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That is not the yellow from the egg

Veröffentlicht: 29.03.2018

März 2018 Momentan sind wir eigentlich vorrangig damit beschäftigt Geld zu verdienen, für unseren bevorstehenden Road Trip durch die USA bzw. Kanada. Eine genaue Route haben wir noch nicht geplant, dass hängt davon ab, wie viel Geld wir bis Ende Mai ansparen können. Da wir die nächsten Wochen sparsam leben wollen und auch ein Stück müssen, wenn wir viel sehen wollen - gibt es nicht all zu viel  Spannendes zu berichten. Außer von unserer Arbeit im Secondhandladen, dem Nahverkehr in Kanada, den generell schwachen Fahrkünsten der Kanadier, dem Zusammenleben mit kanadischen Studenten oder dem täglichen Kampf mit den kanadischen Lebensmittelpreisen.

Für den heutigen Blogpost werden wir nochmal von unseren Eindrücken auf Arbeit berichten. Da wir jetzt schon einen Monat dabei sind, konnten wir uns einen guten Überblick über die Arbeitgeber und Arbeitnehmer der kanadischen Arbeitswelt machen. Zu dem werden wir auch die Fragen beantworten, die im Beitrag "You are hired" unsererseits aufkamen: "Sind wir jetzt wirklich offiziell angestellt?" / "Bekommen wir wirklich 13$ pro Stunde?" / "Wieso gab es keinen Arbeitsvertrag, ist das überhaupt legal?"


In meiner ersten Woche begann meine Arbeitswoche schon am Sonntag (die Woche beginnt hier sogar im Kalender am Sonntag - sehr merkwürdige Regelung), wegen einem Sales-Day (der circa alle 3 Monate stattfindet) - sprich alle Textilien sind 50% günstiger und es wird ein Ansturm von Kunden erwartet - die sich auf die Schnäppchen stürzen wollen. Daher stand mir eine 6-Tage-Woche bevor, jippie - so viele Tage zum Aufhängen von Klamotten. Mittlerweile bin ich Profi im Aufhängen und schneller als meine zwei Kollegen. Leider macht es immer noch keinen Spaß und es stört, dass ich meinen Kopf nicht einsetzten kann. Zu dem fing jetzt auch meine Schulter an zu mucken vom exzessiven Aufhängen. Alle meine Kollegen denen ich von meinem Problem berichtete, sagten ich solle mit meinem Supervisor sprechen. Ich war etwas zurückhaltend, da ich ja gerade erst angefangen hatte dort zu arbeiten. Aber nachdem es wirklich nicht mehr ging, konnte ich meinen Supervisor Kyle überzeugen, dass ich woanders arbeite, Glück gehabt - ich hätte nicht gedacht, dass sie so nett reagieren. Von da an, dürfte ich "Rollen": das heißt die Klamotten im Laden aufhängen, dazu kommt noch das morgendliche "Push and Pull" (Platz schaffen für die neuen Sachen aus der Produktion - weil sonst die Kleiderstangen überfüllt wären) und die Instandhaltung des Ladens, wobei wir dafür jeden Tag in einer anderen Abteilung Ordnung schaffen. Dabei sortieren wir die Sachen nach den farbigen Preisschildern (jede Woche gibt es eine neues farbiges Preisschild). Außerdem werden die Sachen, die nicht in die Abteilung gehören aussortiert und dorthin gebracht wo sie hingehören. Endlich darf ich rumlaufen. Endlich darf ich meinen Kopf benutzen. Endlich abwechslungsreiches Arbeiten. Die "Aussortierung" der Sachen, die zu alt sind oder wovon zu viele im Laden sind, wurde von Woche zu Woche komplizierter, denn der Manager entschied, dass nicht alle Sachen  an Entwicklungsländer gespendet werden sollten. Sondern Sommer- und Wintersachen sollen aufgehoben werden. Den Grund dafür konnte uns keiner so richtig nennen, vielleicht für schlechte Zeiten. Unter Sommersachen fielen Klamotten die hell, leicht und farbig sind - dabei können sie auch langärmelig sein. Wintersachen sind eben das komplette Gegenteil, also dunkel und schwer...naja. Das war erst der Anfang, hinzu kam noch, dass kurzärmelige T-Shirts oder Tops mit Bügel in Umzugskartons verpackt wurden. Wieder wurde kein Grund genannt. Außerdem sollten Hosen mit einer bestimmten Nummer auf dem Preisschild auch in Umzugskartons gepackt werden. Und zu guter Letzt gab es noch eine Halloweenbox in die alles kam, was irgendwie aussieht, als könnte man ein Kostüm daraus machen...wie man sieht ziemlich verwirrend. Dazu wurde mir das auch erst gesagt, als ich dann schon so einiges in die Spendenbox getan hatte - das gab natürlich Ärger...ich versuchte mein Bestes, sowie meine Kollegen, die auch nicht wirklich bei diese Aussortiererei durchsahen. 


