2017 VespamerikasuR 2019
2017 VespamerikasuR 2019
vakantio.de/vespaamerikasur

ab 10.05.: Von San Pedro de Atacama - 2.440 m - nach Tocopilla

Veröffentlicht: 12.05.2017

10.05.

die nacht war nicht ergiebig. die düsenaktion hat mich noch verfolgt - vielleicht liegt es auch an den 2.300 m höhe...

heute ist es bewölkt. sehr ungewöhnlich und auch entsprechend kalt, trotzdem frühstücke ich draußen,  und als die sonne sich kurz blicken lässt, mache ich noch ein foto von meinem sitzplatz im hof.

die chile-straßenkarte auf dem tisch.
wie soll es nach san pedro de atacama weitergehen?

Nette, schon fast herzliche verabschiedung vom herbergsvater.
Der himmel hat sich wieder zugezogen und eröffnet mir somit ein völlig neues wüstenbild. bisher haben die farben ocker und blau dominiert, jetzt sind es grau- und violetttöne, die durch den wüstenstaub recht verhangen sind. jeder aquarellmaler hätte seine freude an diesem bild. ich fahre nicht die panamericana, sondern eine bundesstraße, die bei weitem nicht mehr die qualität hat, die ich gewohnt bin. mit schlaglöchern muss ich rechnen und auch mit über mehrere kilometer sich erstreckende unebenheiten, die recht anstrengend sind.
dafür ändert sich das landschaftsbild recht schnell. noch sind es die kupferminen, die die landschaft bestimmen und ihr den ursprünglichen reiz nehmen. es ist raubbau an der natur und ein eingriff in die landschaft. überall auf der ebene die unnatürlichen abraumberge, lange staubige trassen, die sich in die flächen reinschneiden. es hat eher etwas von einem industriegebiet, zwar nicht so wie bei uns, aber es ist einfach störend, aber für chiles wirtschaft die "cashcow".
am horizont sind jetzt windräder zu erkennen, in einer zahl, die mich vom landschaftsbild an die autobahnen nach bremerhaven oder wihelmshaven erinnern. bei dem permanenten und auch starken wind ist das sicherlich eine gute investition. und einige kilometer weiter kommt ein hinweisschild auf eine fotovoltaik-anlage, die sowohl die sonneneinstrahlung als auch die langgezogenen flächen bestens nutzen kann.
noch vor einer stunde in weiter ferne, so kommen doch jetzt die schneebedeckten 5 und 6-tausender in erkennbare nähe. und wieder die bange frage, die sich in meine gegenwart brennt: komme ich da jemals rüber?

Imposante vulkankegel, die sich in den himmel strecken

Absteigen geht nicht. Im gegensatz zur panamericana fehlen hier die leitplanken als anlehner, und die straßenschilder stehen im weichen schotter...

Das licht ändert sich, etwas grün von den wüstenpflanzen sind ungewohnte farbklekse hier in der tiefen einsamkeit - wenn da die

autos nicht wären. aber auch hier sind es nicht viele

Wüstenstaubfahnen, die der kräftige seitenwind vor sich her treibt...

Der Wind spielt mit dem lehmhaltigen und entsprechend formbaren Mineral seine Spielchen

Beunruhigend während eines großen teils dieser tour ist, dass ich das gefühl habe, mehr talfahrten zu haben, als mühsames bergansteigen. aber san pedro liegt 2.400 meter hoch. und trotzdem machen mich die steigungen, die ich gerade abfahre doch etwas in der frage unsicher, wie ich die übermorgen wieder hochkommen soll. düse verkleinern?

