Veröffentlicht: 02.04.2022
Donnerstagmorgen war ich bereit zum Aufbruch. Vier Tage lang hatte ich mich auf die Weiterreise vorbereitet, einen Pcr-Test absolviert, Papiere kopiert und Online-Formulare ausgefüllt. Für umgerechnet zwei Euro brachte mich ein Sammeltaxi an die Grenze nach Desaguadero. Die Staatsgrenze zu Bolivien verlief entlang eines Flusses und war erst seit Ende Februar wieder geöffnet. Von peruanischer Seite glich der Ort einer lebhaften Kleinstadt. Lediglich der Grenzübergang wirkte verlassen. Die Baracken waren außerdem ziemlich in die Jahre gekommen. Abgesehen von einem irischen Paar war ich der einzige Europäer dort.
Die Ausreise verlief problemlos und ich überquerte den Grenzfluss. Auf bolivianischer Seite gab es auch keinerlei Probleme. Mangels einer Bestätigung meiner Versicherung über eine Covid-Abdeckung legte ich die Versicherungspolice in deutscher Sprache vor, die zwar skeptisch gemustert, aber dennoch akzeptiert wurde. Drei Minuten später gab es den Einreisestempel!
Nach zwei Jahren Grenzschließung glich die bolivianischen Seite einer Geisterstadt. Abgesehen von einigen wenigen Geschäften waren alle Läden verbarrikadiert, die Straßen wie leer gefegt, statt Menschen strichen Hunde über die staubigen Gehwege. Lediglich am Busbahnhof herrschte emsiges Treiben. Ich ergatterte einen Platz in einem Kleinbus, der mich in zwei Stunden für ca. 2,50 Euro nach La Paz brachte.
Ich war in Bolivien, einem Land, das nicht wirklich auf meinem Reiseplan stand. Verträumt blickte ich aus dem Fenster, wie die karge baumlose Landschaft der Hochebene Altiplano vorbeizog.
Auf dem Weg durchquerten wir El Alto (die Höhe), bevor der Bus ins Tal nach La Paz hinabfuhr. La Paz war nach Santa Cruz und El Alto die drittgrößte Stadt des Landes und Sitz der Regierung. Das kleinere Sucre hingegen war die nominelle Landeshauptstadt.
La Paz glich einem Ameisenhaufen, denn es herrschte ein reges Gewusel. Menschen, Geschäfte, Straßenverkauf, Verkehr, Märkte und Warentransport gingen ineinanderüber. Normalerweise war mir ein solches Durcheinander schnell zu viel, vor allem wenn ich mit Gepäck unterwegs war. Diesmal war es anders, aus drei Gründen.
Ich hatte mehr als fünf Stunden Zeit, bevor mein Nachtbus fuhr. Das Klima war angenehm frisch und die Einheimischen ignorierten mich gänzlich. Auch wenn ich als Gringo deutlich aus der Masse hervorstach, war das den La Paz'is herzlich egal. Also konnte ich mich in Ruhe nach einem Mobilfunkgeschäft umsehen, um mir eine bolvianische SIM-Karte zu besorgen (zusätzlich zu meiner mexikanischen, guatemaltekischen, kolumbianischen und peruanischen).
Anschließend deponierte ich mein Gepäck und ließ mich von der Seilbahn durch die Lüfte tragen. Der Nachmittag in La Paz genügte mir völlig und ich war erleichtert über den reibungslosen Ablauf, vor allem weil ich mit dem Nachtbus ohne Verzug weiterreisen konnte. Für Bolivien hatte ich lediglich eine Woche eingeplant.
Das Bordprogramm des Busses sorgte dann noch für einige Verwunderung. Gezeigt wurde die mexikanische Komödie "No Manches Frida". Darin heuert ein Ex-Knacki als Hilfslehrer an der Frida Kahlo-Schule an, um nachts im Schulkeller eine vor langem verscharrte Beute zu bergen. Tagsüber sorgt er mit unkonventionellen Lehrmethoden bei den Kids und im Lehrerkollegium für allerlei humoristische Verwicklungen. Hinzu kommt eine Romanze zwischen dem charmanten Raufbold und einer Junglehrerin.