2017 VespamerikasuR 2019
2017 VespamerikasuR 2019
vakantio.de/vespaamerikasur

ab 06.10.: Cajamarca - 2.750 m -

Veröffentlicht: 08.10.2017

06.10.

die nacht war ruhig. das peru ./. argentinienspiel  ist mit einem 0:0 ausgegangen - sonst wäre an schlaf nicht zu denken gewesen.

die pferdedecken haben mich immer wieder an anschmiegsame federbetten denken lassen, die luftlöcher nicht so leicht entstehen lassen.
ich hoffe, dass handtuch und papel vor meiner zimmertür liegen - leider nein. ziemlich genervt gehe ich zur rezeption, die glücklicherweise mit dem kompakten fettpaket besetzt ist. es sind zwei gäste gekommen, ein mann und eine frau - beide ohne gepäck...

ich bekomme mit freundlicher miene meine utenslilien überreicht und erlebe wenig später meine zweite überraschung: das duschwasser ist heiss!!!

die wolken haben sich verzogen. auf der suche nach avenas, obst und milch mache ich mich auf ins dorf, das jetzt bei sonne einen viel freundlicheren eindruck macht und so tut, als ob es die gestrige szenerie nur in meiner fantasie gegeben habe. milch? no hay. nur dosenmilch...

wie gestern frühstückeich wieder in einer zelle bei geöffneter tür, ersetze die milch durch wasser und überlege, wie ich gleich die vepse ohne platten wieder auf die straße bekomme.

unten treffe ich dann die bauarbeiter bei ihrer frühstückspause. die üblichen fragen werden gestellt, die ich über mich ergehen lasse und brav beantworte. von dem hintergedanken geführt, dass ich sie vielleicht gleich zum anschieben brauchen kann.

ich weiss, es geht auf 4.000 m und höher  und aus erfahrung wird die düse das nicht mitmachen. danach nehme ich beide seitenkoffer ab und versuche sie den steilen berg nach oben zu bewegen. glassplitter und schraubenköpfe habe ich keine mehr gesehen - beim ersten mal bleibt sie auf halber strecke stehen.  von den arbeitern ist keiner mehr zu sehen.

beim zweiten mal klappt es, und ich muss nur noch im letzten drittel mit den füßen nachhelfen.

ich packe und sehe zu, dass ich hier wegkomme.

wie die highlands in schottland:
erinnert mich an meine ferien mit tillmann in schottland im sommer 2016 - hier über 4.000 m über 00

die steigung, die mich erwartet ist kräftig. aber für die vepse kein thema. und schon nach einer halben stunde sehe ich ein schild mit der höhenangabe: 3.950 m. und die steigung nimmt kein ende. es kommt wind auf, es wird kälter, aber handschuhe brauche ich noch nicht.

mich umgibt eine hochebene, die mit den mir schon bekannten grasbüscheln bewachsen ist. die 3N ist auf dem wege der besserung, es gibt sie zwar noch - die schotterpisten, aber nicht mehr so oft. trotzdem fluche ich laut, weil ich ja nicht im voraus ahnen kann, dass das jetzt die letzten zuckungen sind.

mega trucks kommen mir entgegen, die eine nicht weit entfernte mine abbauen. sehr schön erkennbar sind die verschiedenfarbigen gesteinsschichten.
sonst ist der verkehr bis auf wenige pickups erträglich.

heute ist cajamarca das ziel. es sind nur noch 100 km, und ich bin zuversichtlich, dass ich gegen frühen nachmittag da bin.

ich mache nur wenige pausen, auch deswegen, weil mir das suchen nach einem sicheren standplatz für die vepse einfach zu aufwändig ist.

schon seit bestimmt einer halben stunde verlassen wir die hochebene. es geht in anstrengenden spitzkehren so langsam auf höhe von cajamarca. der fahrtwind wird spürbar wärmer, die vegetation ändert sich, es wird wieder grün, frühlingsblumen ranken in den gärten, es sieht einladener aus, als gestern abend.

langsam setzt der hunger ein, aber laut navi sind es noch 10 km bis in die innenstadt. ich freue mich auf einen capuccino und auf ein pollo-sandwich. die erfüllung dieses wunsches gestaltet sich aber schwierig: zum einen, weil ich keinen stellplatz finde, der den besonderen ansprüchen der vepsen-dame gerecht wird, zum anderen, weil es meinen ansprüchen nicht entspricht.

