Reisefieber - Alltag ade
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Von Havanna nach Holguín

Veröffentlicht: 11.04.2019

Heute sollten wir nach dem Frühstück Cayo Levisa wieder mit der Fähre verlassen und mit dem Auto zurück nach Havanna zu fahren. Bei der Überfahrt zeigte sich der Himmel von seiner blausten Seite und so genossen wir die halbstündige Bootstour zum Festland. Als alle Passagiere von der Fähre stiegen, wurde eine scheinbar amerikanische Frau mit zwei Kindern von einem Kubaner abgeholt. Es schien so, als ob die vier in Kuba Urlaub machten und er aufgrund des Verbotes für Kubaner die drei alleine nach Cayo Levisa fahren ließ. Manchmal zahlt sich der Versuch etwas einfach zu probieren und eine Portion Optimismus eben aus, aber wahrscheinlich hatten wir auch einfach Glück, dass die Pässe nicht vorher kontrolliert wurden.

Über die Landstraßen erreichten wir mittags Havanna und fuhren zum Abschluss noch einmal den Malecon ab, bevor wir unseren Mietwagen abgaben. Erstaunlicherweise verlief auch hier alles ohne jegliche Probleme. Unsere Befürchtungen übers Ohr gehauen zu werden, hatten sich nicht bestätigt, auch wenn natürlich mein Vati als Kubaner auch eine Hilfe gewesen sein kann. Nur auf einen wirklich vollen Tank bei Anmietung sollte man achten. Wir können demnach das Mietautounternehmen „Via rent a car“ in Kuba nur empfehlen, bei dem wir über die deutsche Firma „Islands and more“ in München den Mietwagen ca. ein halbes Jahr vorher gebucht hatten.

Bis unser gebuchter Fernbus abends 20.45 Uhr fuhr, vertreiben wir uns wieder die Zeit bei dem Cousin meines Vatis, bei dem wir abermals mit einem leckeren Essen bewirtet wurden. Außerdem hatte der Schwager meines Vatis es geschafft, Tamales aufzutreiben, die mein Vati unbedingt in Kuba essen wollte. Tamales ist Meisbrei, der mit verschiedenen anderen Zutaten zubereitet und anschließend, in Maisblättern eingewickelt, gekocht wird. Außerdem schlachteten wir endlich die nun reif gewordene Mamey.

Gegen Abend fuhren wir dann wieder mit dem Lada meines Onkels zum Busbahnhof. Hier noch ein paar Worte zu den Autos in Kuba. Wie allgemein bekannt, sind Autos, vor allem neuerer Modelle, durch die Blockade der USA große Mangelware. Natürlich macht Havanna mit seinen vielen noch gut erhaltenen Oldtimern, die notgedrungen gehegt und gepflegt werden, einen Teil des Charmes Kubas aus. Dies zieht viele Touristen an, aber erleichtert nicht unbedingt den Straßenverkehr. Die alten Autos spucken schwarzen Ruß in Massen, sodass man entweder ständig die Luft anhalten muss oder im eigenen Mietauto dauerhaft nur Umluft an hat. Da wirken unsere Kohlendioxidgrenzwerte in Deutschland etwas paradox daneben. Viele Autos haben auch große Sicherheitsmängel, von abgenutzten Bremsen über nicht vorhandene Sicherheitsgurte. Nicht umsonst hing auch im klapprigen Lada meines Onkels ein Kreuz am Rückspiegel, welches er alle zwei Minuten anfasste. Am Anfang musste ich darüber noch schmunzeln, aber je länger wir zusammen gepfercht mit dem Gepäck in diesem alten Auto im chaotischen Verkehr steckten, desto sinnvoller fand ich es, ein paar Stoßgebete gen Himmel zu schicken. Außerdem ziehen die generell nicht vorhandenen Blinker ein ohrenbetäubendes Hupkonzert in Havannas Straßen nach sich. Überhaupt wird in Kuba keine noch so kleine Möglichkeit ausgelassen, sich mit einer (auch gerne originelleren) Hupe, bemerkbar zu machen. Ach Havanna, wir werden dich vermissen!

