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Geschichtsunterricht erleben! (Tag 99 der Weltreise)

Veröffentlicht: 12.12.2019

12.12.2019


Wie schon gestern waren wir um 6:55 Uhr am Eingang des Hostels und warteten auf unsere Abholung. Dieses Mal wurde nicht kurzfristig telefoniert aber 7:00 Uhr verstrich auch ohne Kommentar ;-)

Wir unterhielten uns dann ein bisschen mit der Angestellten an der Rezeption und gegen 7:20 Uhr kam dann eine Frau herein, die uns recht hektisch anwies, in den Bus einzusteigen^^ Der Bus war so einer wie unser Gemüse-Transporter auf dem Weg nach Sapa und Jonas und ich fanden Plätze direkt hinter dem Fahrer. Nach uns wurden noch vier Esten eingesammelt und dann war der Bus auch wirklich voll ;-)

Da wir uns in eine Liste eintragen mussten, konnte man sehen, welche Nationalitäten die insgesamt fast 20 Teilnehmer hatten: Deutsche, Briten, Neuseeländer, Esten, Israeli und Niederländer – also ein bunter Mix, der aber wohl recht gut die Nationen widerspiegelt, die Vietnam bzw. Südostasien bereisen :)

Unsere Einsammlerin verabschiedete sich dann auch schon wieder von uns und wir fuhren los. Jonas und ich hatten die Tour mehr oder weniger ins Blaue gebucht. Wir hatten uns darüber informiert, was Teil der DMZ-Tour ist, haben dann aber bei einem anderen Anbieter (nämlich ja bei unserem Hostel direkt) gebucht, ohne nach dem Ablauf zu fragen ;-)

Für die nächsten knapp 2 Stunden grübelten wir, ob wir wohl nur den Bus selbst gebucht hatten und dann an verschiedenen Sehenswürdigkeiten noch Eintritt zahlen und selber rumlaufen würden. Alles war uns unklar aber wir waren auf alles vorbereitet :p

In Dong Ha sammelten wir schließlich noch eine Vietnamesin ein, die sich dann als Thu vorstellte und unser Tourguide für heute sein sollte :) Glück gehabt^^

Sie gab uns einen kurzen Überblick über den Verlauf des Tages und unsere Stopps und teilte uns dann mit, dass wir erst einmal eine Toilettenpause machen würden, weil wir ja alle schon zwei Stunden im Bus sitzen. Ha! So gefällt meiner Blase das :p

Die Pause machten wir an einem kleinen Restaurant, das vorne im Laden auch Snacks verkauft. Jonas und ich gönnten uns ein trockenes Baguettebrötchen (wir hatten noch Bananen und Joghurtdrink sowie ein paar Choco Pies dabei) und dann ging die Fahrt auch schon weiter.

DMZ steht für De-Militarized-Zone und der Besuch da, ist wohl ein Muss, wenn man sich mit der jüngeren Geschichte von Vietnam beschäftigt. Während wir fuhren, gab uns Thu noch einmal eine Zusamenfassung:

1954 wurde Vietnam in Nord- und Südvietnam aufgeteilt, nachdem Indochina (Vietnam, Laos und Teile von Thailand) sich gegen die französische Kolonialmacht in der Schlacht von Dien Bien Phu (ja, genau das Dien Bien Phu, in dem wir nach Vietnam eingereist sind!) durchgesetzt hatte.

Der Norden wurde von Ho-Chi-Minh regiert, welcher maßgeblich zu der Unabhängigkeit von Frankreich beigetragen hatte. Der Norden war kommunistisch und hatte seine eigene Armee (bzw. mehrere). Der Süden hatte seinen eigenen Präsidenten, welcher in den USA studiert hatte und sehr „pro-westlich“ war.

Die Teilung Vietnams, die von anderen Ländern verordnet wurde, um einen Bürgerkrieg zu vermeiden, sollte nur zwei Jahre andauern. Als dann aber 1956 kam, hatte der Präsident von Südvietnam (berechtigterweise) Angst, dass er bei Wahlen gegen Ho-Chi-Minh verlieren würde. Ho-Chi-Minh war sowohl im Norden als auch im Süden beliegt, da er es als sein Hauptziel erklärte, Vietnam zu vereinigen.