Meine Arbeitskollegen sind ein ziemlich bunter Haufen, die meisten von ihnen kommen von den Philippinen. Der Rest aus Indien, Russland, China, Japan, Tibet, USA, Großbritannien und natürlich auch Kanada. Die "Sitzordnung" im Pausenraum erinnert an einen Teenager Film. Bei dem jede Gruppe (coolen Kids, Nerds, Asiaten, ...) jeweils zusammen an einem Tisch sitzt. Dieses Muster kann man im Pausenraum auch erkennen, jedoch eher aufgeteilt in Ethnien. Ich versuche mich dabei nicht wirklich irgendwo zu zuordnen, wenn die Sonne scheint, verbring ich meine Pausen lieber im Freien, zusammen mit den Rauchern. Das sind Matt (Halb-Amerikaner), Mike (ursprünglich aus Quebec) und Maja (süße 19 Jahre) - alle drei Kanadier und mal welche von der netten Sorte. Am ersten Zahltag (alle 2 Wochen Freitags) wurden wir von den Dreien zum kleinen Umtrunk im nächstgelegenen Pub eingeladen (Patrick kam nach seiner Schicht noch dazu). Mit dabei waren unter anderem auch Kim (ca. Ende 40, blond-blaue-pinke Haare, super lieb), Bart (Supervisor, der eigentlich nicht mit uns Trinken gehen dürfte), Jody (Krankenschwester aus Großbritannien) und John (ruhiger Phillipino, mit sehr guten Englischkenntnissen). Alles in allem eine sehr lustige Truppe, die den Pub ordentlich unterhielt. Auf Grund der Lautstärke erhielten wir des Öfteren von unserer Bedienung eine Geste etwas leiser zu sein. Das kulinarische Highlight des Abends waren die Trüffel Pommes mit Parmesan....vorzüglich. Insgesamt war es ein sehr lustiger Abend und es war schön endlich mal wieder mit Leuten unterwegs gewesen zu sein. Unsere Arbeitskollegen gehen wohl jeden Zahltag eine Kleinigkeit trinken, dem werden wir uns wohl öfter anschließen.


Im Donation-Center (Patrick): Meine Aufgaben habe ich bereits in einem der vorangegangenen Blog-Einträge benannt: Meist schwere, sperrige und viele Sachen von den Kunden entgegennehmen und dann auf die entsprechenden Wägen sortieren. Da einige Kunden scheinbar Langeweile haben und unsere Strapazierfähigkeit testen wollen, werden mal eben eine halbe Bibliothek oder eben der ganze Kleiderschrank lose in unsere Spendenkarren geworfen. Meine Kollegen und ich dürfen das dann in Kartons oder Mülltüten umfüllen. Zusätzliche Arbeit, die wir meist nicht gebrauchen können, da das Donation-Center der zentrale Anlaufpunkt in Victoria ist, um sich seiner Sachen zu entledigen. Zu allem Überdruss haben auch im Value Village Personen etwas zu sagen, die von Nüscht Ahnung haben. Da gibt es zum Beispiel die eine Person (hoch wie breit, steht am liebsten rum und gibt Anweisungen), die nie im Donation-Center gearbeitet hat und mir einen Vortrag hält, wie ich meine Arbeit zu machen habe. Zum Beispiel darf ich die Wagen, auf der die Sachen gestapelt werden, nicht alleine bewegen, und dass, obwohl ich genauso schwer bin wie so ein leerer Wagen und zusätzlich noch Stahlkappenschuhe trage. Arbeitssicherheit und so. Wenn Arbeitssicherheit so ein großes Thema wäre, dann würde ich mal damit anfangen die Regale und Schließfächer, welche im Aufenthaltsraum stehen, an der Wand zu befestigen, in dem zu dem noch Mäuse hausen. Außerdem habe ich für eine kurze Zeit in einem Supermarkt Paletten bewegt, die weitaus schwerer waren als ein gefüllter Wagen, der circa 500 kg wiegt.

