Wir reisen, also sind wir
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Bolivien: Potosi

Veröffentlicht: 07.11.2018

Von Cochabamba nach Potosi gab es mal wieder nur Nachtbusse zur Auswahl, jedenfalls wenn man einen halbwegs anständigen Bus wollte, der für die lange Reise etwas Komfort bot. Wir erwachten früh morgens, und stellten fest, dass der Bus stehen geblieben war, und alle Leute eilig ihre Sachen zusammen packten, um in einen anderen Bus zu steigen. Schon wieder eine Panne! Das war ja wirklich kaum zu glauben! Obwohl der Chauffeur mehrmals versicherte, dass bald ein Ersatzbus kommen würde (auf genaueres Nachfragen gab er dann zu, dass es schon noch etwa 1.5h dauern würde), hielten die anderen Leute andere Busse an, die vorbeikamen. Irgendwann waren nur noch Jörg und ich und ein paar wenige andere übrig, also beschlossen wir, ebenfalls nicht bis auf die Ankunft des Ersatzbusses zu warten, sondern auch einen anderen anzuhalten. Es war auch wirklich nicht mehr weit bis nach Potosi. Gesagt, getan und schon bald fanden wir uns in einer ziemlich vollen Schrottkiste von Bus wieder, der aber sogar zur selben Buslinie gehörte, so dass wir nicht mal extra zahlen mussten. Etwa eine Stunde später kamen wir dann auch in Potosi an.
Da das Busterminal von Potosi ziemlich weit ausserhalb der Stadt liegt, fragten wir eine junge Frau, was das Taxi in die Stadt etwa kosten würde. Sie bot uns sofort an, uns mit ihr und ihrer im Rollstuhl sitzenden Mama das Taxi zu teilen. Natürlich nahmen wir das Angebot an, luden den Rollstuhl und unseren Krempel ins Auto und fuhren los. Am Hotel angekommen, luden wir all unseren Krempel aus dem Auto, und das Auto fuhr los. Und dann merkten wir, dass uns eine Tasche fehlte! Jörgs kleine Umhängetasche hatten wir im Taxi vergessen! Das konnte doch alles einfach gar nicht wahr sein!!!!!! Ich hatte angenommen, dass er die Tasche bei sich trug, so wie er es normalerweise immer tat. Tatsächlich hatte sie wahrscheinlich irgendwo zwischen dem zusammengeklappten Rollstuhl gelegen, so dass sie uns vor lauter eiligem Ausladen mitten auf der Strasse unter Gehupe vom Auto dahinter, uns von den Damen verabschieden, Taxi bezahlen und an der Hoteltür klingeln, nicht aufgefallen war. Es war zum heulen! Glücklicherweise hatten wir nichts Wertvolles in der Tasche gehabt, ausser ein paar wenigen Bolivianos und einem teuren Stück Käse, welches wir als Wegproviant gekauft hatten. Aber Jörg hängt halt an der Tasche selber, daher glich die Situation einmal mehr einem Supergau. Nachdem wir unseren Krempel im Zimmer abgestellt hatten, waren wir schon halb auf dem Weg zurück zum Busterminal, um dort den Taxifahrer zu suchen, als der Hotelbesitzer an der Zimmertür klopfte und meinte, soeben habe Karina angerufen, die junge Frau, die mit uns im Taxi war. Ihr sei aufgefallen, dass wir unsere Tasche vergessen hatten, der Taxifahrer sei schon auf dem Weg, um sie zu uns zurückzubringen. Sie gab uns sogar noch Namen und Telefonnummer des Taxifahrers. Und tatsächlich....20 Minuten später war die Tasche wieder da...wir hatten tatsächlich ein leichtes Déjà vu an unsere Zeit in Tela in Honduras. Was für ein verdammtes Glück wir zum zweiten Mal hatten, und auf welch liebe und freundliche Leute wir getroffen waren! Hatte sich also unsere Pachamama-Zeremonie beim Yatiri in La Paz doch gelohnt, dachten wir mit einem Augenzwinkern.