Entgegen der Abmachung wurde Vietnam also 1956 NICHT vereinigt und so begann dann letztendlich doch eine Art Bürgerkrieg, der zunächst vor allem an der Grenze – der DMZ - ausgetragen wurde. Ho-Chi-Minh schaffte es mit seiner Armee, immer wieder in den Süden zu gelangen und als die Amerikaner, die den Süden unterstützten, weil sie ja im Kalten Krieg gegen den Kommunismus (China, Russland…) waren, davon erfuhren, entschieden sie, dass der Präsident von Südvietnam zu schwach sei, um den Kommunismus zu bekämpfen.

Die Folge war, dass die Amerikaner Truppen nach Südvietnam schickten und als der südvietnamesische Präsident 1963 umgebracht wurde, verbot Amerika die Wahl eines neuen Präsidenten und somit war das Land nun direkt unter amerikanischer Kontrolle…

Die ganze Geschichte ist (wie sowieso jeder Krieg) absurd aber für alle, die (wie Jonas und ich bis vor ein paar Wochen) nicht so viel oder gar nichts darüber wissen, kann ich es empfehlen, das noch ausführlicher nachzulesen.

Meine kleine „Einleitung“ schreibe ich nur deshalb, damit der Rest der Tour, von dem ich dann berichte, einigermaßen Sinn ergibt ;-)

Unsere ersten beiden Stopps waren reine Foto-Stopps. Wir fuhren zunächst in die Berge, vorbei an ehemaligen indogenen Völkern, die sich dort nach dem Krieg wieder angesiedelt hatten, obwohl durch die Bomben und vor allem das Gift „Agent Orange“ der Anbau von Nahrungsmitteln sowie das Trinkwasser gesundheitsgefährdend war. Viele Kinder haben Behinderungen oder Missbildungen, weil ihre Eltern einfach nur in dieser Region wohnten…

Auf einem der Hügel hatten die USA einen Funkmast errichtet und diesen Hügel durften wir kurz fotografieren. Der Hügel an sich war nicht so spektakulär aber Thu hat das alles super erzählt und erklärt, sodass es sich richtig anfühlte, dem Vorschlag für ein Foto nachzukommen :)

Der zweite Stopp war an der sogenannten Dakrong-Bridge. Auch wenn das ganze Thema natürlich sehr ernst und schrecklich ist, fand ich, dass die Brücke ein Fun Fact war. Sie ist nämlich ein Geschenk von Fidel Castro nach Kriegsende gewesen. Dass ein deutlich kleineres und ziemlich weit entferntes Land den Vietnamesen eine Brücke schenkt, fand ich schon fast skurril. Aber, die kommunistischen Staaten halten wohl zusammen :)

Die Brücke wurde wie gesagt nach Kriegsende (1975) errichtet. Leider stürzte sie bereits 1999 ein und die Vietnamesen bauten an die gleiche Stelle eine eigene Brücke, die auch heute noch steht ;-)

Nach diesem Foto-Stopp fuhren wir weiter bis in die Stadt Khe Sang. Sie liegt oben auf einem Hügel und dort ist die meiste Zeit des Jahres sehr viel Nebel, sodass man dort kaum die Hand vor Augen sieht.

Die Amerikaner haben trotzdem dort einen Stützpunkt errichtet, weil sie (was so ein Hauptthema in der DMZ war) den Ho-Chi-Minh Trail, wie dieser Versorgungsweg und „Schleichweg“ der Truppen von Nord nach Süd genannt wurde, zerschlagen wollten.

In einem über 70 Tage andauernden Kampf erkämpfte sich die Nordvietnamesische Armee den Stützpunkt im Jahr 1968 zurück und es galt als einer der größten Erfolge Nordvietnams im Krieg, was dazu führte, dass die überlebenden Amerikaner hektisch mit Flugzeugen und Helikoptern evakuiert wurden.