Meine Kollegen sind alle soweit sehr nett und die Arbeit macht Spaß. Jedem von uns stehen 3 Pausen über die Dauer der Schicht zu. Also quasi aller 2 h Pause. Allerdings gibt es auch in unserem 7-köpfigen Team den ein oder anderen (genauer 3), der besonders schnell ist beim Pausemachen (also schon nach gerade mal einer Stunde im Dienst Pause machen will), permanent fragt, ob er heute eher nach Hause kann oder sich weigert, mal länger zu bleiben, wenn wir gerade von Kunden überrannt werden. Generell gilt in Kanada: Wird auf der Uhr das Schichtende angezeigt, wird alles fallen und liegen gelassen. Dann bleibt man eben alleine mit einem Berg von Spenden auf dem Gehweg, der dummerweise dann auch noch die ganzen Drogen-Junkies anlockt, die dann natürlich alle Spenden durchwühlen. Auf Zurechtweisungen wird nicht reagiert. Meist machen sie auch noch was kaputt. Der ein oder andere dieser speziellen Personen soll sich wohl auch schonmal an dem Auto eines ehemaligen Mitarbeiters vergriffen haben, weil der ihm keine Zigarette geben wollte. Also wurden von dem Auto alle vier Reifen aufgeschlitzt. So sagt man, so wurde mir das übermittelt. Was davon wahr ist, weiß ich nicht. Vorsicht ist auf jeden Fall geboten. Wenn ich Spätdienst habe (14:30 bis 23:00 Uhr), steht mein Auto ab einer bestimmten Uhrzeit eh direkt vor dem Donation Center. Zusätzlich habe ich immer irgendeinen Gegenstand bei mir, den ich im Notfall zur Selbstverteidigung einsetzen kann. Man weiß ja nie, was bei solchen Leuten im Kopf abläuft. Hatten wir schon erwähnt, dass wir noch nie so viele Drogenopfer gesehen haben wie in Vancouver und eben auch in Victoria? Oh Canada...


Nun noch zu unseren Fragen des Blogpost "You are hired". Ja wir sind wirklich angestellt bei Value Village. Es ist wohl normal, dass es keinen schriftlichen Vertrag zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gibt und das ist auch rechtlich korrekt. Wir hatten auch nochmal nachgefragt. Unsere Vorgesetzte schaute uns recht verdutzt an und war glaub ich nicht ganz sicher was wir meinten. Aber sie bestätigte unsere im Internet durchgeführte Recherche zum Thema Arbeitsvertrag. Nun zum Wichtigsten, dem Gehalt. Unser erster Gehaltscheck war ziemlich mickrig, da wir diesen schon nach 1 Woche erhielten. Aber es waren wirklich 13$ die wir pro Stunde erhielten. Bei unserem zweiten Check  (2 Wochen später) sah es schon besser aus. In Kanada wird der Angestellte entweder 14-tätigig oder am 15. und 30. des Monats bezahlt. Zu unserer Überraschung werden Überstunden sehr gut entlohnt und zwar mit ca. 19$/h, dass heißt, wir arbeiten ab jetzt gern mehr sofern es uns angeboten wird. Denn man bleibt nicht einfach länger, sondern ein Supervisor fragt ob man länger bleiben möchte und wenn man zustimmt darf man länger bleiben. Wenn hier Feierabend ist, dann ist Feierabend, alles wird stehen und liegen gelassen und man lockt sich eifrig mit seiner Karte aus dem System - schließlich ist Feierabend...Schluss....Ende...Finito! Ab nach Hause. 

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