weltsam
weltsam
vakantio.de/weltsam

Ecuador (3): AMAZONAS - CUYABENO

Veröffentlicht: 16.02.2018

12.02.

40. Tag

Nach einer ziemlich durchschüttelten Nacht kommen wir morgens um 6:30 Uhr in Lago Agrio an. Wir werden aus dem Bus geworfen und setzen uns in das Restaurant D'Mario, bei dem wir später abgeholt werden sollen. Da zur selben Zeit alle möglichen Busse und Gäste hier ankommen, dauert es ewig, bis man Frühstück bestellen kann und noch länger, bis man es bekommt. Es gibt nur einen Kellner. Und ungefähr 250 Leute. Respekt. Auf der Straße vor dem Restaurant stehen zwei Stände mit den Emoliente-Angeboten, die ich aus Peru schon kenne, diese schleimigen Aloe Vera Drinks, die immer so Fäden ziehen beim Trinken und die Leute einen angucken, als hätte man ein enormes Problem und sich dann angeekelt weg drehen. Egal. Ist gesund und darum kaufe ich mir einen und ziehe meine Fäden. Langsam treffen einige Leute von den verschiedenen Lodges ein und trommeln ihre jeweiligen Gruppen zusammen. Ich weiß, dass ich in der Nicky Lodge bin und da so ein komischer Typ herumläuft mit einem Nicky Lodge Aufkleber auf der Brust, gehe ich hin und stelle mich vor. Es stellt sich aber heraus, dass dieser blonde Mann in den Vierzigern auch nur ein Tourist ist, der aber von seiner Agentur einen so schönen Aufkleber bekommen hat. Allerdings ist er hier der absolut einzige mit sowas. Er stellt sich vor als Markko aus Finnland. Auch andere Leute sprechen ihn an, weil sie ihn mit dem Leiter unserer Gruppe verwechseln. Tatsächlich kommt aber irgendwann eine Frau, die uns zusammen ruft und wir steigen in den Bus. Und Überraschung: ich stehe nicht auf der Liste für diese Tour. Soll aber wieder kein Problem sein. Sie regelt das irgendwie. Die Fahrt über schnacke ich mit Markko und versuche noch ein wenig zu schlafen.

Ich hatte befürchtet, dass in dieser Gruppe diesmal alles voller Deutsche sein würde, weil so viele in dem Restaurant rumhängen. In unserer Gruppe ist es aber nicht so, wir sind 13 Leute zusammen gewürfelt aus den USA, Finnland, Tschechien, Spanien und Schottland.


Nach knapp 3 Stunden kommen wir dann an dem Fluss an, wo wir in das Boot umsteigen sollen. 



Hier gibt es aber vorher noch Mittag. Ein bisschen Reis und Erbsen aus einer Tupperdose. Jamann. 


Dann werden wir ihn unser Motorkanu verfrachtet und los geht die Fahrt. 


Drei Stunden steuert der Fahrer das lange, schlanke Boot den Fluss abwärts hin bis zur Lodge. Ich sitze wieder neben Markko, wir sind die einzigen beiden Reisenden, die alleine hier sind. Er ist ein sehr witziger Typ. Hat einen anständigen skandinavischen Humor und wir verstehen uns blendend. 


Mit an Bord sind auch drei jungenm Biologen, Jake, Chad und Benjamin aus Kalifornien und das ältere Rentnerehepaar Yannis und Walter, die auf Saint Croix Leben. Diese fünf Leute sind besonders an den wahnsinnig vielen Vögeln hier interessiert. Sie entdecken so viele Sachen, die ich nie gesehen hätte. Es ist super spannend. Meistens sehe ich nur irgendwie einen schwarzen Punkt zwischen den anderen schwarzen Blättern in der Ferne, vielleicht in einer etwas anderen Form. Die fünf sitzen aber da, schreien vor Freude, beschreiben den Vogel aufs Genaueste und erklären mir einiges zu ihren Verhaltensweisen. Ich sehe allerdings immer noch nur eine verändertes Blatt. Aber man lernt ja nie aus. 





Nach drei Stunden, hunderten von Vögeln und Affen kommen wir an der Lodge an. 


