften auch wir den heiligen Rasen anfassen. Zurück ging es durch eine Fußgängerzone, deren Häuser mit jeder möglichen Farbe gestrichen war und in der es neben zahlreichen Cafés auch viel Musik und kleine Läden gab. Abends aßen wir in einer echten „Parilla“ ein argentinisches Steak (450gr). Martin hat uns auch direkt gefragt, wo es für uns weitergeht und uns, als wir sagten wir würden nach Bariloche reisen, den Kontakt einer Freundin gegeben, die dort in der Nähe lebt und uns gerne ein paar Tage bei sich aufnehmen würde. Er hat uns auch zu seinem Geburtstag eingeladen, zu dem wir kommen könnten wenn wir Anfang April wieder in Buenos Aires sind. Es war sehr schön ihn mal wieder zu sehen und ich freue mich schon wenn wir wieder da sind.

Am Donnerstag ging es dann mit dem Nachtbus auf einer 18 stündigen Fahrt in den Südwesten nach Neuquen. Die Fernbusse hier in Argentinien sind ziemlich komfortabel und vergleichbar mit der Business Class im Flugzeug. Nur eben viel günstiger. Somit war die lange Fahrt alles andere als anstrengend und jetzt sind wir hier, mitten im Landesinneren, in dem wir noch keinen einzigen Touristen gesehen haben.

Ich bin gespannt, ob das an den Anden so bleibt, auch wenn ich das nicht glaube. Wir werden es sehen.

Erst mal gehen wir gleich in den Supermarkt und probieren nachher mal aus, wie der Grill hier im Hostel so funktioniert. Morgen sind wir schon am anderen Ende des Landes. Auf der Westseite. Und ab dann geht es immer weiter in Richtung Süden, auf nach Patagonien.

Antworten (2)

Holger
Te deseo mucha diversion..... ich wünsche euch viel Spass... ciao

Zero
Danke!

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