2017 VespamerikasuR 2019
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03.10.: Jaen - 730 m -

Veröffentlicht: 04.10.2017

03.10.

eine ruhige nacht - für peruanische verhältnisse ungewöhnlich. es könnte daran liegen, dass es hier mehr mototaxis und motorräder, als autos gibt. kein gehupe, keine pseudo-sirenen von übernervösen auto - alarmanlagen.
ich frühstücke dort, wo ich gestern abend mit burger und obstsalat verwöhnt wurde. heute gibt es obstsalat und ein burgerbrötchen mit spiegelei. keine argentische tangomusik.

bevor es losgeht wechsele ich die düse noch aus, versorge die vepse mit motoröl und ersetze eine schraube, die in riobamba bei victor geblieben ist.

entgegen der information des grenzbeamten gibt es hier kein versicherungsbüro, also muss ich das in jaen erledigen. bis dahin sind es 110 km, die mit einer fahrzeit von 2 stunden angegeben werden. immerhin wird von 50 km/h ausgegangen. das spricht gegen große und lange steigungen und spitzkehren.
das wetter sieht in den bergen recht bedrohlich aus. dunkle wolken stapeln sich und verdecken die gipfel. meine hostel-senora sagte mir aber noch, dass ich keine höhen zu überwinden hätte, sondern an einem fluß entlangfahren würde. das tröstet mich. die fahrt ist wieder der hammer, ich fahre durch ein fruchtbares tal, frühlingsgrün mit reisfeldern, die teilweise im wasser stehen. die straße erfordert sehr viel aufmerksamkeit. an einer stelle sackt sie einfach gefühlte 10 cm ab, was ich vorher nicht gesehen habe. ich werde von der sitzbank gehoben, das gepäck ächzt, sonst passiert nichts. ob die straßenschäden noch vom märz sind, als es hier so lange geregnet hat? große vorsicht ist geboten. respekt habe ich auch vor den felswänden, die über längere strecken die straße flankieren und besonders gerne in kurven, absacken oder steine abwerfen. steine und große brocken, die hier nicht seit stunden liegen, sondern erst vor wenigen 10 minuten abgegangen sind. wie will ich mich davor schützen? hoffen, dass ich verschont bleibe. diese steine und brocken haben so viel kraft, dass sie bis auf die gegenspur fallen und von der leitplanke aufgefangen werden. es gibt verkehrschilder, die davor warnen - aber was helfen die? vorbeugen geht in diesem fall nicht. eher gas geben und durch.

das wetter klart wieder auf, der hunger fordert einen stopp ein. 
ich befinde mich in einer art straßendorf mit wellblech bedeckten holzbaracken. hier wird für die überlandfahrer peruanisches essen angeboten. ich frage nach salat mit pollo und bekomme sehr lecker gewürztes hühnerfleisch und einen salat, der gerade mal den teller bedeckt. ich bitte um mehr. ich bin nicht unter zeitdruck, zumal es nur noch 20 km bis nach jaen sind. so verbringe ich hier bestimmt eine stunde, trinke noch einen kaffee, schreibe mit karin und nora und helfe dem chef, einen sonnenschirm aufzuspannen. dieser muss das verkaufssortiment, bestehend aus obst und süsigkeiten schützen. seine konstruktion ist einfach genial! der schirm soll nicht stehen, das würde keinen schutz bieten, er wird gelegt und soll nicht wegfliegen. er macht das nicht das erste mal. am tischbein des verkaufstisches gibt es eine schlaufe, in der der fuß des schirmes halt findet. und damit nicht das gespann des schirmes auf dauer leidet, steht schon eine holzgabel bereit, in die der schirmständer gelegt wird. der starke wind kann dieser konstruktion nichts anhaben.
es kommen drei jungs an meinen tisch und stellen fragen. ich frage sie, ob sie deutschland kennen -  nein. ob sie europa kennen? nein. ob sie chile kennen? kopfschütteln. die haupstadt von peru? langes schweigen, zwei schütteln den kopf, der dritte antwortet fragend lima? als ich die hauptstadt von deutschland nenne, merke ich an der reaktion, dass berlin ein begriff ist.
an
einer wäscheleine hängen fleischfladen im wind. später erfahre ich, dass es sich um rindfleisch handelt. es gibt fliegen auf meinem tisch, aber nicht am fleisch.


wie wäschestücke, die von motten zerfressen sind. es ist aber rindfleisch.
dass es mit dem schirm in berührung kommt, stört keinen. und bevor der schirm aufgespannt wurde mit den köpfen der kunden, die obst kaufen -  auch niemanden.
jan fedder
von dem film soulkitchen hätte seine wahre freude daran...