Wir werden mit einer leckeren Limonade begrüßt. Dann werden wir auf unsere Zimmer gebracht. Ich teile mir einen Raum mit Zou aus China, die allerdings schon zwei Tage hier ist und morgen abreist. 



Anschließend wird es so langsam dunkel, und wir gehen auf eine Nachtwanderung. Unsere Gruppe hierfür besteht aus Markko, einem anderen Ehepaar aus den USA und einem Dänen, die reisen auch alle morgen ab. Es ist super spannend, durch den Dschungel in der Nacht zu gehen, nur mit einigen Taschenlampen und zwischen den riesigen Netzen der Spinnen zu wandern und sich von monströsen Insekten anfliegen zu lassen. 




Noch dazu wimmelt es hier nur so von Moskitos. Allerdings habe ich mich vorbereitet, bin immer brav lang angezogen und benutze viel Mückenspray. Wir sehen wahnsinnig viele Spinnen, Grashüpfer, Frösche und Käfer, das alles in einer Größe, wie ich sie von zu Hause garantiert nicht kenne. 




Nach einer Stunde geht es zurück in Richtung Lodge. Hier werden wir direkt von einer großen Tarantel auf dem Weg begrüßt, die sich fröhlich den Weg zu unseren Zimmern kuschelt. 


Um 20 Uhr gibt es Abendessen. Meistens gibt es eine Suppe, Reis und irgendwas Fleischiges. Wir sind alle auch schon sehr kaputt und nach dem Essen geht es direkt ins Bett. Zou will mit mir noch eine Gesichtsmaske auflegen. Da Zou aber aus China kommt, sind alle ihre Gesichtsmasken mit dem sogenannten Weißmachereffekt versehen. Nein, danke. Ich möchte das nicht. Ich möchte schön braun sein. Ungesund und braun.



13.02.

41. Tag

Aufstehen. Duschen. Ich hätte nicht gedacht, dass Duschen so geil sein kann. Das ist mit Sicherheit die luxuriöseste Dusche auf der ganzen Reise. So eine Art Regendusche und eigentlich hat das Bad auch keine Wände, sondern du duschst halbwegs im Freien. Super schön.


Um 8 Uhr gibt es Frühstück in dem Aufenthaltshaus. Das ist auch so gestaltet, dass es eigentlich gar keine Wände hat, sondern nur ein Dach gibt.




Um 9.30 Uhr machen wir eine walking tour durch den Dschungel um die Lodge herum. Es sind nur Markko und ich und der Guide Romulo. Warum wir beide separiert worden von der restlichen Gruppe, wissen wir nicht genau. Wahrscheinlich war die Gruppe zu groß, aber unsere ist mit zwei Leuten dann doch recht klein im Gegensatz zu den elf Leuten in der anderen Gruppe. 








Wie dem auch sei, für uns ist das umso besser, können wir uns doch wirklich Zeit nehmen für die Papageien und Insekten und besonders beeindruckend sind auch die Fußspuren des Jaguars mit seinem Baby. 

Romulo war sehr begeistert, da die Fußspuren von diesem Morgen sein müssen. Nach drei Stunden walking tour chillen Markko und ich noch etwas im Cuyabeno River. Ein bisschen komisch ist das schon, denn in dem braunen Wasser kann man nicht sehen, was um einen herum schwimmt und wir wissen ja nunmal, dass hier alles nur so von Schlangen, Kaimanen und Piranhas wimmelt. Aber solange man nicht blutet, knabbern die auch nicht, heißt es. 



Ich lerne in der Zwischenzeit etwas Finnisch. Viele Worte, die man hier besser nicht hinschreiben sollte. Haha. Um 13:30 Uhr gibt es Mittag und danach haben wir jede Menge freie Zeit bis 16 Uhr. Ich chille einfach in der Hängematte und genieße die Ruhe und die Geräusche des Dschungels, beobachte, wie ein Vogel ne Schlange mampft. 


Dann geht es am Nachmittag noch mal mit dem Kanu los, zum Birdwatching und Affen beobachten. 






Dann ist Taranteltime. Diesmal läuft mir ein lilanes Exemplar aus der Muppetshow über den Weg.


Nach dem Abendessen sitze ich noch etwas mit den Brüdern Chad und Benjamin zusammen, bevor es wieder in die langen Hosen, Gummistiefel und Longsleeve geht, Mückenspray drauf und dann raus. 

