Buxe's Logbuch
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Kapitel 6: Grenzerfahrung - Von Mexiko nach Guatemala in 13 Stunden

Veröffentlicht: 11.02.2022

Um 5:00 Uhr morgens klingelt wenig liebevoll der Wecker. Heute wird es ernst! Im Dunkeln und mächtig schlaftrunken packe ich meine Sachen. Um 6 Uhr fährt der Bus. Es steht eine 13-stündige Fahrt von San Cristobal de las Casas, Mexiko, nach Antigua Guatemala, der alten Hauptstadt Guatemalas an. Kaum zu glauben, satte 13 Stunden für 480 Kilometer soll die Tour mit dem Bus dauern.

Die Reiseroute...

Für die, die es genauer wissen wollen, hier der Link!

https://www.google.de/maps/dir/San+Crist%C3%B3bal+de+las+Casas,+Chiapas,+Mexiko/Antigua+Guatemala,+Guatemala/@15.5152984,-94.5516423,7z/data=!3m1!4b1!4m14!4m13!1m5!1m1!1s0x85ed453b1ea89bcf:0x48d55ca34957e2de!2m2!1d-92.6376186!2d16.7370359!1m5!1m1!1s0x85890e74b0250b15:0xf786ba2b2903723d!2m2!1d-90.7332233!2d14.5572969!3e0

Um die Dauer der Fahrt mache ich mir allerdings wenig Gedanken, es ist der Grenzübergang, der mir mächtig Respekt einflößt. Da es mein erster Grenzübergang dieser Art zu Fuß ist, habe ich keine praktischen Erfahrungen, ich habe es nie selbst erlebt, es nie selbst gespürt. Zwei Länder mit vermutlich stark korrupten Behörden, an nicht touristischen Orten und einer großen Menge an Gewaltpotential. Hier kann alles passieren!

Der Grenzübergang  in der Theorie: Das Kopfkino regiert!

Durch ein paar Recherchen im Internet ist mir lediglich bekannt, dass man kurz vor der Grenze zu Guatemala den Bus mit dem Gepäck verlassen muss und die letzten 500 Meter zu Fuß geht. Dann die Formalitäten der Einreise klärt und anschließend die Grenze überquert. Dort soll dann ein anderer Fahrer mit einem neuen Bus auf dich warten. In der Theorie scheint es also einfach. Ließt man jedoch die sagenhaften vielen Erfahrungsberichte zu Grenzübertritten zwischen Mexiko und Guatemala, wird schnell klar, hier kann viel schief gehen.

So wird beispielsweise davon geschrieben, dass das Grenzpersonal mitunter gerne fiktive, teils hohe Gebühren verlangt und Reisegepäck abhanden kommt. Genauso werden für den Grenzübergang notwendige Impfnachweise oder Tests auf unerfindlichen Gründen nicht akzeptiert. Weiter geht es mit aufdringliche Menschen, die beim Aussteigen aus dem Reisebus das Reisegepäck der Touristen an sich reißen, es über die Grenze tragen und dafür dann umgerechnet 50 € verlangen. Da die Hemmschwelle für schwere Gewalt in Mexiko und Guatemala gering ist, will man dann ja auch wenig diskutieren bzw. emotionaler werden. Immer mit Bedacht bitteschön! 

Die Vorstellung das Reisegepäck könnte gestohlen gehen, ist blöd. Aber erst gar nicht über die Grenze zu gelangen und ohne Spanischkenntnisse und ohne Internet als Alleinreisender den Rückweg nach San Cristobal in einer rauen gefährlichen Umgebung anzutreten, ist etwas, das ich nicht erleben will. 

Nun aber die Praxis!

Zurück auf 6 Uhr morgens. Bereit steht ein Reisebus, der knapp 30 Jahre alt sein mag. 

Ein echter Mercedes, na Mensch! Neben dem starken Abgasgeruch und dem ohrenbetäubenden Motorlärm scheint der Bus aber in einem ordentlichen Zustand zu sein. Ich bin der erste der einsteigt. Der Busfahrer, ein wenig senil wirkend, fährt nun gefühlt jedes Hostel der Stadt an und lädt einen nach dem anderen Backpacker ein. So vergeht schonmal die erste Stunde! Als wir San Cristobal verlassen ist der Bus fast voll, glücklicherweise bleibt der Platz neben mir frei. Meine Taktik, mich bereiter zu machen als ich bin, geht einmal wieder auf. Niemand der anderen schien ernsthaft daran interessiert, freiwillig auf die Hälfte seinen Sitzplatzes zu verzichten zu wollen, nur um dann neben mir zu sitzen. Ich weiß, nicht die feine englische Art, aber mit meinen langen Beinen in den meist viel zu kleinen Bussen muss ich erfinderisch werden!