Nach diesem mehr als holprigen Start in Potosi ruhten wir uns erstmal ein wenig im Zimmer aus, bevor wir uns auf den Weg in die Stadt machten, um uns ein wenig umzusehen und eine Wäscherei zu suchen. Jeder Ausländer, den wir unterwegs trafen, fragte uns, ob wir ein offenes Restaurant gesehen hatten. Da fiel uns ein, dass heute ja Sonntag war. Schon zuvor hatten uns andere Reisende erzählt, dass Potosi sonntags wie ausgestorben sei, wie sich nun herausstellte, waren nicht mal die Restaurants geöffnet und alle Gringos verzweifelt auf der Suche nach was Essbarem.


An diesem Sonntag fand auch noch eine Prozession statt, bei der man die Virgen (de la irgendetwas) aus der Iglesia de la Merced durch die Stadt trug, und natürlich sahen wir uns das Spektakel an.

Wir trafen sogar nochmals auf ein Paar aus Österreich, welches wir ebenfalls schon aus Torotoro kannten (auf dem Gringotrail trifft man wirklich immer wieder dieselben Leute), kamen in ein längeres Gespräch und befanden uns schlussendlich selber auf der Suche nach einem Lokal für ein gemeinsames Abendessen.


Als die Spanier Südamerika eroberten, waren sie lange auf der Suche nach dem sagenumwobenen El Dorado, welches sie aber niemals fanden. Stattdessen fanden sie den Cerro Rico (Reicher Berg) in Potosi, der voll von Silber und anderen Mineralien war. 1545 wurde die Stadt Potosi gegründet, und ab da begann der Abbau des Silbers. Einst war Potosi die grösste und reichste Stadt in den Amerikas, galt sogar als eine der grössten Städte der Welt zu dieser Zeit. Noch heute gibt es im Spanischen das Sprichwort „ Vale un Potosi“, was soviel bedeutet wie „es ist Gold wert“.
Niemand weiss genau, wie viel Silber von den Spaniern von Potosi aus nach Europa geschafft wurde, aber es waren Unmengen. Die Indigenen wurden als Sklaven oder Billigarbeiter in die Minen gezwungen. Offenbar hatte man es auch mit Sklaven aus Afrika versucht, aber diese waren nicht nur zu gross für in die kleinen Stollen, sondern hielten angesichts der Höhe (Potosi liegt auf 4067 m.ü.M) nicht lange durch und starben reihenweise. Nur wenige überlebten und wurden dann andernorts (zb. Im Dschungel) eingesetzt, schliesslich war ein gekaufter afrikanischer Sklave viel zu teuer, um nach kurzer Zeit in den Minen zu sterben. Aber auch die Indigenas wurden gnadenlos ausgebeutet. In 12h Schichten arbeiteten sie täglich und schliefen sogar in der Mine, so dass sie monatelang kein Tageslicht zu sehen bekamen. Die Arbeitsbedingungen waren katastrophal, die Menschen starben an Silikose (Staublunge), an Unfällen, einstürzende Schächte oder durch den Kontakt mit Quecksilber beim Schmelzprozess. Man geht heute davon aus, das während der 300-jährigen Kolonialherrschaft der Spanier 8 Millionen (!!!) Menschen am Cerro Rico ihren Tod fanden.
Im 19. Jahrhundert begannen die Silbervorkommen immer weniger zu werden. Die Boomzeiten der Stadt sind längst vorbei und die Armut begann sich auszubreiten. Auch heute noch ist Silber im Cerro Rico zu finden, allerdings nur noch wenig und von schlechter Qualität. Dafür hat zwischenzeitlich der Abbau von Blei, Zink und Zinn an Bedeutung gewonnen.
Immer noch klettern täglich 15'000 Männer (und etwa 100 Frauen) in die Minenschächte hinab, um ihr Glück zu suchen. An den Arbeitsbedingungen hat sich seit dem 16. Jh kaum etwas geändert. Die Arbeit ist nach wie vor sehr gefährlich, da das Gestein mit Dynamit herausgesprengt wird. Und die Mehrheit der Männer, die ca. im Alter von 18 Jahren mit der Arbeit in der Mine beginnen, sterben in jungen Jahren (ca. 40) an Silikose (Staublunge), die durch das Einatmen von Feinstaub verursacht wird und zu einer Lungenfibrose führt.
Die Minen gehören heute grossen Kooperativen, von denen die Bergleute die Schürfrechte kaufen, und dann auf eigene Rechnung das Gestein abbauen. Wenn man Glück hat, kann man von einem in den Berg getriebenen Schacht 30 Jahre leben, wenn man Pech hat, findet man an der ausgewählten Stelle gar nichts.
Wenn man den ganzen Berg röntgen könnte, gliche er wohl einem Schweizer Käse, soviele Schächte wurden im Lauf der Jahrhunderte auf verschiedenen Ebenen in das Gestein gesprengt. Es sind wohl etwa 5000 Schächte, wie man uns sagt.


