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Did it!

Veröffentlicht: 16.09.2020

Nun also der Endspurt. 47 Kilometer und 1350 Höhenmeter bis zum Meer. Ein Klacks eigentlich, ich konnte es kaum noch erwarten. Morgens also schnell meine Sachen zusammengepackt und rauf auf den Drahtesel. Holprigen Forstwegen folgend, ging es erstmal weiter bergauf. Bis unterhalb des Monte Toraggio, der dominant über dem Tal der Nervia wachte. Auf Pfaden kämpfte ich mich an der steil abfallenden Westflanke entlang bis ich die Passhöhe erreicht hatte, und das erste Mal einen freien Blick auf das Mittelmeer hatte. Endlich. Ventimiglia zeichnete sich zwar immer noch erst weit entfernt am Horizont ab, aber nach den zwei Monaten mit tausenden von Bergen und unzähligen Pässen konnte ich es schon kaum noch glauben, dass dies jemals wieder enden würde. Und jetzt war es tatsächlich soweit. Hoch motiviert stürzte ich mich in den nächsten Trail, dabei dem Alta Via dei Monti Liguri folgend, einem Weitwanderweg der durch die kompletten ligurischen Berge führte, von La Spezia bis Ventimiglia.

Würde es nach mir gehen, hätte dieser Trail jetzt einfach immer bergab bis zum Ziel führen können. Aber der ligurische Grenzkamm ließ sich leider nicht so einfach bezwingen wie ich mir das vorstellte und hatte anderes mit mir vor. Der Trail führte zu einem Forstweg, und in einem stetigen Auf und Ab wurde jeder gewonnene Höhenmeter innerhalb kürzester Zeit gleich wieder zunichte gemacht. So ging das einige Kilometer bis zum Tete D‘Alpe, einem Aussichtspunkt ab dem ich laut Karte wirklich wieder Höhe verlieren sollte. Es folgte auch ein schöner Trail, allerdings machte sich langsam auch die Mittagshitze in der prallen Sonne bemerkbar, und so kam ich ziemlich durchgeschwitzt auf der nächsten Forststraße an. Nach kurzer Fahrt sollte gleich rechts wieder ein Trail abgehen. Sah recht zugewachsen aus, aber wenn mein Track das so sagte, würde es schon stimmen.

Kaum war ich weit genug vom Forstweg weg um nicht mehr so ohne Weiteres umdrehen zu können, stand ich ziemlich tief im Dickicht. Irgendwie musste mir hier bei der Tourenplanung ein Fehler unterlaufen sein, denn fahrbar war das nicht mehr. Über zwei Kilometer ging es auf einem mit nahezu undurchdringlichem Gebüsch und fiesen Dornenzweigen zugewachsenen Pfad auf grobem Geröll schiebend weiter. In sengender Hitze, fluchend, zerkratzt und schweißnass kämpfte ich mich immer weiter durchs Unterholz. So hatte ich mir die finale Abfahrt nun wirklich nicht vorgestellt. Zumal sich auch meine Wasservorräte dem Ende zuneigten. Ich war heilfroh als ich zur nächsten Forststraße kam. Es war schon früher Nachmittag, die Tour zog sich deutlich länger hin wie erwartet und mein Mund wurde immer trockener. Anstatt konsequent dem Alta Vei zu folgen, nahm ich nun öfter mal die Abkürzung über Fahrstrassen bis zu einem letzten Trail, der nach Camporosso führte. Nach weiteren 300 Tiefenmeter erreichte ich die erste Ortschaft seit drei Tagen. Endlich wieder zurück in der Zivilisation. Ich stürmte die nächste Bar und plünderte nahezu alle vorhandenen Vorräte an Softdrinks, Café und Speiseeis um dem drohenden Hitzetod doch noch von der Schippe zu springen.

Ab Camporosso waren es dann nur noch ein paar Kilometer auf einer sanft abfallenden Teerstrasse bis es wirklich nicht mehr weiter ging. Ich war am Strand angekommen, und das Mittelmeer funkelte und glitzerte wunderbar tiefblau direkt vor mir. Nach 2.000 Kilometern und 72.000 Höhenmetern im Sattel hatte ich es wirklich geschafft. Von St. Moritz bis Ventimiglia komplett mit eigener Muskelkraft, und nahezu Null Emissionen. Naja, mal abgesehen von dem durch die Haferflocken bedingten gelegentlichem Methan-Ausstoß vielleicht. 

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