schließlich bin ich ziemlich im zentrum und sehe ein restaurant, das bestimmt auch einen milchkaffee hat. nach dem mühsamen abstellen der vepse höre ich dann das mir sattsam bekannte: no hay. mittlerweile ist mein hunger- und kaffeebedarfspegel schon im dunkelroten bereich, sodass ich vor mich hin fluchend und grußlos das restaurant verlasse. als mir das das zweite mal passiert, beauftrage ich kurzerhand einen taxifahrer, mich zu einem restaurant zu führen, das sandwich und kaffee anbietet. auch er will noch mit mir diskutieren, ich gebe ihm den auftrag, mache kehrt und marschiere zu meiner vepse, bringe sie in position und gebe ihm das zeichen, loszufahren. nach 10 minuten sind wir da. da ich nicht absteigen kann, muss ich ihn bitten, zwecks bezahlung zu mir zu kommen. meine geduld ist aufs äußerste gespannt - bis er endlich begreift, was ich will vergehen gefühlt stunden.

ich betrete den fastfood-laden und frage nach kaffee. NO HAY! ich bin kurz vorm explodieren und frage schon fast provozierend: es gibt hier kein pulverkaffee und kein heisses wasser?! dann endlich greift das vom täglichen tv-genuss ziemlich verkümmerte kreativzentrum, ihre augen nehmen an diesem leben wieder teil und sie nickt und kümmert sich. dann frage ich nach einem pollosandwich, das auch schnell auf meinem tisch steht.

die lebensgeister werden wieder wach und signalisieren mir als erstes, mithilfe von iOverlander eine werkstatt zu suchen, die den seitenständer in ordnung bringt. erstaunlich wie schnell, die nahrungsaufnahme den körpereigenen aku wieder auf hochleistung bringt.

der verkehr in cajamarca ist dicht, rechtwinklig zur fahrbahn verlaufene wasserrinnen erschweren das fortkommen, aber ich bin  gelassen und habe alle zeit der welt.

die motorradwerkstatt ist nicht weit. als ich dort ankomme, recken sich die hälse der mechanicos nach der vepse. ich nutze die aufmerksamkeit und erkläre noch im sitzen mein problem. sofort ist ein mechanico da, möchte mir einen neuen seitenständer verkaufen und ihn gleich montieren. das klappt nicht, er muss mit dem alten vorlieb nehmen, schweisst und hämmert und wenig später steht die vepse wieder auf eigenen beinen - stabil und sicher. klar werden noch fotos gemacht.

in der mitte sitzt stolz der mechanico, und der seitenständer hält

die hostelsuche stelle ich mir nicht zu schwer vor. auch hier unterstützt mit iOverlander. so mühe ich mich im zeitlupentempo durch die hoffnungslos verstopfte innenstadt. als es schon dunkel ist, habe ich das hotel de tejas, unweit von der plaza gefunden.

ich buche zwei nächte und bekomme ein großes zimmer mit bad und sage und schreibe: EINEM RICHTIGEN GROßEN FENSTER!!, das - so wie von mir gewünscht - nach hinten rausgeht. welch ein luxus! ich höre den krach von der straße nicht mehr und kann bei geöffnetem fenster schlafen.

mit einem baum, in dem die tauben gurren - in einer anderen tonfolge, als in deutschland

ich esse noch einen salat, gehe über die plaza de armas und bin überrascht wie groß er ist. große kurz geschorene grüne rasenflächen mit schön gestalteten beeten fallen mir auf.  und geschmackvolle laternen mit einem angenehmen licht.

tradition und neueste technik: das handy hat auch hier seinen durchbruch geschafft. (das foto musste schnell in den kasten - deshalb verwackelt...)

an diesem abend findet vor einer der kirchen - die heute ein museum ist - ein feuerwerk statt, das nur wenige raketen hochschießt, sondern mit feuerrädern arbeitet. sehr eindrucksvoll!

mit feuerrädern dieses schauspiel entfacht

morgen mehr, denke ich und freue mich auf mein bett. keine pferdedecken, sondern ein federbett!!

