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Peru: Iquitos

Veröffentlicht: 25.08.2018

Wie bereits erwähnt, sollte die Fahrt mit dem «Schnellboot» von Santa Rosa nach Iquitos etwa 10h dauern. Tatsächlich hat sie gute 15h gedauert, nachdem das Boot schon 1h zu spät abgelegt hatte. Es war der absolute Horror. Die ganze Sache kam einer Fahrt in einem unbequemen Reisecar gleich, wenn auch das Boot 2 Vorteile hatte: 1. Konnte ich im Gegensatz zum Car tatsächlich lesen, ohne dass mir schlecht wurde. 2. Konnte man im Heck des Schiffs rauchen. Wenigstens etwas.

Als wir endlich in Iquitos ankamen, war es schon wieder dunkel. Auch hier gab es nichts, was einem vernünftigen Hafen auch nur näher kommen würde. Während die Passagiere über eine wacklige Planke von Bord gehen mussten, meinte ein italienischer Mitreisender nur entsetzt: «This is very dangerous!» Tatsächlich war es das auch und man hatte hier einmal mehr das Gefühl, dass die Leute hier das gerade zum ersten Mal machen würden.

Wir schnappten uns ein Tuktuk und fuhren zu unserem Hostel, wo wir uns endlich ein wenig ausruhen konnten. Tuktuks sind das Hauptverkehrsmittel in Iquitos, es gibt tausende davon.

In Iquitos hatten wir erstmal nicht mehr vor, in den Dschungel zu fahren. Vorerst hatten wir erstmal genug des Dschungels. Allerdings gibt es in dieser Stadt einige gute Museen, das war für uns der Grund, hier noch einige Tage zu bleiben.

Zunächst einmal besuchten wir das historische Schiffahrtsmuseum. Das Museum ist auf einem originalen Dampfschiff aus der Anfangszeit der Amazonas-Schiffahrt untergebracht. Das Museum war wirklich sehr gut gestaltet, interessant und lehrreich.
Ab 1853 verkehrten die ersten Dampfschiffe auf dem Amazonas und revolutionierten und prägten die Gegend. Zuvor war es nämlich kaum möglich, flussaufwärts zu reisen. Häfen wurden angelegt, sowie auch Militärstützpunkte, der Handel begann zu florieren und aus kleinen Städten wie Iquitos wurden grosse Städte und Knotenpunkte. Iquitos ist heute die grösste Stadt der Welt, die nicht über eine Strasse zu erreichen, und nur auf dem Luftweg und durch Flüsse mit dem Rest der Zivilisation verbunden ist.
Insbesondere in der Zeit des Kautschukbooms nahm die Stadt zunehmend an Bedeutung zu. Die Entdeckung der Vulkanisierung durch Charles Goodyear führte nach 1839 zu einem enormen Wachstum der Nachfrage nach Kautschuk für die Industrie in Europa und Nordamerika. Bald war Kautschuk ein wichtiger Rohstoff von vielen Produkten der Industrialisierung. Der Kautschuk wurde in den tropischen Regenwäldern Amazoniens von wild wachsenden Kautschukbäumen gesammelt. Der Kautschukboom wurde gerade durch die extravagante Lebensart der Kautschukbarone geprägt, scheinbar nahm die Dekadenz solche Ausmasse an, dass dreckige Wäsche per Schiff nach London gesandt wurde, um dort gewaschen zu werden. Der Boom dauerte allerdings nur kurz, nicht einmal ein halbes Jahrhundert. Anfang des 20. Jh, nachdem ein Engländer 70'000 Samen des Kautschukbaums aus dem Amazonas nach England schmuggelte. Dadurch gelang es, die Kautschukbäume in Malaysia in grossen Plantagen zu züchten, worauf die Nachfrage nach wild gesammeltem Kautschuk in Amazonas komplett einbrach.

Spuren vom vergangenen Glanz dieser Tage sind jedenfalls sowohl in Iquitos als auch in Manaus bis heute zu sehen. Typisch für Iquitos sind beispielsweise die farbien Kacheln, mit denen die Fassaden der alten Herrenhäuser geschmückt sind.

Iquitos ist ausserdem bekannt für sein schwimmendes Stadtviertel Belen. Zu dieser Jahreszeit schwamm das Stadtviertel allerdings gar nicht, sondern lag auf dem trockenen. Als wir die Gegend besuchen wollten, wurden wir allerdings von einigen älteren Herren aufgehalten und gewarnt, dass es dort nicht sicher sei für uns. Wir hielten uns an den Rat und sahen von dem Besuch ab. Es handelt sich um ein sehr armes Viertel und es ist ja auch tatsächlich ziemlich geschmacklos, die dortigen Einheimischen als Touristenattraktion zu begaffen.

Stattdessen besuchten wir einen grossen Markt, der gleich vor dem Zugang zu Belen lag. Und ich muss sagen, obwohl ich in meinem Leben schon auf vielen mehr oder weniger appetitlichen Märkten gewesen bin, war dies defintiv der allerekligste Markt, auf dem ich je war. Abgesehen davon, dass es auf dem Markt wirklich abartig stank, gab es hier alles mögliche scheussliche, von geköpften Kaimanen, über «entpanzerte» Schildkröten bis hin zu gehäuteten Affen. Pfui teifel. Tatsächlich hatten wir gelesen, dass auf dem typischen Speiseplan von Iquitos leider einige bedrohte Arten stehen. Und auch Jörg hatte schon in einem Comedor Fleisch von einem Pekkari vorgesetzt bekommen. Ich halte mich da schon lieber konsequent an mein Poulet.

Wir besuchten ausserdem noch das Museum der indigenen Amazonas-Kulturen. Im Amazonas gibt es noch einige Stämme von sogenannten «Freiwillig-isolierten» Stämmen. Diese Leute sind vollkommen isoliert von der Aussenwelt und leben ein Leben wie seit hunderten von Jahren. Für einige Stämme in der Grenzregion Brasilien/Peru ist es typiscch, dass sie keine Kleider tragen. Sie ernähren sich von der Landwirtschaft und Fischerei und leben in einfachen Hütten. Teilweise reagieren sie auch äusserst aggressiv und gewaltbereit, wenn Fremde in ihre Gebiete eindringen.
Im wirklich interessanten Museum werden verschiedene Stämme und deren Bräuche vorgestellt, die mehr oder weniger isoliert in den Amazonasregionen in Brasilien, Kolumbien, Peru und Bolivien vorkommen.

Am Nachmittag gönnten wir uns dann jeweils noch ein paar Pisco Sours auf dem Malecon von Iquitos.

Nun war es an der Zeit für uns, der brütenden Hitze des Amazonas zu entfliehen. Wer hätte gedacht, dass wir uns je auf den peruanischen Winter freuen würden?
Auf geht’s nach Lima!

Antworten (1)

Manuela
Ich würde mich über einen Samen des Kautschukbaums freuen......🙂

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