nicht lange und ich komme auf einem staubigen platz in san pedro an. der himmel ist immer noch grau-violett-blau und diesig, auf dem platz fällt mir ein gelber vw-bulli auf, der mich an noras abenteuer in eben so einem gelben bus erinnert. ich schaue interessiert rüber, ernte nette blickkontakte und lasse mich einfach langsam zu drei lang-zeit- travellern hinrollen. erst sind es zwei, ein argentinier, der kunstgegensstände bastelt und eine peruanerin - aber dann sehe ich im innenraum noch einen kleinen nachwüchsling - etwa anderthalb jahre alt bestens gelaunt in seinem kinderstühllchen sitzend. ja sie sind schon lange unterwegs. der bastler aus argentinien ist nicht ihr mann oder partner, sondern ein motorrradfahrer wie ich, der sich scheinbar der kleinfamilie angeschlossen hat. ihren mann habe ich nicht getroffen. schon eine obskure situation. es hat etwas von reiseabenteuer pur und von höchstem improvisationstalent. der kleine heisst eliot, die beiden anderen namen weiss ich nicht mehr. Sie kochen gerade spaghetti mit parmesan und bieten mir auch einen teller an. wenn sie heute nicht ihren standplatz gewechselt hätten - irgendwo wild campen, wäre ich noch mit einer flasche wein aufgekreuzt.

Auch hier ist die wintersaison zu spüren. ich habe das dreibettzimmer für mich

nette verabschiedung und ich fahre dank navigation direkt zu meinem schon in calama gebuchten hostel. auch ein lehmhaus mit einem großen innenhof, von dem die verschiedenen zimmer, küche etc betreten werden können. alles picobello. die vepse packe ich komplett ab und lasse sie draussen stehen. hier in dem 5.000 seelendorf wird schon nichts passieren.

ich stärke mich mit einer tasse tee, schreibe apps und gehe dann in das dorf, um mir die tour zu den geysiren, die 4.200 meter hochliegen für morgen zu organisieren. es gibt viele angebote für die nähere umgebung, aber die entscheidung hatte ich schon getroffen.

Viele, die wild campen und nicht jeden tag duschen können, nehmen langsam die farbe des staubes an.
haare und hautpartien..

später, als ich mich noch durch die staubige "fußgängerzone" treiben lasse gibt es noch ein ganz beeindruckendes abschlussbild dieses tages.

Ein vor sich hin dampfender vulkan oder eine optische täuschung?

11.05.

heute morgen klingelt der smartiealarm um halb 5. um ca. 5 werde ich abgeholt zu der tour zu den geysiren. im sprinter ist es kalt und wir fahren anderthalb stunden durch die dunkelheit. ich höre tschaikowski und liszt, schlafe ein wenig und werde dann durch die ansagen unseres guides geweckt. ich bin der einzige gringo, der rest kommt aus chile, braslilien, argentinien. ich möchte nicht, dass der guide wegen mir noch eine englischfassung einlegt und sage, ich könnte ihn gut verstehen. das hat auch ganz gut geklappt.
kurzer halt noch bei der organisation, die für das areal zuständig ist und 10 tsd clp haben möchte und dann geht es los. wir sind 4.200 meter hoch, die tiefatmung wird zwar nicht zur schnappatmung, aber gerade in den ersten minuten geht jede kleinste bewegung auf das herz. das gibt sich dann aber und nun wandern wir mit steinen vorbezeichnete wege entlang zu den wasserfontänen, die aus dem boden sprudeln und einen mords wasserdampf entwickeln. noch ist die sonne nicht zu sehen. minus 4 grad machen sich bemerkbar. es ist schon beeindruckend. wir gehen auf normalem boden und sehen, wie sich aus kleinen löchern der wasserdampf quält, oder wie es darin sprudelt und blubbbert. wie zu hause beim eierkochen. und es ist bewegung in dem schauspiel. während bis eben noch nur leises und zaghaftes sprudeln zu vernehmen ist, schießt ohne vorwarnung eine wasserfontäne aus der öffnung und versetzt um sich rum alles in nebel. die geräusche, die aus der tiefe der erde zu kommen scheinen, hören sich gefährlich an. ich frage mich, wie die verantworlichen wissen können, das auf den stellen, wo die touristen laufen dürfen nicht gerade in dem augenblick ein kleiner krater sich öffnet und statt feuer wasser spuckt? ich halte die hände in das kochendheisse wasser und probiere es. es schmeckt etwas salzig, aber nicht schwefelig und riecht auch nicht so.