07.10.

ich schlafe wie ein stein. nur kurz werde ich von frühaufstehern geweckt und drehe mich wieder um.
ich besorge mir mein frühstück und muss wieder auf milch verzichten. egal - wasser tut es auch. aus quito habe ich mir von dem joghurt-laden noch besondere cerralien mitgebracht, die den haferflockengenuss noch um einiges steigern.

ich habe für heute keinen plan. ich lasse mich über die plaza treiben, aber sehr bald merke ich, dass das heute nichts wird.
die nachfrühstücks-siesta stellt ihre ansprüche, denen ich gerne gerecht werde. das ende des liedes: ich verschlafe den ganzen tag und schaffe es abends knapp, noch etwas zu essen. eine gewisse reisemüdigkeit stellt sich bei mir ein. und auch ein gewisser sättigungsgrad. ich habe genug gesehen und will jetzt einfach mal nichts tun, schreiben, schlafen und was das wichtigste mittlerweile für mich hier in südamerika und insbesonderein peru ist: RUHE.
ich bin dem lärmpegel um michherum nicht mehr gewachsen. und so ist es das einzig richtige, nach dem abendessen wieder ins bett zu gehen und mir noch den ersten teil von "notruf 110 - wendemanöver" anzuschauen. das wifi reicht dafür aus, die übertragung kommt mit wenig stockungen aus.

die entscheidung steht: ich werde noch zwei weitere nächte dranhängen, denn von cajamarca möchte ich trotz des sättigungsgefühls noch etwas sehen.

mal sehen, was der morgige tag bringt.

08.10.

ich verspüre lust auf ein frühstück in einem restaurant. davon gibt es in der nähe der plaza einige. es ist kein dunkles loch - ähnlich einer garage nur mit stühlen und küche im hinteren bereich - sondern es bietet drei räume, die ineinander übergehen und noch zusätzlich von einem innenhof mit viel licht versorgt werden. die karte ist ansprechend mit schönen fotos. ich sehe toast, spiegeleier, saft und kaffee. und da die preise hier kein thema sind, bestelle ich das teuerste - ohne noch darauf zu gucken, was denn auf den tisch kommt.

alles passt: die brötchen kommen, der kaffee in einem kleinen kännchen, das in die heisse milch gegossen wird und der orangensaft. alles gut, und ich freue mich auf die eier mit schinken.

was aber kommt ist: gebratene forelle mit gerösteten kartoffeln und etwas salat. hm - das steht jetzt aber nicht auf meiner wunschliste. ich versuche noch zu verhandeln, weiss aber, dass es zwecklos ist. so füge ich mich und stelle mit freude fest, dass sich die gräten leicht lösen lassen. zum nachtisch bestelle ich mir dann noch eingerollten pfannkuchen mit marmelade.

einer herausforderung muss ich heute noch begegnen. die kraft dafür ist da. es ist sonntag und der lärmpegel erträglich:
der geldautomat wollte mir gestern kein geld geben. auch heute morgen sieht es so aus, als ob er einfach nur leer wäre. auch bei anderen höre ich das mehrmalige signal, das die schlechte nachricht einleitet.

das, was sich da im hintergrund abspielt, interessiert niemanden

so gehe ich nach dem frühstück auf die suche. die sonne scheint, aber im westen bilden sich richtig schwarze wolken. davon ist das leben auf der plaza und in der stadt völlig unbeeindruckt. auch das donnern scheint niemand zu hören. ich fotografiere ein bisschen und entscheide mich später, die aufgabe des suchens einem taxifahrer zu überlassen. wir werden fündig, die erste karte weist der automat mit der begründung zurück, ich hätte diesen monat schon geld abgehoben - die zweite karte nimmt er. aber nur einmal. beim zweiten mal werde ich auch darauf hingewiesen, dass mein soll erfüllt ist.

rechtzeitig vor den ersten regentropfen bin ich wieder in meinem hostel, erhole mich von dem vormittag und vervollständige meinen blog.

09.10.

langsam kehren die kräfte wieder und damit auch der unternehmensgeist. so der stand heute morgen. zwar meldet sich dann wieder der wunsch nach einer nach-frühstücks-siesta, den ich mit einer tasse milchkaffee im hiesigen restaurant überwinde.
dabei blicke ich vom balkon auf das treiben in der schmalen straße unter mir.
zwei frauen in traditioneller tracht sitzen mit ihren kindern auf dem bordstein in der morgensonne und lassen sich von krach, gestrank und verkehr nicht  von ihrem eisgenuss abhalten.

ein hochgenuss

als ich wieder reingehe, kommen die beiden damen des hostels auf mich zu und möchten ein foto mit mir auf ihrem handy... ich stelle mich gerne zur verfügung und denke so dabei, dass es hier doch nur sehr wenige gringos geben muss.
danach mache mich auf richtung plaza zu den 300 stufen.

