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Geitenkaas und Tulpen

Veröffentlicht: 21.02.2025

Sonntag-Mittag im Februar in Essen.

Verzweifelt schauen wir auf die Vorhersagen für die kommenden Tage. Jaaa, es ist uns schon klar, dass wir zu dieser Jahreszeit keine sommerlichen Temperaturen erwarten dürfen, aber die WetterApp hat vorgestern noch Sonnenschein versprochen. 

Ich habe noch eine Woche Urlaub aus dem letzten Jahr, den ich nicht verfallen lassen möchte. Und deshalb haben wir den Mistral gesattelt, um eine kleine Reise an die Pfälzer Weinstrasse zu unternehmen. Denn wo Wein gedeiht, scheint die Sonne - so die Theorie. 

Burg Vischering

Doch schon vor dem Start verhageln Aussichten auf ergiebige Regen- und sogar Schneeschauer die Pläne. Die Lösung aufs Problem präsentiert der Held noch am Vormittag der Abreise: in der Nähe von Münster kann er günstige Kostbarkeiten abholen, dort wird das Wetter für die Jahreszeit angenehm mit ein paar täglichen Sonnenstündchen und außerdem hat der Arzt Erholung an der erfrischenden Luft der See empfohlen. 

Am Meer
Nun stehen wir mitten in Essen an einer gut frequentierten Hauptstraße, nachdem wir vom hiesigen Ikea-Flohmarkt geflüchtet sind, auf dem fast ausschließlich asiatische, pinke Plastikneuware verscherbelt wurde. Quietschende Plüschscheußlichkeiten, glitzernde Handyhüllen, schrille Polyester-Pullis, schräg-bunte Schlappen. Alles Unmögliche, nur nicht der Trödel, den die Werbung verspricht.

Zwischen der unsäglich-grauenhaften Importware entdecken wir zwei-drei Flohmarktstände, doch wir haben keinen Spaß mehr am Stöbern. Außerdem ist es in Essen gerade ungemütlich kalt. 

Weg zur Schelde
Jetzt also ein Blick auf den Wetterbericht zur weiteren Reiseplanung. Ein paar Kaltlufttropfen sind aus Frankreich auf dem Weg zu uns. In ihrem Bereich kann es zu Schauern, lang anhaltendem Regen und sogar Schneefällen kommen. Ein paar Kilometer vor der holländischen Grenze erübrigt sich der Gedanke, uns auf den Weg in den weit entfernten, sonnigen Osten zu machen. Bei unserem Glück ist der erste Kaltlufttropfen schon da, wenn wir endlich angekommen sind.

Also machen wir uns kurzentschlossen auf den Weg an die niederländische Nordseeküste. Die schlappen 300km schaffen wir spielend, die Wetteraussichten sind moderat und heute Abend kochen wir mit Blick aufs Meer! 

Am Meer!
Auf holländischen Autobahnen darf nur 100km/h gefahren werden und so rollen wir mit unseren entspannten 80 durch das kleine Land.


Ich bin ein bisschen aufgeregt. Ich war zwar vor 30 Jahren zwei Mal in Amsterdam, kann mich auch noch dunkel an Grachten, Windmühlen und Tulpen im Umland erinnern, aber sonst kenne ich nicht so viel von den Niederlanden.

Nederland

Es überrascht mich dann auch, dass ein ganzes Land nur flach sein kann und ein Viertel davon unterhalb des Meeresspiegels liegt. Wir fahren und fahren und fahren und das Bild ändert sich kein bisschen: platte Äcker, ab und zu ein paar dem Wind entwachsene Bäumchen, riesige Bauernhäuser, ein paar Kanäle oder Flüsschen. Ein ganzer Staat, der aussieht wie das heimische Oderbruch! 

Wie im Oderbruch...
Egal, zum Kaffee stehen wir am Meer. Also direkt am Wasser, das langsam wieder ansteigt. Die Dünen sind mittels Beton und Steinen stark befestigt und man kann sie teilweise mit dem Auto befahren. Wir können es kaum glauben, denn was an anderen Küsten überall abgeschafft wurde, geht hier noch. 

Wir sitzen nach einer Muschelerkundungstour bei Ebbe im kuschelig-warmen Caravan, genießen unser Heißgetränk und erwärmen uns an dem Anblick auf Wellen, Möwen und Gezeiten. 

Blick auf die Wellen
Nur übernachten dürfen wir hier nicht. Wie auch auf wirklich allen anderen Parkplätzen in Wassernähe. Überall informieren leuchtende Schilder, dass sämtliche Campingvarianten VER-BO-TEN sind, auch wenn allerorten gebrauchte Kondome von der Lebens- und Liebeslust der munter-fidelen Niederländer zeugen. 
VER-BO-TEN!
Für die erste Nacht finden wir einen breiten Wegesrand am Acker. Der eigentlich erwählte Platz ist mit einem riesigen, dampfenden Misthaufen belegt. 

Der nahe Leuchtturm blinkt uns maritime Lichtreflexe.

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