Das, was eben noch fontäne war, verwandelt sich bei dieser morgenkälte sofort in weissen dampf


90 grad kommen da aus dem erdinneren geschossen, mal mit mehr, mal mit weniger druck und scmeckt nicht nach schwefel

die sonne ist mittlerweile über die bergrücken gestiegen, der mond ist weg - es ist vollmond und die fahrt hier begleitete er uns mit seinem silbernen licht - es wird langsam warm und die hänge auf den bergen zeigen unterschiedliche farben und schichten.

Vor 150 mio jahren fing es mit der plattenverschiebung zwischen pazifik und kontinent an - eher kleinere dimensionen und vor 60 mio jahren kam es zu den heute so beeindruckenden faltungen. und die anden wachsen laut wikipedia immer noch. 7.500 km ziehen sie sich an der pazifikküste entlang und stellen beeindruckende 6 tausender zur schau.

Trotzdem hat mich der perito moreno mehr beeindruckt.
Auf der heimfahrt sehen wir noch eine gruppe lamas, die sich routiniert für die fotografierenden touristen in pose stellt.

Sie waren schon einmal kurz vor dem aussterben, aber sie sind wieder da und haben keine scheu vor den menschen

Am nachmittag sind wir wieder da und anstelle eines mittagsschläfchens muss ich mir darüber klar werden, wie es nun weitergehen soll, den jama pass rauf, der stolze 4.200 m auf der höhenmeter-skala zeigt, oder zurück nach calama und von dort weiter nördlich nach peru.
ich komme jetzt nicht weiter und möchte lieber die düse an der vespa noch weiter verjüngen, um für die fahrt morgen gerüstet zu sein. gegenüber von dem hostel gibt es ein breites schiebetor, hinter dem sich bestimmt viel platz und schatten befindet. denn in der prallen sonne den vergaser ausbauen und düsen zu manipulieren stelle ich mir nicht so schön vor.
ich klopfe an die schiebetür und wenig später erscheint der eigentümer des grundstücks. misstrauische miene. "Soy thomas de alemana", stelle ich mich vor und versuche ihm nun den recht komplizierten sachverhalt zu erklären, warum ich gerne auf seinem grundstück meinen vergaser auseinander nehmen will.
er wird neugierig, versteht aber nicht alles und ruft seinen freund an, der englisch kann und für mich übersetzt. ja ich darf den platz benutzen und nach zwei stunden experimentierens bin ich fertig.
es kommt dann noch ein netter nachbar dazu, der den trick mit der düsenverjüngung kennt und mir sogar noch kupferdraht schenkt. also wieder eine nette chilenen-bekanntschaft.

ich habe nur eine chile- und eine perukarte und gehe jetzt in die stadt, um mich mit bolivien und argentinien einzudecken.
in alex, der mit seiner vespa von alaska bis runter nach feuerland und dann weiter nach montevideo gefahren ist https://www.vesparicana.de/
finde ich einen guten ratgeber in sachen ausrüstung und straßenbeschaffenheit.
wenn ich schon so nah an der argentinischen grenze bin, kann ich doch den jama-pass nutzen und von dort nach salta weiterfahren. der jama-pass wurde auch von meinem motorradpärchen empfohlen - nur war jetzt die frage, wie ich dann weitermachen will. ich mache es kurz:
auf dem jama-pass schneit es schon, eine 15 km lange steigung, die geradeaus nach oben geht und eine streckendistanz von 170 km lassen mich von dem gedanken abstand nehmen und morgen wieder zurück nach calama und von dort gen norden nach peru weiterfahren.


Nachmittagsimpressionen

12.05.