Der Plan war es, nach Havanna noch den Osten Kubas (auch Oriente genannt) zu erkunden, wo einerseits ebenfalls Familie wohnt und andererseits die Landschaft wunderschön ist und auch mein Vati Städte wie Santiago de Cuba oder Baracoa noch nicht kennt. Da die Strecke mit über 700km mit dem Auto sehr weit ist, entschieden wir uns diese mit dem Fernbus von Viazul zurückzulegen und dann in Holguín das zweite Mal ein Auto zu mieten. Eigentlich hat Viazul als Unternehmen keinen schlechten Ruf und viele Touristen nutzen diese Busse, doch seit dem wir bei unserem letzten Kubaaufenthalt vor 10 Jahren mit einem solchen Bus gefahren sind, scheint keine Erneuerung stattgefunden zu haben. Der Bus hatte seine besten Jahre schon deutlich hinter sich und es war zudem auch noch sehr dreckig. Da wir eigentlich Sitzplätze auf unseren Fahrkarten stehen hatten, dachten wir natürlich, Deutsch wie wir sind, dass zumindest das kein Problem sein sollte. Wie angekündigt wollten wir eine halbe Stunde vorher im Bus unsere Plätze einnehmen, dieser war jedoch schon fast komplett voll und unsere Plätze besetzt, da scheinbar das ungeschriebene Gesetz der freien Platzauswahl galt. Chris und ich bekamen gerade noch zu zwei Plätze nebeneinander ganz hinten im Bus vor der Toilette mit kaputten Rückenlehnen und mein Vati ergatterte noch einen Einzelplatz ganz vorne am Gang. Schon kurz nach dem Hinsetzen rannte neben mir eine Kakerlake über die Fensterscheibe. Und ich dachte mir:„Das fängt ja gut an, hier werde ich wohl kein Auge zu machen in der Nacht“. Und ja, es bestätigte sich, dass es 11 lange Stunden im Bus wurden.

Um 7.45 Uhr kamen wir ziemlich erledigt in Holguín an und wurden mit einem TukTuk-ähnlichem Gefährt samt Koffern von einem Familienmitglied abgeholt. Wir fuhren zu dem Haus meiner Tante (einer weiteren Schwester meines Opas) in dem aber auch ein weiterer Teil der Familie mit wohnt. Wir wurden wie immer herzlich mit langen Umarmungen empfangen und auch Chris wurde gleich in den Kreis der Familie aufgenommen und bekam den obligatorischen Begrüßungskaffee, ganz Old School mit gebasteltem Filter und Kaffe in einem uralten Vorratsgefäß aus dem Chemielabor meines Vatis.

Wir luden das Gepäck ab und fuhren erst einmal in die Stadt, um unser Mietauto abzuholen. Das Büro des Unternehmens sollte jedoch in einem Gebäude sein, welches gerade renoviert wurde und ein Bauarbeiter sagte uns, dass in dem ehemaligen Kino schon seit zwei Jahren kein Büro mehr ist. Wir hatten also ganz aktuelle Informationen bekommen. Nach ein paar Telefonaten bekamen wir dann aber doch noch die richtige Adresse heraus. Vor Ort verlief dann wieder alles ganz reibungslos, auch wenn wir einen Unfallwagen als Mietauto bekamen. Der Schaden wurde korrekt aufgenommen und ergab keinerlei Einschränkungen. Lustig war, dass wir gefragt wurden, ob wir denn Geschwister seien, da wir alle den gleichen Nachnamen tragen, was in Kuba nur bei Geschwistern der Fall ist. Wir klärten jedoch über die in Deutschland übliche Verfahrensweise auf, dass Kinder die Namen der Eltern haben und bei Heirat das Paar sich für einen Nachnamen entscheidet. In Kuba hat jeder zwei Nachnamen: der erste ist der erste vom Vater, der zweite der erste von der Mutter, so weiß man immer, von wem die Kinder stammen und bei Heirat behält jeder seinen Namen.

Danach erkundeten wir ein wenig die Stadt. Holguín erschien uns deutlich gepflegter und sauberer als Havanna. Es gab schöne restaurierte Häuser, viele begrünte Plätze und sogar das Don Quijote Pendant scheint etwas mehr her zu machen. Wir fuhren mit dem Auto auf den Stadthügel zu dem wunderschönen Aussichtspunkt Loma de la Cruz mit einem weißen Kreuz als Wahrzeichen. Man sagt, wer hier nicht war, hat Holguín nicht gesehen. Von hier hatte man einen grandiosen Blick auf die Stadt.

Zurück bei der versammelten zehnköpfigen Familie wurde uns ein großes Mittagessen aufgetischt: Carne con Papa (Fleisch in Soße mit Kartoffeln), Süßkartoffeln, Reis, Fufú de Platano (Brei aus Kochbananen) und frische Früchte. Anschließend tauschten wir ausgiebig Neuigkeiten aus und schauten uns Alben mit alten Fotos an. Chris und ich wurden auch ganz geduldig dazu aufgefordert viel Spanisch zu sprechen und man freute sich über jeden halbwegs richtig herausgebrachten Satz. Wir drei genossen die gemeinsame Zeit dort sehr und saßen noch bis spät abends in Schaukelstühlen plaudernd auf der Veranda.

Antworten (2)

Juliane
Also da habt ihr bisher wirklich viel erlebt und euer Tagebuch füllt sich fleißig. Euer Spanisch ist bestimmt schon viel besser. Genießt das Wetter, auch wenn es mal Wolken gibt. Hier gab es heute Schnee! :) Liebe Grüße von uns drei.

Karin
Tamales für Vati! Da hat er sich gefreut! Und Mamey, que rico! Holguin sieht wirklich gepflegt aus. Die Wiedersehensfreude mit der Familie in Holguin kann ich mir bildhaft vorstellen. Da habt ihr die kubanische Herzlichkeit wiederum kennengelernt.

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