Jambo Kenya
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Alles hat ein Ende, nur unsere Reise hat zwei

Veröffentlicht: 03.01.2019

Tag 91


Was waren das für unglaubliche Monate. Viel mehr kann man in dieser Zeit denke ich nicht erleben. Und nun heißt es schon wieder Abschied nehmen.

Auf den Tag genau heute vor drei Monaten sind wir losgezogen und genau heute in drei Monaten kehren wir zurück. Halbzeit. Die Hälfte unserer Reise ist um. In drei Tagen sind wir schon in Buenos Aires. Und somit endet die Reise, und sie beginnt auf einer Art und Weise erneut. Zeit für ein Zwischenfazit.

Vor einem viertel Jahr saßen wir in Hamburg am Flughafen und konnten nicht fassen, dass es nun losgehen würde. Wir konnten einfach nicht glauben und es uns noch weniger vorstellen, dass wir das nächste halbe Jahr einfach am anderen Ende der Welt leben werden. Natürlich war uns das bewusst und es war ganz klar, dass wir nun ins Flugzeug steigen und erst in sechs Monaten wieder aussteigen, aber trotzdem war der Gedanke daran einfach wahnsinnig komisch. Als wir zehntausend Meter über der Erde gen Osten flogen, fragten wir uns, wie lange uns das wohl noch so unfassbar merkwürdig vorkommen mag. Und in den ersten Tagen in Auckland, änderte sich auch erst einmal nicht viel. Es ging immer noch nicht in den Kopf hinein. Wie immer im Leben ging es dann irgendwann mit der Zeit aber doch und schon bald war es für uns das normalste und logischste der Welt, dass wir nun eben ein bisschen weg sind. Jetzt ist der dritte Januar. In drei Tagen schlägt das ganze hier einen ganz anderen Weg ein und ich fange wieder an, verrückt zu finden was wir hier tun. Wir haben einfach gar keinen Plan, wie die Reise in Südamerika weitergeht und es klingt einfach absurd, zu sagen, dass man nach drei Monaten Neuseeland nochmal rüber nach Argentinien fliegt. Vielleicht ist es das auch.

In den ersten Wochen in Neuseeland, haben wir uns immer gefragt, ob wir uns während der Reise irgendwie verändern werden oder wie wir so auf die Anfangszeit zurückschauen werden. Tja wie schaue ich auf die ersten Wochen zurück. Mir fällt auf, dass wir in der ersten Zeit einfach drauf los gemacht haben, ohne vielleicht zu wissen, wo das alles so hinführt. Es herrschte sicherlich auch so eine gewisse Grundanspannung bei den ganzen Dingen, die wir zu erledigen hatten, das wurde dann aber immer weniger. Und ob ich mich verändert habe, naja das kann man für sich selbst immer schwer sagen. Was ich allerdings weiß ist, dass ich eine enorme Menge an Dingen gelernt habe. Und das verändert einen denke ich zwangsläufig so oder so. Wo soll ich anfangen. Ich habe gelernt, wie kräftezehrend es sein kann ein Auto zu kaufen, und wie einfach es mit ein bisschen Glück sein kann es wieder zu verkaufen. Wie man ein Bankkonto öffnet oder eine Versicherung abschließt. Wie anstrengend es ist, sich auf einmal um Dinge kümmern zu müssen, die einen als selbstverständlich bekannt waren. Jeden Tag auf einer öffentlichen Toilette sein Geschirr abzuwaschen, seine Wäsche zu waschen, dafür zu sorgen, dass man abends was auf dem Teller hat, einkaufen zu gehen und zu kochen. Seine Finanzen im Blick zu behalten. Nicht zu verzweifeln, wenn das 26 Jahre alte Auto mal wieder Probleme macht und man eine Werkstatt aufsuchen muss. Ich habe gelernt, wie mühselig das alles sein kann. Und wie erfüllend, wenn man sich danach stolz zurücklehnen kann. Ich habe auch Leute kennenlernt, Menschen, die wie wir auf Reise sind, um zu sehen wie sich die Welt hier von unserer unterscheidet. Gar nicht so stark wie gedacht. Wie nett manche Menschen sein können, wie offen und neugierig. Wie hart manche Arbeit auf dieser Welt ist und wie viel es wert ist auf eine solche nicht angewiesen zu sein.