Für Touristen gilt es als Highlight einer Reise nach Bolivien, eine Tour in die Minen zu unternehmen, wobei es sich um eine nicht ganz ungefährliche Sache handelt. Entsprechend muss man bei Buchung der Tour unterzeichnen, dass man die Gefahren zur Kenntnis nimmt, und der Veranstalter jegliche Haftung ablehnt. Wenigstens ist es seit einigen Jahren verboten, im Beisein von Touristen Sprengungen durchzuführen. Natürlich liessen auch wir uns dies nicht entgehen und buchten eine Tour in die Minen.

Am nächsten Morgen wurden wir im Hotel abgeholt und dann gings erstmal zum Umziehen. Wir wurden mit Überkleidern, Stiefeln und ausserdem Helm und Stirnlampe ausgerüstet. Es gab sogar Stiefel in Jörgs Grösse!
Die Touren werden von ehemaligen Mineuren durchgeführt, da die sich im Berg genau auskennen. Das gibt einem einen wirklich authentischen und interessanten Einblick in ihr Leben. Die Mineure sind ausserdem sehr stolz auf ihren Beruf, erzählen gerne von ihrem Alltag und nehmen den frühen Tod scheinbar leichthin in Kauf (jedenfalls scheint es nach aussen so), Nachfragen danach und nach der berüchtigten Silikose werden mit einem Achselzucken abgetan. Trotzdem gilt es als üblich, dass in der Mine viel Alkohol getrunken wird, und zwar das richtig hochprozentige Zeug, um die Angst zu bewältigen. Ausserdem kauen die Arbeiter Coca-Blätter in Unmengen, dies gegen den Hunger. Lebensmittel können keine in die Mine mitgenommen werden, beziehungsweise würden durch den allgegenwärtigen Staub sofort ungeniessbar werden. Anstatt Mittagessen gibt es also Coca.
Zunächst führte uns unsere Tour auf den Markt der Mineure. Potosi ist wohl der einzige Ort auf der Welt, wo man legal Dynamit kaufen kann, einfach so im Laden. Auch ausserhalb der Stadtgrenzen Potosis im restlichen Bolivien ist es höchst illegal, es eigne sich daher nicht als Mitbringsel für zuhause, meinte unser Guide lachend. Dabei lässt er so ganz nebenbei noch eine Dynamitstange fallen, um uns zu demonstrieren, dass sie nicht einfach so explodiert. Trotzdem bin ich ganz schön zusammengezuckt, als sie am Boden auftraf, das kann ich euch sagen. Das Dynamit wird mit Nitrat angereichert, um einen grösseren Spreneffekt zu erhalten. Eine Stange Dynamit, ein Päckchen Nitrat und eine Zündschnur kosten 20 Bolis (ca. 2.90 Fr.). Im Laden gibt es alles zu kaufen, was das Herz der Mineure begehrt: Dynamit, Arbeitsausrüstung, Schutzkleidung, Helme (es gibt sogar Helme aus Deutschland im Angebot, aber die sind für die meisten Arbeiter unerschwinglich), Werkzeuge, Getränke, Nahrungsmittel, Coca.
Es gehört auf den Touren zum guten Ton, dass die Touristen auf dem Markt Geschenke für die Mineure kaufen, Sachen, die sie in ihrem Alltag benötigen. Zur Auswahl stehen: Dynamit für die Arbeit, Fruchtsaft für die Gesundheit, Coca-Blätter gegen den Hunger oder Alkohol gegen die Angst. Als Jörg fragte, welches Geschenk das Beste sei, antwortete unser Guide grinsend, eine Bohrmaschine Marke Bosch, Typ sowieso, Kostenpunkt etwa 1500 Dollar. Tja, klare Frage, klare Antwort. Wir entschieden uns dann doch für eines der sonst vorgeschlagenen Mitbringsel und kauften je eine Portion Dynamit und eine Flasche Fruchtsaft. Ja genau, das war das erste und mit grösster Wahrscheinlichkeit auch das letzte Mal in unserem Leben gewesen, wo wir Dynamit kauften. Mal Shoppen auf etwas andere Art.