300 stufen gilt es zu erklimmen, um von dem hausberg  - cerro santa apolonia - und einer kleinen kapelle einen schönen rundumblick auf cajamarca und die berge zu haben.
der sportlehrer steht oben an der kapelle - seine schüler müssen so oft wie möglich die treppen überwinden. sie gönnen sich nur eine pause, um mit kugelschreiber auf ihre arme oder handinnenflächen einen strich zu ziehen.

der blick von den treppen in die stadt -  gestört durch die zweistöckige bausünde

ich entdecke noch einen terrassengarten, der für 1 sol (peruanische währung) eintritt zu besichtigen ist. der kassierer nennt den preis und verniedlicht dabei sol in solsito.
wie wäre das, wenn die deutschen auch den drang verspürten, vieles zu verniedlichen und auch bei ihrer währung nicht halt machen würden?
da hätten die schwaben die beste chance, sich durchzusetzen, denn aus euro eurochen oder eurolein zu machen, würde sich nicht durchsetzen. aber aus euro eurole, das schon eher... oder wäre das eine respektlosigkeit gegenüber der harten währung? und kann ich mir das für den trump-dollar vorstellen???
das sind so meine gedanken, während ich durch den menschenleeren garten lustwandele und die stadtgeräusche nur von ferne wahrnehme. blasmusik tönt von der plaza hinauf... heute am montag?
ich könnte die weiteren terrassen noch ersteigen, doch ein von der sonne vorgewärmtes steinbänkchen reizt mich mehr.

der schön angelegte terrassengarten, der sich über einige stufen den berg nach oben ziehti

ch verbringe bestimmt zwei stunden hier oben, beobachte hunde, die berge, die sich wieder in dunkle wolken hüllen, zwei schuluniformierte freundinnen, die nach hause kommen und in einem wirklich kleinen und total vergitterten häuschen verschwinden.
ein paar gärtner machen einen kontrollgang und lassen sich schon wenig später auf dem rasen nieder.
ich schreibe mails, esse mandarinen und lasse es mir richtig gut gehen.
hier gibt es keine gringos, kein geknipse und posen auf einem bein, sondern andächtiges schweigen in diesem paradies.

cajamarca - leitet sich von "dorniger weg" ab -  der blick von meinem sitzplatz auf die stadt

ich entscheide, dass ich morgen noch nicht weiterfahre, sondern mich noch einen weiteren tag pflege. liegt es an der höhe oder immer noch an der brutalo-fahrt hierher? sie begann ja schon 40 km vor der grenze, ließ mir dann einen oder zwei tage zeit, mich davon zu erholen, aber dann ging es weiter. egal - ich höre auf meinen körper. in den bergen muss ich fit sein, um ggf die richtigen entscheidungen zu treffen. da hat es wenig sinn, nur mit halber kraft unterwegs zu sein.

ich gehe wieder in die stadt und hoffe auf die eine oder andere kirche, aber sie sind geschlossen. liegt es daran, dass heute montag ist? auch die kirchen sind hier quellen der ruhe.

wikipedia schreibt, dass cajamarca die einzige stadt sei, in der die kirchen noch nicht fertiggestellt wären. das läge daran, dass das vizekönigreich peru nur eine bestimmte summe für diese kirchen zur verfügung gestellt habe. so bin ich neugierig auf die halbfertigen sakralgebäude, kann aber beim besten willen keine unregelmäßigkeiten entdecken. die aus vulkangestein gefertigten fassaden sind einheitlich, ebenso die türme.

die kathedrale an der plaza - 80 jahre bauzeit.

mir fällt auf, dass auf den großen plätzen trauerbeflaggung angeordnet ist. google kann mir keine antwort auf die frage geben, warum. 09. oktober 2017. entweder jährt sich ein großes unglück - zwar gab es ein erdbeben vor 10 jahren, aber das war mitte august - oder ein staatsmann ist verstorben?

dafür erfahre ich, dass morgen peru gegen kolumbien spielt.
der schmuckverkäufer ist einfach davon überzeugt ist, dass peru die bessere mannschaft hat und gegen kolumbien gewinnt.

auf der plaza sind wieder viele künstler am werk.
eine junge frau mit musik um den hals bereitet sich gerade auf ihre performance vor, wird aber sehr schnell von zwei polizisten zurückgepfiffen. sie bekommt unterstützung von den ausstellenden künstlern, zögerlich beginnt sich ein protestchor zu formieren, der den namen der künstlerin skandiert, aber nur zögerlich, weil die künstler -  so vermute ich - ihren ausstellungsplatz nicht auch verlieren wollen. strenge sitten...

ich fotografiere ein kunstwerk, das eine starke verbindung mit mir hat: es ist der blick durch die windschutzscheibe eines gelben vw-käfer! das kann ich nicht unfotografiert lassen.