die ernte wird hier nicht auf großtraktoren eingefahren, sondern auf dreirädrigen und geländegängigen motorrädern mit ladefläche.

ich verabschiede mich von meinen wirtsleuten mit handschlag und bin nach einer halben stunde im quirligen jaen. auch hier fällt mir auf, dass es kaum autos, geschweige denn pickups gibt. der iOverlander führt mich zum versicherungsbüro, wo ich die vepse versichern muss. die polizei verhängt hohe strafen, wenn die police nicht vorgezeigt werden kann. bis auf das eine mal in pono am titicaca-see bin ich nicht mehr kontrolliert worden. ich vermute, die polizisten hält mein europäisches kennzeichen davon ab. zum einen ist es bei ihnen bestimmt mit englisch schlecht bestelllt und sollte es tatsächlich einen grund geben, gegen mich vorzugehen, wäre das viel zu anstrengend. ich wurde bisher immer durchgewunken oder einfach nur ausgefragt. papiere wollte bis auf eine zollkontrolle oberhalb von antofagasta keiner sehen.
auch für das versicherungsbüro bin ich eine große herausforderung. bestimmt zwei stunden dauert es bis ich meine police in der hand halte. ich warte, habe die vepse im blick und höre auf einmal mehrstimmiges flötenspiel. erst denke ich, dass ein gasverkaufswagen des weges kommt und so die aufmerksamkeit der menschen auf sich zieht - aber nein, drei alte männer sitzen an der gegenüberliegenden ecke und spielen. ich höre mir das aus der entfernung an und aplaudiere und rufe laut, gegen den verkehrslärm ,bravo!  es gibt einen blickkontakt und die daumenhoch-geste.
das versicherungsbüro wird von bruder und schwester und der mutter geführt. ich kann hier nicht mit visa bezahlen und muss zur nächsten bank. schon auf dem weg zur bank wundere ich mich, warum auf einer brücke eine dicht gedrängte menschenschlange steht und scheinbar gespannt nach unten schaut. auf dem rückweg finde ich den grund heraus: einem mann, ausgestattet mit einem mikrophon und zwei holzkästen, gelingt es, diese menschen in seinen bann zu ziehen. ich schaue mir das von der seite an und habe dabei einen blick auf die gespannten mienen der zuschauer und kann auch erkennen, was sich in einer der beiden holzkisten befindet: eine dicke schlange, scheinbar sediert. angeblich soll es eine anaconda sein. der schlangenbändiger erzählt horrorgeschichten über die anaconda und zeigt blutrünstige zeitungsausschnitte, die er in einem ringordner und in klarsichtfolien gesammelt hat.

respekt - bis angstvolle mienen beobachten den schlangenbändiger mit seiner anaconda

das objekt der begierde

ich bin wieder im versicherungsbüro. mittlerweile liegen die unterlagen für mich zur unterschrift bereit. es wird noch über mein passfoto und die unterschrift mehr oder weniger gelästert, ich erzähle meine vermutung über nicht kontrollierende polizisten, verständliches grinsen, und verabschiede mich. eine schöne und humorvolle begegnung.

hier herrschen tropische temperaturen wie in manaus. 30° mit hoher luftfeuchtigkeit.

schnell suche ich mir ein hostel, dessen zimmer nich wieder stark an gefängniszellen erinnern - vielleicht auch deswegen, weil die fenster, die in das treppenhaus führen, vergittert sind. die erste frage, die sich in meinem kopf stellt: wann ist einschluss?

vom bett aus fotografiert. rechts von mir die nur mit einer  dreiviertel hohen und türlosen wand abgetrennte nasszelle. ohne duschvorhang, so dass nach dem duschen alles nass ist.
auf meine frage nach heissem wasser bekomme ich die überzeugende antwort:
warum heisses wasser? hier ist es doch heiss genug.

ich mache noch einen spaziergang zu der plaza de armas und finde ein restaurant, das mir salat mit aufgeschnittenen limetten bringt und einer leckeren salatsauce. ich bestelle eine zweite portion nach.

über 80 tsd menschen leben hier vom reis- und kaffeeanbau.

die motorradläden machen sich gegenseitig konkurrenz und werben mit günstigen monatsraten. scheinbar klappt das gut mit dem finanzkauf, denn auch haushaltsgeräte werden in großem stil angeboten.

die mototaxis bestimmen das stadtbild in peru

morgen möchte ich etwas mehr kilometer schaffen. es geht wieder auf ca. 2.800 meter hoch - das tropenklima lasse ich dann hinter mir.



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