Ausgerüstet mit unseren Geschenken ging es anschliessend los zur Mine. Wir hatten uns für die spanische Tour gemeldet, wo wir insgesamt nur zu fünft waren. Ein junger Kerl und ein älteres Paar aus Argentinien. Das ältere Paar gab allerdings bald einmal auf, da es schon ziemlich anstrengend war, durch die engen und tiefen Schächte zu krakseln und in die tieferen Ebenen hinunterzuklettern. Ausserdem musste man sich immer vor vorbeirasenden Loren in Acht nehmen, da diese nicht bremsen können. Unterwegs trafen wir immer wieder auf Bekannte von unserem Guide, die einige Fragen beantworteten und gerne unsere Geschenke entgegen nahmen.

Unser Guide erzählte, dass auch er selbst noch in die Minen gehe, wenn es gerade keine Touren gäbe. Im Berg gäbe es immer Arbeit. Wenn man selbst keine Konzession erwerben kann für einen eigenen Schacht, kann man sich von anderen „Chefs“ anstellen lassen. Oder man bietet seine Dienste an als Lorenstosser an, um Gestein und Aushub aus dem Berg zu transportieren (die Loren-Leute blieben niemals stehen, um mit uns zu reden, weil sie nach Fuhr bezahlt werden und so stets unter Zeitdruck stehen), oder auch als Putzer. In der Mine gibt es immer Arbeit, das wiederholte er immer wieder. In Potosi gelte es als Schande, wenn Männer in der Stadt um Geld bettelten, das seien alles faule Kerle. Betteln dürfen nur die Frauen, die Männer hätten in die Mine zu gehen. Für jeden gäbe es in der Mine etwas zu tun. Auch wenn einem ein Bein fehlt oder ein Arm, sei das keine Entschuldigung. Sicher könne man mit nur einem Bein keine Lore stossen, aber man könne sicher noch mit dem riesigen Bohrer Sprenglöcher ins Gestein bohren, dafür brauche es schliesslich nicht 2 Beine. Wir schlucken leer. Mancher unserer IV-Bezüger und Arbeitslosen in der Schweiz würde hier wohl ziemlich auf die Welt kommen.
Er fragte einen der „Chefs“ im Stollen, wieviel er uns bezahlen würde, wenn wir in der Mine unser Reisegeld aufbessern wollen. 150 Bolivianos am Tag, meinte der Chef, also etwa 21 Fr. Ähm danke für das Angebot, aber nein danke. Sicher, für bolivianische Verhältnisse ist das sicher kein schlechter Lohn, aber die Arbeitsbedingungen sind einfach zu prekär. Es ist eine Qual durch die engen Stollen zu kriechen, abwechselnd ist es heiss und kalt. Die Kletterei in die tieferliegende Ebene war sogar noch schwieriger als unser Ausflug in die Caverna Umajalanta in Torotoro. Man klettert durch enge Löcher, über steile Hänge, überquert Spalten im Fels über eine schmale, lose in den Weg gelegte Holzlatte und ständig muss man aufpassen, nicht irgendwo runter zu fallen, oder sich übel den Kopf zu stossen. Aber das allerschlimmste ist der Staub....der allgegenwärtige, fürchterliche Staub. Obwohl wir ein Tuch vor Mund und Nase gebunden hatten, hatte ich noch 3 Tage später das Gefühl mein ganzes Gesicht, mein Mund, meine Nase, meine Luftröhre, Lunge und ganzes Inneres sei voll von diesem grässlichen Staub.
Wir kletterten nur bis ins 2. Level von vielen hinunter und besuchten dort 2 Männer. Der eine war gerade daran, mit einem Pickel Brocken aus dem Gestein zu schlagen, während der andere mit einem riesigen Bohrer Löcher vorbereitete, wo später Dynamitstangen platziert würden. Gesprengt werde normalerweise gegen Mittag und am Abend, wird uns erklärt. Wahrscheinlich nachdem die Touristengruppen den Berg verlassen haben. Wie wir es schon in der Bernsteinmine getan hatten, kaufte Jörg auch hier dem Arbeiter einen kleinen Stein mit Silber ab, den er gerade aus dem Berg gehauen hatte. „Frisches Silber“ lachte der Mann. Auch hier zahlten wir mit etwa 2 Fr. natürlich wieder viel zu viel für einen solch winzigen Stein, aber wir hatten die Hoffnung, dass der Mann mit seinen Kollegen dafür abends ein gutes Bier trinken kann, so wie es damals schon die Mineure in Simojovel taten. Und wir erhielten im Gegenzug ein wirklich spezielles Souvenir, ein Andenken an die Hölle auf Erden sozusagen, denn das ist es hier im wahrsten Sinne des Wortes.