100.000 km hatte ich diese perspektive aus meinem texasgelben käfer. zwar war das armaturenbrett auch gelb und die tankuhr in die tachoanzeige integriert, aber hier handelt es sich ja auch um ein südamerikanisches modell

appetitlich oder abstoßend?

ich mache mich auf den weg zum hostel und gehe noch durch die bereits schließenden markthallen. die metzger hatten wohl den längsten tag und sind schon zu hause. zurückgeblieben sind zum trocknen aufgehängte ganz dünn gehobelte fleischscheiben.
es könnte leckerer schinken sein, der die fliegen nicht interessiert, weil er wohl sehr gesalzen ist.

es gibt viele arme leute in der stadt. securities sind hier keine zu sehen...

im hostel mache ich eine verdiente siesta, chatte noch mit nora und nehme danach ein bescheidenes mahl zu mir: thunfisch-creme auf kartoffelscheiben, danach einen großen salat. sehr lecker!

10.10.

peru ./. kolumbien 1:1. hier tobt der bär, autokorsos und hupkonzerte. wer nun gegen wen spielen muss, ist mir noch nicht klar.

der tag fängt gemütlich an. ich frühstücke hier im hostel und habe mit der hostelsenora und ihrem mann ein nettes frühstückgespräch.
ich möchte dann wissen, warum gestern auf den öffentlichen plätzen peru auf halbmast geflaggt hat. es ist keine naturkatastrophe, die sich jährt, es ist auch kein staatsmann verstorben. peru trauert um den maler und bildhauer Fernando de Szyszlo, der an diesem tag verstorben ist. er war ein in lateinamerika geschätzter und respektierter künstler, der mit 92 jahren durch einen unfall ums leben kam. "ein großer künstler und denker", lese ich in den pressereaktionen.
heute schon ist die trauerbeflaggung aufgehoben.

ich bringe meine wäsche noch weg und nehme mir für den tag drei programmpunkte vor:
kühlwasser für die vepse wechseln, danach noch zwei sehenswürdigkeiten anschauen.

leider habe ich keine visitenkarte von der werkstatt, die mir den seitenständer in ordnung gebracht hat. so lasse ich mich wieder von iOverlander führen, was aus mir unerfindlichen gründen nicht klappt.
ich finde aber eine tienda, wo es kühlflüssigkeit gibt, die aber keine werkstatt im hinterhof hat. ich lasse mir von dem verkäufer erklären wo ich eine werkstatt finden kann, trage die beschreibung in mein navi ein, nehme mein helm und fahre los.
es  ist ziemlich viel verkehr - ich finde die werkstatt immer noch nicht, frage erneut in einer tienda und stelle beim absteigen fest:

der rucksack ist nicht auf meinem rücken!
der rucksack mit geld, kreditkarten und allen unterlagen mit pass und zollunterlagen für die vepse ist NICHT MEHR DA!!!
das ist der SUPER GAU!

wo war ich eben? wie hieß die straße? wie hieß das geschäft? darauf gibt es keine antwort..
anhaltspunkte unterwegs? wo war ich? welche straßen fallen mir wieder ein? ist das zuverlässig?
ich bin ja schon vor dem verlust durch viele straße gefahren - ich habe keine idee - auch nicht den geringsten anhaltspunkt.
ich versuche rückwärts zu denken. auch das hilft mir nicht viel. ich bin einfach mal nur ratlos.

zum glück ist es erst um die 15:00 uhr. es bleibt noch ca. drei stunden hell.

ich kann mich nur an meiner fahrzeit orientieren. soweit weg kann der rucksack nicht sein. kann ich damit rechnen, dass der verkäufer so plietsch ist und in meinem hostel anruft? die adresse ist in meinem portemonaie. soll ich zum hostel fahren und fragen, ob ein anruf gekommen ist? das wäre verlorene zeit. ich schaue auf den stadtplan meines navis und versuche straßen zu erinnern. ich fahre los mit der großen hoffnung, dass ich mich wieder an irgendetwas erinnere, das mir nicht vor dem verlust des rucksacks, sondern danach aufgefallen ist.