heute habe ich meinen ersten sandsturm erlebt!! und das auf 3.400 m höhe. für uns beide eine große herausforderung. denn nicht nur der sturm als solcher, sondern auch die tatsache, dass er von vorne und von der seite kam. und dazu die langgezogenen steigungen, die die vespa schließlich mit stolzen 21 km/ h geschafft hat. diese situation - schafft sie es oder bleiben wir liegen - hat bestimmt anderthalb stunden beansprucht.
als dann aber der scheitelpunkt kommt freue ich mich auf die abfahrt und auf den nächsten anlehner für pause und fotos. aber keine chance. der wind läßt uns nicht aus seinen klauen. also weiterfahren und hoffen, dass lkw und busse den wind richtig einschätzen und genug abstand beim überholen lassen. ich sehe die planta de fotovoltaica wieder und wenig später die windräder, die so dicht an die straße gebaut sind, dass ich erst einen schreck kriege: ein lkw kommt mir entgegen und es sieht so aus, dass die spitze des flügels das
fahrerhäuschen des lkw trifft...
ein foto habe ich gemacht - unter höchster kraftaufbietung, das aber
nur ansatzweise das wiedergibt, was heute los war.
Windräder hier, ein paar kilometer weiter eine große fotovoltaik-plantage

Ich beabsichtige, in calama, durch das ich in jedem fall muss, zu entscheiden, ob ich weiterfahre oder hier noch eine oder zwei nächte einlege. auch hier in der stadt bläst der wind gnadenlos und nimmt stellwände mit die das menue des tages anbieten.
ich finde einen geschützten platz, an dem die vespe nicht umgeblasen wird und finde auch ein restaurant, das auch das tagesmenue anbietet. zwei große säle, die mich an ddr-zeiten erinnern. unterschiedliche musik aus unterschiedlichen boxen, die kellnerin in schwarz und weiss. es wird ein 4 gänge menue für 5 clp angeboten, zuerst einen salat wahlweise mit thunfisch oder huhn, dann die mir schon bekannte gemüsesuppe und dann bin ich schon satt. danach soll es noch gegrilltes geben, de nachtisch passt noch in form von ananaskompott.
nach dem studium der landkarte und nach einem blick auf die uhr ist mir klar, dass ich in calama bleibe und wieder mein mir bekanntes hostel auf suche.
es bieten sich jetzt zweii möglichkeiten: durch die berge hoch gen norden oder an der küste entlang. ich schaffe bei bergtouren 150 km, bei langstrecke und mit rückenwind, dann schon 300 km. da die ruta 1, die direkt an der küste entlang entlang geht und später sowieso auf die panamericana in die berge führt, entscheide ich mich jetzt für die küste, die noch dichter besiedelt ist.
für den nachmittag habe ich einen besuch bei jose in der werkstatt auf dem plan. es muss eine lösung für das aufbocken der vespa gefunden werden. er schaut sich das problem an, weiss sehr schnell eine lösung und deren umsetzung dauert eine stunde. jetzt kann ich die vespa vollbepackt auf den seitenständer stellen und bin unabhängig von leitplanken und straßenschildern, die nicht im weichen schotter stehen
dürfen.
Jose, der mit wenigen blicken weiss was getan werden muss und nach einer stunde handanlegen, stolz den daumen reckt.
Eine kleine  veränderung des seitenständers ermöglicht es, dass er die schwere last halten kann.
Die vespa kippt nicht mehr zur seite, sondern steht wie eine eins!!!

Eine straßenkarte von argentinien will ich mir hier noch besorgen, aber die beiden buchhandlungen müssen leider passen. Wann ich wieder eine stadt in dieser größenordnung antreffe? Lima vielleicht.

Der abend zeigt mir nach meinem erlebnis in vallenar mit dem beerdigungsgottesdienst, wie hier "kirche zelebriert" wird. zum einen steht das portal immer offen und ist ohne treppen vom hauptplatz zugänglich. ob gottesdienste oder andachten sind, jeder kann rein, ob es die kinder auf ihren skateborards sind, die hunde, oder unentschlossene, die einfach mal stehen bleiben und das geschehen von draussen verfolgen wollen.
vom nachmittag weiss ich, dass hier heute abend etwas stattfinden wird. es wurden musikinstrumente, notenständer und mikros aufgestellt und ich kann mir nicht vorstellen, dass am abend zarte kirchenlieder begleitet werden sollen.
als ich die kirche betrete, befinde ich mich in einem regelrechten weihrauchnebel. die kirche ist bis unters dach mit weihrauchschwaden eingehüllt und ich denke mir, der muss ja auch eine stimmulierende wirkung haben.
Erst findet die abendandacht statt, und dann ruft der altehrwürdige und respektable pastor die mitglieder der familie nach vorne, die eine noch eingehüllte heiligenstatue zur weihe gebracht haben. mittlerweile ist hier schon fast volksfeststimmung. der pastor segnet und besprüht die erste und später dann auch die zweite mit weihrauch und dann hat die musikgruppe - bestehend aus bestimmt 10 leuten ihren einsatz. Sicherlich sind es "heilige" lieder, aber mit so viel temperament gesungen und begleitet, dass sich die ersten gottesdienstbesucher schon im passenden rhytmus dazu bewegen. ich höre die panflöte, banjos und gitarre heraus und natürlich das schlagzezug, das voller inbrunst vom schlagzeuger bearbeitet wird.