Auf dem Rückweg begegneten wir ihm tatsächlich, dem Teufel. Es handelt sich um eine kleine Statue, die von den Arbeitern gemacht wurde, und der sie Opfer darbringen. So gläubig und religiös die Männer auch sind, hier unten hat nicht Gott sondern der Teufel das Sagen. Als Opfer bringen sie Alkohol, Cocablätter und Zigaretten dar, um für Glück, erfolgreiche Tage und Gesundheit zu bitten. Auch wir spenden eine Zigarette für das Wohl der Männer. Unser Guide zündete sie an, nahm ein paar Züge und steckte sie dann dem Teufel in den Mund.


5 Tage die Woche arbeiten die Männer in der Mine. Diejenigen, die selber Schürfrechte für einen Schacht besitzen sind ihre eigenen Chefs und können sich die Zeit selber einteilen. Diejenigen, die sich anheuern lassen, werden nach Leistung bezahlt. Samstags wird nur am Vormittag gearbeitet. Mittags findet ein Markt statt, bei dem die Mineure ihre Mineralien an weiterverarbeitende Firmen verkaufen können. Nachmittags gehts zur Bank, um die Schecks einzulösen. Die Banken haben Samstag nachmittags nur für die Mineure geöffnet, Zutritt erhält man nur mit Ausweis. Dies vor allem um die Mineure vor Raub zu schützen, da sie mitunter grosse Geldbeträge heraustragen. Anschliessend wird der Gewinn der Wochein der Gruppe aufgeteilt und dann gehts erstmal los zum Bier kaufen. Sonntags lässt man es sich gutgehen, bevor es am Montag wieder zurück geht in den Stollen.

Es ist wirklich ein hartes Leben hier, und einmal mehr verlassen wir die Mine mit gemischten und etwas mulmigen Gefühlen, aber mehr als dankbar für all die Privilegien, die uns zuteil geworden sind. Für unser Leben in einem wohlhabenden Staat, für gute Arbeitsbedingungen, sichere Arbeitsplätze, anständige Löhne, für unsere gute Ausbildung. Nein, tauschen würden wir nicht wollen, das würde wohl niemand. Den ganzen Tag hallen diese Gefühle intensiv nach, all diese bestürzenden Eindrücke lassen einen (zum Glück) so schnell nicht wieder los.


Den restlichen Tag verbrachten wir damit, ein wenig durch die Stadt zu streifen und uns die vielen Kirchen und Kolonialbauten, Überbleibsel aus früheren Glanzzeiten, anzusehen.