ich schicke stoßgebete an meine schutzengel und fahre langsam und kreuz und quer durch das viertel und versuche, nicht zu weit weg zu kommen. die auto- und mototaxifahrer müssen viel geduld mit mir haben. ich eiere mehr, als dass ich fahre, bleibe abprupt stehen, schaue auf mein navi und weiss nur noch, dass ich, bevor ich zu dem geschäft gefahren bin, auf einer vierspurigen straße unterwegs war und dort links abgebogen bin. ich kann mich auch noch erinnern, dass ich die vepse in einer kurve direkt vor diesem laden geparkt habe, dass er also an einer ecke liegt.
mir ist klar, dass ich in der sackgasse bin, wenn ich den rucksack nicht mehr wieder finde. ich muss ihn finden!

plötzlich sehe ich links von mir eine straße, an deren rechten seite ein kleiner fluss sein muss, denn es gibt mehrere gelbe brücken, die darüber führen. ich erkenne sie wieder. also war ich hier schon, aber wann? vorher oder nachher? ich fahre langsam weiter, biege in eine straße ein, in der es viele läden gibt, die schmiermittel verkaufen, lasse mich die straße langsam runterrollen, fahre auf eine große und vielbefahrene querstraße zu, hoffe auf eine kurve, an der ein schmiermittelgeschäft ist - und tatsächlich!!! ich erkenne es wieder! hier war ich!
ich falle mehr in den laden, als dass ich ihn betrete. es ist niemand hinterm thresen - dann kommt eine gestalt hervor, an die ich mich nicht erinnern kann, dann folgt aber der kollege, der mir vor einer stunde, den weg erklärt hat.
an seiner miene stelle ich kein wiedererkennen fest und befürchte schon, dass ich mich doch getäuscht habe. ich versuche es trotzdem und frage nach dem rucksack. jetzt erkennt er mich, nickt mit dem kopf, verschwindet und kommt mit ihm wieder.
ich lasse meiner erleichterung freien lauf und ernte nur unsichere blicke. nein, nein, es ist noch alles drin! ich könne schauen. das mache ich nicht - erst an der nächsten straßenecke. alles ist an seinem platz.

GROßE ERLEICHTERUNG!

doch damit nicht genug: ich setze meine suche fort und finde schließlich eine werkstatt in einer straße, die mir sehr bekannt vorkommt. hier muss auch die werkstatt sein, die den seitenständer repariert hat. 
zu spät - ich halte an der ersten und werde sofort gefragt, ob ich hilfe bräuchte. ich will nur das kühlwasser kaufen und wechseln - mehr nicht. ein mechanico -der meister des ladens - kommt. ich erkläre ihm was ich will und zeige ihm die stelle, wo er das wasser ablaufen lassen kann. er öffnet die schraube, das heisse wasser spritzt ihm entgegen.
ich muss ihn alleine lassen, weil ich dringend ein bano aufsuchen muss. es gibt neben der werkstatt einen keinen imbiss, der auch ein bano hat. hier treten zusätzlich komplikationen auf, die ich schon einmal auf dem weg in einem bus nach agua calientes erlebt habe, die aber dank eines mitreisenden damals gelöst wurden. hier ist es nicht so... ich muss mich selber aus der misslichen lage befreien.

ich komme wieder raus, die vepse hat zwischenzeitlich die parkposition verändert, das kühlwasser ist abgelassen. der maestro hantiert an der öleinlass-schraube mit der absicht, dort das kühlwasser einzufüllen... ich ziehe noch rechtzeitig die notbremse.
ich möchte die sitzbank öffnen und zu diesem zweck den zündschlüssel drehen, weil sich diese nur per knopfdruck öffnen lässt, wenn der zündschlüssel eine bestimmte position hat -

DAS KANN DOCH NICHT SEIN. DER SCHLÜSSEL HAT KEINEN WIDERSTAND MEHR. ICH KANN DIE VEPSE NUR NOCH MIT DEN NOTSCHALTER AUSSTELLEN. DIE ZÜNDUNG BLEIBT ANGESCHALTET.

ich kann nur die batterie abklemmen.