Eine Stunde lang machen wir eine Nachtwanderung, diesmal mit der ganzen Gruppe, wieder sehen wir viele Spinnen, aber auch Skorpione und viele andere Insekten. 





Einen Moment genieße ich besonders, indem unser Guide Evy sagt, wir sollen alle unsere Lichter ausmachen und einfach lauschen. 30 Sekunden sind es nur. Alles ist schwarz und wir stehen mitten im Dschungel und lassen uns von den Tieren anfliegen, bekrabbeln und hören einfach nur auf die Geräusche. Ich würde fast sagen, das war der beste Part des ganzen Trips. Ich habe es geliebt. Wieder auf dem Zimmer kriege ich fast eine Panikattacke. Irgendwas Krauses, Gewebeartiges hängt mir von der Stirn herab und egal wie ich mich schüttel, es will nicht weggehen. Irgendwann merke ich, dass es meine eigenen Haare sind, die nur deutlich krauser sind als sonst. Vielleicht bekommt mir die Hitze ja doch nicht so gut. Haha




14.02.

42. Tag

Heute geht es schon früh raus. Um 6:30 Uhr gibt es eine morgendliche birdwatching Tour im Kanu für zwei Stunden. Highlights diesmal sind die Tukane und Papageien, die wir sehen. Bilder kommen noch, die sind auf der Kamera und ohne Laptop bekomme ich die gerade noch auf mein Handy.  Aber auch die kleinen Fledermäuse, die am Baum kleben, sind süß.



Nach dem Frühstück wird wieder eine Stunde gechillt in der Hängematte, ich penne direkt ein. Um 10 Uhr fahren wir dann mit dem Kanu los in Richtung eines indigenen Familienstammes. Wir werden herzlich empfangen von der 84jährigen Mama Aurora, die hier wohl das Sagen hat. 



Wir stellen uns alle vor auf ihrer eigenen indigenen Sprache. Yamame Moira, jakito alemana, ako, deojee siguayee.

Ob man das jetzt so schreibt, weiß ich natürlich nicht, aber es heißt nicht viel mehr als:

ich heiße Moira, ich bin Deutsche, eine Frau, vielen Dank.

Wir lernen einiges über die einheimischen Früchte, die mir bis heute gänzlich unbekannt waren. Dann ernten wir die hier zu den Hauptnahrungsmitteln zählenden Yucca Wurzeln, 



schälen sie, 


reiben sie, 

pressen sie aus in aus Blättern geflochtenen Vorrichtungen, 



sieben das trockene Yuccafleisch, so dass ein Pulver entsteht, 

das in eine Pfanne aus heißem Seeschmodder gepresst wird, und fertig ist unser Yoga Brot. Absolut beeindruckend!


Es schmeckt nicht nach viel, aber zusammen mit Thunfischsalat, Rinderhack, Guacamole, Schokoladensauce und Bohnen wird das zu einem echten Fest. 

Wir probieren noch die einheimischen Früchte wie Zapate, Guanabana, Macao und einige andere Sachen. 




Und natürlich gibt es nichts gegen eine proteinreiche Larve als Snack zwischendurch...



Aus grünen Bananen und dem Rest von dem Yuccasud machen die Indigos noch einen Bananenpfannkuchen für uns. 


Es geht zurück zur Lodge, hier haben wir noch eine kurze Pause, bevor wir am Nachmittag direkt wieder los starten mit den Kanus in Richtung zum großen See, dem Lago Grande. 2 Stunden sind wir hierher unterwegs, schauen uns noch jede Menge Vögel an und sehen kurz vor dem See dann tatsächlich auch die rosa Delfine. (Leider keine Fotos gerade)


Diese sind eigentlich grau, heißen nur so, denn wenn sie wirklich lange unterwegs sind, werden sie vor Anstrengung rosa. So wie wir auch, wenn wir laufen und rot werden. Natürlich sieht man nicht viel von ihnen, nur wenn sie etwas auftauchen aus dem Wasser.


Ich unterhalte mich viel mit dem Rentnerpaar Walter und Yannis, sehr interessierte und sehr offene Leute. In der Mitte des Sees springen wir ins Wasser und Schwimmen eine Runde. Es ist traumhaft schön, wird aber langsam dunkel. Jetzt wird es Zeit dafür, einige Kaimane zu finden. 