Der schlagzeuger voller inbrunst
Die panflöte ist einfach der hammer!

Zwischenzeitlich verirrt sich ein hund im gewirr der vielen menschenbeine, findet aber ohne bellerei den weg wieder zurück aus der band. ich vermute, er ist dank der offenen kirchentüren schon häufiger gast dieses heiligen hauses gewesen.

ja, beeindruckend, wie hier mit religion / kirche umgegangen, wie religion und kirche mit in den alltag genommen werden.
unsere leerstehenden kirchen könnten viel davon lernen, aber es ist auch die mentalität der südamerikaner, die das möglich macht.

13.05.

"morgen gehts weiter, ganz  bestimmt!" begrüße ich unsere jugendherbergsmutter heute morgen, als ich an ihrer tür klopfe, um für eine weitere nacht zu bezahlen. die vergangene nacht war sehr kalt und erst, als die sonne in den innenhof scheint, wird es wieder erträglich. es war bestimmt unter null,  die scheiben des vans unseres herbergsvaters waren zumindest angefroren.

ein neuer gast ist heute dazugekommen. er ist fachinformatiker, hat 10 jahre fest in einem job gearbeitet und nutzt jetzt abfindung und die zeitliche lücke zwischen den beiden jobs und bereist die welt. auch alleine -  mit seiner freundin hat es nicht geklappt. zwischen wild campen und hotelanlage liegen doch welten. jetzt reist er alleine und sie treffen sich in bangkok wieder.

morgen auf meiner fahrt nach westen an den pazifik werde ich mir die weltgrößte kupfermine im tagebau ansehen.
heute habe ich es nicht ganz dahin geschafft und es auf morgen verlegt. grund dafür: eine veränderung in meinem rückspiegel. beim zweiten mal hinsehen bemerke ich den grund und denke, da fehlt doch etwas, fluche, fahre rechts ran und besehe mir die veränderung. einer meiner heidenau - ersatzmäntel hat sich aus seiner verankerung gelöst...

Alles wieder an seinem platz 

er hängt nur noch an einem riemen kopfüber unter dem gepäckträger, ohne die wasserflasche zu verlieren. zwar ist sehr wenig verkehr, aber wenn der mantel sich selbstständig gemacht hätte und einem nachkommenden fahrzeug entgegen gekullert wäre...

Die berge erinnern mich an luftballons, denen schon an manchen stellen die luft ausgeht oder an zerknülltes zeitungspapier...

am nachmittag erlebe ich noch einen "kindergeburtstag" auf dem kirchenvorplatz. zwei boxen dröhnen die neuesten hits und eine der unterhaltungsaktionen für die bestimmt 20 kids im alter von 12 bis 14 ist, die eigenen tanzkünste vorzuführen.
alle in ihren sonntagsklamotten - so wie das sein muss, wenn zum geburtstag eingeladen wird. die geburtstagstorte aus creme und  butter steht schon im schafften bereit.
ich verstehe die regeln dieses spiels nicht so ganz. wenn ein bestimmtes stück gespielt wird, rasen alle auf die tanzfläche und bewegen ihre körper sehr gekonnt, schon fast professionell. dann werden die augen zugebunden und ich denke, ok jetzt gibt es blindekuh, aber sechs kids, müssen nach einer bestimmten musik tanzen und zwar synchron. recht schwierig stelle ich mir das vor, weil sie sich ja nicht gegenseitig sehen können und anrempeln würde den tanzstil durcheinander bringen.

egal, ob zuviel pfunde durch fastfood etc auf den rippen sitzen, sie geben alles.

der abend verläuft dann mit schreiben, und als es dann im zimmer zu kalt wird, entscheide ich mich für die warme bettdecke und noch etwas von vivaldi.