was ist passiert, als ich nicht da war? was hat der maestro denn gemacht?
das kann nur mit brachialer gewalt passiert sein. vielleicht war das lenkerschloss eingerastet, und er hat mit kraft das vorderrad in eine andere richtung stellen wollen...?
es gibt ein hin und her. ich packe meine sachen und lasse ihm den rest des kühlwassers da. das gracias quäle ich mir aus meinem hals und verschwinde und vergesse dabei meinen helm...
ich werde von einem nachfolgenden motorradfahrer darauf hingewiesen, hole ihn noch und bin dann schon bei der "seitenständerwerkstatt".

sie nehmen sich sofort der vepse an, kennen die handgriffe, und schon bald haben sie das zündschloss freigelegt und die ursache des schadens behoben.

es sieht alles so gut aus, wenn da nicht das handschuhfach wäre

der zeiger rückt unwiderruflich auf seis y media (18:30 uhr) - der beginn des fußballspiels.
die vepse ist zusammengebaut, keine schraube übriggeblieben, der mechanico schließt noch das handschuhfach, macht noch eine kontrolle -alles funktioniert. große erleichterung.
um das handschuhfach zu öffnen, muss das zündschloss reingedrückt werden. damit wird ein mechanismus ausgelöst, der dazu führt. dass das handschuhfach aufspringt.
keine reaktion. kein widerstand. es öffnet sich nicht.
in
dem handschuhfach liegen die schlüssel zu den beiden seitenkoffern...
18:00 uhr. die ersten handgriffe sind schon routine, alles wird wieder abgebaut, aber das innenschild lässt sich nur vollständig lösen, wenn eine schraube, die sich hinter dem deckel des handschufachs befindet, auch gelöst ist.
ich schlage vor, dass wir morgen weitermachen. nein - die beiden wollen fertig werden -  wir stellen die vepse in den laden und arbeiten weiter. es hiflt nichts -  das handschuhfach wird mit gewalt geöffnet. die zunge des schließmechanismus bricht, wird mit sekundenkleber wieder geklebt, und dann wird das zündschloß, das nun wieder freiliegt ausgebaut.
die jungs geben wirklich alles, arbeiten mit nicht ganz passendem werkzeug an dem filigranen teil. ich beisse die zähne zusammen und gebe den hinweis, dass die vepse eine wegfahrsperre hat, die mit dem zündschloss zusammenhängt und programmierungsaufwand erforderlich ist, dass sie wieder anspringt.
das fußballspiel hat schon lange angefangen - wir kommen nicht weiter. der mechanico hat aber eine idee und muss dazu ein ersatzteil haben, das es nur in dem gegenüberliegenden laden gibt. ich lasse ihm 50 soles da.
ok. wir verabreden uns für morgen 11:00 uhr.

ich nehme ein taxi, nicht ohne mir vorher die adresse von der werkstatt geben zu lassen und fahre zum hostel.
dort verlängere ich um eine weitere nacht und muss nicht das schöne zimmer abgegeben.
dann abendessen, fußball gucken und feierabend.

fazit teil eins: hausgemachtes leid durch schusseligkeit.
fazit teil zwei: eindeutiges fremdverschulden durch gewalteinwirkung.

11.10.

um es vorweg zu nehmen: die mechanicos haben sich sehr bemüht und alles in ihrer macht stehende getan -  das ergebnis ist knapp zufriedenstellend.

auf meinem weg zur werkstatt entdecke ich eine piaggio-werkstatt!  ich frage dort sofort, ob sie auch ersatzteile für die marke vespa verkaufen. leider ein no hay. aber - nach kurzem überlegen zeigt er auf die gegenüberliegende seite der straße, wo sich ein paar meter weiter auch eine werkstatt befindet. die könnten vespa ersatzteile haben.

um 12:00 uhr bin ich bei meiner werkstatt. die beiden mechanicos sagen mir, dass das zündschloss noch in einer anderen werkstatt wäre. in zwei stunden könnte ich wieder kommen. das hört sich gut an. südamerikanische improvisation.

ich halte das nächste mototaxi an und lasse ich zu den inka-banos bringen. das sind thermalbäder, in den es sich die inkas haben gut gehen lassen. von der inka-kultur ist nicht mehr viel zu sehen. es gibt blau geflieste privatduschen, wo man sein bad nehmen kann. und es gibt ein schwimmbad, das lauwarme temperaturen hat.