Am nächsten Tag besuchten wir noch das Casa Nacinal de la Moneda, eine Hauptattraktion Potosis und definitiv auch eines der besseren Museen des ganzen Kontinents. Der Besuch ist nur mit einer Führung möglich. Da es die nächste verfügbare Tour war, machten wir den Rundgang in Englisch und wir erhielten einen Guide zugeteilt, der offenbar früher Geschichtsprofessor war, und seine Erläuterungen ganz besonders inbrünstig und theatralisch zum Besten gab.
Es handelt sich hier um eine ehemalige Münzprägestätte, die von den Spaniern in Betrieb genommen wurde, und von wo aus die ungeheuren Mengen an Silber in Form von Münzen die neue Welt in Richtung Europa verliessen. Dieses Silber überschwemmte bald die ganze Welt und gilt als die erste Weltwährung, so dass die Potosi Mint als wichtigste Münzprägestätte des gesamten Kolonialreichs galt.
Die ersten Münzen wurden noch von Hand mit einem Münzhammer gemacht, dabei zählte lediglich das Silbergewicht (1 Unze Silber = 1 Peso) und noch nicht eine schöne Form, weshalb die Münzen sehr ungleichmässig waren. Da Silber sehr weich ist, war es damals üblich, dass Leute Stücke des Silbers am Rand der Münze einfach abbissen, so dass sie immer mehr an Gewicht verlor.

Spätere Ausgaben wurden mit Kupfer legiert, um das Material widerstandsfähiger zu machen. Ausserdem wurde die Streifenprägung am Münzrand eingeführt, so dass man erkennen konnte, wenn jemand Stücke abgebissen hatte.

Eine Theorie besagt sogar, dass das Dollarzeichen seinen Ursprung in Potosi hat. Sämtliche Münzen wurden mit einem Zeichen versehen, das die Herkunft der Münze angibt. Auf den Münzen aus Potosi wurden die Buchstaben P, T, S und I übereinandergelegt eingeprägt, als Zeichen für „Made in Potosi“. Wenn man nun nur noch das S und das I nimmt, entsteht dadurch das Dollarzeichen.

Neben alten Münzen sind im Museum ausserdem noch originale Walzmaschinen aus Holz zu sehen, die im 18. Jh. Aus Österreich importiert worden waren, und von Pferden angetrieben wurden. Der Transport der Maschinen aus Österreich dauerte sehr lange, da die Maschinen in Einzelteilen per Schiff angeliefert wurden und mit Lamas und Pferden von der Küste rauf nach Potosi transportiert werden mussten. Das Silber wurde zuerst zu schmalen Barren gegossen und anschliessend gewalzt, um eine bessere mechanische Festigkeit zu erhalten. Anschliessend wurden die Münzen ausgestanzt und geprägt. Hier war zeitweise sogar eine Prägemaschine im Einsatz die von Leonardo Da Vinci entworfen worden war.

Später wurden die alten Maschinen durch Dampfbetriebene ersetzt, wodurch 40 Münzen pro Minute hergestellt werden konnten.

Im Jahr 1909 wurde das Silber für die Münzen durch Kupfer, Nickel und Zink ersetzt und neu fanden elektrische Maschinen ihren Einsatz.

Die Münzprägeanstalt war bis zum Jahr 1951 in Betrieb, dann kam das Aus. Heute werden Boliviens Noten und Münzen im Ausland hergestellt.

Der Rundgang war wirklich wahnsinnig interessant und der Besuch des Museums äusserst empfehlenswert. Für Fotos müsste man eigentlich extra zahlen, was wir nicht getan haben. Da aber viele in unserer Gruppe eine „Fotolizenz“ hatten, fiel es gar nicht auf, dass wir die ganze Zeit Guerilla-Fotos gemacht haben.


Am gleichen Nachmittag wollten wir noch nach Uyuni weiterreisen und schnappten uns einen Bus vom alten Busterminal. Da wir morgens verschlafen hatten, und entsprechend spät dran waren, kamen wir auch erst ziemlich spät abends in Uyuni an.






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