Der zuvor erwähnte Nebel war dabei von großer Bedeutung. Die Vietnamesen schlichen sich nachts in die Lager und Bunker der Amerikaner und töteten sie. Dies führte dazu, dass einige amerikanische Soldaten bei dem ersten Geräusch in der Nacht auf ihre eigenen Leute schossen oder auch einfach gar nicht mehr schlafen konnten und sich dann tagsüber im Dschungel versteckten, um dort zu schlafen. Im Weißen Haus wurden vergeblich Pläne geschmiedet, wie man das Gebiet halten bzw. zurückerobern kann aber diese Schlacht gewann Vietnam.

Unser Halt war dann im Khe Sang Museum. Dort findet man neben einer Ausstellung mit Fotos aus der Schlacht sowie strategischen Hintergrundinformationen auch ein Freilichtmuseum. Es gibt (nachgebaute) Bunker, Bomben und ein paar Fahrzeuge wie Panzer und Flugzeuge der Amerikaner anzusehen – eine echt interessante Ausstellung! Selbst die Hubschrauber waren riesig :O Ich hatte sie mir nicht so groß vorgestellt!

Als wir dort so entlanggingen, fragte ich mich, was wohl die (Reis-)Bauern vor knapp 50 Jahren gedacht haben müssen, als diese riesigen Flugzeuge über sie hinweg geflogen waren… Auf dem Gelände sprach uns übrigens noch ein älterer Vietnamese an, der einige Orden und Abzeichen nach Kriegsende aufgesammelt und nun verkaufen wollte. Wir schauten uns die Stücke an aber zu einem Kauf konnte er uns nicht überreden ;-)

Nach dem Besuch des Museums fuhren wir zurück nach Dong Ha, um dort im gleichen Restaurant wie am Vormittag zum Mittagessen zu stoppen.

Anschließend ging es noch zu drei weiteren Spots. Der erste war an einem Posten der ehemaligen Grenze zwischen Nord- und Südvietnam. Dort sind heute verschiedene Denkmäler errichtet und auch die ehemalige Brücke wurde für Touristenzwecke nach dem Vorbild der alten Brücke neu gebaut. Sie ist zweifarbig und wechselt in der Mitte die Farbe, damit man Nord von Süd unterscheiden kann.

Auf der Südseite steht eine große Skulptur mit einer Familie. Die verschiedenen Mitglieder repräsentieren die Wünsche und Sehnsüchte der Bevölkerung während des Krieges. Durch die Teilung des Landes wurden nämlich Familien auseinander gerissen und selbst reine Besuche waren verboten.

Thu erklärte, dass die Amerikaner den Krieg hauptsächlich deswegen verloren, weil sie nicht verstanden, was die Südvietnamesen wollten. Die Amis steckten die einfachen Bauern in Lager, wo sie zu Soldaten ausgebildet wurden und wer sich weigerte, wurde hingerichtet. Vietnamesen, die zum Großteil ja Buddhisten sind, ist ihre Religion sehr wichtig. Sie suchen den Einklang zwischen Yin und Yang, den Lebendigen und den Toten. Als sie von ihren Farmen in die Lager geschickt wurden und ihre Ahnen, die ja hier mit großen Gräbern in Wohnnähe beerdigt sind, haben sich dann auch die letzten Vietnamesen gegen die Amerikaner gewandt.

Natürlich war die Religion nicht der Hauptgrund. Viele Südvietnamesen waren gar keine Kommunisten oder Befürworter der Armeen des Nordens. Ihr Ziel war nur, dass Vietnam wieder vereinigt wird, sie ihre Verwandten besuchen können und ihren Alltag leben. Thu erklärte, dass die Amerikaner das einfach nicht verstanden und so kämpften die Amerikaner fast gegen einen Geist, denn nicht nur Nordvietnam sondern auch Gruppierung im Süden stellten sich nun klar gegen sie.