Man leuchtet einfach mit der Taschenlampe umher und irgendwo sieht man dann die Augen in den zugewachsenen Plätzen aufleuchten. Das erste Exemplar ist ein Black Cayman von rund 4 Metern. Liegt da gemütlich rum und macht nix. 





Der nächste ist zwar etwas kleiner, allerdings sind wir mit dem Boot näher dran und ich lehne mich auch ganz gut raus, um ein paar bessere Bilder machen zu können. Offenbar bin ich aber zu nah dran, denn ganz plötzlich bewegt sich der Kaiman so zackig auf mich zu, dass wir alle schreien und ich zurückschrecke und Markko hinter mir fast ins Wasser fällt. Ich bin klitschnass, weil mich der Kaiman durch diese Bewegung von oben bis unten mit Wasser bespritzt hat. Jetzt ist er aber abgetaucht. Ha, das war irgendwie cool.

Eine kleine Boa finden wir auch noch.


Zurück in der Lodge gibt es Abendessen. Wir haben hier immer nur zweimal am Tag etwas Strom, um unsere Kameras aufzuladen, ansonsten haben wir hier natürlich keinen Empfang oder irgendetwas. Jetzt werden auf dem Tisch die Kerzen angezündet, eigentlich ganz nett, es ist ja Valentinstag. Ich bleibe nach dem Essen noch sitzen mit Chad, Ben, Jake (den drei Biologen Jungs), mit Markko, Jeffrey und Justin, auch aus den USA. Markko kauft eine Flasche Tequila und eine Flasche Rum. Ich halte mich hier sehr zurück. 


Es ist aber ein lustiger Abend bis es um 11 Uhr wieder ins Bett gehen.



15.02.

43. Tag.

Wieder geht es früh raus am Morgen und wir machen ein bisschen Birdwatching. 


Nach dem Frühstück müssen wir dann auch schon Sachen packen, noch einmal die geile Dusche nutzen und dann geht es um 9.30 Uhr los. 


Es hat in den letzten Wochen sehr wenig geregnet hier, darum ist der Wasserstand sehr niedrig. Als der Kanufahrer aussteigen muss, um das Boot ein Stück weit zu ziehen, springe ich auch mit rein und helfe ihm. Meine Hose ist jetzt zwar bis zum Gürtel nass, aber dafür war es erfrischend. Noch ein paar Mal laufen wir auf und müssen ziehen. Der Sohn von einer Einheimischen ist auch mit an Bord. Er ist ein neugieriger kleiner Mann, der mich auf Spanisch ausfragt:

Gibt es in Deutschland auch Bäume?

Gibt es in Deutschland auch Straßen?

Gibt es in Deutschland auch Zahlen?

Ein sehr aufgeweckter Kerl.

Dann, nach dreieinhalb Stunden kommen wir wieder an dem Punkt an, wo uns der Bus abholt. Hier bekommen wir etwas zu essen.

Der kleine Junge verabschiedet sich, indem er mich stürmisch umarmt. Supersüß.


Da wir so lange im Boot gebraucht haben, rast der Bus wie blöde durch die engen Straßen. Wir brauchen für den Weg diesmal nur zwei Stunden bis nach Lago Agrio, wo uns dann wiederum ein anderer Bus bis nach Quito bringen soll.

Da ich nun wieder Internet habe, schreibe ich Pablo, um zu fragen, wann ich meinen großen Rucksack heute Nacht bei Ankunft abholen kann. Er fragt mich, ob ich schon ein Hostel gebucht habe. Da ich das noch nicht habe, bietet er mir an, in dem Gästezimmer in seiner WG zu pennen. Sehr entspannt. Auf der sechsstündigen Fahrt nach Quito sitze ich neben Jake, dem ruhigen Biologen, der zur Zeit in Quito wohnt und arbeitet. Er ist unheimlich nett, aber auch sau schüchtern, und ein Gespräch mit ihm ist immer etwas schwierig, weil er sich kaum traut, selbst auch mal eine Frage zu stellen. Um 10 Uhr kommen wir in Quito an.



…weiterlesen auf Ecuador (4): QUITO

Antworten

Ecuador
Reiseberichte Ecuador