So vergehen nun die ersten Stunden der Fahrt. Noch müde von der kurzen Nacht, döse ich vor mir hin, bis wir den ersten Halt machen. Auf der doch nebeldurchtränkten, riesigen, etwas düster dreinblickenden mexikanischen Raststätte gönne ich mir ein trockenes Croissant, telefoniere mit Lou, meiner Freundin per Whatsapp und steige 40 Minuten später wieder in den Bus.

Nach ungefähr 5 Stunden hält der Bus im Grenzort an. Der Busfahrer sagt irgendwas auf spanisch und schmeißt uns raus, finito. Da ich mein Gepäck als erstes in den Kofferraum des Busses geschmissen habe und sich anschließend ein Berg von Rücksäcken über ihn ergossen hat, mache ich mir wenig Gedanken darum, dass die "Freiwilligen der Gepäckabfertigung" auch für meinen Rucksack noch Schlange stehen. Und welch ein Wunder, keiner da, der einem "helfen" will und das Gepäck aus dem Bus entreißt. Level 1 ist also überstanden!

Kurz darauf haben alle ihr Gepäck in der Hand. Da der Busfahrer keine Anstalten macht, sich für uns verantwortlich zu fühlen und der Grenzübergang noch nicht in Sichtweite war, entstand kurzeitig etwas Verwirrung. Wie geht es jetzt weiter? Plötzlich setzt sich der Busfahrer allerdings in Bewegung und läuft in einem beindruckenden Tempo los. Mit einer Handgeste teilt er uns mit, dass wir folgen sollen. Kurz darauf laufen wir auf die Grenze zu. Die Umgebung ist dreckig, heruntergekommen. Die Straßen sind schlammig. Es stinkt und die Leute schauen zu uns rüber. Ich fühle mich ein wenig unwohl, durch die Gruppe um mich herum, wähne ich mich allerdings in praktikabler Sicherheit. 

Die Grenze...

An der Passkontrolle angekommen, läuft alles recht reibungslos ab. Ich zeige meinen Reisepass, meinen Impfnachweis und den Corona-Antigentest vor. Mit etwas mehr als unterdurchschnittlichem Interesse überfliegt der Beamte meine Unterlagen. Der Corona-Antigentest wird so wenig beachtet, dass es vermutlich auch einer vom letzten Jahr hätte sein können. Egal, ich bin froh, bestanden und keine erfundene Gebühren entrichtet zu haben. Level 2 completed!

Nach der Passkontrolle wird es etwas amüsant. Wir werden in Gruppen für die Weiterreise eingeteilt, da die Reisegruppe unterschiedliche Zielorte ansteuert. Irgendwie scheint das allerdings nicht so zu funktionieren, wie es sich einer der Fahrer vorstellt. 30 Minuten und 4 Sortierungsversuche später ziehen wir dann los, unklar, ob wirklich alle der Reisenden nach Antigua und Umgebung dabei sind.

Als ich im Kleinbus sitze und mir bewusst wird, den richten Busfahrer erwischt zu haben, entspanne ich und atme durch. Nichtwissend, dass das Abenteuer jetzt erst beginnt. Es sind die Straßen durch die Gebirge von Guatemala, die bald meine volle Aufmerksamkeit genießen und die ein oder andere Schweißperle in die Augen treiben werden. Teile der Straße sind fein geteert, andere Teile hingegen wissen mit Schotter und einer beeindruckenden Kraterlandschaft zu überzeugen. Der Wagen schaukelt teils so sehr, dass die Bewegungen nicht von einem Boot im starken Seegang zu unterscheiden ist. Die Umgebung mit dem bewachsenen, klippenartigen Gebirge ist allerdings so wunderschön, dass man die Strapazen der Fahrt immer wieder kurzzeitig vergessen kann.

Neben den Straßen hat der Verkehr so manches zu bieten. Bei der zweispurige Straße handelt es sich übrigens um den Pan-American Highway, auf dem man von Kanada, über die USA, durch die Karibik, mit einer kleinen Unterbrechung zwischen Panama und Kolumbien bis runter nach Chile fahren kann. Satte 25.000 Kilometer legt man dabei zurück. Es tummeln sich alle möglichen Fahrzeuge auf der Straße. Von einem kleinen 3-rädigem Straßenflitzer, der italienisches Flair versprüht, bis hin zu LKWs, mit mehreren Anhängern. Überholmanöver werden hier grundsätzlich nur gestartet, wenn es mindestens etwas unsicher ist. So passiert es hin und wieder, dass es zu brenzlichen Situationen kommt, in denen sich auf der zweispurigen Straße drei Fahrzeuge nebeneinander quetschen. Und das gerne bei 80 km/h und mehr. Mein Leben ist nun um ein paar echte Herzschlagmomenten reicher.


Antworten (2)

Len
Ich hab das halbe Internet nach genau so einem Bericht durchsucht, danke! Du konntest mir da einige Bedenken nehmen und ich freu mich auf mein Abendteuer ;)

Len
Mit welchem privaten Busunternehmen warst du unterwegs?

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