Aber was ich vor allem gelernt habe, ist es auf Leute zuzugehen. Sie anzusprechen und nach Hilfe zu fragen, wenn man welche braucht, denn das hat bei uns eigentlich immer funktioniert. Es gibt so viele erlebte Anekdoten, die das bestätigen und teilweise sind es auch ganz banale Dinge. Wir waren zum Beispiel mal bei 26 Grad und praller Sonne am Strand und hatten unsere Sonnencreme vergessen, die in Neuseeland durch die dünne Ozonschicht aber sehr wichtig ist. Also suchten wir uns die erstbeste Person am Strand, und fragten ob wir uns welche leihen könnten. In dem Fall fragten wir eine Spanierin, die Urlaub in Neuseeland macht und uns nicht nur zusprach ihre gesamte Sonnencreme Packung aufzubrauchen, weil es doch so heiß ist und sie ja im Auto eh noch eine habe, sondern wir haben uns auch noch kurz über Spanien und Argentinien unterhalten, was sehr nett war. Und es gibt noch etliche andere Beispiele. In einem meiner ersten Einträge habe ich von einem Mann erzählt der spät abends unsere Autorücklichter abmontiert hat, da diese nicht aufhörten zu brennen. An einem anderen Tag nahm uns eine nette Frau in ihrem Auto mit und fuhr für uns samt schwerem Gepäck sogar einen Umweg, auch wenn ihre Kinder das nicht so toll fanden. Oder wir fragten einen Mann auf offener Straße nach der nächsten Werkstatt, der uns dann bis dorthin begleitete und uns so nicht nur den Weg sondern auch die Ortschaft zeigte. Es geht einfach darum zu fragen und ins Gespräch zu kommen. Das bringt oft mehr als man denkt.

Und noch etwas habe ich für mich erkannt. Und zwar, dass es wirklich überhaupt nichts, aber auch wirklich gar nichts bringt, rumzuheulen. Wenn man irgendwie mal wieder ein Problem hat, das es zu lösen gilt, dann wird das mit verzweifeltem Gestöhne und ins Leere Gegucke nicht gelingen. Es ist einfach Zeit Verschwendung. Und auch wenn ich eigentlich immer so jemand war, der genau das in solchen Momenten tat, weiß ich mittlerweile, dass es von einem Tiefpunkt ganz schnell in die Höhe gehen kann. Und das klingt jetzt wie in so einem pseudo gute-Laune Kalender von Tedi. Aber vielleicht sind diese Gute Laune Kalender ja doch ganz weise. Denn es stimmt einfach.

Und abgesehen davon wie viel wir bis jetzt so gelernt haben, haben wir natürlich auch eine ganze Menge gesehen. Die schönsten Landschaften und die hässlichsten Städte. Die Nordinsel, die Südinsel. Versteckte Buchten, Traumstrände, Verschneite Gebirgspässe, eine der zehn schönsten Küstenstraßen der Welt, bei der man zwischen dem Dschungel links und dem Ozean rechts entlang fährt, Seehunde, Papageien, einen Wal, diverse „Herr der Ringe“ Locations, unendlich viele Nationalparks, unendlich viele Palmen, grüne Wiesen, Schafe, eine ganze Menge öffentliche Toiletten, Campingplätze jeder Art, durchsichtiges und türkises Flusswasser, den Gardasee Neuseelands und noch viel, viel mehr.

Und neben den Dingen, die wir gelernt und gesehen haben, haben wir natürlich auch Neuseeland, das Land selbst erlebt, und mitbekommen wie es so tickt. Die einerseits so lockeren und lebensgenießenden, entspannten Neuseeländer sind andererseits auch mitunter so tierisch genau, um nicht zu sagen spießig. Jedes kleinste Schlagloch auf den Highways wird direkt zu einer hundert Meter langen Baustelle entwickelt, an der alles abgesperrt wird und fünf orangene Männchen stehen, die in ihrer dann auf einmal wieder viel zu lockeren Art dafür Sorgen, dass die Straße irgendwann wieder befahrbar wird. Oder man wird an Sylvester im Zentrum von Auckland auf einer Kreuzung, die von feiernden Menschenmassen überflutet ist, was den Verkehr komplett lahm legt von einem Polizisten darauf hingewiesen, dass man sein Bier bitte auskippen müsse weil in der gesamten Stadt eine „No Alcohol Area“ vorliege. Von eben diesem Polizisten kommt sobald man dies dann getan hat allerdings wieder ein „Im sorry bro“, mit dem er einen mitleidig ansieht.