14.05.

dieser tag beginnt mit einem gemütlichen frühstück mit sascha, dem alleinreisenden fachinformatiker aus thüringen. er ist gefüllt mit seinen erlebnissen, nicht nur hier in südamerika, er war auch auf hawai, den galagapos-inseln, guatemala, hat vulkane bestiegen und ist mit schildkröten um die wette geschwommen.
aber mir sitzt die zeit im nacken, es ist schon 11:00 und die vepse noch nicht bepackt.
mein plan, die kupfermine anzuschauen schlägt wieder fehl, weil heute sonntag ist und keine führungen angeboten würden, so der pförtner, der mich angehalten hat.

und rauf geht es von 2.200 auf 3.200 m. eine app, genannt gps status gibt mir jetzt die genauen höhenangaben.
trotz düsenverjüngung noch in san pedro, der gegenwind lässt sie nicht mehr schaffen als 21 km/h. aber die hält sie. der motor hört sich ruhig an, aber wenn ich mehr gas gebe, ruckelt er und will fast den geist aufgeben. die zündkerze? endlich ist der scheitelpunkt erreicht, ich besinne mit auf die landschaft und die berge, denen scheinbar die luft ausgeht und suche mir schon ein schönes motiv für das nächste foto.
da fällt mein blick auf die temperaturanzeige, die sich sonst immer im mittleren bereich bewegt und bisher kein anlass zur sorge gegeben hat. jetzt aber bewegt die nadel sich langsam aber stetig nach oben, verharrt einen moment, geht wieder auf den normalstand, um dann aber oben zu bleiben und sich der gefährlichen roten markierung zu nähern. rechts ran und motor aus.

Mein Trinkwasser für die vepse und weiterkommen oder für mich...?


wüste, sonne, kein wölkchen am himmel, aber ich bleibe gelassen. meine wasserreserven sind ausreichend, die ersatzbenzin-kanister sind gefüllt, das passende werkzeug habe ich. ich steige ab, umrunde die vepse und stelle fest, dass das hinterrad nass ist. hier in der wüste?? benzin ist es nicht, also bleibt nur kühlwasser. öl wäre schmierig gewesen. damit verfällt meine ursprüngliche idee, dass das mit der düse zusammenhinge. wir bewegen uns auf ca. 1.500 metern, vielleicht wird deswegen der motor zu warm? aber diese theorie muss ich nicht mehr verfolgen, baue den vergaser aus, um zu sehen, ob die kühlwasserleitungen wasser lassen. details will ich mir hier ersparen. ich nutze die gelegenheit und bringe die düse wieder in ihren normalzustand und kann immer noch nicht die undichte stelle finden. ich gieße mein wertvolles wasser nach und schon höre ich es rieseln. das gute wasser versickert im staub. aber ich finde die ursache, beseitige sie und muss nun eine entscheidung treffen. das restliche wasser für mich oder für die vepse. ich entscheide mich für die vepse, weil ich  weiss, dass hier ab und zu schon autos vorbeifahren, die mir vielleicht wasser geben können. die theorie geht auf. ich höre ein auto, stelle mich an den straßenrand und winke. es gibt kein vertun. sofort wird gehalten, ich erkläre mein problem, der chilene versteht, öffnet seinen kofferraum, ich sehe zu meinem schreck nur volle sprite  - und colaflaschen, doch mein helfer ergreift einen roten kanister mit TRINKWASSER, mit dem er zur vespa läuft. ich habe einen trichter, wir füllen auf, auch jetzt kein rieseln und tröpfeln, der schaden ist behoben. aber damit nicht genug. er sieht meine leeren wasserflaschen und gibt mir noch den rest aus seinem kanister. ich verweise auf seine familie, die wartend im auto sitzt, aber er winkt ab und hat wahrscheinlich die cola- und spritebestände im auge.