Na ja. Auf jeden Fall war die Grenze und die Brücke recht bedeutend. Die Zone im Norden und Süden davon – die DMZ – war ein sogenanntes Niemandsland, da dies die Region war, die am meisten bombardiert wurde. Südvietnam versuchte nämlich natürlich, diese Grenze immer weiter in den Norden zu verschieben und so gibt es unzählige Krater und auch heute noch liegen unzählige Blindgänger im Boden, die nicht alle gefunden wurden. Heute wachsen darauf Reisfelder aber sicher ist die Gegend auch noch nicht zu 100 %.

Ich bin kein Historiker und gebe natürlich keine gesicherten Fakten hier an, aber das oben erwähnte ist eben das, was bei mir hängen geblieben ist ;-)

Der nächste Stopp waren die Vinh Moc Tunnel. Wie der Name sagt, sind das Tunnel aber ihr Bau und ihre Nutzung war sehr interessant. Es gibt in der Region nördlich der ehemaligen Grenze über 124 Tunnel. Gebaut wurden sie von einfachen Bauern, die als Werkzeug zum Beispiel Metall von detonierten Bomben nutzten.

Der Vinh Moc Tunnel war der am nächsten zum Start des Ho-Chi-Minh Trails liegende Tunnel und wurde innerhalb von 20 Monaten gebaut. Die Höhe beträgt zwischen 1,60m und 1,90m und als Tour durften wir dort einmal hindurchgehen. Es gab verschiedene „Kojen“, in denen die Leute lebten, einen Versammlungsraum, Schulunterricht und sogar Duschen!

Der Tunnel besteht aus drei Etagen, die alle verschiedene Funktionen hatten. Durch die direkte Lage am Meer waren die Wände teilweise feucht genug, um sogar Trinkwasser zu sammeln und zwischen den verschiedenen Etagen gab es sogar Notfall-Rutschen, mit denen man im Falle einer Bombardierung in der tiefsten Etage Schutz finden konnte. Auch ein vernünftiges Belüftungssystem war vorhanden, sodass in den fünf Jahren, in denen die Leute dort unten wohnten, niemand starb!

Die Ausgänge und Lüftungsschächte des Tunnels (und der anderen auch) waren bepflanzt und somit von oben für die Amerikaner nicht sichtbar. Sie wussten über diese Tunnel Bescheid aber die genaue Lage blieb oft geheim.

Der letzte Stopp heute war ein Friedhof mit einem Massengrab. Dort sind 2.000 Leichen begraben, die Mehrzahl von ihnen nicht identifizierbar. Thu erzählte, dass es diese Friedhöfe überall im Land gebe und dass der größte wohl 11.000 Gräber hat…

Nach der Besichtigung des Friedhofs war die Tour dann beendet und wir fuhren nur noch die zwei Stunden zurück nach Hue.

Wir sind super froh, dass die Tour heute doch noch geklappt hat. Vietnam zu bereisen ohne sich mit dem Vietnamkrieg zu beschäftigen wäre wie ein Deutschlandtourist, der nichts über den zweiten Weltkrieg anschaut ;-)

Es war informativ und interessant – vor allem, dass wir mit Thu auch einmal die „andere Seite“ kennen lernen konnten! In ihren Erklärungen nahm sie die amerikanischen Soldaten teilweise fast in Schutz, indem sie erwähnte, dass diese „Jungs“, die meistens nur 18 oder 19 Jahre alt waren, einfach gar nicht wussten, was in Vietnam wirklich abläuft und dass diese Veteranen auch heute noch sehr unter dieser Zeit leiden.

Sie erzählte, dass sie in dieser Tour auch manchmal Amerikaner hat und dass die Gespräche mit ihnen oft sehr bewegend sind. Sie erzählen, dass sie sich nicht richtig an den Krieg erinnern. Sie wissen, sie haben Grausames getan aber kämpfen oft noch mit den Folgen und den vagen Erinnerungen, die sie teilweise verdrängt haben.

Einmal ein ganz anderer Tag als sonst die „lustigen“ Unternehmungen aber dafür nicht weniger wertvoll! Es ist auf jeden Fall etwas, das ich anderen empfehlen kann.

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