Passend zum Thema Alkohol auch noch der Fall, als Linus und ich im Supermarkt Bier gekauft haben. Ich ging zur Kasse und wollte bezahlen, musste aber meinen Reisepass vorzeigen. Ich musste dann nochmal zum Auto rennen, um ihn zu holen. Als ich wieder da war, wollte die Verkäuferin jedoch auch noch Linus’ Pass sehen, da wir das Bier ja zusammen kaufen würden. Er musste dann auch noch mal loslaufen. Die Kiwis sind allgemein sehr empfindlich was Regelungen und Bürokratie angeht, fast schlimmer als wir Deutschen. Wer hätte das gedacht. An einem Strand, an dem wir waren, gab es Spiegelglattes Wasser und hunderte Leute badeten dort ganz unbeschwerlich. Trotzdem natürlich typisch neuseeländisch, zwei obligatorische Masten, etwa 50 Meter voneinander entfernt, an denen ein Schild hing mit dem Hinweis „Please swim just between this Flags“. Rechts und links von den Masten sah das Wasser zwar identisch aus und dort badeten genauso viele Leute, aber es könnte ja doch irgendwie gefährlich sein, also lieber so ne unästhetischen Masten aufstellen, an die sich eh keiner hält. Dazu passend ganz klar auch die Organisation auf Selfcontained Campingplätzen, auf denen immer ein farblich markierter Bereich eingezeichnet ist, in dem man mit seinem Van stehen darf. Lächerlich ist es dann ein bisschen, wenn der Parkplatz riesig ist und nur in der Mitte zehn Vans in diesem Bereich dicht an dicht stehen, weil sie sonst eine 200 Dollar Strafe durch das Council riskieren, das wie uns gesagt wurde bis zu fünf mal in der Nacht vorbeikommt und überprüft, ob sich daran gehalten wird.

Ja auch diese ganzen spannenden und teils lustigen Eigenarten der Neuseeländer haben wir in unseren drei Monaten in diesem wunderbaren Land erfahren. Es ist nur eine Vermutung, aber ich könnte mir vorstellen, dass diese Dinge in Südamerika ganz anders werden. Und ich glaube es wird sowieso alles komplett anders. Linus sprach am Anfang immer von einem Kulturschock, der sich bei uns ereignen wird. Das klang für mich immer so negativ, aber ich bin mir sicher, dass sich wirklich alles ändert. Inwiefern werden wir dann sehen.

Es ist auch egal was jetzt noch passiert, was jetzt alles noch kommt ist nur noch extra, denn das was wir bis jetzt getan haben, kann uns keiner nehmen.

Und wenn ich durch die Handy Bilder scrolle, sehe ich immer wieder wie viele Eindrücke doch bleiben in dieser dafür relativ kurzen Zeit, und daher ist es gar nicht so einfach, all diese in einer Art Fazit zusammenfassend zu bewerten. Das habe ich jetzt mal versucht.

Wenn ich nochmal zurückschaue, darauf, dass wir heute vor genau drei Monaten losflogen, denke ich, dass es doch nicht sein kann wie schnell die Hälfte schon erreicht ist. Gleichzeitig merke ich, wenn ich an einzelne Erlebnisse in dieser Zeit denke, die schon gefühlt sehr weit zurückliegen, dass es genauso unglaublich ist, dass die andere Hälfte jetzt erst beginnt. Und der erste Part ist nun vorbei. Neuseeland wird von einem Erlebnis zu einer Erinnerung. Es heißt Abschied nehmen, uns zieht es weiter.

Was waren das für unglaubliche Monate.

Antworten (1)

Holger
Danke für die zahlreichen Berichte und viele Erlebnisse und viel Freude im Land der weiß-himmelblau trikotierten Kicker.

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