Die Ruhe vor dem nächsten Sturm

Die neun Tage in Finale Ligure waren eine wunderbare Auszeit. Das riesige Trail-Netzwerk war eine schier unerschöpfliche Spielwiese. Von der epischen Tagestour bis zum kurzen 200 Höhenmeter-Quickie bei labilen Wetterverhältnissen ist einfach alles möglich. Und all dies endet dann beinahe zwangsläufig mit einem Aperol am Meer. Zudem gab es fantastische Restaurants, und das soziale Umfeld um Speis und Trank ausgiebig gemeinsam zu genießen. Was für ein Kontrast zu den vielen einsamen Zeltnächten mit Netflix und Tütensuppe in den letzten Monaten. Ein Kuriosum war es für mich zudem, das erste Mal seit drei Monaten wieder in einem motorisierten Gefährt, sprich PKW, mitzufahren. Ich muss ja gestehen, sind schon ungemein praktisch, die Dinger. Geht bergauf doch etwas schneller und einfacher als mit meinem Radel.

Nur das Wetter spielte nicht immer ganz so mit wie erhofft. Nach ein paar lauen Sommernächten wurde es empfindlich kalt, und in den letzten Tagen zog zudem ein Sturmtief auf, das im weiteren Umkreis bei Nizza und im Piemont auch Todesopfer forderte. Ich war heilfroh, dass ich diese Gegenden schon vor zwei Wochen bei bestem Wetter durchquert hatte, und mir das Naturschauspiel nun von einer bequemen und trockenen Unterkunft aus ansehen konnte. Nur am letzten Tag, als wir dachten, der Spuk sei endlich wieder vorbei, erwischte uns dann doch noch ein heftiger Sturzregen bei der letzten Trailabfahrt, so dass meine Klamotten und insbesondere die Schuhe richtig schön triefnass wurden passend zum Start in die nächsten Bikepacking Etappen.

In meiner Naivität freute ich mich diesbezüglich ja auf angenehm genussreiche weitere Tage auf dem AVML. Die Wetterprognose war außerordentlich gut für die ganze Woche, und ich erwartete, dass ich bei strahlendem Sonnenschein gemütlich über Forstwege und Landstraßen in schönster Natur Richtung Genua cruisen würde, und natürlich bei Bedarf auch hin und wieder ein paar flowige Singletrails einbauen könnte. Aber es sollte anders kommen. Der AVML entpuppte sich als ein widerspenstiges Biest, das nochmals meinen ganzen Einsatz erfordern sollte.