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Über die Gardetta Hochebene in Richtung Provence

Veröffentlicht: 11.09.2020

Vom Valle Maira führte meine Route über den Col d‘Esischie in ein absolutes landschaftliches Highlight - die Gardetta Hochebene, durch die sich eine alte, etwas holprige Militärstrasse schlängelte. Obwohl ich mich bekanntlich am anderen Ende von Italien befand, fühlte ich mich plötzlich wie mitten in die Dolomiten katapultiert. Neben weiteren beeindruckenden Gipfeln zeigte sich auch endlich der Monte Viso wieder am Horizont. Mit solch grandiosen Tief- und Fernblicken bei bestem Bergwetter saugte ich die Eindrücke in mich auf bis ich nachmittags am wunderbar gelegenen Rifugio Gardetta eintraf. Der letzte Pass des Tages am Monte Oserot führte anschließend an den letzten Bunkerruinen vorbei zu den von da an wieder nicht ehemals militärisch genutzten Wegen. Geschmeidig surfte ich auf denen gen Tal bis ich einen akzeptablen Zeltplatz fand.

Akzeptabel deshalb, da hier mal wieder alle umgebenden Hochalmen landwirtschaftlich genutzt wurden, und zudem keinerlei Bäche in Sicht waren. Daher war es gar nicht so einfach ein unberührtes Stückchen Erde in der Nähe einer Wasserquelle zu finden. Ich endete auf einer zumindest Kuh und Kuhdung-freien Graskuppe mit unmittelbarem Zugang zu einer Viehtränke. In der Not nimmt man halt was man bekommen kann. Nichtsdestotrotz hatte ich aber einen tollen Aussichtsbalkon auf das Grenzgebiet zwischen Piemont und den Provenzialischen Alpen.

Bis hierher hatte ich mir noch die Entscheidung über meine weitere Route aufgehoben. Geplant war zwar definitiv die Provence, die ich entlang der Trans Verdon, einer bekannten Bikepacking Route, durchqueren wollte. Doch der schon seit einiger Zeit anhaltende Anstieg der Covid-19 Fallzahlen in der Region machte mir zunehmend Sorgen. Die Reisewarnung aus Deutschland ist da weniger das Problem, sondern eher die Entwicklungen in Italien und Frankreich. Könnte ein Lockdown kommen in den Regionen, in denen ich da gerade unterwegs bin? Führt Italien vielleicht eine Quarantäne ein bei Grenzübertritt wenn ich zurück nach Ligurien will? Solche Dinge könnten meine weiteren Reisepläne ernsthaft in Gefahr bringen.

Am nächsten Morgen, nach schöner Trailabfahrt ins Tal prüfte ich nochmals die aktuellen Entwicklungen - keine neuen Hiobsbotschaften, und die Zahlen für Frankreich sanken auch wieder etwas. In der Region rund um Barcelonnette war derzeit ebenso wenig Infektionsgeschehen. Ich entschied, wie geplant weiterzufahren. Über den Col du Loup radelte ich ins Ubay-Tal und weiter nach Barcelonnette. Obwohl es Wochenende war, überraschte mich doch die ungeheure Zahl an Motorrädern auf der Straße. So schlimm hatte ich das bisher noch nie erlebt, das dauernde Aufheulen der Motoren und die permanenten Überholmanöver waren wirklich unerträglich. Ich war froh wann immer ich auf kleine Seitenstraßen und Forstwege ausweichen konnte.

In Barcelonnette angekommen erschloss sich mir dann des Rätsels Lösung - es fand ein großes, dreitägiges Biker-Festival statt, und das eigentlich pittoreske Städtchen platzte aus allen Nähten. Das erste Mal auf meiner Tour waren zudem die Zeltplätze voll und hatten keinen Platz mehr für mich. Ich war definitiv zur falschen Zeit am falschen Ort. Meine Sympathien mit motorisierten Zweiradfahrern halten sich ja generell eh arg in Grenzen, und wenn sie mir dann auch noch den Schlafplatz streitig machen, trägt das meinerseits nicht unbedingt zur Verbesserung unseres Verhältnisses bei. Aber immerhin hatte ich mein nächstes großes Etappenziel erreicht, und letztendlich ergatterte ich ein paar Kilometer außerhalb des Städtchens noch einen freien Platz in einer Campinganlage, wenn auch umzingelt von Lederkutten-tragenden Easy Riders.

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