ich kaufe mir noch schnell handtuch und badehose, bekomme meine kabine zum umziehen zugewiesen und schwimme ein paar runden. es sind nur ein paar andere schwimmer noch im wasser. ein vater bringt seinem sehr übergewichtigem sohn das schwimmen bei, eine vierergruppe will wasserball spielen, wird aber vom bademeister zurckgepfiffen. die zeit ist auf eine halbe stunde begrenzt. sicherlich vernünftig, weil der kreislauf dann vielleicht nicht mehr mitmacht.
ich habe bald genug, steige aus dem bad und nehme schwungvoll eine linkskurve und treffe mit meinem hinterkopf auf die spiegelglatten fliesen. sofort kommen besorgte peruaner und dann auch der bademeister. mir ist nichts passiert, ich habe nur sorge, dass es eine kopfverletzung ist und frage: sangre? ich bekomme ein no zur antwort und gebe noch einen kommentar zu den superglatten fliesen ab. dafür sei die geriffelte zwei fliesen breite spur da, wenn man keine badeschuhe habe, gibt der bademeister zur antwort. ich antworte ihm dann noch, ich sei ein armer aleman und hätte keine badeschuhe... erleichtertes lachen. geblieben ist noch ein wenig kopfweh, das dann über den nachmittag auch verflogen ist.
im
stillen buche ich das inka-bad als marketing-gag ab. es sollen ja touristen in die stadt kommen. alles modern und zweckmäßig, von der inka-kultur keine spur.

gegen halb drei bin ich wieder in der werkstatt. es hat sich nicht viel geändert. die beiden mechanicos sitzen im schattigen und kühlen laden auf der erde und versuchen, das schloss wieder gängig zu machen. es ist ein neues teil eingebaut worden, das noch nicht richtig passt. mit einem cutter-messer versuchen sie es dem schloß anzupassen.
es sieht nicht unbedingt erfolgsversprechend aus. ich füge mich meinen schicksal. es bleibt mir keine alternative. schließlich beginnt der einbau - das ergebnis ist nicht das erwartete. sie springt an, sie lässt sich aber nicht ausstellen. es gehen stunden ins land bis die beiden mir zeigen, wie ich den schlüssel drehen, drücken und rütteln muss, damit der motor wieder ausgeht. das kann es nicht sein, denke ich mir. aber ich muss damit zurechtkommen und einfach nur das richtige fingerspitzengefühl entwickeln. das handschuhfach bleibt geschlossen.

nicht so ganz frohlockend...

große verabschiedung, fotos, gute miene zum nicht so schönen spiel. ich fahre mit einem mulmigen gefühl davon. unterwegs aber halte ich doch noch bei der werkstatt, die angeblich vespaersatzteile verkauft, aber hier ernte ich auch nur ein mitleidiges no hay.

ich lasse mich vom navi ins hostel führen, lasse vepse vepse sein und schaue mir das in der nähe von der plaza gelegene haus an, in dem der inkakönig mit den spaniern verhandlungen über seine ablösesumme führte. er versprach, das zimmer, in dem die verhandlungen stattfanden bis zu zweidrittel mit gold zu füllen, wenn er danach seine freiheit bekäme. er hat seine verpflichtungen erfüllt, die spanier nicht und ließen ihn hängen.

cuarto del rescarte - das zimmer der befreiung:
dieses zimmer war fast bis zur decke mit gold gefüllt reingehen darf man nicht.


die kathedrale

das ist die geschichte - blutrünstig und charakterlos - aber für cajamarca ein weiterer grund, die touristen anzulocken. für 5 soles darf der neugierige besucher durch ein tor in einen innenhof gehen und sieht dort das festlich angestrahlte inkahaus. das wars! es gibt absperrseile, die das betreten des zimmers verhindern.

als ich nach dem essen noch einen blick auf die vespse werfe, strahlt sie mich an. in wahrsten sinne des wortes. nicht gerade sehr beruhigend, wenn sich die zündung selbsttätig einschaltet - dafür habe ich jetzt den dreh raus. ich werde gleich noch einmal nach ihr schauen. bevor ich das licht ausmache, schicke ich noch drei mails in sachen zündschloss ab. an die beiden werkstätten in lima und eine an alex in köln.

dieses mal scheint sie von dem krankheitsdämonen, der sich schon in cusco, quito und nun in cajamarca gezeigt hat, getroffen worden zu sein. sie wird sich - wie ich auch - erholen.

morgen wird es weiter richtung süden gehen. dieses ruhige zimmer werde ich sehr vermissen.


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