Veröffentlicht: 25.10.2025







Alle Märkte sind gleich. Wenn das einer weiß, dann ich. Ich war heute auf meinem siebten oder achten Wochenmarkt hier in Italien. Es ist kaum zu glauben, aber jedes Dorf, das hier etwas auf sich hält – und sei es noch so klein – hat seinen eigenen Markt. Und das ist gut so. Hier wird eingekauft, gequatscht, gelacht und einfach nur gute Laune getankt.
Der heutige in Orbetello ist allerdings etwas Besonderes. Die Stände werden direkt am Kai zur Lagune Feniglia aufgebaut, keinen Meter vom Meer entfernt. Das Angebot ist auf diesen Wochenmärkten fast immer das gleiche: Kleidung, Schuhe, Keramik, Haushaltsartikel, Teppiche, Schmuck, Handy-Utensilien – und natürlich alles an Leckereien, was der Magen begehrt.
Ich habe ja schon beschrieben, wie unsere Marktbesuche ablaufen: strikt getrennt. Während Icke auf die Jagd nach Schnäppchen geht, schlendere ich durch die Stände, lasse mich treiben, bleibe mal hier stehen, mal dort, und beobachte das Spektakel. Nach etwa einer Stunde wird mein Kaffeedurst dann so unerträglich, dass ich in die nächste Bar stürme und fast schon auf Knien bettle: „Un caffè, per favore.“
Da sitze ich dann, schlürfe meinen caffè – der ist nach unseren Maßstäben eigentlich ein Espresso – und genieße den Augenblick. Ich sehe, wie die Bedienung, ein junges Mädel von höchstens sechzehn Jahren, ein Tablett mit einem Berg von Croissants zu einem Tisch mit fünf, sechs Buben bringt, die sich wie junge Tiger darauf stürzen, während ihre Oma sich vergeblich bemüht, sie im Zaum zu halten. Croissant – eine gute Idee. Ich bestelle auch eins … oder am besten gleich zwei.
Am Nebentisch sitzen fünf Frauen zwischen fünfzig und sechzig Jahren. Jede hat zwei Stühle: einen, auf dem sie sitzt, und einen zweiten für die Einkäufe vom Markt. Die werden ausgepackt, herumgereicht, begutachtet und schließlich mit einem anerkennenden Kopfnicken für gut befunden. Ich habe das Gefühl, dass jede der Frauen redet und keine nur zuhört. Zwischendurch lachen alle laut auf, die Gäste an den Tischen rundherum zucken kurz zusammen – und grinsen dann verständnisvoll.
Eine junge Mutter kommt mit ihrem Kinderwagen zum Frauentisch. „Ohhhs“ und „Ahhhs“ sind zu hören, ehe die Mama das Baby aus dem Wagen holt und an eine der Frauen – wahrscheinlich die Oma – weitergibt. Ja, und dann macht das Baby die Runde, von einer Frau zur nächsten. Es wird gestreichelt, geküsst, seine Haare werden glatt gestrichen – und ich glaube, wenn sie könnten, würde jede gerne die Oma sein und das kleine Ding am liebsten mit zu sich nach Hause nehmen.
Auch die schönste Kaffeerunde geht einmal zu Ende. Die Verabschiedung – wie auch die Begrüßung – ist für mich das Highlight. Da wird reihum gedrückt, umarmt, geküsst, sich an den Händen gehalten und sich lange mit einem liebevollen Lächeln in die Augen geblickt. Und das ist nicht nur bei den Frauen so!
Und bei uns? In Bayern heben wir die Hand, raunen ein „Servus“, drehen uns um und gehen unserer Wege.
Ja … das ist einer der Momente, in denen ich auch gerne ein Italiener wäre.