in der rückbetrachtung hatte ich heute fast den super GAU. überschaubare wassermengen, ein technisches problem, dessen ursache sich nicht so leicht finden ließ und ödnis bis zu beiden horizonten. aber ich habe mich nicht aus der ruhe bringen lassen, bin nicht in panik verfallen, sondern habe die möglichkeiten, die es gab abgearbeitet. also eine gute erfahrung, die ich heute gemacht habe.

die fahrt hierher nach tocopilla direkt am pazifik gelegen verläuft planmäßig, keine besonderen vorkommnisse und endlich sehe ich ihn, den pazifik. ich freue mich, dass die verbleibende fahrzeit überschaubar bleibt, aber dann kommen wieder kleinere steigungen und die berge schieben sich zwischen den pazifik und mich. doch dann beginnt die endgültige abfahrt auf kurvenreicher und sich im besten zustand befindlichen straße und ich stutze, als ich zum horizont schaue. nicht mehr das meer ist zu sehen - oder doch, aber scheinbar eine sehr kräftige weisse brandung - oder sind es vielleicht wolken und ich bin noch so hoch, dass ich von oben auf sie hinunter schauen kann? beides kann ich nicht glauben, lasse von dem grübeln ab und konzentriere mich auf die vielen kurven und auf meinen rückspiegel, der mir ungeduldige lkw-fahrer zeigt.
die sonne ist schon so tief, dass ich fast nichts mehr sehen kann und mich über jeden berg freue, hinter dem sie sich zurückziehen muss. ja und dann ist sie weg und ich bin unter der wolkendecke.

Der Blick von meinem gemeinschaftsbalkon... Hafenstadt, wovon kupfer und nitrate von nahegelegenen salzseen verschifft werden. noch etwas fischerei und hohe arbeitslosigkeit. tristesse, aber südamerikanischer charme

tocopilla, 30.000 einwohner, die hauptsächlich vom regen hafengeschäft leben (nitrat des in der nähe liegenden salzsees), zeigt sich mir mit südamerikanischen charme. alles sehr ärmlich, totale schrottkisten mit schwarzen flecken unter dem motor am straßenrand, ramponierte bürgersteige und auf der ruta 1 starker lkw-verkehr richtung hafen. hier ist eine tropisch feuchte wärme und der geruch von salzwasser und fisch steigt mir in die nase. kein tourismus, sondern eine südamerikanische stadt am spätnachmittag.

Die Stromleitungen auch hier immer im vordergrund

das hostel ist schnell gefunden. direkt an der ruta 1 und direkt am pazifik. ich habe mein zimmer im zweiten stock und sitze jetzt hier auf dem gemeinschaftsbalkon und schreibe meine erlebnisse auf. seit gestern sind hier die uhren umgestellt. ich habe mich heute abend nur gewundert, dass es hier schon um 19:00 uhr dunkel ist.
morgen geht es die verkehrsreiche ruta 1 weiter gen norden - vorher muss das leitungswasser durch richtiges kühlwasser noch ersetzt werden.

Ich hätte die vepse auch ins wohnzimmer stellen dürfen, um sie vor bösen räubern zu schützen...
oben auf dem balkon mein frühstücks- und schreibplatz mit blick auf pazifik und ruta 1

noch eines am rande: heute ist der 14. mai und muttertag. als ich das wohnzimmer meiner hostelfamilie betrete, sehe ich einen tisch vollbepackt mit geschenken. geburtstag? frage ich - nein "dia de mama". also auch hier, denke ich verwundert und keine idee aus dem dritten reich.

der hostelvater bietet mir sogar noch an, ich könne meine vespa in das wohnzimmer stellen, das gleichzeitig den eingang zum haus bildet. ich winke aber ab, denn das wäre wirklich zu viel des guten. aber so sind sie, die chilenen!!

natürlich  bin ich auf die ergebnisse in nrw gespannt. kraft tritt zurück. schwarz gelbe koalition? comeback für lindner? hätte sich schulz bloß nicht verheizen lassen. gabriel ist fein raus und schulz muss sich neu definieren...






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